Protokoll der Sitzung vom 07.05.2004

Ich kann Ihnen nur sagen: Tun Sie nicht so, als ob Sie das alles nichts angeht.

Deswegen, Herr Minister Paqué, ein Wort dazu, dass Sie eigentlich - dafür sitzen Sie hier vorn - für diesen Haushalt Verantwortung tragen, für das, was gut läuft, und auch für das, was schlecht läuft, das hätte vieles entkrampft. Es geht eben nicht nur darum, was man sagt, sondern auch darum, wie man es sagt. Da scheinen Sie wirklich jenseits von gut und böse zu sein.

An der Stelle zu sagen, dass wir, die Sozialdemokraten, anscheinend im Kleinen wie auch im Großen die Einzigen sind, die an allem, was passiert, schuld sind, ist für mich nicht akzeptabel. Dann macht es auch keinen Spaß mehr, sich inhaltlich damit auseinander zu setzen. Ich habe den Eindruck, das interessiert Sie auch gar nicht.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Doch, doch! - Frau Feuß- ner, CDU: Wollten Sie über Zahlen reden oder wollten Sie auch eine allgemeine Rede halten?)

- Jetzt lassen Sie mich doch wenigstens eingangs darüber reden. Ich musste mir auch eine Viertelstunde lang eine Regierungserklärung anhören.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Das war doch zum The- ma! - Zustimmung bei der SPD - Frau Feußner, CDU: Wer hat denn die 3 Millionen € für die Leh- rer einfach verbraten, Sie oder wir?)

Ich will mit dem Märchen aufräumen, die Opposition hätte nichts zu bieten. Die Sozialdemokraten haben sich in diesem Monat auf den Weg gemacht, und der ist schwer genug. Herr Tullner, ich bitte Sie, das einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen. Auch ich tingele jeden Abend durch Veranstaltungen. Eigene Überlegungen - glauben Sie mir, das ist gar nicht so einfach. Dabei kriegen Sie viele Diskussionen von vielen Seiten, bei denen es Ihnen auch manchmal Leid tut. Öffentlich zu diskutieren - das habe ich in acht Jahren von der CDU an dieser

Stelle nie erlebt. Das habe ich auch von dem heutigen Ministerpräsidenten nicht erlebt.

(Beifall bei der SPD)

In dieser Sache heute schätze ich ihn sehr, weil er genauso wie wir weiß, dass bestimmte Dinge, wenn man sie jetzt nicht ändert, aus dem Ruder laufen. Er weiß auch - das sagt er auch öffentlich, das finde ich gut -, dass wir jetzt Überlegungen anstellen müssen. Deswegen erwarte ich von der CDU, dass sie das zur Kenntnis nimmt und nicht immer so tut, als ob wir hier drüben alle pennen würden oder im Prinzip immer noch daran schuld wären, dass das Land nicht vorankommt.

(Frau Wybrands, CDU: Während Sie reden, ma- chen wir was!)

Ich will auch eines sagen: Die CDU - wenn Sie das wiederholen, kann ich das auch machen - hat in den acht Jahren der Opposition einen einzigen Vorschlag neu eingebracht, wie man den Haushalt konsolidieren kann.

(Lachen bei der CDU - Herr Scharf, CDU: Was? - Frau Feußner, CDU: Was? Das kann doch nicht wahr sein!)

Dafür ist der Redner fast noch gelyncht worden, weil er sich in dem Druck, der hier erzeugt wurde, an einem Punkt aufhielt, der selbst Ihnen nicht gefallen hat.

(Herr Scharf, CDU: Wir haben Hunderte von Vor- schlägen gemacht, die Sie alle im Finanzaus- schuss damals abgelehnt haben!)

- Ja, ja. Ich habe in der Projektion aufgezeigt - Herr Scharf, ich denke, wir sind uns doch einig in dem, was auch die CDU will und weiß -, dass wir über die Jahre 2004/2005 hinaus

(Frau Weiß, CDU: Also, das ist nicht wahr!)

weiter Personal abbauen müssen. Ich habe aufgezeigt, dass wir bei den Investitionen und auch bei den konsumtiven Ausgaben heruntergehen müssen. Ich habe in der Projektion aufgezeigt, dass wir bei den Investitionen von derzeit 2 Milliarden € vielleicht in den nächsten 15 Jahren auf einen Betrag von unter 1 Milliarde € kommen werden. Deshalb tun Sie nicht so, als ob wir nicht sagen, was ist.

Der Finanzminister stellt sich hin und sagt: Wenn wir jetzt Mittel gekürzt hätten, hätte es dazu geführt, dass im Land das eine oder andere nicht gemacht werden kann. Dazu kann ich nur sagen: Das ist nun einmal die Folge. Deshalb regieren Sie hier drüben. Das ist Ihr eigener Anspruch. Ich könnte im Umkehrschluss sagen: Wenn Sie das nicht mehr wollen - kein Mensch zwingt Sie zu regieren.

(Beifall bei der SPD - Frau Feußner, CDU: Wer kritisiert laufend die Kürzungen, die wir machen?)

- Frau Feußner, ich stehe bei dem Thema Haushalt auf breiten Füßen, weil ich mir wirklich acht Jahre lang erklären lassen musste, dass ich keine Ahnung hätte und die anderen wüssten es besser, behalten es aber so lange für sich, bis sie dran sind. Nun sind Sie dran - und behalten es immer noch für sich.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Herrn Dr. Püchel, SPD)

Da kann ich mehr erwarten.

(Frau Feußner, CDU: Leiden Sie unter Realitäts- verlust?)

Ich will auch den Finanzminister mit seinen eigenen Äußerungen konfrontieren. Es gab im Jahr 2002 ein Zitat von Herrn Paqué, das lautete:

„Ich frage Sie,“

- die Frage war bestimmt an die Rot-Roten gerichtet -

„was um Himmels Willen ist positiv daran, einen Haushalt unter Ausschluss der Realität stattfinden zu lassen. Was ist positiv daran, die Finanzierungslasten auf die Generation unserer Kinder zu verschieben und dies noch nicht einmal öffentlich zu benennen?“

Gerade den letzten Teil der Frage kann ich Ihnen hier auch stellen.

Ich habe sehr viel Verständnis dafür - einige meiner Kollegen meinen, es sei schon fast viel zu viel -, dass es die Rahmenbedingungen sind, die vieles in den Haushalten schwierig machen.

Aber ich erwarte dann auch von Ihnen, Herr Minister, dass Sie zugeben, dass Ihre Konsolidierung nicht stattfindet, weil es Bedingungen gibt. Wie erklären Sie mir denn eigentlich, Herr Minister, wenn Sie 400 Millionen € bei der Neuverschuldung drauflegen, dass Sie konsolidieren? Das geht mir die ganzen Tage über irgendwie nicht in den Kopf.

(Zuruf von Herrn Kurze, CDU)

Sie haben sogar die Ausgaben erhöht, weil die Ausgabenseite höher ist,

(Minister Herr Prof. Dr. Paqué: Nein!)

selbst wenn Sie das abziehen. Herr Gallert hat es doch gemacht, und deswegen hat es keinen Sinn, dass wir es hier hin- und herschieben. Ich habe die Liste doch vor mir liegen, was Sie alles im Nachtragshaushalt verändert haben. Ich kann sie auch zum zweiten Mal noch vorlesen. Sie reden doch dauernd nur über die Schulden, über das Defizit und über die Lehrertarife und verschweigen all das, was sich noch darunter befindet, und das sind ja auch Größenordnungen. Aber ich denke, darüber zu reden werden wir im Ausschuss sicherlich noch genug Zeit haben.

Sie haben auch das Thema Konsolidierung immer wieder angesprochen. Dazu gibt es auch einen schönen Satz von Ihnen. - Ich musste aufgrund Ihrer Rede meine Ausführungen ein bisschen umstellen, denn damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. - Konsolidierung definieren Sie so, und zwar bezieht sich das auf die 1,7 % - Sie werden sich erinnern - -

(Der Redner blättert in seinen Unterlagen - Herr Hauser, FDP: Reden Sie weiter? - Heiterkeit)

- Ja, ich sage es gleich noch weiter.

(Herr Scharf, CDU: Sie müssen den Haushalt zu Hause lesen!)

- Ja, ja. - Nein, es war ein Zitat. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich habe hier eine Struktur vorgelegt, von der ich sage, dass sie anders aufgebaut war. Aber es ist zum Beispiel eine Frage nicht beantwortet worden; ich habe sie eigentlich am Anfang meiner Rede einfügen wollen.

Wir haben vor zwei Monaten hier gestanden und wir haben darüber diskutiert, ob der Nachtragshaushalt eingebracht werden sollte oder nicht.

(Herr Scharf, CDU: Und haben wir es oder haben wir es nicht?)

Das ist damals von CDU und FDP aufgrund der schlechten Vorausschau abgelehnt worden. Die PDS war bei ihren Forderungen viel weitgehender als wir. Diesen Haushalt haben Sie aufgrund dessen abgelehnt, dass Sie erst die Steuerschätzung abwarten wollten.

(Minister Herr Prof. Dr. Paqué: Ja!)

Ich kritisiere das doch nicht. Bisher hat mir kein Mensch erklärt, was eigentlich anders daran geworden ist - die Steuerschätzung liegt ja noch nicht vor - und warum Sie trotzdem gehalten sind, den Nachtragshaushalt vorzulegen. Diese Frage ist noch nicht beantwortet worden. Ich denke, der Ministerpräsident kann das machen.

Nächster Punkt: Defizit. - Ich mache das jetzt stichwortartig. - Ich habe vorhin gehört, dass wir ein Defizit von ca. 350 Millionen € haben. Ich habe bis heute keinen abschließenden Hinweis dafür, dass wir ein Defizit jetzt endgültig festgestellt haben, dass heißt einen Jahresabschluss 2003 haben. Ich weiß nicht, Herr Minister, ob es diesen mittlerweile gibt. Denn eines ist auch klar - Wulf Gallert hat es angedeutet -: Wenn Sie sich die Rahmendaten anschauen, nämlich die Steuereinnahmen, die Frage der Personalkosten, auch die Höhe der Zinsen, dann haben Sie bei diesen Eckwerten fast die gleichen Ansätze wie im Jahr 2002, und Sie werden die Frage immer wieder beantworten müssen: Warum kommen Sie dann eigentlich zu einer solch hohen Verschuldung?

Ich will Ihnen gern zugute halten, dass da die Lehrerneuverschuldung hinzukommt, dass da sicherlich auch, wäre sie nicht gekommen, ein im Jahresabschluss vorhandenes Defizit aus dem Jahr 2002 hinzukommt. Aber Sie sind gegenüber unserer damaligen Planveranschlagung von ca. 600 Millionen € - so viel waren es, glaube ich - jetzt bei 1,3 Milliarden €.

Da bin ich wieder bei der Frage: Erklären Sie mir bitte, wo Sie da konsolidieren! Jetzt werden Sie wieder die Kommunalfinanzen ins Feld führen, Sie werden wieder die Kinderbetreuung ins Feld führen. Ich will noch einmal daran erinnern: Wir haben die Kinderbetreuung unter Schmerzen mitgemacht. Ich weiß, dass Sie jetzt immer das Stöckchen hinhalten werden: Werden die Sozialdemokraten bei einer Abstimmung und einer Diskussion im Landtag nun zu dem stehen oder nicht? - Ich kann Ihnen sagen: Die SPD macht es sich da nicht einfach.

Ich will auch die Relation nennen: Wir reden heute ganz locker darüber, 350 Millionen € Neuverschuldung draufzupacken, und dort - da hat Wulf Gallert völlig Recht - wollen wir es bei 40 Millionen € auf den Punkt treiben.

Es gibt Diskussionen in der Fraktion, die sich auf Ihre Äußerungen in den letzten Tagen beziehen, Herr Böhmer, nämlich dass diejenigen, wenn sie mit einer solchen Initiative bzw. einem solchen Begehren durchkämen, sich eine neue Regierung suchen sollten und dass Sie mitnichten bereit seien, darauf einzugehen. Das hat bei einigen von uns natürlich viel Ärger hervorgerufen nach dem Motto: Man hätte doch sicherlich mit den Leuten reden können. - Die Frage der Kompromisssuche

kann doch nicht immer nur der SPD gestellt werden. Das ist doch zuallererst eine Aufgabe der Landesregierung.