Der Personalabbau - das will ich deutlich sagen - wird von der SPD-Fraktion im erforderlichen Umfang mitgetragen. Ich selbst habe schon vor der Vorlage Ihres Personalkonzepts, Herr Minister, wiederholt öffentlich gesagt, dass ich einen Abbau von 700 Stellen in der Polizeiverwaltung für geboten halte. Das, was Sie mit konkreten Zahlen für den Zeitraum bis Ende des Jahrzehnts aufgeschrieben haben, bleibt ja noch hinter diesen 700 Stellen zurück.
Demgegenüber bin ich aber sehr wohl der Meinung, dass wir noch eine ganze Weile einen höheren Stellenbesatz im Polizeivollzugsdienst als die Flächenländer im Westen der Bundesrepublik brauchen, und zwar im Verhältnis von einem Polizeivollzugsbeamten auf 340 Einwohner. Längerfristig ist aber auch bei der Polizeidichte im Vollzug eine Angleichung an das in anderen Flächenländern übliche Niveau unvermeidbar.
Gegenwärtig haben wir in Sachsen-Anhalt nach einem gesellschaftlichen Umbruch sondergleichen und bei anhaltender Massenarbeitslosigkeit eine höhere Kriminalitäts- und Verkehrsunfallbelastung als im Westen Deutschlands, sodass es aus fachpolitischer Sicht erforderlich ist, dass wir vorübergehend eine höhere Polizeidichte beibehalten, als sie in vergleichbaren westdeutschen Flächenländern üblich ist.
Wir haben übrigens auch gar keine andere Wahl als die schrittweise Rückführung, wenn wir bei der Fachhochschule der Polizei Einstellungen in einem Mindestumfang wollen, der den Schulbetrieb aufrechterhält. Und
wir haben es mit Beamten zu tun, die man nicht einfach in den Ruhestand schicken kann - trotz mancherlei Bemühungen der Landesregierung.
Bei Ihnen, meine Damen und Herren der Regierungskoalition, sind leider überhaupt keine Prioritäten sichtbar. Auf unsere Frage nach einer Änderung der Relation zwischen Verwaltungs- und Vollzugsbeamten antwortet die Landesregierung, der Personalabbau werde sich proportional zu gleichen Teilen auf Vollzugs- und Verwaltungsbeamte auswirken, sodass Änderungen der Relation nicht zu erwarten seien. - Nach meiner Überzeugung - ich habe das ausgeführt - muss bei der Verwaltung aber proportional stärker als beim Vollzugsdienst abgebaut werden.
Eine andere Frage ist es, wie man den Abbau dann vollzieht. Dabei kann ich Ihnen den Vorwurf eines unsensiblen, unabgestimmten Vorgehens nicht ersparen.
Die Vermittlung von Personal über das Personalservicecenter in andere Bereiche der Landesverwaltung funktioniert nicht oder jedenfalls nicht richtig. Andere Ressorts hatten sich Personal ausgeliehen - Reinigungskräfte, Hausmeister usw. -, das weiter auf Stellen von Polizeibehörden geführt wurde, und haben dann eine Übernahme mit der Begründung abgelehnt, im Bereich der aufnehmenden Behörde fehle es an Stellen.
Wenn es nun bei der Polizei zur Entlassung von solchen Kräften kommt, dann ist das auch eine Folge des Vertrauensverlustes, der sich unvermeidlich einstellt, wenn man erst versucht, anderswo in der Landesverwaltung Fuß zu fassen und einem entsprechend Hoffnung gemacht worden ist, man dann aber am Ende von der aufnehmenden Behörde abgelehnt wird - wegen mangelnder Ressortabstimmung, behaupte ich. Diesen Beschäftigten fehlt am Ende das Vertrauen. Sie gehen dann lieber in die Arbeitslosigkeit.
Herr Innenminister, wir werden die Arbeit des Personalservicecenters, das in Ihrem Haus angesiedelt ist, im Landtag thematisieren. Es wäre schön, wenn Sie diese Ankündigung schon zum Anlass nähmen, die Abläufe zu verbessern.
Es geht um eine verlässliche Personalentwicklung und -steuerung. Es geht nicht um das Ersparen unvermeidbarer Härten.
Ich behaupte, das A und O einer guten Polizeiarbeit ist gut ausgebildetes und motiviertes Personal. Das kann der Landesregierung nicht oft genug gesagt werden. Zur Motivation heißt es in der Antwort der Regierung, dass alle messbaren Arbeitsergebnisse der Polizei ungeachtet von Meinungsäußerungen einzelner auf eine gute Motivation der Bediensteten schließen ließen. - Ich hoffe, Herr Minister, Sie haben dabei nicht Motivation und Pflichtgefühl verwechselt.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat gestern allen Fraktionen eine Stellungnahme übermittelt, in der es heißt - ich zitiere -:
„Hinsichtlich der Arbeitsmotivation ist die Antwort ein Hohn und macht aus unserer Sicht deutlich, dass man Realitäten nicht sehen will oder kann. Meinungsforschung an der Basis würde da weiterhelfen.“
Meine Damen und Herren! Die Haushaltslage ist uns bekannt. Ich fordere keinen Aufwuchs der finanziellen Mittel für das Personal. Mit der Tarif- und Besoldungsanpassung an das Westniveau bis zum Jahr 2007 bzw. 2009 haben die Beschäftigten der Polizei eine Perspektive, die den Landeshaushalt belastet. Hinzu kommen leistungsbezogene Elemente, die aber nicht nur Prämien für besonders gute, sondern auch Einbußen bei schlechten Leistungen beinhalten müssen.
Es muss auch Klarheit darüber bestehen, wie die begrenzten Spielräume in den kommenden Jahren für Beförderungen genutzt werden können, statt dass einfach Fehlanzeige herrscht.
Es kommt weniger darauf an, wie viel Geld man dem Personal gibt, sondern vielmehr darauf, wie man mit dem Personal ansonsten umgeht. Es geht um Menschenführung und es geht um Personalentwicklung in der Landespolizei. Das fängt übrigens in der Polizeiabteilung des Ministeriums an. Gelten die bewährten Führungsgrundsätze der Polizei auch dort?
Meine Damen und Herren! Personalentwicklung beginnt mit der Ausbildung. Wenn von der Ausbildung die Rede ist, kann die Fachhochschule der Polizei nicht unerwähnt bleiben. Der Landtag hat den Hochschulstatus der Polizeiausbildung erst jüngst bei der Novellierung des Hochschulgesetzes verteidigen müssen. Dem Regierungsentwurf zufolge wäre die Fachhochschule der Polizei aus dem Verzeichnis der staatlichen Hochschulen gestrichen und zu einer Nennfachhochschule herabgestuft worden. Genau das ist auch von denen gewollt, die die Fachhochschule der Polizei an die Kandare nehmen wollen, als handele es sich um ein x-beliebiges Polizeirevier.
In der Antwort auf die Große Anfrage heißt es, der bisherige Status der Fachhochschule als Körperschaft des öffentlichen Rechts stehe einer gebotenen engen Einbindung in die Struktur der Landespolizei entgegen. Es sei erforderlich, durch eine weitgehende Dienst- und Fachaufsicht auf die Ausbildung der künftigen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten permanent Einfluss zu nehmen. - Ich weiß nicht, ob die Autoren der Antwort sich darüber im Klaren sind, was Sie schon mit dieser Zustands- und Zielbeschreibung anrichten.
Die Herabstufung der Fachhochschule zu einer nicht rechtsfähigen Einrichtung des Landes wird auch nicht dadurch zu einem ehrenwerten Ziel, dass sie im Koalitionsvertrag vom Mai 2002 vereinbart worden ist. Meine Damen und Herren, Sie sollten in diesem Fall das einfach bleiben lassen, was Sie sich im Koalitionsvertrag vorgenommen haben.
Ich breche an dieser Stelle ab. Ich möchte mich zu einem Schlussbeitrag noch einmal zu Wort melden. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Abgeordneter Rothe, vor allem auch für die zeitliche Disziplin. - Nun wird für die Landesregierung Innenminister Herr Jeziorsky sprechen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht kann ich auf ein paar Ausführungen von Herrn Rothe gleich zu Anfang eingehen.
Die Verfügung des Polizeipräsidenten von Stendal gilt nicht mehr. Insoweit muss man darüber nicht weiter diskutieren. Sie wurde zurückgenommen auch auf Druck meines Ministeriums.
Eines muss ich aber sagen, Herr Rothe, das wissen Sie auch. Wir haben im Bereich der Polizei einen de facto budgetierten Haushalt. Alle Polizeidienststellen bekommen aus dem Gesamthaushalt des Innenministeriums ihren Anteil. Wenn man budgetiert arbeitet, gehört es dazu, dass die Finanzverantwortung in den jeweiligen Dienststellen wahrgenommen werden muss.
Das gilt auch für Stendal. Die Art und Weise, wie man den Haushaltsvollzug steuert, kann man hinterfragen. Hierbei hat der Polizeipräsident möglicherweise etwas unglücklich agiert. Aber mehr würde ich zu dieser Thematik nicht sagen wollen.
Zum Haushalt. Sie wissen, dass im Nachtragshaushalt Kürzungen erforderlich waren. Auch Sie haben Kürzungen bzw. große Mittelaufwüchse für die Polizei angesichts der jetzigen Haushaltssituation immer als schwierig beschrieben. Dass auch die Polizei einen Beitrag zur Konsolidierung leisten muss, war der Hintergrund bei den Diskussionen über den Haushalt 2004. Warten Sie einmal ab, wie der Ansatz bei Kapitel 03 20 im Haushalt 2005 aussehen wird, und bewerten Sie dann, wie das Kabinett mit der Finanzierung der Polizei umgeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anfrage der SPD-Fraktion umfasst immerhin 170 Fragen, die wir möglichst umfassend zu beantworten versucht haben. Damit kann man aber, wenn man so will, nur eine Situationsbeschreibung zu den verschiedenen Tätigkeitsbereichen der Polizei abliefern. Deswegen will ich zur Vervollständigung dieses Bildes noch einige Teile aus der Beantwortung der Großen Anfrage ergänzend zusammenfassen, um zu zeigen, was in den letzten zwei Jahren innerhalb der Polizei auch durch Entscheidungen zur Organisation und zu anderen Bereichen getan worden ist. Dabei will ich auch die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Polizei einbeziehen.
Meine Damen und Herren! In der Organisation unserer Polizei sind bereits zahlreiche Maßnahmen getroffen worden, um die Flächenpräsenz zu erhöhen, die Führungsstrukturen zu straffen und die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden zu erleichtern. Das Ziel all dieser Maßnahmen, von denen ich nur einige ansprechen möchte, ist es, die polizeilichen Aufgaben effektiver zu erfüllen, also alle Anstrengungen zu unternehmen, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln eine größtmögliche Leistung zu erzielen. Hierzu ist sehr schnell ein Konzept zur Neuorganisation der Polizei erarbeitet und bereits weitgehend umgesetzt sowie eine Effizienzoffensive gestartet worden, die bereits gute Früchte trägt.
Meine Damen und Herren! Es gibt heute nur noch ein Polizeirevier pro Landkreis. Die übrigen ehemaligen Reviere wurden in Revierkommissariate und Revierstationen umgewandelt und den nun für das gesamte Kreisgebiet zuständigen Polizeirevieren unterstellt. Von insgesamt 173 ehemaligen Kreispolizeistationen, in denen sich häufig nicht genug Polizeibeamte aufhielten, wurden 108 aufgelöst. Die verbleibenden Stationen wurden
Bereits durch diese Änderung in der Aufbauorganisation konnte die Effektivität und Effizienz im polizeilichen Aufgabenvollzug deutlich angehoben werden, indem insbesondere die Führung der Polizeikräfte auf der Ebene der Landkreise gestrafft wurde, der Personal- und Sachmitteleinsatz sowie die Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen flexibler und bedarfsorientierter möglich sind und die administrativen Tätigkeiten konzentriert werden konnten. Im Übrigen wird mit diesen organisatorischen Änderungen die Fläche unseres Landes nunmehr mit leistungsfähigen polizeilichen Organisationseinheiten abgedeckt.
Durch die Konzentration des Personals in den Revierstationen ist der Einsatz der Polizei nunmehr auch zu Nachtzeiten und am Wochenende möglich. Ferner sind in den neuen Revierstationen auch Kriminalbeamte eingesetzt, die für die Bekämpfung der örtlichen Kriminalität außerhalb der Ballungsräume zur Verfügung stehen.
Im Landeskriminalamt haben wir heute nicht mehr sechs, sondern fünf Abteilungen und nicht mehr 27, sondern 16 Dezernate. Eine Zusammenlegung erfolgte insbesondere bei den Organisationseinheiten, bei denen ein enger sachlicher Zusammenhang bestand.
Das Technische Polizeiamt ist Anfang dieses Jahres zu einer modernen, innovativen, schlanken Service- und Logistikzentrale ausgebaut worden. Die bisherigen vier Abteilungen mit 18 Dezernaten wurden auf die drei Fachabteilungen mit einer gestrafften Dezernatsstruktur von 14 Dezernaten reduziert.
Im informationstechnischen Bereich ist ein Struktur- und Strategiewechsel vollzogen worden, um durch die alleinige Zuständigkeit des Technischen Polizeiamtes eine zentrale und damit eine effektive IT-Planung und ITStrategie zur Beschaffung, zur Fachkonzepterstellung und zur Softwareentwicklung zu erzielen.
Eine von mir eingesetzte Arbeitsgruppe „Polizeiservice“ hat geprüft, welche Dienstleistungen und Aufgaben an private Unternehmen übertragen werden können und wo Rationalisierungseffekte durch moderne Technik erzielt und bürokratische Strukturen abgebaut werden können. Der Abschlussbericht dieser Arbeitsgruppe hat zu der Entscheidung geführt, die Aufgabenbereiche Reinigungs-, Pförtner-, Küchen- und Hausmeisterdienste zu privatisieren. Die notwendigen Ausschreibungen werden bereits durch die Behörden und Einrichtungen der Polizei umgesetzt.
Um einen größtmöglichen Ausgleich der Personalabgänge zu erreichen und auf eine homogene Altersstruktur hinzuwirken, haben wir im letzten Jahr 76 Anwärterinnen und Anwärter für den gehobenen Dienst und 20 für den mittleren Dienst der Polizei eingestellt. Dies, Herr Rothe, ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den Jahren 1998 bis 2001, in denen durchschnittlich nur 48 Anwärterinnen und Anwärter eingestellt wurden.
Vor ca. einem Jahr ist das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit dem Ziel verändert worden, die polizeilichen Befugnisse zur Gefahrenabwehr zu verbessern. Mit dieser Gesetzesänderung wurde zum Beispiel klargestellt, dass die Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr auch für die Verfolgung zukünftiger Straftaten vorzusorgen hat. Ferner hat die Polizei die Befugnis erhalten, bei der Videoüberwachung bzw. Videobeobach
Das Wegweisungsrecht für Täter in Fällen häuslicher Gewalt ist nunmehr ausdrücklich gesetzlich festgeschrieben. Die präventivpolizeiliche Rasterfahndung wurde an die aktuellen Erfordernisse der Verbrechensbekämpfung angepasst. Zur besseren Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität wurde der Anwendungsbereich der Vorschriften zur lagebildabhängigen Kontrolle ausgedehnt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch diese Änderungen ist für das Land Sachsen-Anhalt ein modernes Polizeigesetz mit klaren gesetzlichen Grundlagen zur Stärkung der inneren Sicherheit geschaffen worden. Ich will dies mit einigen Hinweisen zur Videobeobachtung und lagebildabhängigen Kontrolle verdeutlichen.
Ziel der Videoüberwachung, die zum Beispiel durch verstärkte uniformierte und zivile Bestreifung sowie durch die Bereitstellung mobiler Präsenzkräfte ergänzt wird, ist es, Kriminalität im öffentlichen Raum, insbesondere Straßenkriminalität und offene Drogendelikte, zu verhindern, die mit ihren Begleiterscheinungen nachhaltig das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beeinflussen. Die Maßnahmen zur Videoüberwachung zeigen an allen anderen Standorten spürbar Wirkung.
Dies belegen die Kriminalitätsbelastungszahlen, die die Polizeibehörden vor dem Einsatz und während des Einsatzes der Technik erhoben haben. So wurden beispielsweise in Bernburg die Drogendelikte im Bereich der Kamerastandorte von 40 Straftaten im Januar 2004 auf sechs Delikte im Mai 2004 zurückgedrängt. Daneben ist im Gesamtbereich der Stadt Bernburg in diesem halben Jahr ein deutlicher Rückgang dieses Kriminalitätsphänomens festzustellen, sodass hier nicht nur ein Verdrängungseffekt stattgefunden hat.
Auch in anderen Kriminalitätsbereichen, zum Beispiel bei der Eigentumskriminalität, sind Rückgänge in den Fallzahlen an den Orten festzustellen, an denen die Polizei Kameras zur Videobeobachtung einsetzt. So wurde zum Beispiel zu Beginn dieses Jahres in einer Straße in Schönebeck eine Kamera installiert, weil dort im Jahr 2003 insgesamt 163 Straftaten - Raubdelikte, Körperverletzungen, Diebstähle und Sachbeschädigungen - festgestellt worden. Nach der Inbetriebnahme der Kamera und durch die flankierenden Maßnahmen der Polizei wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres nur noch 47 Delikte - das sind immer noch zu viel, aber immerhin ein Rückgang - festgestellt.