Zuvor habe ich die Freude, Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Walbeck und Damen und Herren der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt bei uns begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Paqué, Sie machen es einem wirklich schwer. Da bemüht man sich tagelang um eine sachliche Rede, will alles vermeiden, die schwierigen Zeiten hier zuzuspitzen,
- Sie müssen sich doch nicht gleich von Anfang an schützen; Sie wissen ja noch gar nicht, was ich sagen will - und dann fangen Sie hier in Ihrer Art an und reden heute - ich sage das ganz bewusst - zum letzten Haushalt dieser Landesregierung, dieser Regierungsmehrheit, dieser Koalition und auch dieses Finanzministers Paqué.
Ich muss Ihnen sagen: Es wird mir etwas fehlen, Herr Paqué, nämlich diese offene, vermittelnde, selbstkritische, ehrliche Art, sich hier vorn hinzustellen
und einen Haushalt zu vermitteln, der für den Ministerpräsidenten im letzten Jahr noch eine blanke Katastrophe war. Bei Ihnen ist es einfach die Genialität des Finanzministers.
Ich habe es gar nicht geschafft, mein Manuskript in der kurzen Zeit völlig zu ändern. Ich werde zu den Punkten, bei denen ich meine, man müsste noch etwas klarstellen, etwas sagen.
Sie können es noch so oft wiederholen, dass Sie der Erste seien, der Leistungsgesetze kürze. - Ich bin nicht stolz darauf, was ich jetzt erzähle, aber wir haben das Kinderbetreuungsgesetz geändert gegen den Protest der Apo-FDP und der CDU-Opposition. Wir haben das Finanzausgleichsgesetz mehrfach ändern müssen,
gegen den Widerstand und gegen heftigste Demonstrationen aller Kommunalpolitiker. Herr Kunert war übrigens auch einer, der immer auffiel, allein schon wegen der Kleidung, aber auch wegen der Klappe und der Art und Weise, in der er uns kritisiert hat. Wir haben die Ministe
rialzulage geändert, wir haben sie kürzen müssen. Wir haben sie letztlich gegen den Widerstand der Mitarbeiter zurückgeführt. Wir haben die Personalkosten gedeckelt. - Nun glauben Sie nicht, dass das ein Spaß war. Was ich mir hier nicht erzählen lasse, ist, dass Sie der Erste seien, der das begriffen und der das gemacht habe.
Ich weiß auch gar nicht, wieso Sie sich das selbst und uns antun. Hier sitzen doch viele Leute, die wissen, worum es geht und dass es schwierig ist. Ich weiß nicht, wem Sie etwas vormachen wollen.
Ich will zu meinem eigentlichen Skript kommen, wobei ich Sie, wie gesagt, des Öfteren noch streifen werde.
Der letzte Haushalt einer Regierung ist natürlich der Zeitpunkt der Rechenschaft einer Regierung. So ist das eigentlich. Das bietet letztlich auch die Möglichkeit für die Opposition, sich damit auseinander zu setzen. Dazu wäre es natürlich nötig, dass ein Ministerpräsident diese Rechenschaft hier ablegt.
Auch dazu sage ich ganz klar, dass ich nicht die Spielchen vergangener Wahlperioden machen und damit drohen werde, ihn herzuzitieren oder wie auch immer.
- Herr Scharf, das hatten wir schon einmal. Das hat Sie damals auch nicht interessiert, ob das ging oder nicht. Wir werden es nicht tun, weil ich weiß, wo er ist und was er macht. Aber es gehört dazu, dass man dieses sagt. Wenn man will, dass man den Doppelhaushalt rechtzeitig vor den Wahlen macht, wenn man will, dass man darüber debattiert, dann muss man es auch selbst hinkriegen, dazu zur Verfügung zu stehen. - Mehr sage ich nicht.
Auch die Frage, warum ein Doppelhaushalt notwendig war, ist ja mittlerweile geklärt. Selbst Regierungsmitglieder erklären öffentlich, man wolle das rechtzeitig vor den Wahlen abräumen. Darüber sind wir uns einig und sollten wir uns auch nicht mehr streiten. Das hatte aber zur Folge, dass die Landesregierung - ich mache besonders diesen Unterschied - natürlich aus diesem Stolpern des Aufstellens, der Ergänzung und der Vorlage der ganzen Änderungsanträge nie herauskam.
Ich könnte das jetzt anhand der Schülerbeförderung konkret aufzeigen: Es gab einen Haushaltsplanentwurf, der ja dann rechtzeitig das Licht der Öffentlichkeit erblickte. Dann gab es Diskussionen, die zu einer Änderung in der Ergänzungsvorlage führten. Dann gab es einen Antrag der SPD-Fraktion zur Wiederherstellung der Ansätze, der aber natürlich erst einmal abgelehnt wurde. Bei den Beratungen über den Einzelplan 13 wurde dann wieder etwas draufgelegt. Aber der eigentliche Antrag der SPD-Fraktion, den Artikel im Haushaltsbegleitgesetz zu streichen, wurde erst einmal abgelehnt.
In der Bereinigungssitzung wurde diesem aber wiederum zugestimmt, Herr Tullner. Insofern kann ich einmal sagen: Diese Holperei und Stolperei war von Anfang bis Ende Markenzeichen dieses Doppelhaushaltes. Das hätte man - -
- Herr Paqué, Sie erwarten nicht wirklich, dass die Opposition sich darin ergießt, dass sie Sie auch noch lobt. Ich hatte schon vor, Redezitate von FDP und CDU aus den Beratungen des Bundestages mitzubringen. Ich hätte mich nicht getraut, sie vorzulesen.
Wenn Sie den Eichel mit den Worten „fiskalpolitische Blindheit“ beschimpfen - so ein Wort werden Sie von mir zu Ihnen nicht hören.
Ich glaube, Herr Paqué, Sie sollten in Ihrer eigenen Wortwahl aufpassen, dass Sie nicht Begriffe verwenden, die man auch Ihnen vorwerfen könnte. Ich werde das nicht tun. Trotzdem sage ich und dabei bleibe ich: Das, was hier vorgelegt wurde, ist eine ziemliche Holperei, und zwar nicht der Mehrheitsfraktionen, sondern der Landesregierung. Deswegen sage ich an dieser Stelle: Respekt vor allen Finanzpolitikern angesichts dessen, was aus diesem Entwurf des Doppelhaushalts gemacht wurde. Ich weiß ganz genau, dass sich noch Etliches veränderte. Übrigens hätte ich gern auch einmal erlebt, wie eine zweitägige Bereinigungssitzung so ist. Das habe ich in unserer Zeit nicht erleben dürfen - Gott sei Dank.
Kurz zur Rolle der SPD: Ich denke, wir waren eine konstruktive Opposition, die sich in der Diskussion auf wenige Punkte beschränkt hat, die sich bemüht hat, Vorschläge vorzulegen, die eine Gegenfinanzierung sicherten. Wir sind in aller Regel abgeschmettert worden bzw. es gab Änderungen, die Sie selbst einbrachten. Dieses Spiel kenne ich auch.
Wir haben aber - ähnlich wie Sie; das war für mich heute früh ganz überraschend - noch einmal vier Änderungsanträge vorgelegt zu den Themen Übergangsfinanzierung, Forschung und Entwicklung, Wirtschaftshaushalt, städtebauliche Sanierungsmaßnahmen und Zuschüsse für die Vereine zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Wir bitten natürlich um Zustimmung zu diesen Anträgen. Ich will das nicht weiter ausformulieren, denke aber, dass es für alle diejenigen nachvollziehbar ist, die die Beratung miterlebt haben.
Mir geht es in der heutigen Rede - es ist natürlich auch ein Problem, innerhalb dieser kurzen Redezeit die Globaldiskussion mit Details aus der Haushaltsberatung zusammenzubringen; das hat die Ausschussvorsitzende aber schon hinlänglich gemacht - um die Frage, inwieweit sich dieser Haushalt in die Grundlinien von Haushaltsentwicklungen einbindet, weil so getan wird - das habe ich schon gelesen -, als wären 200 Millionen € etwas Geniales, was diese Regierung hingekriegt habe, 200 Millionen € im Kontext von 10 Milliarden € Gesamthaushalt.
Es ist natürlich immer schwierig, wenn man als Opposition sagen will, woran man das festmacht. Ich habe mir rechtzeitig nach Erscheinen den Fortschrittsbericht angeschaut und ich habe mir auch die Bewertung der Bundesregierung zu Gemüte geführt und denke, diese Sys
tematik kann man nutzen, weil nämlich dort beschrieben wird, welche Probleme die ostdeutschen Länder eigentlich bedrücken. Diese Reihenfolge bitte ich zu beachten: erstens das Problem der Einnahmesituation, zweitens das Problem der zu hohen Personalkosten, drittens die zu hohen Zinsausgaben und viertens die zu hohen konsumtiven Ausgaben.
Herr Paqué, ich verzichte aufgrund der Redezeit darauf, darüber zu reden, was Ihre Haushaltspolitik eigentlich von der Struktur ausmacht, nämlich - ich zähle es einmal ein bisschen auf - die Ankündigungen: Wir veranschlagen Haushaltsreste, wir werden geringe globale Minderausgaben einstellen, wir werden keine sinkenden Investitionsquoten haben, wir werden zusätzliche Kommunalfinanzen zur Verfügung stellen, wir reduzieren die Nettoneuverschuldung, wir werden ehrlich veranschlagen, wir werden ehrlich das veranschlagen, was wir veräußern, wir werden die Drittmittel zu 100 % binden, wir werden kein Haushaltsdefizit zulassen... Ich höre an dieser Stelle auf. Ich will nur sagen, allein diese Punkte hätten ausgereicht, eine halbstündige Oppositionsrede zum Haushalt zu machen.
Ich erkenne an, dass Sie wie auch alle anderen Finanzminister Rahmenbedingungen vorfinden, die schwierig sind, nämlich die demografische Entwicklung, ein schwaches Wirtschaftswachstum und daraus resultierend geringe Steuereinnahmen. Ich weiß auch, dass alle Aussagen der SPD für Sie anscheinend die gleiche Wirkung haben wie das rote Tuch des Toreros für den Stier. Trotzdem werden Sie es nicht wegkriegen, dass diese Rahmenbedingungen nun einmal so sind, wie sie sind. Sie werden sie auch nicht schönreden können.
Nur gehen einige, die die gleichen Rahmenbedingungen haben, anders damit um, indem sie nämlich anerkennen, dass das, was sie vorhaben, nicht mehr geht, weil es eben so ist, wie es ist. Selbst Sie müssen eingestehen, dass das, was Sie einmal vorhatten - ich spreche zum Beispiel von den Wahlversprechen -, nicht deshalb nicht geht, weil die vorher alle zu blöd waren, sondern vielleicht nie ging oder jetzt vielleicht nicht mehr geht, weil die Rahmenbedingungen anders sind.
Es kann doch nicht so schwer sein, das einmal zu sagen, Herr Paqué. Ich verstehe Sie nicht. Das mussten andere vor Ihnen auch schon tun. Es werden auch noch viele nach Ihnen tun müssen, wenn sie denn einen ebensolchen Ansatz wählen wie Sie, nämlich sich im Vorfeld nicht mit der Materie zu beschäftigen und vor den Wahlen Dinge zu versprechen, die man nie einhalten kann. - In dieser Krux sind Sie nämlich.
Ich möchte als Erstes zu den Einnahmen kommen. Sie haben völlig Recht, dass die Einnahmesituation in den letzten Jahren eine sehr schwierige wurde. Ich weiß noch, vor Jahren haben wir uns erhofft, dass die Steuereinnahmen im Zusammenhang mit dem Länderfinanzausgleich wesentlich steigen werden. Dies ist über die Wahlperioden hinweg nicht eingetreten.