Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

kussion allzu oft unterschätzt, was diesbezüglich in den nächsten Jahren auf uns zulaufen könnte.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dass in diesem Bereich noch Verbesserungen möglich und notwendig sind - auch das möchte ich an dieser Stelle ansprechen -, zeigt der aktuelle Fortschrittsbericht des Landes für das Haushaltsjahr 2005. Dort wird auf der Grundlage eines Rechenschemas, das auch die Höhe der Neuverschuldung berücksichtigt, über die Verwendung der Solidarpaktmittel Rechenschaft abgelegt. Die bisher unbefriedigenden Nachweisquoten belegen, dass es bei einem relativ konstanten Investitionsniveau entscheidend auf eine Reduzierung der konsumtiven Ausgaben, sprich der Nettoneuverschuldung, ankommt.

Hierbei müssen wir berücksichtigen, dass sich die Personalausgaben als wichtigster konsumtiver Ausgabenblock nicht von heute auf morgen so reduzieren lassen, wie es uns andere mit auf den Weg geben. Wir müssen allerdings im Auge behalten, dass insbesondere im Bereich Bildung und Forschung einige Ausgabenpositionen, die haushaltstechnisch als Konsum zu deklarieren sind, durchaus als Investitionen in die Zukunft des Landes gewertet werden können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

- Ich hatte eigentlich gedacht, dass jetzt die PDS klatscht. Ich wollte nämlich darauf hinweisen, dass die Debatte über das Thema Bildung - -

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Weil der Finanz- minister gesagt hat, dass die Diskussion auf Bundesebene zurzeit gar keinen Zweck hat, klat- schen wir nun mal nicht!)

- Herr Gallert, da Sie meine Rede nicht kennen können, wollte ich anschließen, dass wir diese Debatte demnächst zu führen haben werden. Insofern sind wir, glaube ich, dicht beieinander. Ich glaube auch, dass diese Diskussion notwendig ist.

Ich habe aber auch gesagt, dass es fatal wäre, wenn über diese Diskussion am Ende durch die Solidarpaktaufweichung weniger Geld zur Verfügung stehen würde. Denn die Leute würden uns für verrückt erklären, wenn wir am Ende vielleicht eine andere Quotierung hätten, aber weniger Geld.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Eine solide Finanzpolitik und ein konsolidierter Landeshaushalt sind also kein Selbstzweck, sondern vielmehr eine Grundbedingung dafür - ich habe es erwähnt -, sich diesen Herausforderungen zu stellen.

Meine Damen und Herren! Mir ist es aus diesem Grund wichtig, die Finanzpolitik verstärkt längerfristig auszurichten und sie damit den Belangen der Tagespolitik zu entziehen. Dieser Blickwinkel scheint mir auch in anderer Hinsicht notwendig zu sein.

Die künftige Einnahmenentwicklung zwingt uns dazu, schon jetzt den Blick in die Zukunft zu richten. In den kommenden Jahren wird das Land mit einem starken und kontinuierlichen Rückgang der Zuweisungen von dritter Seite konfrontiert werden. In der neuen EU-Förderperiode für den Zeitraum von 2007 bis 2013 wird rund ein Drittel weniger Fördermittel bereitstehen, als dies bisher der Fall war.

Die Zuweisungen im Rahmen des Solidarpaktes II werden bis zum Jahr 2019 auslaufen. Das kann ich nur im

mer wieder wiederholen, denn oft genug hat man den Eindruck, dass dieser Umstand verdrängt wird. Schon mittelfristig wird uns das behindern, denn ab dem Jahr 2009 werden uns jährlich über 100 Millionen € fehlen.

Diese Einnahmenentwicklung, die im Prinzip durch das Land nicht beeinflusst werden kann, schafft zusätzlichen Druck auf die Ausgabenseite und erhöht den Konsolidierungsbedarf.

Meine Damen und Herren! Die demografische Entwicklung, die in ihren Folgen auf die Landesfinanzen durch die Abwanderung von Arbeitskräften in wirtschaftlich stärkere Regionen Deutschlands noch verschärft wird, steigert den Handlungsbedarf weiter.

Darüber hinaus hat das Land ein Zuwanderungsproblem. Darüber wird in der letzten Zeit offen diskutiert. Wir können die statistisch betrachtet geringeren Wegzüge im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht durch Zuzüge kompensieren. Hierin liegt eine Herausforderung für uns als Landespolitiker, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass mehr Menschen in unser Land kommen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das Ziel sollte es sein - ich denke, daran arbeiten wir alle -, in dieser Wahlperiode einen ausgeglichenen Wanderungssaldo zu erreichen. Ich meine, das wäre ein großer Erfolg für das gesamte Land.

Die aktuelle dritte Bevölkerungsprognose wird im März nächsten Jahres durch die vierte Bevölkerungsprognose ersetzt. Danach zeichnet sich für das Land eine günstigere Entwicklung ab, als bisher angenommen wurde. Ich kann mich noch an die Debatten der letzten Monate erinnern, in denen wir über Kommastellen gestritten haben.

Natürlich - das sage ich auch immer wieder - ist klar, dass sich die exakte Einwohnerzahl für die nächsten 15 bis 20 Jahre nicht vorausberechnen lässt; aber Trends sind klar zu erkennen. Klar ist nämlich, dass sich die Geburtenrate kurzfristig nicht verändern wird, auch wenn wir uns das hier wünschen. Mit einem schlagartigen Rückgang der Abwanderung von Arbeitskräften kann ebenfalls nicht automatisch gerechnet werden. Eine solide Finanzpolitik muss diese Entwicklungen berücksichtigen und immer in ihre Betrachtungen einbeziehen.

Meine Damen und Herren! Richtig ist, dass die Umsatzsteuererhöhung und das Steuerrechtsänderungsgesetz 2007 - egal, wie jede Partei dazu gestanden hat - zu Einnahmesteigerungen im Land führen, die wiederum von allen gleichermaßen gewünscht und auch schon verteilt werden, auch wenn man damals vielleicht eine andere Meinung dazu hatte.

Auf der anderen Seite wird die geplante Unternehmenssteuerreform 2008, sollte sie nicht aufkommensneutral ausgestaltet werden - ich glaube, ich verrate kein Geheimnis: davon geht im Moment niemand aus; das wäre auch nicht der Sinn der Sache, das von Anfang an so zu betreiben; denn dann könnte man es sich auch sparen -, Mindereinnahmen verursachen.

Zugleich können wir aber erfreulicherweise auch feststellen, dass sich die eigene Finanzkraft des Landes positiv entwickelt.

Wir müssen bei dieser Diskussion immer berücksichtigen, dass das Land über den Bundesrat an derartigen Entscheidungen zum Thema Steuern oder Einnahmen

nur mitwirken kann und nicht allein entscheidet. Wir können also nicht einfach aufgrund einer solchen Diskussion die Einnahmebasis verändern.

Was noch hinzukommt: Auch eine gesteigerte Finanzkraft des Landes, wie wir sie uns wünschen, durch eine verbesserte Einnahmesituation wird aufgrund des Länderfinanzausgleichs nicht dazu führen, dass unter dem Strich mehr übrig bleiben wird. Das, was uns sozusagen seit 15 Jahren hilft, wird dann, wenn sich diese Basis verstärkt, natürlich abgeschmolzen werden. Ich halte das für richtig; denn dieser Solidargedanke muss auch in Zeiten gelten, in denen es einem besser geht.

Ich möchte hier aber keineswegs den Eindruck erwecken, als sei die Steuerpolitik und die Entwicklung der eigenen Finanzkraft für uns ohne Bedeutung, und das gerade in der jetzigen Zeit, in der, wie ich glaube, sehr viel über dieses Thema geredet wird. Worauf es mir ankommt, ist vielmehr die Erkenntnis, dass für uns als Land beim Thema Haushaltskonsolidierung zunächst und unmittelbar nur die Ausgabenseite in ihrem gestaltbaren Teil die entscheidende Steuerungsgröße der Finanzpolitik sein kann, und sei es noch so schwer, auch für die Opposition.

(Zustimmung bei der SPD)

Deren mittel- bis langfristige Ausrichtung ist Voraussetzung dafür, die skizzierten Entwicklungstendenzen besser in den Griff zu bekommen, als dies bei rein kurzfristigen Betrachtungen möglich ist.

In einer Projektion der wichtigsten Einnahmen- und Ausgabenblöcke bis in das Jahr 2020 - das ist das Jahr, bis zu dem, ich erwähnte es, der Soli ausläuft - haben wir in der mittelfristigen Finanzplanung versucht, unter Berücksichtigung der Einnahmeentwicklung zunächst die finanziellen Spielräume in den nächsten Jahren zu ermitteln. Ausgehend hiervon wurde festgestellt, welche finanziellen Möglichkeiten für die einzelnen gestaltbaren Aufgaben- und Politikbereiche bestehen. Auf diese Weise wird der Landeshaushalt auf ein Grundgerüst nicht veränderbarer Grundausgaben zurückgeführt - diese werden Bestand haben und sind sozusagen schon jetzt vorhersehbar -, erweitert um das sozusagen gestaltbare Maß von Ausgaben - das, was politisch zu diskutieren ist.

Dieses Verfahren muss unzweifelhaft noch verfeinert werden; das gebe ich zu. Das wird Aufgabe der nächsten Jahre sein. Ich habe in den vergangenen Jahren allzu oft dafür geworben, die Diskussion strukturell so vorzubereiten. Finanzplanung ist ein immer laufender Prozess und das wird auch so bleiben.

Meine Damen und Herren! Diese Projektion möchte ich künftig immer mehr zur Richtschnur für die Aufstellung der nächsten Haushalte und der mittelfristigen Finanzplanung sowie nicht zuletzt zur Definition des finanziellen Rahmens der Sachpolitik ausbauen; denn diese Betrachtung erlaubt es, künftigen Handlungs- und Umgestaltungsbedarf für die Politik zu ermitteln und frühzeitig notwendige Maßnahmen zur Umsteuerung einzuleiten.

Die nun eingebrachten Entwürfe sind von den Ergebnissen der Projektion - auch das sage ich ganz offen - noch mäßig geprägt. Aber - ich sagte es bereits - wir stehen am Anfang des Weges, den wir in den kommenden Jahren konsequent fortsetzen müssen und auch wollen.

Meine Damen und Herren! Die Rahmenbedingungen für eine auf Konsolidierung ausgerichtete Finanzpolitik sind

gut. Das gebe ich unumwunden zu. Das trifft auf alle Länder zu. Die Steuereinnahmen haben sich stabilisiert und werden in diesem und im kommenden Jahr stärker zulegen, als es noch vor einigen Monaten zu erwarten war. Die konjunkturelle Entwicklung verläuft ebenfalls besser, als es noch Anfang des Jahres angenommen wurde. Lassen Sie uns diese günstigen Voraussetzungen nutzen und, wie wir es in den Entwürfen auch geplant haben, einen deutlichen Schritt in Richtung auf einen Verzicht auf die Nettoneuverschuldung machen.

(Zustimmung bei der SPD, von Herrn Scharf, CDU, und von Herrn Schröder, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich nun auf die wesentlichen Aspekte der Gesetzentwürfe über den Nachtragshaushaltsplan 2005/2006 und den Haushaltsplan 2007 eingehen.

Zum Nachtragshaushalt 2005/2006. Nach dem Gesetzentwurf erhöht sich das Volumen der Einnahmen und Ausgaben von 9,93 Milliarden € auf 10,02 Milliarden €. Im Wesentlichen werden im bisherigen Haushaltsplan vier Veränderungen vorgenommen:

Erstens. Der Haushaltsplan wird, soweit ihm Prognosen zugrunde lagen, aktualisiert. Dies gilt natürlich insbesondere für die Steuereinnahmen. Inzwischen ist davon auszugehen, dass nach den derzeitigen Berechnungen - ich sage extra: „nach den derzeitigen“, weil ich mir gut vorstellen kann, dass man darauf abheben wird, was wir hier noch vor einigen Wochen diskutiert haben - 146 Millionen € mehr Einnahmen eingehen werden, als bei der Planaufstellung erwartet werden konnten. Diese Erwartung bildet die Grundlage für den Entwurf des Nachtragshaushalts.

Auch wird das Land aufgrund der günstigen Entwicklung an den Kapitalmärkten weniger Zinsen zahlen müssen, als bei der Planaufstellung vorhersehbar war. Nicht zuletzt kommt es bei den Personalausgaben zu Minderausgaben.

Diese Entlastungsfaktoren ermöglichen es, die erwarteten Mehrbelastungen vor allem im Bereich der überörtlichen Sozialhilfe und der Auslagen in Rechtssachen zu kompensieren. Zugleich konnte die Neuverschuldung auf nunmehr 750 Millionen € abgesenkt werden. Ganz klar sage ich hier: Die Restkreditermächtigung aus dem Vorjahr mit einem Volumen von 125 Millionen € stellen wir damit in Abgang.

Der Nachtrag folgt also dem Prinzip strikter Ausgabenbegrenzung. Auch die globalen Minderausgaben werden aufgelöst. Sie wurden keineswegs einfach gestrichen. Die globalen Einsparverpflichtungen wurden von den Häusern in konkrete Ausgabensenkungen umgesetzt und erscheinen aus diesem Grund - und nur aus diesem Grund - nicht mehr im Nachtragshaushalt.

Zweitens. Die Beleihung des Sondervermögens Altlastensanierung des Landes Sachsen-Anhalt in Höhe von 150 Millionen € wird zurückgeführt. Haushaltstechnisch ist dies - auch wenn es darüber einige Verwirrung bei denen gab, die es gleich kommentierten, ohne abzuwarten, was ich eigentlich gesagt habe - eine Umschuldung, die die Höhe der Neuverschuldung ebenso wenig beeinflusst wie die Höhe der Gesamtverschuldung. Wir leisten damit einen Beitrag zur Haushaltsklarheit und zur Transparenz der Finanzpolitik - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Herr Professor Paqué, Sie wissen ja, dass das genau die Debatte war, die wir vor Jahren im Ausschuss geführt haben. Dann können Sie den Teil nachher gleich weglassen.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der FDP - Zuruf von Herrn Prof. Dr. Paqué, FDP)

- Ich denke an Ihre Redezeit.

Drittens. Erstmals mit dem Nachtragshaushalt 2005/2006 wird dem Pensionsfonds, den wir noch im Jahr 2006 schaffen wollen, ein Betrag in Höhe von 20 Millionen € zugeführt. Dieser stellt gleichsam einen Grundstock für den in den kommenden Jahren geplanten Aufbau eines Kapitalvermögens zur Absicherung der Pensionsverpflichtungen des Landes dar.

In den nächsten Jahren ist von einem starken Anstieg der Ausgaben für die Beamtenversorgung auszugehen. Wir gehen derzeit von einer jährlichen Belastung im Jahr 2020 in Höhe von rund 290 Millionen € aus. Das ist gegenüber dem Jahr 2005 eine Versechsfachung. Vorausschauende Finanzpolitik bedeutet, bereits heute für diese kommenden Belastungen Vorsorge zu treffen. Im Übrigen sehe ich auch darin einen Beitrag zur größeren Transparenz der Finanzpolitik, die damit die stillen Lasten der Zukunft offen legt.