Mit diesem Konzept folgt die Bundesregierung den Interessen der vier großen Versorger und hält die Bürger fest „unter den Fußsohlen der Energieriesen“,
Diese weitreichende strategische Entscheidung über die Laufzeitverlängerung will die Bundesregierung nun auch noch unter Ausschluss der Beteiligung der Bundesländer treffen. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich im Vorfeld dieser Entscheidung Minister mehrerer Länder - darunter aus Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern - mit einem kritischen Papier zum Energiekonzept gemeldet und angekündigt haben, bei Nichtbeteiligung des Bundesrates an dieser Entscheidung Verfassungsklage einzureichen.
Die Gründe dafür sind durchaus schwerwiegend: Die Länder haben weiterhin die Aufsicht über die Kraftwerke zu leisten; sie sind haftungsrechtlich beteiligt und sie sind in ihren eigenen Entscheidungen über die strukturelle Entwicklung der Länder betroffen.
Ich meine, dass es insbesondere der letzte Grund zwingend notwendig macht, dass sich Sachsen-Anhalt einer möglichen Verfassungsklage anschließt.
Die Entscheidung der Bundesregierung für eine Laufzeitverlängerung ist eine grundlegende Richtungsentscheidung, ein Festhalten an zentralen Strukturen, was die Vorherrschaft der vier Energieriesen weiter festigt und ihnen weiter maximale Gewinne beschert. Es ist ein Festhalten an einer nichtinnovativen Risikotechnologie und beschert uns noch mehr Atommüll, für den schon jetzt keine wirkliche Entsorgungsmöglichkeit existiert.
Dieses Problem wird bedenkenlos zukünftigen Generationen überlassen. Atomstrom wird weiter die Netze verstopfen und dem Ausbau der erneuerbaren Energien im Weg stehen.
Für Sachsen-Anhalt heißt das Gefährdung von fast 20 000 Arbeitsplätzen im Windanlagenbau, in der Solarindustrie, im Handwerk.
(Herr Gürth, CDU: Wer schreibt denn so was? - Herr Scharf, CDU: Haben Sie schon einmal eine Stromverstopfung gehabt? - Unruhe)
Damit werden auch der technologische Vorsprung in Umwelt- und Effizienztechnologien und damit Exportchancen aufs Spiel gesetzt. Auch Synergieeffekte, zum Beispiel zum Maschinenbau oder zur Chemie, werden so verhindert.
Ich erinnere an die heutige Aktuelle Debatte. In den genannten Gebieten gibt es diese Arbeitsplätze, die Armut verhindern, die die Wertschöpfung in die Region bringen, die die Energieversorgung dezentralisieren und bürgernäher machen,
und die so zum wirklich nachhaltigen Klimaschutz beitragen. Lassen Sie uns dies nicht durch Dinosauriertechnologien kaputt machen.
Die Atomenergie wird uns immer wieder als Brückentechnologie verkauft. Ich sehe sie als Brücke in die Vergangenheit.
Die wirklichen Brücken, neue flexible, hochmoderne Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, in die besonders die Stadtwerke investiert haben - immerhin bisher etwa 12 Milliarden € - werden nun in einen Wettbewerb mit abgeschriebenen Atommeilern gezwungen. Soll das die Förderung neuer Technologien sein?
Wie uns mit dieser Laufzeitverlängerung versprochen wird, soll ja nun die ganz große Förderung der erneuerbaren Energien beginnen. Mindestens 50 % der Extraprofite sollten über die Brennelementesteuer und eine Extra-Abgabe abgeschöpft werden. Rechnet man mit einem Extra-Profit von etwa 6,4 Milliarden € pro Jahr, so liegt die Brennelementesteuer mit 2,3 Milliarden €, die sich durch Steuereffekte noch auf 1,5 Milliarden € reduzieren, doch deutlich darunter. Zur Abgabe ist öffentlich bisher nichts bekannt.
Also noch ein Grund, sich gegen diese Politik der Kungelei, der Entmündigung der Öffentlichkeit zu wenden.
Der Landesvorstand der SPD hat sich am 7. September 2010 in einer Pressemitteilung dazu geäußert und die Landesregierung aufgefordert, Verfassungsklage einzureichen bzw. sich daran zu beteiligen. Ich gehe daher davon aus, dass wir über unseren Antrag direkt abstimmen können, und bitte um Ihre Zustimmung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein energiepolitisches Gesamtkonzept zu erar
beiten. Dabei soll die Kernenergie als Brückentechnologie fungieren, bis sie verlässlich durch erneuerbare Energien ersetzt werden kann.
In der letzten Woche wurde ein von der Bundesregierung beauftragtes Gutachten vorgelegt, in dem verschiedene Energieszenarien betrachtet werden. Der Entwurf eines Energiekonzeptes, das auf der Grundlage dieser Szenarienbetrachtung erstellt wurde,
wurde am 7. September 2010 vom Bundesminister für Wirtschaft und Technologie sowie vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorgestellt. Es wurde eine langfristige bis zum Jahre 2050 reichende Gesamtstrategie entwickelt und beim Energiemix der Zukunft sollen die erneuerbaren Energien den Hauptanteil übernehmen.
Meine Damen und Herren! Das ist eine gute Botschaft für Sachsen-Anhalt, eine der führenden Regionen im Bereich der erneuerbaren Energien.
Die Kernenergie stellt dabei eine Brückentechnologie dar. Dabei werden die Sicherheitsanforderungen erhöht.
Es wird behauptet, dass die Laufzeitverlängerung den Ausbau der erneuerbaren Energien behindern wird. Das ist völlig unverständlich, meine Damen und Herren, weil nicht nur seit 20 Jahren in Deutschland, sondern auch in Zukunft unangetastet ein Einspeisevorrang und eine Abnahmepflicht für Strom aus erneuerbaren Energien bestehen.
Zudem laufen Kernkraftwerke im Wesentlichen in der so genannten Grundlast. Das ist ein Bereich, meine Damen und Herren, den die regenerative Stromerzeugung auf absehbare Zeit - ich sage bewusst: leider - noch nicht besetzen kann.
Im Gegenteil: Die Gewinnabschöpfungen aus den Laufzeitverlängerungen sollen in einen Fonds fließen, mit dem der Ausbau der erneuerbaren Energien gefördert wird.