Solange ausgrenzende und diskriminierende Debatten geführt werden, wird sich jeder, auch der hier in Sachsen-Anhalt und in Deutschland Lebende überlegen, ob er hier bleiben will oder ob er lieber in ein anderes Land geht. Also brauchen wir dringend eine neue Kultur im Umgang miteinander.
Die Fraktion DIE LINKE bekennt sich ausdrücklich zum Einwanderungsland Deutschland. Wir akzeptieren aber auf keinen Fall, dass Menschen nach Qualifikation und Arbeitsmarktlage in nützliche und nutzlose, in erwünschte und unerwünschte Migranten unterteilt werden.
Quoten, Kontingente und Punktsysteme sind Instrumente einer menschenverachtenden selektiven Einwanderungspolitik.
(Herr Kosmehl, FDP: Was haben Sie bis 1989 mit Menschen gemacht? - Herr Scheurell, CDU: Sie haben sie kaserniert und eingesperrt!)
Karl Liebknecht sagte schon vor fast 100 Jahren, und zwar im Jahr 1912, in seiner Rede zum Gesetz zur Staatsangehörigkeit im Deutschen Reichstag:
„Sie wollen die ausländischen Arbeiter in Deutschland. Aber sie sollen für die Deutschen Sklaven sein.“
Genau dieses politische Credo der bisherigen Bundesregierungen wird seit dem ersten Anwerbeabkommen mit Italien aus dem Jahr 1955 verfolgt. Damals forderte zumindest die SPD die Gleichstellung durch die Einbürgerung. Ausländerinnen und Ausländer sollten eingebürgert werden, sofern sie seit zwei Jahren in Deutschland lebten oder im Inland geboren wurden. Lang, lang ist es her.
Nun sind wir in Sachsen-Anhalt schon ein klein wenig weiter, als wir das heute hier dargestellt haben, als der
Rest der Republik. Im Zeitraum von Mai 2008 bis November 2009 wurde durch die Integrationsbeauftragte Frau Möbbeck und auch durch den Integrationsminister Herrn Hövelmann
- ja, genau - ein Dialogprozess auf den Weg gebracht, an dem sich Vertreterinnen und Vertreter von Migrationsdiensten, Vereinen und Verbänden, Migrantenselbstorganisationen, Landesministerien und Arbeitsmarktakteure beteiligten. Seit Ende 2009 liegt der Abschlussbericht mit dem Titel „Integration im Dialog“ vor. Leider fand dieser Dialogprozess in diesem Hohen Hause so gut wie keine Beachtung.
Das Ministerium für Gesundheit und Soziales hat in Zusammenarbeit mit der Caritas einen Leitfaden zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse in Sachsen-Anhalt erarbeitet. Das ist auch ein Ergebnis des Dialoges für Integration. Dieser Leitfaden wird schon zum dritten Mal nachgedruckt, weil er so gefragt ist, und zwar nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern bundesweit.
In Sachsen-Anhalt gibt es 23 verschiedene Stellen für die Verfahren zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen. Das ist ein Grund, weshalb es so schwierig ist, hier überhaupt eine Anerkennung zu bekommen.
Wir unterstützen daher ausdrücklich die Forderung des Integrationsbeirates in Sachsen-Anhalt nach einer einheitlichen Anlaufstelle für alle Verfahren.
Ob es in diesem Land hochqualifizierte Menschen gibt, die ein Interesse daran haben, in Sachsen-Anhalt zu bleiben, oder ob es Menschen gibt, die nach SachsenAnhalt kommen wollen, wird nicht davon abhängen, wie hoch die Mindestverdienstgrenze im Sinne des Kapitals ist. Das haben frühere Diskussionen über die Greencard eindeutig bewiesen. Dieses Teil ist als Tiger gestartet und als ganz jämmerlicher Bettvorleger gelandet.
Die aktuelle Diskussion über den Fachkräftemangel mit der Forderung nach erleichterter Einwanderung von hochqualifizierten Fachkräften orientiert sich nur an den Interessen und Bedürfnissen der Wirtschaft.
Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, das den Fachkräftemangel oft medienwirksam bewirbt, stellte in einer Studie im Oktober 2008 fest - ich zitiere -:
„Ein qualifikationsgruppenübergreifender Fachkräfteengpass im Segment Hochqualifizierter kann nicht konstatiert werden.“
Bei einem Blick auf andere Statistiken stellt sich die Frage: Wenn es ca. 69 000 offene Stellen in diesem Bereich gibt, warum suchen dann 20 000 vermeintlich gut ausgebildete Ingenieure hier in Deutschland einen Arbeitsplatz?
Ist es nicht eher so, dass gewisse Unternehmen ein großes Interesse daran haben, unendlich viele Bewerberinnen und Bewerber zu haben, um Druck ausüben zu können, frei nach dem Motto: Wenn du nicht willst, dann gibt es genügend andere?
(Zurufe von der FDP: Schwachsinn! - Was ist das für ein Schwachsinn? - Herr Wolpert, FDP: Das ist schon psychotisch!)
Aber es ist doch auch bequem, ein möglichst großes Reservoir zu haben; denn man muss als Arbeitgeber keinen Gedanken daran verschwenden, wie attraktiv man seine Stellen gestaltet.
(Herr Wolpert, FDP: Das ist Ihr Weltbild, dass alle Unternehmer Ausbeuter sind! - Herr Tullner, CDU: Das ist ja nun eine Logik! Hallo! - Herr Kos- mehl, FDP: Fragen Sie mal Ihren Fraktionsvorsit- zenden, der erläutert es Ihnen! Mann, Mann!)
Der IAB-Experte Heckmann beschreibt das sehr, sehr treffend - das sind nicht nur meine Ideen und auch nicht nur die meiner Partei -:
„Je mehr potenzielle Bewerber ein Unternehmen zur Verfügung hat, desto weniger müssen sich Arbeitgeber bewegen. Die Forderungen nach mehr Arbeitskräften aus dem Ausland sorgen dafür, dass der Arbeitsmarkt ein Nachfragemarkt bleibt. Je mehr Bewerber, desto niedriger auch die Forderungen, welche die Mitarbeiter stellen können.“
(Frau Dr. Hüskens, FDP: Ja, Gott sei Dank! - Ab- geordneter Herr Tullner: Gott sei Dank! - Herr Gürth, CDU: Sind sie leider noch nicht, aber ich hoffe, das kommt bald!)
(Herr Gürth, CDU: Dafür braucht man keinen Hinweis von Ihnen! - Herr Kley, FDP: Erzählen Sie mal weiter, damit die Bevölkerung weiß, was los ist!)
Wenn Sie ernsthaft etwas gegen den Fachkräftemangel tun wollen, dann müssen Sie Mindeststandards festlegen, dann brauchen wir endlich eine Ausbildungsplatzumlage, damit jeder Jugendliche auch einen Ausbildungsplatz bekommt.
Das ist hier im Übrigen nicht nur von mir vorgestellt worden, das hat auch Ihr Ministerpräsidentenkandidat - -
(Herr Tullner, CDU: Also! Das Thema ist doch von gestern! - Herr Gürth, CDU: Ist das die Rede vom letzten Parteitag vor zwei Jahren, oder was? - Zurufe von Herrn Weigelt, CDU, und von Herrn Scheurell, CDU)
(Herr Tullner, CDU: Das könnte auch eine Karne- valsrede sein! - Herr Gürth, CDU: Der 11.11. war gestern!)
Wir wollen einen flächendeckenden Mindestlohn - das werden Sie von uns immer zu hören bekommen -, damit die Menschen von ihrer Arbeit leben können.
(Herr Dr. Schrader, FDP: Wie hoch? - Herr Gürth, CDU: Wie hoch ist er denn heute, der Mindest- lohn? 11 €? 12 €? 30 €? Wo stehen wir denn heute?)
Wir wollen vor allem endlich einen Rechtsanspruch auf die Anerkennung von ausländischen Berufsausbildungen.