Ich habe zunächst zwei kurze Bemerkungen - deswegen muss der Finanzminister nicht rennen - und eine Frage. Für die Antwort muss er aber wieder vorn stehen.
Erstens. Das ist jetzt einmal nicht bierernst gemeint: Die Situation, dass die Kommunen sagen: „Jetzt reicht es uns!“, haben wir gerade.
Zweitens. Der Betrag von 1,7 Milliarden € ist nicht auskömmlich. Das haben wir ausdrücklich gesagt. Es gibt die Berechnung des Städte- und Gemeindebundes, die bei einem Betrag von 1,95 Milliarden € liegt. Die haben wir nie angezweifelt. Wir haben nur gesagt: Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen des Landes Sachsen-Anhalt ist diese Auskömmlichkeit nicht zu finanzieren. Des
Drittens. Meine Frage ist eigentlich relativ einfach. Aber ich bin verwirrt; das gebe ich zu. Sie bringen heute einen Entwurf zur Änderung des FAG ein, der sich ausdrücklich auf die Zahlungen an die Kommunen für die Jahre 2012 und 2013 bezieht. Gleichzeitig - so habe ich Sie eben auch verstanden - gibt die Landesregierung eine Pressemeldung heraus, aus der hervorgeht, dass im Jahr 2013 schon das grundsätzlich neue FAG gelten soll.
Sie müssen mir jetzt einmal sagen: Wie ist der Stand der Dinge? Soll das von Ihnen heute eingebrachte FAG bis Ende 2013 oder nur bis Ende 2012 gelten? Ansonsten verstehe ich die Pressemeldung der Landesregierung nicht, dass ab 2013 schon ein neues FAG existieren soll.
Also, ganz offiziell: Natürlich ist dieses Gesetz auf den Doppelhaushalt angelegt. Innerhalb des Verfahrens zur Aufstellung des Haushaltsplans gab es Debatten darüber, ob das Jahr 2014 nicht zu spät ist.
Eigentlich habe ich mich bis zum Schluss gewehrt, das zu machen; denn all diejenigen, die das gefordert haben, waren nicht dabei, als die Frage aufkam: Hast du mal einen Vorschlag? Es wurde gesagt: Nein, das musst du irgendwie machen. Aber wir werden dabei sein, wenn die Diskussion losgeht. Wir werden auch Briefe schreiben, was wir alles brauchten.
Ich habe aber gemerkt, dass diese Diskussion nicht bis 2014 aufzuhalten sein wird. Wir werden uns bemühen - darum bitte ich Sie, das für die zwei Jahre erst einmal so zu beschließen, wie es vorliegt -, bis zum 1. Januar 2013 eine Ablösung für das jetzt eingebrachte FAG hinzubekommen. Aber ich werde nicht wieder auf Risiko fahren, wo wir innerhalb von zwei Wochen nicht wissen, wo es langgeht, und uns selbst unter Druck setzen.
Übrigens zum Thema Angemessenheit, lieber Wulf Gallert, höre ich im Kabinett jeden Dienstagfrüh, dass die Kolleginnen und Kollegen
nicht mit dem Geld auskommen. Ich höre nachmittags von den Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen, dass sie mit dem Geld nicht auskom
men. Auch sie müssen sich beschränken, Herr Gallert, weil nicht so viel Geld da ist. - Schönen Dank.
Es wurde eine Fünfminutendebatte vereinbart, in die wir jetzt eintreten. Als Erster hat für die Fraktion der CDU der Kollege Barthel das Wort. Bitte schön.
Während er hier vorn seinen Platz einnimmt, freue ich mich, Damen der Gruppe „Frauenselbsthilfe nach Krebs“ aus Halberstadt begrüßen zu dürfen. Herzlich willkommen!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und des Verbandsgemeindegesetzes vor. Ich bin mir sicher, dass dieser Entwurf eines der zentralen Reformprojekte dieser Legislaturperiode einleiten wird.
Dieser Gesetzentwurf knüpft zunächst an das derzeit geltende FAG an, um es für das Jahr 2012 dem Grunde nach fortzuschreiben. Der Finanzminister hat das eben noch einmal gesagt.
Bei der Ermittlung des Finanzbedarfes stützt sich dieser Gesetzentwurf deshalb auf die Ergebnisse der Jahresrechnungsstatistik 2008 und 2009 sowie der Kassenstatistik 2010. Inwieweit man nach dieser Arithmetik zu einem Ergebnis kommen kann, welches dem tatsächlichen kommunalen Finanzbedarf entspricht und damit eine aufgabenangemessene Finanzierungsgrundlage schafft, kann man durchaus kritisch hinterfragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass das FAG in dieser Form dringend einer Überarbeitung bedarf und dass bekannte Systemschwächen abgestellt werden müssen.
Sicherlich ist niemandem die heftige Kritik der kommunalen Familie in den Medien an der Angemessenheit und Nachvollziehbarkeit der berechneten Finanzausgleichsmasse verborgen geblieben. Insbesondere im Bereich der besonderen Ergänzungsweisungen zeigen sich in der aktuellen Berechnung große Verwerfungen, die nur schwer nachzuvollziehen sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir nehmen die Hinweise und Sorgen der kommunalen Familie sehr ernst. Die Frage der Zukunftsfähigkeit der Kommunen, aber auch des Landes stehen für
uns ganz oben auf der politischen Agenda. Deshalb macht es auch wenig Sinn, wenn man die Tatsache ignoriert, dass die Leistungsfähigkeit des Landes die Grundlage für eine dauerhaft angemessene Finanzierung der Kommunen darstellt. Wir reden hier über eine finanzpolitische Solidargemeinschaft, in der einer den anderen nicht überfordern darf. Herr Grünert, insofern ist die Frage, was geht und was wir im Haushalt darstellen können, aus der Sicht des Landes sehr wohl interessant.
Wir reden hier nicht nur über mehr Geld - in diesem Punkt stimme ich ausdrücklich mit dem Finanzminister überein -, sondern wir reden auch über die Frage, wie wir künftig ein transparentes, den Aufgaben angemessenes und verteilungsgerechtes FAG konstruieren. Natürlich muss ein solches FAG dann auch im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Landes auf soliden Füßen stehen.
Diese Diskussion muss man zwangsläufig mit einer Aufgabenkritik verbinden, und man muss auch über Aufgabenverzicht und Standards reden. Das wollen wir gerne ausführlich mit den kommunalen Spitzenverbänden und den betroffenen Kommunalvertretern besprechen.
Natürlich können wir angesichts der verbleibenden Zeit für das Jahr 2012 keine derartig grundsätzlichen Systemwechsel mehr hinbekommen. Aufgrund der Komplexität des Systems und der vielen kommunizierenden Röhren ist eine seriöse Umsteuerung, die nicht Gefahr läuft, an anderer Stelle zu neuen Verwerfungen zu führen, kaum möglich. Bei der uns vorliegenden strukturellen Fortschreibung kann es deshalb nur darum gehen, einen vernünftigen Lastenausgleich für die Kommunen zu finden, der nicht mehr, aber auch nicht weniger als einen Kompromiss darstellt.
Die vom Finanzminister angekündigten Maßnahmen für das Jahr 2012 sind ein Schritt in die richtige Richtung. Dass wir die grundlegende Überarbeitung des FAG nun um ein Jahr vorziehen - das wurde vom Finanzminister ausdrücklich bestätigt -, ist ebenfalls eine kluge Entscheidung.
Aber die gute Idee des kommunalen Stabilitätsrates sollten wir schnellstmöglich umsetzen. Auch über dieses Instrument können Konsolidierungsanreize geschaffen werden und natürlich auch mangelnde Sparbemühungen sanktioniert werden.
Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass wir bereits im Jahr 2012 eine Anreizkomponente installieren, die Sparanreize schafft und Konsolidierungsbemü
hungen belohnt. Die Anreizfeindlichkeit des bestehenden Systems ist einer unserer zentralen Kritikpunkte.
Unseren Vorschlag, einen Teil der vorhandenen Fehlbeträge als Finanzbedarf anzurechnen, werden wir im Zuge der kommenden Novelle weiter konkretisieren. Einnahmeverbesserungen dürfen nicht in voller Höhe bedarfsmindernd sein. Nur so können unsere Kommunen ihre Haushalte in den Griff bekommen.
Die Anrechnung des jährlichen Konsolidierungsbeitrages als Finanzbedarf erscheint uns deshalb richtig und sinnvoll. Für das neue FAG streben wir eine solche Regelung an.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir ehrlich über die finanzielle Ausstattung der Kommunen reden, müssen wir natürlich auch die Transferleistungen im Auge haben, die sich außerhalb des FAG bewegen. Ich bin mir sicher, dass wir bei genauer Betrachtung an dieser Stelle gar nicht so schlecht sind, wie man es angesichts mancher Kritik vermuten könnte.
Lassen Sie uns den Gesetzentwurf der Landesregierung im Ausschuss zügig beraten, damit wir für das kommende Jahr schnell zu einer Anschlusslösung kommen. Vielleicht kann man im Kabinett noch über eine Verschiebung der Rückforderung aus dem Jahr 2009 in das Jahr 2013 nachdenken, damit wir das Jahr 2012 noch weiter entschärfen.
Ich möchte ausdrücklich noch einmal dafür werben, dass wir 20 Millionen € aus dem Ausgleichsstock in die allgemeinen Zuweisungen umschichten, damit an der Stelle mehr Spielraum für die Kommunen vorhanden ist. Für das Jahr 2012 hätten wir einen dann doch sehr ordentlichen Kompromiss, der uns die notwendige Zeit verschafft, um es - ich zitiere den Minister - für 2013 dann richtig zu machen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Barthel. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Kollege Erdmenger. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute über eines der wichtigsten Themen, vielleicht das wichtigste Thema, das uns im nächsten Vierteljahr beschäftigen wird. Wir alle wissen aus den Diskussionen, die wir in den Kommunen geführt haben, dass das viele Menschen im Land bewegt und starke Auswirkungen haben wird. In diesem Sinne ist es gut, wenn das intensiv beraten, so wie es der Minister, mein Vorredner und andere angekündigt haben.