Die Ausbildung in grünen Berufen in SachsenAnhalt sichern - Ausbildung für Fachlehrer an berufsbildenden Schulen schaffen
Einbringerin ist - darf ich das jetzt sagen? - die Zootechnikerin Frau Corinna Reinecke. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Grüne Berufe haben Zukunft. Es handelt sich um einen glücklichen Zufall, dass heute ein bundesweiter Green Day stattfindet, in dessen Rahmen sich alle grünen Berufe in Sachsen-Anhalt, und zwar im Bildungszentrum in Bad Dürrenberg, vorstellen. Es war also ein gutes Zeitmanagement.
Sachsen-Anhalt verfügt in der Land- und Forstwirtschaft über vorzügliche Bildungseinrichtungen, welche einen maßgeblichen Anteil daran haben, dass wir insbesondere in der Landwirtschaft über im europäischen Maßstab sehr wettbewerbsfähige Strukturen verfügen.
Deutschland überproportional hoch, was ohne Zweifel maßgeblich zum Erfolg unserer Betriebe beiträgt. Auf die hohe Bedeutung für die Wirtschaftskraft der grünen Berufe möchte ich nicht intensiv eingehen. Ich möchte sie an dieser Stelle aber sehr wohl anmerken. Mit unserer Initiative wollen wir sicherstellen, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
Moderne Landwirtschaft benötigt gut ausgebildete Fachkräfte. Es geht uns darum, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, damit langfristig eine qualitativ hochwertige berufliche Ausbildung in den grünen Berufen sichergestellt wird. In der Tat - das finden Sie in unserer Begründung - kann die bisherige landwirtschaftliche Ausbildung von Berufsschullehrern den ständig steigenden Anforderungen nicht mehr genügen.
Dies ist eine freundliche Umschreibung der Tatsache, dass es keine spezielle Ausbildung von Berufsschullehrern für die Landwirtschaft mehr gibt, zumindest nicht in Sachsen-Anhalt und den angrenzenden Bundesländern. Rheinland-Pfalz ist an dieser Stelle die rühmliche Ausnahme.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Beruf des Landwirts und auch der Beruf des Forstwirts sind hinsichtlich der Anforderungen an die Qualifikation in den zurückliegenden Jahrzehnten erheblich gestiegen. Moderner Pflanzenbau ist heute Hightech-Produktion mit Spitzentechnologie. Die Beherrschung dieser Technologie verlangt ein hohes Maß an pflanzenbaulichem und technischem Verständnis, welches in der beruflichen Ausbildung vermittelt und verinnerlicht werden muss.
Genau dieses Wissen und Verständnis ist es, welches notwendig ist, um einerseits die steigenden gesellschaftlichen Anforderungen zu erfüllen; beispielhaft sei hierbei auf die Minimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln hinzuweisen. Andererseits geht es um den optimalen Einsatz von Betriebsmitteln und um die wirtschaftliche Tragfähigkeit, um damit letztlich auch das eigene Einkommen zu sichern. Es ist also in der Tat so, dass die berufliche Ausbildung einen entscheidenden Einfluss auf die zukünftige Entwicklung unserer Land- und Forstwirtschaft hat.
In der Nutztierhaltung wird dies besonders an der beruflichen Qualifikation im sogenannten Stallmanagement deutlich. Ein gutes Management sorgt dafür, dass sich die Tiere wohlfühlen, dass bei ihnen deutlich weniger Krankheiten auftreten, dass die Mortalitätsrate gering ist und letztlich auch das Betriebsergebnis stimmt.
Diese Aussage wird auch durch das im März erschienene Gutachten mit dem Titel „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“, welches vom wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik erstellt wurde, untermauert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die Fachkräfte der Zukunft in der Land- und Forstwirtschaft auf diese Herausforderungen vorzubereiten, bedarf es der Vermittlung von sehr viel Spezialwissen, welches allgemeine Berufsschullehrer nach ihrem Studium kaum mitbringen, da ihnen dieses nicht vermittelt wurde.
Zur Vermittlung dieses Spezialwissens für Berufsschullehrer gibt es nun zwei Möglichkeiten: Entweder der Berufsschullehrer oder die Berufsschullehrerin eignen sich dieses durch eine Weiterbildung an oder dafür fachlich qualifizierte Ingenieure und Master steigen als Berufsschullehrer an den Berufsschulen ein.
Im Forstlichen Bildungszentrum Magdeburgerforth wurden sehr gute Erfahrungen durch die Weiterbildung von studierten Berufsschullehrern gemacht.
Man muss hierzu allerdings sagen, dass die Anzahl der Berufsschullehrer für die forstliche Ausbildung recht überschaubar ist, was sich im landwirtschaftlichen Bereich etwas anders darstellt. So sind zum Beispiel an der landwirtschaftlichen Fachschule in Haldensleben von elf Lehrkräften nur zwei Lehrkräfte unter 55 Jahren. Ich denke, zu diesem Thema haben wir an anderer Stelle auch schon debattiert.
Die Arbeitsmarktsituation bei den Berufsschullehrern und Berufsschullehrerinnen ist aber ähnlich wie bei den Lehrerinnen und Lehrern im allgemeinbildenden Bereich durchaus angespannt, sodass es schwierig sein dürfte, geeigneten Nachwuchs an Berufsschullehrern zu finden.
Auch aus dieser Überlegung heraus tun wir gut daran, Diplomingenieuren und Mastern den Zugang zum Lehramt an Berufsschulen zu erleichtern, da sie einerseits mit der Agrarwirtschaft per se verbunden sind und andererseits um die fachlichen Anforderungen des Agrarsektors wissen. Außerdem sind sie meiner Meinung nach gute Botschafter für die Attraktivität der Ausbildungsberufe, die Leidenschaft bedürfen, nämlich Leidenschaft für die Tiere, für die Pflanze und auch für die Technik.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das qualitativ Neue an unserem Antrag ist der Einstieg von Diplomingenieuren und Mastern als Berufsschullehrer im Regelzugang. Wir halten diese Forderung aus den genannten Gründen aufrecht.
Ein Punkt, den ich in diesem Zusammenhang noch ansprechen möchte und der damit im Kontext steht, ist die Bezahlung der Quereinsteiger; denn die gegenüber Berufsschullehrern niedrige Einstufung hinsichtlich der Gehaltsgruppe sowie die regelmäßig vorgesehene Erfahrungsstufe 1 bei Beginn der Lehrtätigkeit machen den Einstieg eher unattraktiv.
Ich denke, es ist erforderlich, an dieser Stelle Wege zu finden, damit die individuellen beruflichen Erfahrungen im Tarifsystem auch anerkannt werden. Ich bin der Meinung, dass das Thema Quereinsteiger gerade für diese Profession zukünftig an Bedeutung gewinnt.
Ich bitte Sie im Namen der SPD-Fraktion um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Reinecke. - Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Dr. Aeikens das Wort. Bitte schön, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stimme der Einbringerin Frau Reinecke ausdrücklich zu: Grüne Berufe haben Zukunft. Es sind schöne, erfüllende Berufe und sie sind wichtig für unsere Gesellschaft.
Unsere Landwirtschaft arbeitet mit einer hohen Kapitalintensität. Der Kapitaleinsatz je Erwerbstätigem beträgt in der Landwirtschaft mittlerweile 465 000 €. Im produzierenden Gewerbe sind es ca. 240 000 €. Der Kapitaleinsatz in der Landwirtschaft ist in den letzten 20 Jahren um mehr als 100 %, in den übrigen Wirtschaftsbereichen um lediglich 50 % bis 80 % gestiegen.
Diese Entwicklung stellt hohe und weiterhin zunehmende Anforderungen an die in der Landwirtschaft tätigen Menschen. Auch die gesellschaftlichen Anforderungen an den Umgang der Landwirtschaft mit den natürlichen Ressourcen, mit den ihr anvertrauten Tieren sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen, und ich gehe davon aus, sie werden auch in Zukunft weiter steigen.
Das heißt, von denen im Agrarbereich Beschäftigten wird viel erwartet. Aber die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Produktion darf ebenfalls nicht vergessen werden; denn die in der Landwirtschaft tätigen Menschen müssen auch in Zukunft von ihrer Arbeit leben; sie sollen an der Entwicklung des Wohlstandes teilnehmen. Dafür ist eine fundierte, den derzeitigen und soweit möglich auch künftigen Anforderungen entsprechende Aus- und Fortbildung in Theorie und Praxis erforderlich.
Meine Damen und Herren! Das System der dualen Berufsausbildung, also die Kombination von betrieblicher und schulischer Ausbildung, hat sich auch in der Agrarwirtschaft bewährt. Es ist ein deutsches Erfolgsmodell. Es ist die gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten in den Schulen, in den Betrieben, in der Politik, in der Verwaltung, dafür zu sorgen, dass dies so bleibt. Dazu gehört auch,
dafür zu sorgen, dass die schulische Bildung mit der rasanten Entwicklung in der Agrarwirtschaft Schritt halten kann.
Der vorliegende gemeinsame Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD greift damit ein ganz wesentliches Anliegen auf. Vielen Dank dafür!
Meine Damen und Herren! Das Thema Lehrerausbildung ist gerade im Agrarsektor mit seinen rasanten technischen Fortschritten von einer besonderen Bedeutung. Die Ausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen erfolgt in Sachsen-Anhalt ausnahmslos durch ein klassisches Lehramtsstudium mit erster Staatsprüfung und sich anschließendem Vorbereitungsdienst, der mit der zweiten Staatsprüfung abgeschlossen wird. Dabei erfolgt der weitaus überwiegende Teil der fachwissenschaftlichen Ausbildung auf Bachelor-Niveau. Diese Ausbildung ist überwiegend auf die Vermittlung der pädagogischen Handlungskompetenz der Lehramtsanwärter gerichtet.
Die Bedeutung der fachwissenschaftlichen Ausbildung in mindestens zwei Fächern, in der Regel in einem berufsfeldorientierten und in einem allgemeinbildenden Fach, tritt dahinter zurück.
Es stellt sich daher die Frage, ob die Ausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in Sachsen-Anhalt die Lehramtsanwärter ausreichend befähigt, die zu vermittelnden Inhalte an die sich ändernden Anforderungen einer sich sehr dynamisch entwickelnden Landwirtschaft anzupassen.
Ich kann es auch einfacher ausdrücken: Wir sind manchmal in der Situation, dass die Schüler einen höheren Stand über die moderne Landwirtschaft haben als die Lehrer. Das tut der Sache nicht gut, meine Damen und Herren.
Ich habe also insofern erhebliche Zweifel daran, dass wir diesbezüglich auf dem richtigen Weg sind. Deshalb müssen wir über das Thema reden und deshalb bin ich dankbar, dass dieser Antrag gestellt worden ist. Ich glaube auch, wir müssen etwas tun.
Meines Erachtens muss der Zugang zur Ausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen im Fach Agrarwirtschaft neu geregelt werden und nach Fachrichtungen differenziert werden. Einstellungsvoraussetzung muss für die einzelnen Fachrichtungen der Laufbahnausbildung für das Lehramt an berufsbildenden Schulen ein abgeschlossenes fachwissenschaftliches Master-Studium sein,
für die Fachrichtung Landwirtschaft ein agrarwissenschaftliches Studium in den Studienrichtungen Pflanzenproduktion oder Tierproduktion oder Wirt
schafts- und Sozialwissenschaften oder Landtechnik, für den Gartenbau ein Studium der Gartenbauwissenschaften und für die Fachrichtung Pflanzenschutz ein Studium der Agrar- oder Gartenbauwissenschaften.
Die Vermittlung der pädagogischen Handlungskompetenz kann im Rahmen eines Aufbaustudiums oder im Rahmen der Laufbahnausbildung erfolgen.
Meines Erachtens müssen wir diese Aufgabe auch mit anderen Bundesländern vertiefend angehen, um Ausbildungsressourcen für Lehrer im Agrarbereich effizient zu nutzen. Darüber hinaus sollten die agrarischen Ausbildungskapazitäten in Sachsen-Anhalt besser vernetzt werden. Auch diesbezüglich sehe ich Reserven und Möglichkeiten der weiteren Qualitätsverbesserung.
Wir wollen die berufliche Bildung für einen der wichtigsten Wirtschaftszweige in Sachsen-Anhalt optimieren. Dazu gehören vor allem gut ausgebildete Lehrkräfte. Ich danke deshalb den Regierungsfraktionen ausdrücklich für den zielführenden Antrag.