Protokoll der Sitzung vom 11.11.2011

d) Wer nicht verbeamtet ist, zum Beispiel ein Lehrer, der jahrzehntelang gearbeitet hat, wird aufgrund der Streitigkeiten um das Altersteilzeitgesetz und die sogenannte nicht aktualisierte Mindestnettolohntabelle des Jahres 2008 in keinem Falle auf die 83 % seines Nettolohns kommen, wie es ihm oder ihr eigentlich zusteht.

Trotz Eingang von Hunderten von Petitionen und mehrheitlich gewonnenen Klagen ist man diesbezüglich auch in Sachsen-Anhalt sehr hartleibig. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass diese Tatsache sowohl die aktuellen Tarifverhandlungen als auch die individuelle Entscheidung zur Altersteilzeit nicht unmaßgeblich beeinflusst. Im Übrigen kommt es dadurch zur weiteren Ungleichbehandlung zwischen Tarifbeschäftigten und Beamten, denen man die 83 % per Gesetz zusichert.

Fazit: Die zu erwirtschaftenden globalen Minderausgaben im Bereich Personal werden durch Altersteilzeit nicht zu erfüllen sein. Die Bedingungen sind für die meisten Beschäftigten zu wenig attraktiv und sie versperren die Sicht auf flexiblere Lösungen zur Altersteilzeit.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Personalpolitik im öffentlichen Dienst erfordert mehr als Aufmerksamkeit im Rahmen der Haushaltsverhandlungen und auch mehr als Aufmerksamkeit nur im Finanzausschuss.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Personalpolitik ist ressortspezifisch und ressortübergreifend, sie erfordert in einem hohen Maße den strategischen Gesamtblick. Mit der Annahme unseres Antrages gewinnen wir ein Stück Boden zurück, den wir am Anfang der Legislaturperiode aufgegeben haben. Ihr Alternativantrag ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich werde aber in meiner Erwiderung dazu konkret etwas sagen. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Paschke. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Bullerjahn. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Paschke, ich habe geschmunzelt - das möchte ich gern zugeben -, weil ich darauf gewartet habe, was jetzt völlig neu ist; denn zum PEK rede ich, so glaube ich, bereits das zehnte oder zwölfte Mal.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Sie können das alles anders machen, aber am Ende ist die Personalentwicklung in SachsenAnhalt vor allen Dingen dadurch geprägt, dass wir Überhänge haben. Man kann das umschreiben, man kann das nicht gut finden. Heute früh habe ich gehört, wie Frau Dr. Klein sagte: Bullerjahn, nun fang endlich an zu sparen.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Sie wissen, dass der Personalkostenanteil in diesem Landeshaushalt der größte Posten ist.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: 45 000 Stellen!)

Wenn man die Strukturveränderungen nebst Personalentwicklung zulässt, dann möchte ich einmal wissen, ob diese ganze Diskussion um mehr sparen nicht wirklich nur eine akademische ist. An einem Tag zwei derartige Diskussionen zu führen, finde ich sehr wagemutig, das muss ich Ihnen sagen.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Frau Dr. Paschke, richtig ist aber, dass neben dem Personalabbau immer inhaltliche Fragen im Raum stehen. Dazu sage ich: Stellen Sie bitte die Landesregierung und das Finanzministerium nicht so hin, als wenn wir uns nicht auch mit den Beschäftigten unterhalten.

Es hat eine Versammlung der Hauptpersonalräte beim Ministerpräsidenten stattgefunden, in der wir uns sehr ausführlich mit der jeweiligen Situation in den einzelnen Häusern beschäftigt haben. Natürlich kam immer die Frage: Wie viele Leute sollen es denn sein? - Aber am Ende hat man das auch eingesehen. Eigentlich - das können Sie gut oder schlecht finden - bräuchten wir bei diesem Personalüberhang in den großen Bereichen nicht eine einzige Neueinstellung.

Ich weiß aber auch, dass man mit Blick auf den Bedarf, der sich aus der Altersstruktur und dem, was bei der Polizei ab dem Jahr 2019 bzw. 2020 passieren wird, ergibt, Vorsorge treffen muss, weil man diesen dynamischen Prozess nicht mehr aufholen kann.

Insofern glaube ich, dass strategisches Personalmanagement wichtig ist. Sie haben dies mit der Frage, was ist qualitativ und was ist quantitativ, dargestellt. Ich bin mir mit Herrn Robra darüber einig, dass es sich zum Beispiel bei der Qualifikation von Führungskräften und bei Fragen im Hinblick auf die Versetzung und Weiterbildung von Überhangpersonal um qualitative Fragen handelt. Bei anderen Fragen hat das Finanzministerium den Hut auf.

Wir werden das natürlich immer in Gesamtheit mit allen Kolleginnen und Kollegen aus den Ressorts absprechen. Was Sie natürlich nicht von einem Finanzminister erwarten können - -

(Zuruf von Frau Dr. Paschke, DIE LINKE)

- Nein.

(Frau Dr. Paschke, DIE LINKE: Das haben Sie gesagt!)

Wenn wir die Neueinstellungen im Haushaltsplan ausgewiesen haben, dann können Sie nicht erwarten, dass ich jede Woche im Ministerium anrufe und sage: Stell doch die Leute ein. In den Ressorts gibt es diesbezüglich unterschiedliche Betroffenheiten, je nachdem, wann Leute ihre Ausbildung beenden. Es gibt unterschiedliche Probleme bei der Ausschreibung. Ich glaube, das habe ich hier schon zehn oder zwölf Mal erklärt.

Wir haben gestern eine Kleine Anfrage zu dem Thema gehabt. Ich wundere mich manchmal auch, wenn die Kolleginnen und Kollegen in der Enquetekommission gesagt haben, das mit dem Bullerjahn sei alles ganz fürchterlich. Gleichzeitig konnte ich aber nachweisen, dass er die Stellenkontingente noch nicht ausgeschöpft hat. Was soll ich denn machen? - Ich werde mit Blick auf den Haushalt trotzdem nicht jede Woche anrufen und sagen: Macht es einmal. Das müssen die Fachausschüsse mit den Fachreferaten tun.

Eines ist klar: Die qualitative und die quantitative Diskussion darf eben nicht - ich wiederhole mich jetzt - den Blick verstellen: Wir müssen Personal

abbauen. Ich glaube schon - das sage ich auch im Vergleich zu den anderen Ländern -, dass wir das sehr bewusst gemacht haben.

Wir sind jetzt bis auf die sogenannte übrige oder interne Verwaltung sehr unterschiedlich strukturiert. Allerdings kann jeder Bereich anhand einer gewissen Zielzahl - - Ich glaube, wer sich mit dem PEK beschäftigt, der kann mir alles vorwerfen, aber bestimmt nicht, dass die Struktur des Altersdurchschnittes der Mitarbeiter einer Behörde, die Zielzahl und die Wege, wie man dorthin gelangen kann, nicht ersichtlich sind.

Was ich akzeptiere, ist, wenn man sagt, man will mehr; dann lasse ich die Debatte um den Haushalt sein. Aber zu sagen, das kann man alles nicht nachvollziehen, kann ich wiederum nicht nachvollziehen. Um dem aus dem Wege zu gehen, habe ich im Rahmen der letzten Sitzung gesagt, dass wir jetzt erstmals die Eckwerte für diese Wahlperiode verbindlich gemacht und geglättet haben. Das heißt, jeder weiß, 150 Polizistinnen und Polizisten werden eingestellt. Ich weiß, dass über mehr diskutiert wird. Ich habe in der letzten Sitzung hier vom Pult aus gesagt: Man muss sehen, wie sich der Abbau gestaltet.

Was ich nachvollziehen kann, ist der Antrag der Koalitionsfraktionen, dass man jetzt von den Fachressorts wissen will: Wie geht ihr mit den eigenen unterstellten Personalstrukturen um? - Das ist das, was die Fraktionen im Rahmen der Haushaltsberatungen schon mit uns besprochen haben, wie ist das denn jetzt mit der Polizeistruktur bei der Anpassung dieser Zahlen.

Ich weiß, dass Herr Hövelmann, Herr Erben und andere die Frage stellen: Hat das Auswirkungen auf diese Struktur? Die Leute in der Finanzverwaltung fragen mich: Wenn du so anpassen willst, bleibt es bei den Strukturen, die du unterstellt hast? - Das ist eine qualitative und gleichzeitig eine quantitative Diskussion, weil am Ende diese Frage zu beantworten sein muss. So verstehe ich den Antrag.

Mit der Vorlage des nächsten Doppelhaushaltes für die Jahre 2014 und 2015 werden wir das anhand eines Personalkonzeptes, in dem diese Frage berücksichtigt werden muss, und mit entsprechenden Stellenanpassungen aufzeigen. Das werden wir nebst all den Dingen, die Sie in der Enquetekommission auch unter qualitativen Gesichtspunkten aufgeworfen haben, beispielsweise Gesundheitsmanagement oder separate Ausweisung der Stellen mit Blick auf die Geschlechterspezifik, machen. Daran, das alles vorzulegen, arbeiten wir.

Wir werden - das ist mit den Häusern abgesprochen - auch die Frage diskutieren, wo wir weiter qualifizieren müssen. Das wird alles funktionieren. Wir haben auch die Diskussion zu führen, wie es mit den Tarifverträgen ist. Das, Frau Dr. Paschke, bitte ich fair zu berücksichtigen.

Wenn ich mitten in den Tarifverhandlungen bin, dann kann ich das Ergebnis nicht vorwegnehmen. Wir haben in dem Entwurf eine Fortführung vorgesehen. Ich weiß, dass die Gewerkschaften das nicht mitmachen wollen. Ich kann hochrechnen, wie viele Beschäftigte die Altersteilzeit freiwillig in Anspruch nehmen werden oder auch nicht. Aber nun zu sagen, du musst das doch genau anpassen können, ist problematisch.

Der Einzelplan 13 geht von bestimmten Eckwerten aus. Diese werden wir anpassen, wenn die Tarifverhandlungen abgeschlossen sind. Bisher hat das Geld immer gereicht. Natürlich wird das - je nach Ausgang - bestimmte Auswirkungen auf die eingestellten globalen Minderausgaben haben.

Ich kann nicht sagen, ob 50 % derer, die jetzt in Teilzeit sind, das mitmachen werden. Ich kann aber sagen, dass sich die Anzahl der Stellen nicht automatisch um den Anteil der Beschäftigten, die Altersteilzeit in Anspruch nehmen, erhöhen wird. Ich glaube, es befinden sich derzeit 4 700 oder 4 800 Beschäftigte, die eine volle Stelle innehatten, in der Altersteilzeit. Selbstverständlich fehlen die betreffenden Beschäftigen in manchen Bereichen. Aber das haben diejenigen vorher gewusst, die sie in die Altersteilzeit geschickt haben oder die diese genehmigt haben. Der Finanzminister wird dies mitnichten im Verhältnis 1 : 1 ausgleichen.

Sie sagen, das Stellenpotenzial des Ministerpräsidenten und des Finanzministers ist nicht anzurechnen bzw. das haben Sie nirgendwo gefunden. - Es gibt keinerlei Verpflichtung von uns, die Kontingente auszunutzen. Im Kabinett ist besprochen worden, dass diese Kontingente in Ausnahmefällen bei bestimmten Notsituationen genutzt werden - ich nenne aus der Vergangenheit etwa das Beispiel Vogelgrippe, Sozialbereich und Verbraucherschutz usw. -, damit wir außerhalb der Kontingente, die den Häusern zustehen, in der Lage sind, flexibel zu reagieren. Das hat man ich dabei gedacht.

Was wir am Ende einer Wahlperiode oder zwischendurch mit den Kontingenten machen, die vielleicht noch nicht ausgeschöpft sind, darüber werden wir zu dem jeweiligen Zeitpunkt beraten. Deswegen kann es in Bezug auf die Personalkosten keinen Ausgleich im Verhältnis 1 : 1 geben, weil wir nicht die völlige Ausnutzung unterstellen.

Ich denke, dass nach dieser inhaltlichen Struktur am besten die Ressorts selbst zu fragen sind. Sie können das jetzt jedes Mal mit mir hier machen. Ich werde mich der Diskussion nicht entziehen; das will ich auch gar nicht.

(Zuruf von der LINKEN: Das geht auch gar nicht!)

Aber man wird die Forderung nach mehr Personal nicht immer wieder verquicken können mit dem Bemühen, Boden gutzumachen.

Es ist verfassungsrechtlich klar: Die Landesregierung stellt den Haushalt auf. Herr Scheurell hat das vorhin sehr schön gesagt. Das ist unsere Aufgabe anhand der Aufgaben, die wir uns auch selbst geben. Und Sie müssen damit in den Haushaltsberatungen umgehen oder zwischendurch darüber diskutieren. Dieser Weg ist vorgegeben. Wenn Sie sagen, das ist zu wenig Personal, dann steht der Landtag vor der Aufgabe zu sagen, woher die Mittel kommen, die man für mehr Personal ausgeben möchte.

Ich glaube schon, dass - darin bin ich ganz nah bei Ihnen - von uns als Landesregierung insgesamt ein wichtiger Fakt noch nicht geleistet wurde. Diesbezüglich bin ich als Finanzminister manchmal etwas ratlos; ich glaube aber, dass wir durch dieses neue Eckwerteverfahren mehr Dynamik hineinbekommen. Das ist das Thema Aufgabenkritik.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Mal schauen!)

Wenn ich - darin bin ich bei Ihnen - in bestimmten Bereichen Personalanpassungen oder -rückführungen vornehme, die nicht mehr mit dem Aufgabenvolumen zusammenpassen, dann werden sich die Fachressorts oder die Landesregierung insgesamt Gedanken darüber machen müssen, welche Aufgaben man abschafft.

Die Konsequenz kann nicht sein zu sagen: Ich brauche Personal, weil ich mir vielleicht selbst Aufgaben beschaffe oder weil ich aufpasse, dass der Aufgabenbestand gleich bleibt. Denn eines ist klar: 19 Beschäftige je 1 000 Einwohner ist die Zielzahl. Ich kann nur immer wieder dafür werben.

Sachsen-Anhalt vollzieht im Hinblick auf diese Zielzahl einen sanften Anpassungsprozess an Zahlen, die andere Länder bereits heute bei einem ähnlichen Aufgabenbestand haben. Ich rede bei diesen Zahlen von mehreren hundert Millionen, die Sie hier immer wieder - auch heute Vormittag - zur Diskussion stellen. Deswegen ist der Grundtenor: Diese Anpassung muss kommen.

Der Alternativantrag macht auch Strukturvorschläge. Sie hinterfragen zu Recht: Wie ist das mit der Aufgabenanpassung? Das ist ein Prozess, den wir gemeinsam durchlaufen müssen, übrigens auch zwischen den Einzelplänen. Dabei sind alle Ressorts gefragt, Sie und auch wir. Wenn ich mir so manche Vorstellungen in manchen Leistungsgesetzen ansehe, dann glaube ich, dass das nicht mit weniger Personal geht. Das heißt, das ist ein Geben und Nehmen zwischen Parlament und Landesregierung.

Einige Ressorts - zum Beispiel vom Innenressort weiß ich es - bereiten sich jetzt sehr strategisch auf diese Anpassungsfragen vor. Ob das Vorschläge sind, die dann auch umzusetzen sind - ich weiß das auch vom Bereich Kultus; hier hat das Schulamt andere Vorstellungen -, das werden wir sehen.

Wir haben verschiedene Bereiche zu zentralisieren, zum Beispiel das Beschaffungsmanagement, was sich auch auf die Stellenfragen auswirken wird. Wir haben jetzt das Personalmanagementsystem „Promis“, mit dem wir sämtliche Stellen aus einer Hand bewirtschaften können.