Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Tögel. Berichterstatter haben es beim Beifall immer ganz schwer. - Jetzt

spricht für die Landesregierung Frau Ministerin Professor Wolff. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr verehrten Damen und Herren! Das Ministerium unterstützt die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft ausdrücklich und gern. Das Ministerium hat bereits mit der Erarbeitung von Gesetzentwürfen zur Novellierung des Hochschulmedizingesetzes, aber auch des Hochschulgesetzes Sachsen-Anhalts begonnen. Die Novellierung des Hochschulmedizingesetzes wurde im Übrigen auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD vereinbart.

Die Empfehlungen des Wissenschaftsrats, die dieser aufgrund seiner Evaluation der Hochschulmedizin und des Hochschulmedizingesetzes in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2008 und 2009 erarbeitet hat, werden in die Gesetzesnovelle einfließen. Darüber hinaus werden wir auch die Hinweise und Vorschläge aus der Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft vom 2. Februar dieses Jahres berücksichtigen. In dieser Anhörung haben die medizinischen Fakultäten, die Universitätsklinika, die Universitäten, die Personalräte und die Gewerkschaften ihre Hinweise zum Veränderungsbedarf im Hochschulmedizingesetz geäußert und auch Perspektiven für eine zukünftige Organisationsstruktur der Hochschulmedizin an den Standorten Halle und Magdeburg aufgezeigt.

Wir haben diese Anregungen und Vorschläge ausgewertet. Diese berücksichtigen wir bei der Erarbeitung des Referentenentwurfs. Der Entwurf wird dann im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens mit den Beteiligten aus dem Bereich der Hochschulmedizin und weiteren Experten intensiv erörtert werden. Auf die Einholung eines schriftlichen Gutachtens hingegen kann verzichtet werden, da es, ohne überraschende Erkenntnisse zu erbringen, nur zu einer weiteren zeitlichen Verzögerung führen würde.

Auch das Hochschulgesetz des Landes SachsenAnhalt, das zuletzt im Jahr 2010 geändert wurde, wird in dieser Legislaturperiode erneut novelliert werden müssen. Seit der vergangenen Novellierung haben wir vonseiten der Hochschulen, aber auch von einer Reihe von Abgeordneten Hinweise und Vorschläge übermittelt bekommen, die wir ausgewertet haben und die in den Gesetzentwurf Eingang finden sollen.

Meine Damen und Herren! Wir haben sicherlich noch einen sehr spannenden Gesetzgebungsprozess vor uns. Für etliche tausende Betroffene ist dieses Gesetz sehr wichtig, selbst wenn es aus der Sicht eines großen Teils der Bevölkerung wahrscheinlich eher exotisch und schwer nachvoll

ziehbar erscheint. Guter fachlicher Input ist daher immer willkommen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Bevor wir in die Fünfminutendebatte eintreten, haben wir die Freude, eine große Gruppe von Menschen aus Quedlinburg und Umgehung begrüßen zu dürfen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Die Fünfminutedebatte wird von der Fraktion DIE LINKE eröffnet. Es spricht Herr Lange. Wir fahren in folgender Reihenfolge fort: CDU, GRÜNE und SPD. Bitte schön, Herr Lange, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich hat Herr Tögel meine Position schon vorgetragen, die ich im Ausschuss vertreten habe. Daran hat sich nichts geändert. Trotzdem möchte ich gern noch ein bisschen dazu sagen. Das hat er auch schon prophezeit.

Keiner wird bestreiten, dass wir im Ausschuss eine sehr interessante Anhörung hatten, unter welchen Widerständen diese auch immer zustande gekommen ist. Die Defizite des Hochschulmedizingesetzes wurden angesprochen. Ich denke, es hat uns auch gut getan, dass wir diese Diskussion in den parlamentarischen Raum geholt und diese Diskussion auch im parlamentarischen Raum angestoßen haben. Das hat der Antrag zumindest bewirkt. Das ist erst einmal gut so, egal wie die Beschlussempfehlung jetzt aussieht. Ich könnte mir auch etwas Besseres vorstellen. Ich komme noch dazu.

Zu den Problemen, die angesprochen wurden. Vieles davon ist schon bekannt. Es wurde noch einmal sehr stark auf die tarifliche Situation in den Universitätskliniken eingegangen. Angesprochen wurden zum Beispiel die Ungleichheit zwischen den Fakultätsmitarbeitern und den Mitarbeitern am Klinikum und der Haustarifvertrag. Dazu sage ich, dass auch in unseren Klinken gelten muss, dass für gleiche Arbeit der gleiche Lohn zu zahlen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wurde auch genannt, dass die Personalverwaltung aus einer Hand kommen sollte. Das ist natürlich schwierig, wenn ich zwei getrennte Einrichtungen habe. Wir haben uns darüber schon die Köpfe heiß diskutiert. Ich glaube nicht, dass man bei einem Kooperationsmodell hierbei zu einer wirklich gangbaren Lösung kommt. Wenn wir zwei Einrich

tungen haben, dann haben wir auch automatisch zwei Personalverwaltungen.

Die finanziellen Risiken wurden angesprochen. Das ist die Frage der Steuern, die eventuell auf die Einrichtungen zukommen. Es ging um die Umsatzsteuer und das Nichtzahlen von Chefärzten, wenn sie die Klinken nutzen, wenn es um die Privatliquidation geht.

Zum anderen wurde noch einmal die Stellung der Vorstände angesprochen. Bereits beim letzten Versuch zur Novellierung des Hochschulmedizingesetzes haben wir einen Vorschlag gemacht, mit dem man der Hochschuldemokratie wieder anders Gewicht verschaffen könnte. Auch diese Probleme wurden während der Anhörung angesprochen.

Viele Dinge, die ich gerade genannt habe, hängen damit zusammen, dass es eben diese Trennung zwischen der Anstalt des öffentlichen Rechts, also dem Universitätsklinikum, und der Fakultät gibt. Deswegen sage ich: Wenn es diese Probleme gibt, dann ist das Integrationsmodell die richtige Variante zur Wiederauflösung der Probleme. Lassen Sie uns die Kliniken wieder zurück in die Fakultäten holen und lassen Sie uns die medizinischen Fakultäten stärker in die Universitäten integrieren. Damit könnten wir viele dieser Probleme radikal beseitigen.

Aber ich fürchte, dass solch eine Lösung mit unserer Landesregierung nicht zu machen ist. Frau Ministerin Wolff träumt immer noch davon, dass bei einer Beteiligung Dritter von 49 % die Freiheit von Forschung und Lehre nicht infrage gestellt ist. Sie hätte heute die Gelegenheit nutzen können, um das einmal klarzustellen. Stattdessen wirft sie mir vor, dass ich die Belegschaften verunsichere.

(Herr Daldrup, CDU: Zu Recht! - Frau Bull, DIE LINKE: Ach!)

Sie hätte heute einmal sagen können, dass sie das gar nicht vorhat oder vielleicht doch vorhat. Sie hätte auch einmal sagen können, ob es im neuen Hochschulmedizingesetz eine Rechtsformänderung hin zu privaten Rechtsformen geben soll. Sie sagt selbst, dass sie schon eines erarbeitet. Gibt es denn vielleicht schon Verhandlungen mit Dritten? - Man hört so einiges. Vielleicht ist nichts dran, vielleicht ja doch. Es wäre schön, wenn der Landtag davon einmal Kenntnis erhalten würde.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Eine Teilprivatisierung ist auch eine Privatisierung, und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zur Anhörung. Ich habe einmal die Anzuhörenden aufgelistet, die gesagt haben, dass eine vorherige Evaluation sinnvoll ist. Am prägnan

testen ist es vielleicht, wenn man dann sieht, dass selbst der Dekan der Medizinischen Fakultät Magdeburg eine Kommission vorgeschlagen hat, die an der Stelle arbeiten kann. Ich könnte Ihnen das gern noch vorlesen. Dafür reicht meine Redezeit aber leider nicht aus. Deswegen komme ich zum Schluss.

Meine Damen und Herren! Die Ministerin hat gesagt, dass derzeit ein Gesetz erarbeitet wird. Deswegen ist die Beschlussempfehlung, in der der Landtag sagt, dass die Ministerin das Gesetz bitte erarbeiten soll, vollkommener Unsinn. Diese Beschlussempfehlung braucht man nicht und diese lehnen wir ab. Meine Damen und Herren! Wir sollten evaluieren, bevor wir wieder die Fehler machen, die wir beim letzten Mal gemacht haben. Das ist angesagt und nicht die Aufforderung, es soll ein Gesetzentwurf geschrieben werden, der schon längt in der Mache ist.

Ich kann verstehen, dass Sie den Antrag nichts ganz ablehnen wollen. Aber dann eine solche Beschlussempfehlung, meine Damen und Herren - da hätte sich die Koalition doch ein bisschen mehr Mühe geben können.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Herr Lange. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt der Kollege Herr Harms. Bitte schön, Herr Harms.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn ich es wiederhole, Herr Lange: Das Hochschulmedizingesetz hat sich bewährt. Der Wissenschaftsrat hat es während seiner Evaluation festgestellt. Das dürfen Sie zur Kenntnis nehmen. Herr Lange, Sie haben Recht. Radikales ist weder von dieser Landesregierung noch von der sie tragenden Koalition zu erwarten.

Worum geht es im Hochschulmedizingesetz und bei der angekündigten Novellierung? - Es geht darum, das Miteinander verschiedener Interessen und Ziele zu regeln. Als Erstes müssen wir feststellen, dass die Beteiligten tatsächlich unterschiedliche Interessen und Ziele haben. Die Universität mit der medizinischen Fakultät hat sich um die Lehre und die Forschung zu kümmern und das Universitätsklinikum um die Behandlung, also um die Krankenversorgung. Das sind zwei unterschiedliche Dinge.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Lange, DIE LINKE: Herr Harms, dann haben Sie ir- gendetwas nicht verstanden! Ganz ehrlich! Dann haben Sie etwas nicht verstanden! - Zuruf von der CDU: Lassen Sie ihn doch erst einmal ausreden!)

- Herr Lange, wenn Sie mit Ihrer Redezeit nicht zufrieden sind, dann kann ich daran nichts ändern.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ein Zwischenruf muss immer erlaubt sein! - Zustimmung bei der LINKEN)

Warum sind diese Unterschiede so wesentlich? - Sie sind es ganz einfach deshalb, weil Lehre und Forschung eine Aufgabe ist, die das Land Sachsen-Anhalt haushaltsmäßig zu untersetzen hat, und die Krankenversorgung im Wesentlichen in Zusammenarbeit mit den Krankenkassen finanziert werden muss.

Es liegt im Interesse aller Beteiligten, also im Interesse der Kranken, im Interesse der Mitarbeiter, im Interesse der Studenten und im Interesse der Forschenden, dass der Topf, der für diese gemeinsamen Aufgaben zur Verfügung steht, möglichst groß ist. Er kann dann möglichst groß sein, wenn man über diese unterschiedlichen Interessen mit den unterschiedlichen Partnern möglichst konkret verhandeln kann. Das ist aufgrund dieses Hochschulmedizingesetzes der Fall. Dadurch ist die Torte, die zur Verteilung ansteht, größer, als sie bei einer Lösung wäre, die Sie, Herr Lange, hier vorschlagen.

Nun geht es natürlich um die Frage, wie organisiert man diese unter Umständen nicht einfache Zusammenarbeit, weil sie sich natürlich am konkreten Fall, am konkreten Patienten, oftmals mit gleichen Mitarbeitern darstellt.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Ja, Herr Harms! - Weitere Zurufe von der LINKEN: Ja!)

Das ist eine Herausforderung, die im Einvernehmen geregelt werden muss, so wie es an vielen Stellen im Gesetz gefordert wird. Die Novellierung ist hier zu Recht angekündigt worden, weil auch dort eine Weiterentwicklung stattfindet. Ich begrüße die Beschlussempfehlung, mit der das Ministerium mit der Erarbeitung eines Gesetzentwurfs beauftragt wird. Wir von der Fraktion werden diese Arbeit nicht leisten können. Wenn Sie sich diese Arbeit zutrauen, Herr Lange, sie dürfen bitte schön natürlich alles tun.

Es gilt, diese Symbiose der unterschiedlichen Aufgaben zu gestalten. Ich vertraue darauf, dass das der Landesregierung in einem zumutbaren Zeitrahmen in diesem Jahr gelingt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Harms, würden Sie noch eine Frage des Kollegen Lange beantworten wollen?

Ja.

Dann hat Herr Lange jetzt die Chance, die Frage zu stellen. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Harms, Sie haben gerade noch einmal von den verschiedenen Aufgaben von Fakultät und Klinikum gesprochen. Sie haben hinsichtlich des Klinikums aber nicht die Aufgaben in Forschung und Lehre genannt, also beispielsweise klinische Studien in der Forschung oder die Ausbildung von Studierenden, die praxisnah im Klinikum passiert. Können Sie mir bitte erklären, wenn es Ihrer Meinung nach eine solche strikte Trennung gibt, warum sehr viele Chefärzte gleichzeitig Professoren sind?

Ein Universitätsklinikum ohne Uni, also ohne medizinische Fakultät, könnte genauso wenig den Aufgaben gerecht werden wie eine medizinische Fakultät ohne Klinikum. Das ist zweifelsohne klar.