Protokoll der Sitzung vom 20.09.2012

Neu im FAG ist auch der Blick nach vorn. Sie haben es oft gehört, die Schlagworte Heck- und Frontscheibe. Ich will das jetzt gar nicht weiter ausführen. Das heißt, dass aktuelle Gesetzesänderungen mit der Folge von Mehr- oder Mindereinnahmen für die Kommunen ab einem relevanten Wert von 5 Millionen €, ein Promill der kommunalen Einnahmen, in die Berechnung einbezogen werden. Das Asylbewerberleistungsgesetz liegt unter den 5 Millionen €.

Ich werbe ausdrücklich auch beim Parlament dafür, dass man, wenn man Verwaltungen entschlacken will, gerade bei solchen aus meiner Sicht Bagatellgrenzen - wenn man das auf alle Kommunen bezieht - darauf verzichtet, sich über Verwaltungsverfahren gegenseitig diese Gelder anzurechnen. Das gilt für beide Seiten, in guten wie in schlechten Zeiten. Das würde im Übrigen auch für das Vergabegesetz gelten. Oft genug hilft es den Kommunen, wenn das Land zusätzliche Leistungen - wenn sie über 5 Millionen € hinausgehen würden - ohne Diskussion automatisch erbringt.

Das gilt auch für die Nettosteuereinnahmen, die nicht mehr aufgrund der Vorjahre, sondern aktuell nach der Mai-Steuerschätzung bestimmt werden. Das System beinhaltet ja dann: In einem Doppelhaushalt würden auf gesetzlicher Grundlage automatisch die Zahlen der neuen Mai-Steuerschätzung für das folgende Jahr die Grundlage bilden.

Neu ist auch - es gab ja hierzu eine riesige Debatte -, dass künftig bei der Berechnung der Bedarfszuweisungen Zuführungen aus dem Vermögenshaushalt nicht mehr als Einnahme gerechnet werden. Ich denke, alle haben noch im Hinterkopf, welche Debatte ich damit meine.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja!)

Hier kann man es systematisch ändern. Der Vorgriff auf das letzte FAG hätte aus meiner Sicht nur mehr Fragen aufgeworfen als Lösungen beigetragen.

Da für steuerschwache Gemeinden die Ausgleichsquote von 70 % häufig nicht ausreicht, um eine angemessene Finanzierung der notwendigen Ausgaben bei effizienter Aufgabenwahrnehmung zu erreichen, wird eine Vorab-Aufstockung vorgenommen. Das ist die 80%-Regelung. Damit wird der solidarische Ausgleich zwischen den Gemeinden weiter gestärkt. Das ist für mich ein Grundgedanke des FAG gewesen.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist nicht mehr der Durchschnitt der letzten drei Jahre - die Auswirkungen hat man gerade bei Städten wie Bitterfeld-Wolfen und anderen erlebt, die sehr stark schwankende Einnahmen aufgrund der Wirtschaftskrise nachvollziehen mussten -, sondern der Durchschnitt des Vor-Vorjahres. Hierdurch soll eine Verstetigung der Finanzkraft erreicht werden.

Um Härten zu vermeiden, gibt es vom jetzigen zum neuen FAG Übergangsregelungen zur Anrechnung der Jahre, die nach dem alten FAG noch ausstehen.

Wir führen einen Demografiefaktor zum Abfedern des Bevölkerungsrückgangs ein; das heißt, es wird die höchste Bevölkerungszahl der letzten fünf Jahre zugrunde gelegt, damit bestimmte Prozesse abgefedert werden können.

Nicht zuletzt wird es eine allgemeine Finanzausgleichsumlage bei den kreisangehörigen Gemeinden geben. Diese wollten wir eigentlich erst ab dem Jahr 2014 einführen, weil die Systematik nicht ganz einfach ist. Als wir Anrufe von steuerstarken Gemeinden bekamen, weil diese auf einmal sogar mehr Geld bekämen, wenn es diesen Ausgleich nicht gegeben hätte, haben wir gemerkt, dass es sinnvoll wäre, diese Systemumstellung mit diesen ganzen Faktoren neben der Umlage im Jahr 2013 gleichzeitig einzuführen. Ich denke, auch das kann man nachvollziehen.

Nach dem Mitzeichnungsverfahren und den Gesprächen mit den Fraktionen und Spitzenverbänden haben wir dann - es waren vor allen Dingen die Regierungsfraktionen, die darauf gedrungen haben - entgegen dem Gutachten die Hauptansatzstaffel wieder aufgenommen, weil es Wirkungen gibt, die das sozusagen politisch wollen, und andere Länder damit gute Erfahrungen gemacht haben. Das wird die Finanzlage besonders der Mittelstädte verbessern. Zur I-Pauschale komme ich später.

Hervorheben möchte ich noch einmal, dass wir mit dem FAG den Solidargedanken - das ist wichtig - stärken müssen. Keine steuerstarke, reiche Gemeinde kann auf Dauer ein Interesse daran haben, dass ein großer Teil der Gemeinden die Entwicklung nicht mehr nachvollziehen kann und dass die Spreizung der kommunalen Familie immer größer wird. Deswegen ist der Solidargedanke, so wie er zwischen den Ländern im Länderfinanzausgleich gelebt wird, auch auf der kommunalen Ebene eines Landes wichtig.

Deswegen sollte man schauen, dass man bei der Möglichkeit, mehr Geld zu bekommen, bedenkt, dass man, wenn es solche Ausgleichsmechanismen nicht gäbe, trotzdem - wenn man seine eigene Entwicklung gestalten kann - verpflichtet ist, anderen zu helfen.

Wir haben solche Faktoren wie U 6 eingeführt. Ich denke, im Ausschuss wird es genug Möglichkeiten geben, darüber zu diskutieren. Ich gehe davon aus - dafür werbe ich ausdrücklich -, dass diese Vorlage einmal eine längere Geltungsdauer hat als zwei, drei Jahre.

Es nützt niemandem, wenn wir uns in dieser schwierigen Zeit bis zum Jahr 2019, in der jedes Jahr bestimmte Veränderungen auf der Einnahme

seite anstehen, von Gerichten erklären lassen müssen oder Einzelinteressen dergestalt durchschlagen, dass dieser Prozess des gleichmäßigen Entwickelns bis zum Jahr 2019 permanent infrage gestellt wird. Niemand - kein FAG, keine Regierung, egal welcher Farbe - wird am Ende mehr Geld hinlegen können.

Deswegen werbe ich überall dafür, dass wir den Gesetzentwurf zur Grundlage machen, um in dieses System bis 2019/2020 eine gewisse Ruhe hineinzubekommen. Das würde, glaube ich, dem Thema insgesamt sehr angemessen sein.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann das FAG nicht: Die Debatte über die Landesentwicklung kann es nicht aufnehmen. Ich spreche das hier ganz offen an. Den Disput zwischen den Oberzentren und dem ländlichen Raum - was auch immer als ländlicher Raum definiert wird - und den Disput zwischen den Landkreisen und den kreisangehörigen Gemeinden - ich nenne die Kreisumlage - kann kein FAG der Welt heilen. So viel Geld kann das FAG gar nicht in sich bergen, dass alle gleichmäßig zufrieden sind.

Das ist auch nicht die Aufgabe eines FAG, sondern das ist eine Aufgabe der Landesplanung. Diese Diskussion bleibt uns erhalten und wird uns auch in den nächsten Jahren bei Anpassungsprozessen begleiten.

Bei der Finanzierung - ich habe es vorhin schon einmal angedeutet - hat es sich die Regierung bestimmt nicht leicht gemacht. Um die höheren kommunalen Ausgaben begleichen zu können, haben wir - das ging jetzt nicht anders, ich stehe auch dazu - die geplante Steuerschwankungsreserve für das Jahr 2013 von 75 Millionen € auf 20 Millionen € reduziert. Hierfür gibt es natürlich keinen Applaus.

(Frau Niestädt, SPD: Den kann es auch nicht geben!)

Das bedeutet, wenn das System funktionieren soll, dass wir in den nächsten Jahren die Steuerschwankungsreserve stärker auffüllen müssen. Ich sage das deswegen, weil, wenn wir das einmal beschlossen haben und im nächsten Jahr die Systematik gelten muss, sich nicht jemand auf einmal die Augen reibt und sagt: Das habe ich aber gar nicht so gedacht.

Eine systematische Umstellung des FAG ohne ausreichende Rücklagen wird auf Dauer nicht funktionieren.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Öffentlich wird manchmal der Eindruck erweckt, dass das FAG die einzige Quelle für die Gelder der kommunalen Ebene sei. Das ist nicht einmal die halbe Wahrheit.

Das Land stellt mehr als das Doppelte für die Kommunen bereit. So erhalten zum Beispiel die Kommunen im Jahr 2013 zusätzlich zum FAG rund 980 Millionen € für solche Aufgaben wie Kinderförderung, Grundsicherung im Alter, Arbeitslosenhilfe, Kulturförderung, Anbindungen der kommunalen Schulen an IT etc.

Darüber hinaus - auch das erwähne ich immer wieder - zahlt das Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe rund 560 Millionen €. Das machen andere Bundesländer nicht. Ich sage das auch deswegen, weil die Einsparungen, wenn die Bundesregierung die Absprachen zum Fiskalpakt einlöst - diesbezüglich werden wir gemeinsam aufpassen -, bei der überörtlichen Sozialhilfe beim Land bleiben. Diese können wir dann verwenden, um die Steuerschwankungsreserve zu stärken.

Es komme bitte niemand auf die Idee zu sagen, dass diese Gelder zusätzlich bei den Kommunen zu verteilen seien. Hier erbringt das Land seit Jahren eine Leistung, die andere Länder nicht einmal ansatzweise schultern; 560 Millionen € sind schon ein ganz schöner Batzen.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Ganz nebenbei - das wird heute mit dem Nachtragshaushalt beschlossen - werden wir den Landkreisen und den kreisfreien Städten bei dem Thema Hartz-IV-SoBEZ unter die Arme greifen. Netto sind das 32 Millionen €. Auch hierbei gilt die Systematik, auch wenn das manche nicht hören wollen. Zusätzliche Belastungen trägt das Land und die Entlastungen bleiben bei den Kommunen - das wird nicht funktionieren. Deswegen ziehen wir das ab. Netto sind es dann unterm Strich 32 Millionen €. Aber 32 Millionen € sind ein ganz schöner Batzen. Diese Summe hätten wir nach dem jetzigen FAG in dieser Höhe nicht zahlen müssen.

(Frau Niestädt, SPD: Richtig!)

Aber klar war, dass es bei der Systemumstellung vernünftig ist, dass dann auch so zu machen.

Es gibt, glaube ich, - das sage ich ganz klar - kaum ein anderes Bundesland in Deutschland, das den Kommunen bei der Aufgabenerfüllung so unter die Arme greift.

(Zustimmung bei der SPD)

Das sage ich auch deswegen, weil man zu diesen Themen auch die Stark-Programme hinzurechnen muss. Mit Stark I haben wir das Konjunkturprogramm mit 28 Millionen € unterstützt. Mit Stark II beträgt das Gesamtvolumen zur Teilentschuldung der kommunalen Ebene1,33 Milliarden €. Der Landeszuschuss beläuft sich dabei auf ca. 400 Millionen €.

Bisher haben 139 von 186 antragsberechtigten Kommunen - das finde ich ausdrücklich gut - davon Gebrauch gemacht und haben sich der Dis

kussion gestellt, mit uns vertraglich Konsolidierungsschritte zu verabreden. Das hätte man sich wahrscheinlich vor Jahren so nicht vorgestellt.

Das Land hat bisher ca. 310 Millionen € an Tilgungszuschüssen bewilligt. Mit dem geplanten Programm Stark IV zum Abbau von Altfehlbeträgen gehen wir ein Problem an, das den Kommunen unter den Nägeln brennt. Wir legen ein Programm für maximal zehn Jahre auf, das die Kommunen je nach ihren Möglichkeiten dann auch in die Pflicht nimmt - es geht hierbei um die Fehlbeträge bzw. Kassenkredite -; denn das FAG ist die eine Säule, klassische Kredite sind die zweite Säule, Investitionen sind die dritte Säule und die vierte Säule sind die Kassenkredite. Dazu werde ich noch etwas sagen.

Die systematische Umstellung des FAG mit einer Abgeltung des Aufwands im Verhältnis 1 : 1 funktioniert nur, wenn ich für die andere Sache Rücklagen hätte. Die meisten haben nicht solch üppige Rücklagen, dass sie diese Themen angehen könnten.

Der Anteil des Landes beim Abbau dieser Fehlbeträge wird sich im Durchschnitt auf zwei Drittel belaufen. Je nach eigener Steuerkraft soll diese Unterstützung zwischen 30 % und 90 % betragen.

Die Kehrseite: Es wird Verträge über weitergehende Konsolidierungsschritte mit dem Innenministerium, mit dem Finanzministerium - die Federführung hat natürlich das Finanzministerium - geben müssen. Ich habe in meiner Region schon öffentlich dargestellt, was das heißen kann. Zudem wird es in Zukunft keine Kassenkredite mehr geben. Wenn das strukturelle Defizit im Moment zu groß ist, dann darf man, sofern es genehmigt wird, nur noch abschmelzende Kassenkredite nutzen, um das strukturelle Defizit dann auf Null zu bringen, und dann ist das Thema vorbei.

Analog dazu existiert die Schuldenbremse, die übrigens logischerweise so aufgebaut ist wie bei uns in der LHO. Wenn ich einmal die Null erreicht habe, dann muss ich sie auch halten. Darüber darf nur im Zusammenhang mit konjunkturellen Schwankungen diskutiert werden, die wir mit Rücklagen aufgreifen wollen. Insofern schließt sich dieser Kreis dann auch konzeptionell und logisch, wie wir es beim Land dargestellt haben, auch auf der kommunalen Ebene. Aber diese Kehrseite muss sein, weil ich glaube, die Thematik Kassenkredite bekommen wir sonst nicht in den Griff.

Der Vorschlag der Landesregierung für Stark IV sieht vor, ab dem Jahr 2014 über zehn Jahre hinweg 450 Millionen € bereitzustellen. Den Weg, wie das geschehen soll, habe ich gerade dargestellt. Wir wollen dazu ein Controllingsystem aufbauen, so wie es die Länder mit dem Bund vereinbart haben, so wie es Brüssel für alle staatlichen Ebenen in Europa fordert. Wir wollen das Controlling mit

denen von mir eben erwähnten Hilfsangeboten koppeln.

Der Stabilitätsrat Sachsen-Anhalt, in dem wir zum ersten Mal mit den Spitzenverbänden und anderen sehr gute, auch interne Beratungen durchgeführt haben, wird im November dieses Gesamtpaket noch einmal diskutieren und dann mit der neuen Steuerschätzung auch aktualisieren können. Grundlage für das Controlling und die Bewertung wird ein neuer kommunaler Finanzmonitor sein.

Im Rahmen des zentralen Analysesystems - das gibt es auch beim Stabilitätsrat der Länder - wird für jeden kommunalen Haushalt eine bestimmte Kennziffer vergeben, mit deren Hilfe bei gleicher Rechtslage im Land dargestellt werden kann, ob ein Trend gut oder schlecht ist oder, wenn es bis auf die Hauptgruppen heruntergebrochen wird, wie die Ausgaben- und Einnahmestrukturen jeder Kommune ist.

Dem Kabinett ist der Entwurf vorgelegt worden. Die Kommunen haben jetzt im Einzelnen die Möglichkeit, ihre Daten zu kontrollieren, damit es keine falschen Daten gibt. Dann wird diese Analyse, dieser Monitor sofort dem Landtag zugeleitet.

Ich bitte um Verständnis, dass das bisher nicht geklappt hat; denn wir wollen mit den Spitzenverbänden, gerade mit den kommunalen Spitzenverbände, an dieser Stelle keine Unstimmigkeiten in der Sache selbst.