Protokoll der Sitzung vom 22.02.2013

Wir haben auch die Annahmen, wie wir bestimmte Quoten in Sachsen-Anhalt definieren, sehr objektiv herausgearbeitet. Wir haben bezogen auf das Schüler-Lehrer-Verhältnis mit das beste Ergebnis. Wir haben in Bezug auf die Anzahl der Lehrer und Lehrerinnen mit die meisten und in Bezug auf die Stundenbudgets bei den Lehrerinnen und Lehrern mit die geringste Quote. Das ist weder schlecht noch gut. Aber das nicht zu akzeptieren, halte ich für geradezu fahrlässig.

Ob man das gut findet und sagt „ Dann muss das Geld eben woanders herkommen“, wozu Sie keinen Vorschlag machen, oder ob andere es vielleicht machen und sagen würden „Dann muss ich dort und dort sparen“, mit all den Diskussionen, die dann folgen, ist noch offen.

Ich als Finanzminister kann jedenfalls sagen: Ich habe für das System, das wir uns aufgebaut haben, das im Kern besagt, dass die Schülerzahl viel schneller gesunken ist, als wir hinsichtlich der Zahl der Lehrerinnen und Lehrer anpassen konnten - das treibt uns noch um -, keine Lösungsmöglichkeiten, weil dieses System Hunderte von Millionen kostet.

Das ist aber nicht mein Ansatzpunkt. Mein Ansatzpunkt ist - diesen teile ich mit dem Kultusministerium -, dass ich die Versorgungssicherheit gewährleisten muss. Mit dem System, wie wir es mit den Kleinstschulen haben, und mit den Ansprüchen, an jeder Schule bestimmte Strukturen vorzuhalten, sind wir jetzt an die Grenzen gestoßen.

Es ging primär nicht um das Thema Haushalt, sondern um das Problem: Wir haben jetzt eine Struktur, die so auf Dauer nicht mehr funktioniert. - Diesbezüglich bin ich mir übrigens mit dem Kultusminister einig.

Meine Lesart ist aber nicht, jetzt packe ich einfach wieder einmal 1 000 Stellen drauf, sondern meine Lesart ist: Das aus meiner Sicht sehr ausgeweitete Netz kann ich Schritt für Schritt anpassen. - Das ist der unterschiedliche Ansatz gegenüber der GEW.

Dann wird gesagt, wir hätten irgendwelche Zahlen, die man nicht nachvollziehen könne. Ausdrücklich falsch! Wir nehmen zum einen nur statistisches Material von der ZDL, der Zentralen Datenstelle der Länder. Diese infrage zu stellen wäre politisch sehr fahrlässig. Das ist nämlich das Zahlenmaterial, das bis hin zu Eurostat Brüssel abgestimmt wird. Nur diese Zahlen verwenden wir.

Übrigens sind die Zahlen der KMK ganz frisch hereingekommen. Selbst wenn man den Zahlen des Finanzministeriums nicht glaubt: KMK und ZDL sind, weil sie auf dieselben Zahlen zurückgreifen, in Bezug auf die Struktur des Landes zu gleichen bzw. ähnlichen Ergebnissen gekommen: Sehr kleinteilig, in Bezug auf Personal sehr gut ausgestattet. Bezogen auf die Schülerzahl, zu der ich sage, dass sie leicht steigen wird - das wissen wir auch -, gibt es aus deren Sicht unterschiedliche Bewertungskriterien zu dem, was die GEW vorschlägt.

Ich will das Thema aufgreifen, wir hätten in Sachsen-Anhalt eine dünne Besiedlung. Da wird es sehr schwierig. Wenn ich die Struktur von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern im Verhältnis 1 : 1 auf das übertragen würde, worüber wir in Sachsen-Anhalt gerade diskutieren, dann würde ich nicht über 75 Schulen reden, sondern wir müssten rein rechnerisch mehr als 150 Schulen schließen. Rein rechnerisch! Was wir gar nicht machen, sondern wir passen das an. Es gibt bestimmte Strukturen, bei denen die Träger ihrerseits entscheiden werden, entscheiden müssen, wie sie diese Strukturdiskussion vor Ort führen.

Ich habe von denjenigen, die Stark-III-Mittel beantragt haben - wir haben das gemeinsam auch für die neue Förderperiode wieder vorgesehen -, die 80er- oder 100er-Zahlen liefern müssen, eine Diskussion in dieser Heftigkeit noch nie erlebt. Denn sie wissen, bei diesen Anpassungen gibt es am Ende etwas: eine topmoderne Bildungseinrichtung. Wenn wir das flächendeckend in Sachsen-Anhalt

hinbekommen, ist das ein Riesenstandortvorteil gegenüber anderen Ländern.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Darüber zu reden halte ich für vernünftig. Deswegen ist die Frage der dünnen Besiedlung kein Sonderweg von Sachsen-Anhalt.

Ich will ein paar Zahlen nennen. - Herr Präsident, ich hoffe, dass ich bei diesem wichtigen Thema vielleicht eine Prämie von vier, fünf Minuten zusätzlicher Redezeit bekomme.

Was ist in den letzten Jahren passiert? - Diesbezüglich bin ich bei Ihnen. Wir haben in den Jahren 2006 bis 2012 11 664 Bedienstete abgebaut. Bei einer Fluktuation von rund 1 070 sind in den sieben Jahren, in denen ich tätig bin, 12 732 Bedienstete aus dem Landesamt ausgeschieden. Eingestellt haben wir rund 2 650. Das macht also einen Personalabbau um ungefähr 10 100 Bedienstete aus. Das übrigens macht ungefähr 400 Millionen € aus, die wir heute mehr zahlen müssten, wenn wir keine Strukturanpassung vorgenommen hätten.

Wir sind bei einer Quote, die noch weit über dem Durchschnitt der deutschen Länder liegt. Ich weiß, dass Sie das nicht hören mögen. Wir haben das jetzt einmal auf das Thema Jahr 2019 bezogen. Wir wollen einmal unterstellen: Wir sind dann im Mittel der deutschen Länder, nicht einmal die schlechtesten, obwohl wir von der Mittelausstattung und aufgrund der falschen Politik aller Fraktionen mit die höchste Verschuldung haben.

Das hieße noch einmal, um den Durchschnitt und die Demografie einzurechnen, einen Abbau um 12 411 Bedienstete, was erneut eine Größenordnung von rund 400 Millionen € ausmachen würde.

Selbst wenn wir das machen würden, wären wir erst im Durchschnitt der deutschen Länder. Und dann erzählen Sie mir, dass das alles nicht mehr geht.

(Zuruf von Frau Dr. Paschke, DIE LINKE)

Diese Zahlen kennt jeder in Deutschland, der sich halbwegs mit diesem Thema befasst.

In zwei Punkten bin ich sofort bei Ihnen. Diese müssen Parlament und Landesregierung natürlich klären. Den Anteil derer - auch das ist in dem Gutachten der GEW nicht berücksichtigt; so geht das einfach nicht -, die vielleicht schon in der Freistellungsphase sind, und derer, die vor der Klasse stehen, muss ich auseinanderhalten.

Es geht nicht, diese völlig verschwinden zu lassen nach dem Motto: Ich rechne die 2 000 pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heraus, die passen dort gar nicht hinein, und die mehr als 2 000, die in der Ruhensphase sind, rechne ich auch heraus. Wir reden dabei über 100 Millionen €

und 2 000 Stellen, die im Vergleich der Länder mitgerechnet werden.

Dann habe ich mich, weil ich dieses Papier sehr intensiv gelesen habe, der Mühe unterzogen, einmal festzustellen - das will auch gern zur Verfügung stellen; das wird mit der Kabinettsvorlage im März kommen -, wie viele Lehrerinnen und Lehrer eigentlich aus dem aktiven Schuldienst gehen, wo Schule also merkt, dass diese fehlen.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Wir reden über 14 000 Lehrer plus/minus, je nachdem, wer was hinzurechnet. Es werden in den nächsten Jahren netto ungefähr 150 bis 250 Lehrer pro Jahr sein, die aus dem aktiven Schuldienst ausscheiden und nicht mehr für Bildung zur Verfügung stehen. Das macht in sechs, sieben Jahren ungefähr 1 500 bis 2 000 aus.

Dabei muss man beachten, dass der große Sprung erst 2018 ff. kommen wird, weil bis dahin sehr viele abgebaut wurden, die aus der Freistellungsphase der Altersteilzeit kommen. Das heißt, wir haben zwar einen enormen Abbau, aber das merken die Schülerinnen und Schüler kaum, weil die betreffenden Lehrer gar nicht mehr in der Schule sind.

Solche einfachen Dinge darzustellen muss doch möglich sein. Es muss auch möglich sein, darüber zu diskutieren und anhand der Zahlen redlich darüber zu diskutieren, was daraus folgt. Das ist meine Bitte schon seit Jahren.

Diese drei, vier Punkte hat die GEW völlig außen vor gelassen, die dann natürlich zu solchen Schlüssen kommt. Ich halte dagegen. Deswegen gibt es für mich auch keinen Grund, von diesem PEK abzuweichen.

Natürlich wird am Ende des Weges stehen - da sind wir beieinander; da habe ich aber kein Konzept -: Wenn wir uns das aufgrund unserer finanziellen Situation nicht mehr leisten können, müssen wir über Aufgaben nachdenken. Weder im Parlament noch in manchem Ministerium habe ich bisher einen vernünftigen Vorschlag gehört, wie das funktionieren soll. Ich kriege immer Gesetze, Anträge, Berichterstattungen vorgelegt, bei denen gesagt wird: Ich möchte dieses wissen, ich möchte jenes wissen.

Deswegen bin ich sogar dafür dankbar, dass viele meiner Kolleginnen und Kollegen sich mithilfe Dritter jetzt schlau machen. Es wird jedoch nichts bringen, wenn in dem Papier steht: Eigentlich brauche ich noch 1 000 Stellen mehr.

Damit bin ich wieder beim Ausgangspunkt der Diskussion. Darin, dass ein solcher Anpassungsprozess nicht ohne Aufgabenänderung funktioniert, sind wir uns völlig einig. Nur wäre ein Finanzminister völlig überfordert, wenn er für sich in Anspruch nehmen würde, dass er das für den gesamten poli

tischen Betrieb allein hinkriegen würde. Das ist Aufgabe der gesamten Regierung, des gesamten Parlaments.

Aus diesem Grund macht es keinen Sinn, sich jeden Monat vorzuwerfen, das stehe alles vor dem Zusammenbruch. In dem von GEW und ver.di Vorgelegten wird zum Beispiel gesagt, man könne die Zahlen der kernministeriellen Verwaltung nicht auf den Tisch legen. Wir haben sie alle da; sie wurden dort ausgeblendet.

Ich bin gern bereit - das wissen Sie -, das in jeder Struktur zu erläutern. Aber solange keiner bessere Argumente hat, werde ich beim PEK bleiben, wie es jetzt vorliegt. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Der Kollege Höhn und die Kollegin Hunger würden Sie gern etwas fragen.

Und Herr Harms, habe ich gesehen.

Herr Minister, vielleicht als Vorbemerkung generell, jenseits der Methodik: Es ist nicht immer per se gut, sich am Durchschnitt zu orientieren.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das kann derjenige, der Geld hat, sagen. Nur derjenige, der arm ist, muss sich irgendwo festhalten.

Das war eine Vorbemerkung.

Ja, meine auch.

Ich frage natürlich jetzt nach den Lehrern. Das wird Sie nicht überraschen. Ich habe jetzt gehört: Das PEK wird nicht geändert.

Die Schülerzahl bleibt stabil, haben Sie als Landesregierung auch noch einmal auf meine Kleine Anfrage geantwortet.

Sie steigt sogar ein bisschen.

Sie steigt sogar leicht. Und Sie haben gesagt: Wir wollen das Schulnetz Schritt für Schritt anpassen.

Wir haben jetzt zweimal im Bildungsausschuss sehr ausführlich, zum Teil sehr emotional über die Schulenentwicklungsplanung geredet. Die Landesregierung hat jetzt einen Beschluss herbeigeführt.

Wenn man das, was Sie als Landesregierung zur Schulentwicklungsplanung beschlossen haben, genauer betrachtet, dann stellt man fest, dass es zwei nennenswerte Eingriffe in das Schulnetz gibt.