Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nichts ist beständiger als der Wechsel. Wir befinden uns in einer Zeit, in der viele Dinge eingeführt werden müssen, auch die Eurocodes. Die Musterbauordnung ist aber nicht hinreichend auf die Regelwerke der Eurocodes abgestimmt. Die Anhänge B und C des Eurocodes, in Teilen auch Eurocode 0 sind bauaufsichtlich nicht eingeführt. Das bedeutet, dass verschiedene Objekte, die prüf- und überwachungspflichtig sind, nicht erfasst sind. Die Durchgängigkeit der Eurocodes ist also derzeit nicht gegeben.
Das heißt, wir werden die Bauordnung sicherlich sogar noch in dieser Legislaturperiode noch einmal anfassen müssen, um Rechtssicherheit für diejenigen zu schaffen, die sich auf die Eurocodes beziehen müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Parallel zur Einarbeitung der Musterbauordnung hat das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr umfangreiche Anhörungen der rund 30 betroffenen Verbände durchgeführt. Nicht alles, was seitens der Verbände vorgebracht wurde, konnte Eingang in den Regierungsentwurf finden. Das liegt in der Natur der Sache; denn eine Bauordnung betrifft einen Kernbereich des Lebens und damit die unterschiedlichsten Interessenlagen.
Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt im Grundsatz, dass für Anlagen der erneuerbaren Energien die bisherigen Unterscheidungen zwischen privat und gewerblich genutzten Solar- und Windkraftanlagen gemäß § 60 weitgehend aufgehoben wurden. Damit entfällt unter anderem der Streit darüber, ob eine Kleinwindkraftanlage mit einer Höhe von bis zu 10 m noch eine Anlage der technischen Gebäudeausrüstung ist oder nicht.
Mit dem Inkrafttreten der novellierten Bauordnung können kleine Windkraftanlagen bis zu einer Höhe von 10 m in Gewerbe- und Industriegebieten verfahrensfrei errichtet werden. Für Solaranlagen an und auf Gebäuden gilt das Gleiche, und zwar grundsätzlich. An dieser Stelle wird der Regelungsbereich aber nicht auf Gewerbe- und Industriegebiete beschränkt.
Ähnlich verhält es sich bei Maßnahmen der Wärmedämmung, die nunmehr explizit als verfahrensfreie Maßnahme in der Bauordnung benannt werden, wenngleich eine umfangreiche Studie des Forschungsinstituts Prognos kürzlich erneut bestätigte, dass die Investitionskosten solcher Maßnahmen allein durch die eingesparte Menge an Energie oftmals nicht erwirtschaftet werden.
Mit der Verfahrensfreiheit geht ein Mehr an Verantortung einher. Insbesondere große Solardächer stellen für die Feuerwehren im Lande eine Heraus
forderung dar. Hierzu sind aus der Sicht meiner Fraktion zwingend ergänzende Vorschriften für den Brandfall notwendig.
Die Verfahrensfreistellung für gebäudeabhängige Solardächer bei unveränderter EEG-Förderung erhöht den Anreiz, eine Solaranlage zu installieren und die entsprechende Vergütung zu erhalten.
Denn dass sich Installateure, Investoren und mitunter auch Eigentümer bei der Aufbringung von Solaranlagen vom bloßen Klimaschutzgedanken leiten lassen und nicht von den eigenen Wirtschafts- und Renditeinteressen, dürfte mittlerweile auch von den überzeugtesten Anhängern des EEG nicht mehr ernsthaft geglaubt werden, meine Damen und Herren. Machen wir uns doch nichts vor: Wir brauchen mehr Vernunft bei den erneuerbaren Energien.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bauantragsverfahren wird durch die novellierte Bauordnung durch unmissverständliche Zeitvorgaben gestrafft. Den bisher geltenden Begriff „unverzüglich“ legten die Bauaufsichtsämter im Land gelegentlich recht unterschiedlich aus. Mit der Novellierung hat die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag deswegen nicht mehr unverzüglich auf Vollständigkeit zu prüfen, sondern innerhalb von zwei Wochen.
Mit dem bestätigten Eingang des Antrags beginnt die Bearbeitungsfrist für den Bauantrag und innerhalb von drei Monaten hat eine Entscheidung über die Baugenehmigung zu erfolgen. Im vereinfachten Verfahren nach § 62 gilt die Genehmigung in jedem Fall als erteilt, wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb der Dreimonatsfrist über den Bauantrag entschieden haben sollte. Über eine erteilte Baugenehmigung sind die Nachbarn zu informieren.
Meine Damen und Herren! Es gab Bestrebungen, dies nicht mehr zu tun. Doch die Koalitionsfraktionen haben sich gemeineinsam mit der Fraktion DIE LINKE durchgesetzt und dafür gesorgt, dass diese Regelung Eingang in die novellierte Bauordnung gefunden hat. - Danke.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen-Anhalts Entwicklung als touristisches Reiseziel ist anhaltend positiv. Davon profitieren auch unsere Gastronomen. Mit der Verfahrensfreistellung für kleine Gaststättenerweiterungen, um eine Außenbewirtschaftung vornehmen zu können, wollen die Koalitionsfraktionen dieser Tatsache durch eine konkrete Maßnahme zum Bürokratieabbau in Sachsen-Anhalt Rechnung tragen. Künftig gilt: Gastronomen dürfen Außenbewirtschaftungen auf einer Fläche von weniger als 100 m² verfahrensfrei
errichten, natürlich nur auf eigenem Grund und Boden oder auf angemieteten bzw. gepachteten Flächen von Dritten.
Frau Frederking, ich möchte noch einige Worte zum Thema Windkraft verlieren. In den vergangenen Wochen war gelegentlich von investitionsfeindlichen Regelungen in Sachsen-Anhalt die Rede. Sachsen-Anhalt hat seit 2002 nach übereinstimmenden Angaben des Statistischen Bundesamts und des Verbandes Windenergie rund 3,8 GW Windleistung installiert. Thüringen und Sachsen verfügen derzeit über rund 1 GW an installierter Windleistung.
Allein im Jahr 2012 sind in Sachsen-Anhalt 200 MW Windleistung neu installiert worden. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg, wo ganz andere politische Konstellationen herrschen, waren es laut dem Statistischen Bundesamt nur 19 MW. Vorausgesetzt, der bisher erfolgte Zubau setzt sich bis Ende 2019 weiter fort, werden in Sachsen-Anhalt Ende 2019 rund 5 GW Windenergie installiert sein. Im rot-grünen Baden-Württemberg sind es derzeit 500 MW.
Im März 2013 ist weder in Thüringen noch in Sachsen der Bau einer neuen Windkraftanlage gemeldet worden. In Sachsen-Anhalt wurden im März 2013 unter den geltenden Bedingungen, nämlich mit einer Abstandsfläche von 1 H, drei neue Windkraftanlagen gemeldet. Damit wurde eine neue Leistung von 6 MW installiert, mehr als in irgendeinem anderen Bundesland in unserer Republik.
Auch das von den Grünen regierte Baden-Württemberg, das bereits im Jahr 2012 unter den Flächenländern das Schlusslicht beim Zubau an Windkraft war, weist im März 2013 einen Zubau von null auf, ebenso wie Nordrhein-Westfalen und - wen wundert es? - Rheinland-Pfalz.
Die Fläche Sachsen-Anhalts macht einen Anteil von rund 5,7 % an der Fläche Deutschlands aus. 12,5 % der Windenergiekapazität in Deutschland sind in Sachsen-Anhalt installiert.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Windräder in der Bevölkerung auch Skepsis hervorrufen; denn Windräder haben, ob sie nun in Eignungsgebieten errichtet werden oder nicht, Auswirkungen auf gewachsene Kulturlandschaften.
Eigentumsrechte sind ein fundamentaler Bestandteil des demokratischen Rechtsstaates. Deshalb kann aus der Sicht meiner Fraktion die von den Kollegen von der Fraktion GRÜNE vorgetragene Begründung, dass Investitionshemmnisse dadurch ausgeräumt würden, dass weniger Eigentümer gefragt werden müssen, nicht wirklich tragen. Denn
Einen solchen Zustand haben wir hier 60 Jahre lang erleiden müssen. Ich denke an die 28 Jahre, in denen ich die letzte Diktatur erleiden durfte. Damals hat Eigentum nichts gezählt. Wenn Sie, um das EEG besser durchsetzen zu können, diese Zustände wieder herstellen wollen, dann sage ich: Gute Nacht, Deutschland!
Die Energiewende kann nur mit den Bürgerinnen und Bürgern gelingen, und zwar nur dann, wenn der Kompass der Energiewende die Vernunft ist und nicht die Ideologie.
Mit ihrem Änderungsvertrag erweitern die Koalitionsfraktionen maßvoll die Möglichkeit eines Repowerings für bestehende Anlagen in den Eignungsgebieten. In den Eignungsgebieten wird künftig eine Abstandsfläche von 0,4 H möglich sein.
Sie wissen auch, welche Voraussetzungen für ein Repowering erfüllt sein müssen. Nur die Anlagen, die vor dem 1. Januar 2002 installiert wurden, sind überhaupt für Repowering geeignet. Aber das sei nur am Rande erwähnt.
Ich bitte also um Zustimmung zu der Beschlussvorlage des federführenden Ausschusses. Ich bedanke mich noch einmal bei meinen Gesprächspartnern und Verhandlungspartnern im Ausschuss ausdrücklich für die angenehme Atmosphäre. Bitte stimmen Sie dann auch dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu. Wir haben uns ergeben mit Herz und mit Hand.
Ich hätte es mir erspart, Frau Frederking, Ihnen Folgendes zu sagen: Hören Sie sich vielleicht einmal die romantische Oper von Richard Wagner an, den „Fliegenden Holländer“ meine ich damit. 170 Jahre lang sagt Daland dort schon: Wer baut auf Wind, baut auf Satans Erbarmen. - Das meine ich ernst.
Herr Scheurell, Sie eilen von hinnen. Frau Frederking hätte Ihnen aber gern noch eine Frage gestellt.
Von Herrn Scheurell wurden die Eigentumsrechte angeführt. Eigenartigerweise reklamiert er diese nur für Windkraftanlagen und nicht für Silos, Mobilfunkmasten und Hochhäuser. Daran zeigt sich schon, dass dabei ein Unterschied gemacht wird und dass die Eigentumsrechte,
Die Landesregierung hat ein Energiekonzept. In ihrem Energiekonzept hat sich die Landesregierung verpflichtet, bis zum Jahr 2020 6 000 MW Windleistung zu installieren. Nach den jetzigen Regelungen ist das nicht möglich. Das geht nicht. Deshalb wäre noch eine Frage offen, die SPD und CDU noch beantworten müssen, nämlich wie sie das erreichen wollen.
Ich habe die Ausführungen von Herrn Scheurell so verstanden, dass die Abstandsflächentiefe von 1 H wirklich benutzt wird, um den Zubau an Windenergieanlagen hier in Sachsen-Anhalt zu beschränken.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es war so und Sie haben es dem Bericht von Herrn Felke entnehmen können: Die Landesbauordnung erfasst eine unheimliche Bandbreite von Themen und damit natürlich auch von Interessengebieten. Das ist einzugestehen. Das kann nicht beschönigt werden.
Für mich persönlich kann ich jedoch sagen, dass ich in meiner Abgeordnetenzeit bisher selten eine parlamentarische Beratung zu einem Gesetzentwurf erlebt habe, die so sehr auf die Diskussion und die Berücksichtigung der Argumente aus der öffentlichen Anhörung abgestellt hat. Das ist - auch mit leichter Selbstkritik - etwas, das wir uns zukünftig durchaus als Vorbild nehmen können. Dass sich die Hinweise der Ingenieure, der Planer, der Architekten und der Feuerwehrleute dann auch in den Änderungsanträgen aller Fraktionen wiederfanden, war sicherlich auch ein Grund dafür, dass es dafür eine fraktionsübergreifende Mehrheit gegeben hat.