Protokoll der Sitzung vom 21.06.2013

Sie bekommen jede nur erdenkliche Information von mir, sodass die Tagesordnung des Finanzausschusses mittlerweile aussieht, als wäre er das Parlament im Kleinen. Sie besteht meist aus 19 Tagesordnungspunkten und dem Punkt Verschiedenes, worunter sich auch noch einmal sechs, sieben oder acht Punkte finden. Wir legen jede Information vor.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Zum Thema Hochwasserhilfe. Sie können sich jetzt durchaus hier hinstellen und mit einer gewissen Arroganz sagen, ich hätte mir in Bezug auf die 20 Millionen € eine Information gewünscht. Ich habe darum gekämpft, dass die Soforthilfe in den Fonds einfließt. Das ist uns gelungen. Dadurch spart das Land mindestens 50 Millionen € bis 60 Millionen €. Insofern benötige ich die 20 Millionen € nicht mehr, weil sie in der Kofinanzierung des Ganzen aufgehen. Sie hätten an dieser Stelle einfach sachlich nachfragen können.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Man kann doch halbwegs fair miteinander umgehen. Dies würde dem Land zehnmal mehr helfen, als sich hier hinzustellen und den Eindruck zu erwecken, die Landesregierung macht sowieso dauernd nur Mauscheleien.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Ich bin ein einziges Mal von der Steuerschätzung des Bundes abgewichen. Ich habe dann von Herrn Erdmenger mächtig etwas auf die Finger

bekommen und habe hier vor dem Parlament gesagt: Nie wieder. Das muss ich nicht jedes Mal wiederholen.

(Herr Borgwardt, CDU: Das stimmt!)

Zu dem Thema Nachtragshaushalt. Das Datum des Antrages liegt länger zurück als das Hochwasser. Daher trenne ich das inhaltlich einmal in die Zeit vor dem Hochwasser und die Zeit nach dem Hochwasser.

Wenn ich wüsste, dass bei tausend klugen Ideen und zig Vorschlägen alle an einem Strang ziehen und zusammenstehen würden, dann wäre die Aufstellung eines Nachtragshaushaltes für einen Finanzminister etwas relativ Einfaches. Aber spätestens, wenn ich sage, ich lege etwas vor, wären Sie die Ersten, die sagen: An der Stelle geht es sowieso nicht.

Frau Dr. Klein, Sie wissen doch ganz genau, wie der Vollzug funktioniert. Richtig ist - einige Informationen will ich heute gern liefern -, dass uns die Frage, wie der Haushalt trotz der Steuermindereinnahmen in Höhe von 160 Millionen € ausgeglichen werden kann, beschäftigt hat.

Ich habe im Ausschuss bereits ausgeführt, welche konkreten Maßnahmen - ich kann es jetzt ergänzen - mir die Gewissheit geben, dass ich derzeit ohne einen Nachtragshaushalt auskommen kann. Dies wird wahrscheinlich auch so bleiben bis zum Ende des Vollzugs 2013.

Zum Aufbauhilfefonds. Diese Thematik ist ganz aktuell. Die Systematik 20 Millionen € Bund und 20 Millionen € wir als Einstieg gilt jetzt nicht mehr. Nach der Einigung der Länder mit dem Bund ist es eine ganz andere Systematik.

Es stand immer die Frage: Was beinhaltet das Sofortpaket? Was sind Sofortmaßnahmen? - Ich habe bei meinen Kolleginnen und Kollegen, gerade in den Ländern, die nicht betroffen sind, dafür geworben: Bitte macht es uns nicht so schwer! Die Kosten für die Sandsäcke fallen unter die schnelle Hilfe. Handelt es sich bei der Ertüchtigung einer kleinen Straße, damit der Radlader an den Deich kommt, um Aufbauhilfe? - Alle 16 Länder haben unisono gesagt: An dieser Stelle gilt Solidarität.

Ich war gerade den großen westdeutschen Ländern sehr, sehr dankbar; denn mitten in den Haushaltsberatungen ist das eine enorme Belastung. Sie haben gesagt, die Mittel aus den Sofortprogrammen kommen komplett in den Fonds.

Das war für uns sehr, sehr wichtig, weil dadurch das Verhältnis 1 : 1 aufgemacht wird. Das Verhältnis hängt jetzt einfach schlichtweg davon ab, wie viel am Ende aus dem Fonds gezahlt werden muss.

Frau Dr. Klein, deswegen konnte ich Sie noch nicht informieren. Ich konnte vor wenigen Tagen,

mit Blick auf die 20 Millionen € auch noch keinen Antrag stellen, weil es noch nicht feststand.

Wir bitten Sie jetzt - das habe ich gerade unterschrieben, nachdem dies in Berlin auch mit Herrn Schäuble besprochen worden ist -, 100 Millionen € für den Bereich Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, damit wir diese Programme für die Wirtschaft - das gilt auch für die Kommunen und andere - in Gang setzen können. Dies geschieht übrigens im Vorgriff. Die Länder, so auch wir, werden dies erst einmal finanzieren müssen.

Sie haben sicherlich mitbekommen, dass das Bundeskabinett in der nächsten Woche noch einmal die Auswirkungen auf den eigenen Haushalt diskutieren wird. Am nächsten Mittwoch findet eine Sondersitzung des Bundesrates statt - erste Lesung. Am 5. Juli soll dann zwischen Bundestag und Bundesregierung und Bundesrat eine Einigung über die komplette Struktur und Ausfinanzierung des Fonds abschließend beraten werden.

Dann will das BMF über außerplanmäßige Ausgaben, so hieß es, das mit erstatten, was direkt über den Fonds von den Ländern per Rechnung angewiesen wird, so wie wir es übrigens im Kleinen auch machen.

Dann stand noch die Frage der Finanzierung. Es gab den Fonds Deutsche Einheit. Das hätte ich als gar nicht so schlechte Lösung angesehen. Aber es gab Diskussionen, warum auch immer. Schäuble hat gesagt, es führt kein Weg hinein.

Die jetzige Lösung ist für uns noch viel besser. Der Bund hat gesagt, ich nehme meine Infrastrukturmaßnahmen heraus; aus 8 Milliarden € werden also 6,5 Milliarden €. Dafür braucht ihr in der Finanzierung nicht geradezustehen. Die restlichen 6,5 Milliarden € teilt ihr euch.

Zur Frage der Umsatzsteuer - das konnte ich vorher auch nicht diskutieren oder Ihnen mitteilen -, was die starken Länder natürlich ein bisschen scheuen, aber den Vorteil hat, dass der Haushalt nicht belastet wird, das heißt ohne direkte Finanzierung von zehn oder 20 Jahren.

Die Länder haben sich vorgestern geeinigt. Sie möchten eine längere Laufzeit haben, damit die Bedienung der Verbindlichkeiten nicht so hoch ist, wie in den Haushalten vorgesehen; denn sie haben alle die Auflagen der Schuldenbremse. Bis zum Jahr 2016 dauert es nicht mehr lange. Das betrifft gerade den Bund.

Wir haben miteinander verabredet, dass wir das über den Umsatzsteuervorwegabzug machen. Wenn Sie den Betrag sehen, den Sachsen-Anhalt dazu beisteuern muss, dann traut man sich das gar nicht zu sagen. Es sind nämlich 7 Millionen € jährlich - ich betone: jährlich -, die wir gegenfinanzieren müssen.

Es ist mir zehnmal wichtiger, dass wir dies erreicht haben, als mich dem Vorwurf auszusetzen, ich hätte Ihnen jeden Tag einen Brief schreiben müssen; ich wusste es schlichtweg selbst nicht.

Jetzt werde ich Sie in aller Breite informieren. Wir haben heute ein Papier von Schäuble bekommen - das stelle ich dem Ausschuss auch zur Verfügung -, in dem steht, was aus der Sicht des BMF in den nächsten Jahren passiert. Im Zusammenhang mit diesem Kompromiss sind einige Sachen abschließend beraten worden, die auch uns maßgeblich helfen:

Erstens Entflechtungsgesetz. Die Beträge sind bis zum Jahr 2019 fortgeschrieben worden. Das ist für uns sehr, sehr wichtig.

Zweitens. Wir bekommen ab 2019 das, was mit dem Fonds Deutsche Einheit zu tun hat. Die Umsatzsteuer, als Rechenbetrag über die Jahre abgezogen - für alle Länder waren es 200 Millionen € -, bekommen wir dann hinzugerechnet. Es müssten ungefähr 30 Millionen €; nageln Sie mich nicht fest. Das kommt 2019 oder 2020 oben drauf; denn die Finanzierung des Fonds ist dann abgelaufen. Es wird dann sicherlich noch eine Abrechnung durch den Bund erfolgen; aber derzeit hat sich der Bund über die Zinsen kapitalisiert und er geht davon aus, dass er eventuell die Zinsschwankungen am Ende des Weges jetzt schon ausgleichen kann.

Das heißt, wenn wir es so hinbekommen, wird es vor diesem Hintergrund keine Belastungen für den Haushalt geben, Frau Dr. Klein. Deswegen brauchen wir keinen Nachtragshaushalt, um es eindeutig zu sagen.

Wir werden erstens dafür sorgen, dass rechtlich alles Hand und Fuß hat, vor allem mit dem Bund.

Zweitens werden wir Sie über alles informieren.

Drittens werden wir den Übergang von der Soforthilfe, das, was an Rechnungen jetzt aufläuft, zur dauerhaften Hilfe mit dem Bund organisieren, damit das nicht nur zulasten des Landes geht. Ich denke, das ist als Information ganz wichtig.

Da aber der Antrag vor der Flut gestellt wurde, ist natürlich auch bei uns - das muss ich eindeutig sagen - die Frage eines Nachtragshaushaltes gestellt worden. Aber wir haben extra abgewartet, was durch die Flut noch hinzukommt. Es gibt einige auch entlastende Faktoren, die ich bitte zur Kenntnis zu nehmen.

Erstens Mikrozensus. Es ist manchmal wirklich komisch; wenn man es vorher erzählte, würde es einem niemand glauben. Wir sitzen im Kabinett und diskutieren und am Ende des Weges kommt eine Schätzung. Ganz Deutschland wartet darauf, was passiert, wie viel man kriegt oder nicht kriegt.

Wir haben es so organisiert, dass wir bei der Haushaltsvorlage 2014 den Zensus entweder mit einpreisen oder nachsteuern müssen. Der Berliner Kollege ist glatt umgefallen, als er die Rechnung bekam, weil ihn das eine halbe Milliarde kosten könnte. Er hat es deshalb ein bisschen abgesenkt. Mein Kollege aus Rheinland-Pfalz hingegen hat wahrscheinlich die Sektkorken knallen lassen, weil Rheinland-Pfalz über 200 Millionen € pro Jahr bekommt.

Weil Sie vorhin sagten, es gäbe Ungereimtheiten mit den 40 und den 25 Millionen €. Ich habe gestern hier sehr klar erklärt, wie das jetzt läuft. Wir stellen für 2014 25 Millionen € ein. Wir bekommen in diesem Jahr wahrscheinlich um die 40 bis 45 Millionen €, und zwar den vollen Betrag aus dem Jahr 2013, zwei Drittel aus dem Jahr 2012 und ein Drittel aus dem Jahr 2011. So setzt sich der Betrag von mehr als 40 Millionen € zusammen.

Wir erwarten - auch das habe ich Ihnen gestern erzählt - die endgültigen Zahlen des Bundesamtes für Statistik. Ich möchte jetzt nicht irgendetwas abgeben, was dann nicht genau auf die Kommastelle hinhaut. Aber es ist klar: Es wird wohl kein Land klagen; es war noch die Frage offen, ob große Städte eventuell gegen das Verfahren des Zensus rechtlich vorgehen werden. Das sind ja Veränderungen, die gerade auch die großen Städte betroffen haben.

Bezüglich der EU kann ich Ihnen heute Folgendes sagen: Wir haben im Bereich der EFRE-Förderung zusätzliche Einnahmen in Höhe von 50 Millionen €, die wir bereits im Jahr 2012 erwartet haben. Wir bekommen aus der zurückliegenden Förderperiode auch noch eine Restzahlung in Höhe von 20 Millionen €. Wir schreiben Ihnen das alles noch auf. Das wird dann im Ausschuss vorgelegt und diskutiert werden.

Weitere Ausgaben oder Risiken sehe ich nicht. Wir werden beim Personal an den Ansätzen festhalten.

Beim AAÜG müssen wir aufgrund des Rechenfehlers - das habe ich Ihnen schon einmal gesagt - im Vollzug schauen. Das waren aber Beträge, die zu beherrschen sind.

Wir haben - das ist ganz wichtig für den Vollzug - keine globale Minderausgabe mehr.

(Zustimmung bei der SPD)

Daran merkt man übrigens, welchen Vorteil man hat, wenn die Ansätze relativ klar und so strukturiert sind, dass man den Haushalt nicht von vornherein mit einem Risiko belastet.

Sie wissen aufgrund Ihrer Erfahrung nur zu gut, dass man sozusagen von einer Bodensatztheorie ausgeht, das heißt von 1 bis 1,5 % des Gesamthaushaltes. Das wird übrigens sogar von den Rechnungshöfen anerkannt. Wenn man das bei

einer Summe von 10 Milliarden € unterstellt, dann sind wir im Bereich von 100 bis 150 Millionen €. Das ist das, was die 160 Millionen € gebracht haben, also 60 Millionen € reine Steuerveränderung durch die Schätzung und 100 Millionen € durch die Rückzahlung im Länderfinanzausgleich.

Wenn das alles nicht reichen würde, hätten wir sogar noch die Chance, knapp 25 Millionen € Tilgung und die Zuführung zur Steuerschwankungsreserve in Höhe von 20 Millionen € auch noch dagegen zu stellen.

Ich kann heute, so wie ich hier stehe, sagen: Für den theoretischen Fall, den ich nicht sehe, wobei ich Steuererwartungen für das Jahresende, sprich das Wirtschaftswachstum bestimmt nicht vorhersagen kann - wer sich mit den Unterlagen der Wirtschaftsförderung, mit den Annahmen des BMF und des BMWI beschäftigt, der wird irgendwann wahnsinnig -: Es gibt aus meiner Sicht keine Notwendigkeit für einen Nachtragshaushalt.

Es wird von uns auch keine Vorschläge dazu geben, Ansätze, ob investiv oder beim Personal, zu kürzen oder Mittel zu sperren. Hierfür sehe ich im Moment keinen Grund.