Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

Außerdem wird eine Bestimmung zum freiwilligen Rücktritt eines Ministers oder einer Ministerin eingeführt, wie es sie in Artikel 71 Abs. 1 unserer Landesverfassung bereits seit Jahren gibt, allerdings ohne die jetzt in Anlehnung an die Regelungen in anderen Ländern vorgesehene ergänzende Verfahrensregelung. Das war einfach notwendig.

Ferner wird eine Regelung zur Gewährung eines Zuschusses zur gesetzlichen Krankenversicherung anstelle von Beihilfe vorgesehen. Auch hierbei handelt es sich um Regelungen, die in Ministergesetzen anderer Bundesländer enthalten sind, weil nicht jede Ministerin und nicht jeder Minister Beihilfe in Anspruch nimmt, sondern gerne auch sein normales Versicherungsverhältnis fortsetzen möchte. Wenn Beihilfe in Anspruch genommen wird, gilt natürlich schon heute auch für Minister die Kostendämpfungspauschale.

Gestrichen wird die inzwischen entbehrliche Bestimmung zur Gewährung von Entschädigungen für doppelte Haushaltsführung sowie zur Amtswohnung. Das ist einfach obsolet geworden.

Schließlich wird angelehnt an die Regelungen in Bayern, Berlin und Brandenburg eine klarstellende Regelung zur Vermeidung von Interessenkollisionen eingefügt. Das war bisher schon Praxis, aber nicht ausdrücklich geregelt.

Für eine weitergehende Regelung, etwa für nachwirkende Karenzzeiten, sollte unseres Erachtens die weitere Entwicklung auf Bundesebene abgewartet werden. In den letzten 25 Jahren hat es bei uns allenfalls einen Fall gegeben, bei dem man an so etwas hätte denken können. Dagegen hat sich nicht selten gezeigt, dass es für ehemalige Landesminister längst nicht so selbstverständlich ist, beruflich wieder Fuß zu fassen, wie für Bundesminister. Wir haben jedenfalls keinen Zugriff auf Botschaften oder Generalkonsulate.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU und bei der SPD - Frau Dr. Klein, DIE LIN- KE: Das muss ja auch nicht sein!)

Im Übrigen zeigt die aktuelle Diskussion, zuletzt in einer intensiven Debatte im Bundestag im vergangenen Monat - das bemerke ich zugleich zu dem Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -: Wenn es eine gesetzliche Regelung geben soll, dann müsste sie für die gesamte Vielfalt möglicher Fallgestaltungen die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit wahren und für jede Fallgestaltung eine verfassungsrechtlich belastbare Antwort haben. Das ist extrem schwierig, wie auch die Beratungen im Bundestag zeigen, deren Ergebnis wir abwarten sollten.

Mit der Entscheidung, derzeit keine Karenzzeiten vorzusehen, steht Sachsen-Anhalt im Übrigen nicht allein. Auch die Landesregierung, in der die GRÜNEN den Ministerpräsidenten stellen, also die Landesregierung in Baden-Württemberg, hat bei einer kürzlich erfolgten Novellierung des Ministergesetzes keine Karenzreglung für Ministerinnen und Minister vorgeschlagen. Gleiches gilt für Brandenburg, wo die LINKE an der Regierung beteiligt ist. Das ist also keine parteipolitische Frage, will ich damit sagen, sondern eine ausgesprochen schwierige Sachfrage.

Die im Änderungsantrag der GRÜNEN vorgeschlagene Regelung kann ich dem Landtag jedenfalls nicht empfehlen. Schon bei erster Durchsicht zeigt sich, dass sie verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt. Nur beispielhaft greife ich zwei Punkte heraus.

Der Zeitraum von mindestens drei Monaten lässt keine klare Karenzzeit erkennen. Der Begriff der Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses ist viel zu unkonkret und öffnet zum Beispiel nach

einem Regierungswechsel - es soll ja die jeweils nächste Regierung über die vorherigen Minister entscheiden - der Willkür Tür und Tor und wird zu nicht enden wollenden Streitigkeiten führen. Das sollten wir uns ersparen.

Insgesamt stellt der Gesetzentwurf meines Erachtens eine moderne, transparente, aber auch eine dem Amt angemessene Altersversorgung sicher, die auch im Vergleich mit jener, die für kommunale Wahlbeamte oder politische Beamte gilt, weit davon entfernt ist, eine Überversorgung zu sein.

Weitere Einzelheiten können wir gern im Ausschuss in bewährter sachlicher Atmosphäre beraten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Frau Dr. Paschke würde Sie gern etwas fragen.

Herr Staatsminister, Sie brachten als Begründung für das Gültigwerden dieser Regelung nach 2016 an, dass es um den Vertrauensschutz geht. Stimmen Sie mit mir überein, dass der Vertrauensschutz dann auch für Beamte und Beschäftigte als Begründung gelten müsste, dass man also nicht einfach das Weihnachtsgeld kürzt, dass man nicht einfach Beförderungen nicht vornimmt usw.? - Das wäre auch eine Frage des Vertrauensschutzes. Oder sehen Sie da Unterschiede zwischen politischen Beamten und den Beschäftigten?

Der wesentliche Unterschied ist der, verehrte Frau Dr. Paschke, dass die Altersversorgung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eigentumsähnlichen Charakter hat, eben zum erworbenen Besitzstand des jeweiligen Inhabers dieser Ansprüche auf Altersversorgung - das gilt für Renten im Übrigen ganz genauso - gehört, während - jedenfalls nach der gefestigten Rechtsprechung der Verwaltungs- und Verfassungsgerichtsbarkeit - das Alimentationsprinzip Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld eben nicht in diesen verfassungsrechtlichen Rang gehoben hat. Das lässt sich in den Entscheidungen des Verfassungsgerichts nachlesen. Insofern gibt es da schon einen Unterschied, der nichts mit dem Status der Person zu tun hat, um die es geht, sondern ausschließlich mit dem Charakter der Leistung, um die es geht.

Vielen Dank. - Es wurde eine Fünfminutendebatte vereinbart. Herr Henke, der für die Fraktion DIE

LINKE spricht, eröffnet sie jetzt. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg: Der Gesetzentwurf ist ein vernünftiger, wenn auch ein zögerlicher Schritt. Schon vor mehr als zwei Jahren kündigte der Ministerpräsident eine Prüfung der bestehenden Regelungen an, allerdings nicht aus eigenem Entschluss, sondern eher getrieben durch die Kritik von Verfassungsrechtlern.

Während diese akademische Kritik für ihn wohl noch erträglich war, gelangte diese dann jedoch an die Medien, und von dorther ergaben sich Fragen. Denn Pensionsansprüche sind hierzulande komfortabel ausgestattet. Diese Üppigkeit ergibt sich für unsere Fraktion allerdings nicht aus dem Vergleich zu anderen und wohlhabenderen Bundesländern, sondern angesichts der Kürzungspolitik dieser Landesregierung bei kulturellen und sozialen Leistungen einerseits und dem als landestypisch anzusehenden Niedriglohn bei vielen Einkommensbeziehern andererseits stand der Ministerpräsident tatsächlich unter Zugzwang.

Ein Zahlenvergleich zeigt: Das monatliche Haushaltsnettoeinkommen liegt in Sachsen-Anhalt rund ein Viertel unter dem bundesdeutschen Durchschnitt. Vielen Landeskindern mag daher die in der Überschrift zu der Pressemitteilung der Staatskanzlei gewählte Formulierung wie Hohn klingen; denn sogenannte Einschnitte erleben Erna und Otto Normalverbraucher mit anderer Dramatik.

Nun soll nicht verschwiegen werden, dass die Aufgaben eines Kabinettsmitglieds nicht in 40 Wochenarbeitsstunden zu erledigen sind und dass jene auch keinen gesetzlichen Kündigungsschutz genießen. Bemerkenswert ist für uns Abgeordnete - das sage ich nicht ohne eine Spur von Neid - die sachliche Reflexion dieses Kabinettsbeschlusses in den Medien. Tenor: gute Landesregierung, böser Landtag. - Hoffentlich haben das die Koalitionsfraktionen auch erfasst; denn die Parlamentsreform sollte sich auch unter Zugzwang stehend empfinden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Da sollten wir aber in Sachsen-Anhalt eine Stelle besser regeln; denn eine Reform soll nicht erst für künftige Akteure gelten. Ohnehin, Herr Minister, finde ich das ein wenig unfair. Wir als Opposition und künftige Landesregierung sind dann benachteiligt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Nochmals zum Wort „Einschnitte“: Auch nach der nun vorgeschlagenen Novelle werden künftige Kabinettsmitglieder nicht verhungern müssen. Im

Vergleich zur Lage der Wählerinnen und Wähler - auch diese Worte sind mit Bedacht gewählt - wird es ehemaligen Ministern auch künftig finanziell nicht schlecht gehen.

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Das bezieht sich ausdrücklich auch auf die Altersregelungen für Pensionsansprüche. Denn die aktuelle Korrektur ist fast provokant für die Lebenswirklichkeit der meisten hier im Lande.

Darum einmal Gegenvorschläge: Warum erfolgt keine Anhebung des Eintrittsalters analog zu den gesetzlichen Rentenregelungen? Oder warum sollte es keine beitragsfinanzierte Ministerrente geben? Ein Pensionsfonds ist für uns bekanntlich keine Lösung. Schrägstrich: Das sollte auch für Abgeordnete gelten.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vor allem aber vermisst DIE LINKE in der Regierungspressemitteilung Hinweise auf Maßnahmen zur Verbesserung der Lage im Lande, mithin eine Verringerung der Distanz zwischen der Altersversorgung der Regierung und der Altersversorgung der Regierten - nicht ein wenig von oben nach unten, sondern vielmehr mehr von unten nach oben durch Verbesserung der Einkommenssituation aller. Vorschläge von uns gibt es dafür genug.

Ergebnis: Es gibt tatsächlich Beratungsbedarf. Wir werden einer Überweisung dieses Gesetzentwurfs zustimmen. Im Gegensatz zum Chef der Staatskanzlei sehen wir auch im Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine zeitgemäße und sinnvolle Ergänzung zu diesem Entwurf.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die SPD spricht jetzt Frau Grimm-Benne. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Im Namen der SPD-Landtagsfraktion beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfs und ebenso die Überweisung des Änderungsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Ausschuss für Finanzen.

Da Herr Staatsminister Robra sehr ausführlich die Änderungen des Ministergesetzes begründet hat und sich diese im Wesentlichen - was er auch schon gesagt hat - an den vorgeschlagenen Regelungen im Brandenburger Ministergesetz orientieren, verzichte ich auf weitere Ausführungen zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Striegel. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt, dass die Landesregierung mit dem Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Ministergesetzes Anpassungen bei der Versorgung der obersten Diener des Landes ermöglichen will.

Es ist systematisch zielführend, die Versorgungssituation von Ministerinnen und Ministern an diejenige der Landesbeamten heranzuführen. Entsprechend sind Altersgrenzen für den Bezugsbeginn des Ruhegehalts anzuheben und der Ruhegehaltssatz ist zu kürzen. Ob nicht auch mit Blick auf das Übergangsgeld Anpassungen notwendig sind - die Anwartschaft hierauf wird relativ schnell begründet -, wollen wir im Detail in den Ausschüssen besprechen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt auch, dass Ministerinnen und Minister zukünftig nicht mehr in die private Krankenversicherung und damit aus dem solidarischen System der gesetzlichen Krankenversicherung gezwungen werden. Unser Anspruch ist eine Bürgerversicherung für alle Versicherten, auch für Minister. Niemand soll sich auf Kosten der Allgemeinheit entziehen können. Da geht der zukünftig mögliche Zuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung anstatt der Gewährung von Beihilfe in die richtige Richtung.

Spannend ist, dass die Regierung mit ihrem Gesetzentwurf erstmals anerkennt, dass es Interessenkollisionen zwischen dem Ministeramt und zum Beispiel früheren Tätigkeiten geben kann. Die Regelung des neuen § 8 greift jedoch zu kurz, weil sie solche Interessenkollisionen nur für die Amtszeit selbst annimmt und hierfür ein Mitwirkungsverbot ausspricht.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen es als notwendig an, auch den Zeitraum nach Aufgabe eines Ministeramtes in den Blick zu nehmen. In den vergangenen Monaten sind die Karriereplanungen der CDU-Politiker Eckart von Klaeden und Ronald Pofalla Gegenstand breiter öffentlicher Debatten und sehr verständlicher Empörung gewesen. Beider Verhalten hat die Diskussion um eine notwendige Auszeit für Politiker befeuert, wenn diese einen Job annehmen wollen, der in unmittelbarer Verbindung zu ihrer bisherigen Tätigkeit als Minister steht und außerdem eine Interessenkollision zu befürchten ist.

Meine Fraktion hat mit Blick auf entsprechende Fälle einen Änderungsantrag zum Gesetz einge

bracht. Wir sehen darin eine flexible Karenzzeit vor, deren Dauer sich grundsätzlich nach dem Bezugszeitraum des Übergangsgeldes bestimmt und damit längstens zwei Jahre beträgt. Für diesen Zeitraum - und nur für diesen Zeitraum - sind etwaige Beschäftigungen gegenüber der Landesregierung anzugeben. Soweit Interessenkollisionen bestehen, entscheidet das Kabinett über ein Verbot.

Die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will, dass der Austausch zwischen der Politik, der Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen stattfindet und verstärkt wird. Die Berufspolitik darf und soll ein Lebensabschnitt sein. Er muss nicht vom Berufsabschluss bis zum Ruhestand gehen.

Wer als Politiker aus seiner Position als Minister heraus eine Anschlusstätigkeit in der Wirtschaft aufnimmt, bei der es zu Interessenkollisionen kommen kann, den wollen wir dekontaminieren. Er oder sie muss also für längstens zwei Jahre mit einer verhältnismäßigen Einschränkung seiner Berufsfreiheit leben. Das ist angemessen. Das ist ein wichtiges Signal der politischen Hygiene und das bewegt sich im Rahmen der Verfassung.

(Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Die Bürgerinnen und Bürger, meine Damen und Herren, haben kein Verständnis dafür, wenn CDU und SPD Politiker auf Versorgungsposten bei Staatsunternehmen abschieben oder wenn berufliches Wissen anschließend in der Beratung von Unternehmen gleichsam vergoldet wird.

(Herr Felke, SPD: Oh!)