Sie werden nur noch als Wirtschaftsgut und nicht als fühlende Mitgeschöpfe wahrgenommen. Massenhaftes Leid ist die logische Folge.
Diese Entwicklung ist sicher von vielen Tierhaltern selbst gar nicht gewollt. Sie handeln so, weil sie unter einem unglaublichen Preisdruck stehen, der sie zwingt, ihre Tierbestände immer weiter zu vergrößern. Mehr Fleisch auf dem Markt heißt auch wieder, dass es billiger wird. Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden.
2 000 Zuchtsauen pro Anlage - Vorschlag vom Bauernbund. Bei Neuland sind es 950 Mastschweineplätze und 200 Zuchtsauen und der Agrarminister von Mecklenburg-Vorpommern schlägt 500 Zuchtsauen vor. Allein diese Zahlen zeigen ein breites Spektrum an Vorschlägen.
Die Diskussion über die richtigen Zahlen muss sorgfältig geführt werden, um am Ende ein tragfähiges Ergebnis zu haben,
mit dem erstens gute Haltungsbedingungen realisiert werden, mit dem zweitens die Zumutbarkeit für die ländlichen Räume berücksichtigt wird, damit drittens die Bevölkerung diese Tierhaltungsanlagen akzeptiert und damit viertens die Landwirtinnen und Landwirte auskömmliche und gute Preise erzielen.
Das Wohl der Tiere wird natürlich maßgeblich von den Haltungsbedingungen bestimmt. Wenn sich diese verbessern, dann können die Tierbestände auch nicht unendlich groß werden, weil jeder Betrieb nur bestimmte Möglichkeiten hat.
Ein striktes Verbot des Abschneidens von Körperteilen und Vorgaben wie mehr Platz im Stall, Einstreu, Auslauf, das Weidegebot und eine ausreichende Beschäftigung wird die Anzahl der Tierplätze ganz automatisch begrenzen.
Die Qualität der Tierhaltung bestimmt die Quantität und umgekehrt. Deshalb ist es wenig sinnvoll, sich mit dem Begriff Massentierhaltung einseitig auf die Zahl der Tiere zu kaprizieren. Ebenso wenig ist es sinnvoll, sich hinter der Aussage zu verstecken: Mir hat noch niemand erklären können, was eigentlich Massentierhaltung ist. - So kann man das Problem mit Tieren in Massen nicht lösen.
Auch Professor Isermeyer vom Thünen-Institut warnt, das Reizthema Massentierhaltung auszublenden. Die Deutungsfrage in der Nutztierhaltung ließe sich nicht zurückerobern, indem man der Bevölkerung erkläre, sie solle die Thematik den Experten überlassen und im Übrigen sei ihre Kritik an der Massentierhaltung abwegig.
Damit niemand mehr aus diesem Kreis jemals wieder sagen kann, sie oder er wisse nicht, was Massentierhaltung ist, erkläre ich es noch einmal.
(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE - Oh! bei der CDU - Frau Feußner, CDU: Ja! - Herr Kurze, CDU: Ach nein!)
Bei der industriellen Tierhaltung, von vielen als Massentierhaltung bezeichnet, ist nicht nur die Anzahl der Tiere von Belang, sondern vor allem wie sie gehalten werden. In diesen Anlagen ist die Haltung durch Enge, Einschränkung der Mobilität und Monotonie gekennzeichnet. Aggressivem Verhalten wie Federpicken und Schwanzbeißen wird durch das Abschneiden von Schnäbeln und Schwänzen begegnet. Aber nicht nur das Tierwohl und der Tierschutz spielen eine Rolle, sondern auch Umwelt- und Gesundheitsaspekte, unter anderem Luftschadstoffe, Geruch, Lärm, multiresistente Keime und Stickstoffeinträge in den Boden durch Ammoniakemissionen und Gülle.
Will man die Einstufung großer Anlagen vornehmen, dann eignen sich zur Orientierung die Schwellenwerte nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz;
denn der Gesetzgeber hat definiert, dass bei Tierhaltungsanlagen oberhalb der Schwellenwerte regelmäßig nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Das sind zum Beispiel 1 500 Mastschweine, 15 000 Legehennen und 30 000 Masthähnchen.
Wir schlagen in unserem Antrag vor, dass alle Anlagen, die diese Schwellenwerte überschreiten und demzufolge nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig sind, nicht mehr privilegiert im Außenbereich gebaut werden dürfen. Wir wollen, dass die Gemeinden das bestimmen. Wir wollen mehr Mitbestimmung der Gemeinden durch die Ausweitung der kommunalen Planungshoheit.
§ 35 des Baugesetzbuches müsste so geändert werden, dass eine Gemeinde den Bau einer großen landwirtschaftlichen Anlage verweigern könnte, wenn sie keinen entsprechenden Bebauungs
(Beifall bei den GRÜNEN - Frau Feußner, CDU: Das ist schon so! - Herr Schröder, CDU: Bundes-Baugesetzbuch! - Frau Feuß- ner, CDU: Das ist schon lange so! - Frau Weiß, CDU: Das können Sie doch jetzt schon machen!)
Es ist sinnvoll, die großen landwirtschaftlichen Anlagen und die großen gewerblichen Anlagen im Baugesetzbuch gleichzustellen, da ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt im Wesentlichen gleich sind.
Mit der vorgeschlagenen Gleichbehandlung könnte sich auch ein Betrieb keinen Vorteil mehr dadurch verschaffen, dass er womöglich ausschließlich für die Genehmigung zum privilegierten Bauen im Außenbereich ausreichend Fläche zur Futtererzeugung pachtet. Das ist der Unterschied. Im Baugesetzbuch wird derzeit zwischen gewerblichen und landwirtlichen Anlagen unterschieden.
Wir sagen: Alle Anlagen, die diese Schwellenwerte überschreiten, sollen von der Gemeinde mitbestimmt werden können. Das ist heute nicht der Fall. Das heißt, eine Gemeinde könnte prinzipiell auch eine große landwirtschaftliche Anlage verhindern, indem sie sich einem Bebauungsplan verweigert.
Uns ist auch wichtig, dass die eigene Futtergrundlage vom landwirtschaftlichen Betrieb auch tatsächlich und überwiegend auf seinen eigenen landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt wird und nicht nur erzeugt werden kann. Das Baugesetz sieht bisher nur die Möglichkeit vor, die Futtergrundlage auf eigenen landwirtschaftlich genutzten Flächen anzubauen. Dies soll auch tatsächlich so umgesetzt werden.
Mit dem tatsächlichen Futteranbau schaffen wir auch eine flächengebundene Tierhaltung mit vielen Vorteilen, beispielsweise geringe Bestandsgrößen und Viehdichten in der Region, regionale Wertschöpfung, ökologisch sinnvolle Kreislaufwirtschaft, Diversifizierung im Anbau, Beitrag zum Grünlanderhalt, weniger Transporte, keine zusätzliche Regenwaldabholzung für den Sojaanbau.
Nicht zuletzt spielt hierbei der internationale Aspekt, nämlich die Bekämpfung von Hunger und Armut in den Ländern des globalen Südens, eine Rolle, weil wir die Flächen dann nicht mehr für unsere Tiere nutzen, sondern die Flächen zur Versorgung der lokalen Bevölkerung zur Verfügung stehen.
Die Viehdichte muss auch an die Fläche einer Gemeinde angepasst werden, um ökologische Probleme, wie hohe Ammoniakemissionen und hohe Nitrateinträge durch Gülle, zu vermeiden.
Auch wenn die Viehdichte in unserem Bundesland mit 0,4 Großvieheinheiten pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche niedrig ist und wir in kaum einer Gemeinde mehr als zwei Großvieheinheiten pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche haben, kommen wir diesem Wert doch in einigen Gemeinden recht nah. So zum Beispiel in den Gemeinden Genthin, nämlich durch die Straathof-Anlage, in Burgstall und in Braunsbedra, weil es dort neben den Agrargenossenschaften und weiteren Tierhaltungsanlagen die großen Anlagen mit 50 000 bis 65 000 Tieren gibt.
Wir brauchen bundesweit und damit auch für Sachsen-Anhalt die Möglichkeit für die Gemeinden, dass sie die Viehdichte auf ihrem Gemeindegebiet auf zwei Großvieheinheiten pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche begrenzen können.
Wir müssen vorbeugen, damit es den Menschen bei uns in Sachsen-Anhalt nicht irgendwann genauso geht wie vielen in Gemeinden in Niedersachsen schon heute. In Niedersachsen ist es so, dass in 78 Gemeinden ein weitaus höherer Wert als zwei Großvieheinheiten pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche zu verzeichnen ist. Die überdurchschnittlich hohe Tierkonzentration dort stellen Mensch, Tier und Umwelt vor bedrohliche Herausforderungen. Dazu muss es in Sachsen-Anhalt erst gar nicht kommen. Wir müssen also Weitsicht beweisen.
Die Begrenzung der Tierbesatzdichte in den Gemeinden ist ein Baustein, um die schlimmsten Auswüchse und Probleme der industriellen Tierhaltung à la Vechta und Cloppenburg zu vermeiden.
Nach den beschriebenen Anforderungen muss sich auch die Förderpolitik des Landes richten. Deshalb müssen sie Grundlage für die Investitionsförderung für Stallbauten nach dem Agrarinvestitionsförderprogramm des Landes sein. Nach dem derzeitigen Entwurf der Richtlinie können immer noch Ställe mit Tierplätzen bis zu 260 000 Masthähnchen, 8 000 Mastschweinen, 1 700 Sauen und 700 Kühen förderfähig sein.