Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

Vielen Dank, Herr Kollege Hoffmann. - Der Kollege Scheurell gehört nach wie vor zur CDU-Fraktion und für diese ergreift er jetzt das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Meine sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute zum Feierabend noch einmal ein richtiges Highlight. Alle, die wir hier sitzen, ganz gleich wie wir nachher abstimmen werden, sind für die Bahn und sind für den Schienenpersonennahverkehr und wollen diesen auch erhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz vor Weihnachten legte die Fraktion DIE LINKE zwei Anträge vor. Beide Anträge waren keine Überraschung für diejenigen - -

(Unruhe)

Herr Kollege. - Ich würde herzlich darum bitten, das Ruhegebot für links und rechts, für oben und unten einzuhalten. Bitte etwas ruhiger.

Sehr geehrter Herr Präsident, wo ordnen Sie uns denn dabei ein?

(Heiterkeit)

Rechts kenne ich hier doch gar nicht. Wir kuscheln uns doch alle in der Mitte.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Wir nicht!)

- Nein, sehr geehrter Herr Gallert, Ihnen gestehe ich das zu: Sie sind links - und für mich viel zu weit links.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das mag so sein!)

- Viel zu weit links. Wer die Geschichte der Bevölkerung hier in Mitteldeutschland kennt, der wird verstehen, dass Ihre Partei für viele, viele Menschen niemals im Leben wählbar sein wird, egal was Sie sagen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe vor 25 Jahren auf dem Wittenberger Marktplatz gestanden, vor der SED-Kreisleitung - Uwe Loos wird das bestätigen können -, ich habe die Demos in Wittenberg organisiert. Und da stand auf meinen Plakaten: Wir vergessen die Vergan

genheit nicht! Glauben Sie es mir: Ich vergesse sie nicht, weder die Zeit der NVA noch die Zeit der Diskriminierung, um einen Studienplatz zu bekommen.

(Zurufe von der LINKEN)

Also ich vergesse nichts.

(Beifall bei der CDU)

Aber das soll nicht so weit gehen, dass Linke heute erneut diskriminiert werden. Ich diskriminiere Linke nicht.

(Heiterkeit bei der CDU - Zurufe von der LINKEN)

Und nun kehren wir wieder zur Bahn zurück.

Jetzt kommen wir zur Wipperliese, Entschuldigung.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ach, das ist nicht mehr nötig! - Zuruf: Und zur Heidebahn!)

- Und zur Heidebahn. - Beide Anträge waren keine Überraschung für diejenigen, die die Fraktion DIE LINKE kennen. Was war passiert? - Die Nahverkehrsgesellschaft des Landes Sachsen-Anhalt hatte vorgeschlagen, zum Ende des Jahres 2014 zwei Linien wegen zu geringer Nachfrage abzubestellen. Im April 2015 soll dann eine dritte Linie hinzukommen. Diese drei Linien sind Ihnen allen hinreichend bekannt.

(Zuruf von Herrn Weihrich, GRÜNE)

Das zuständige Ministerium hat sich der fachlichen Bewertung unserer Nasa GmbH angeschlossen und die Abbestellung vollzogen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ach so!)

Anträge der Fraktion DIE LINKE im Landtag, genau diese Abstellung nicht zu vollziehen und nicht vorzunehmen, waren für uns nur eine Frage der Zeit. Während bei der Relation Merseburg - Schafstädt im Landtag weitgehend Einvernehmen dazu bestand, diese aufgrund geringer Nachfrage abzubestellen - diese wird übrigens stärker nachgefragt als die Relation Kloster Mansfeld - Wippra -, konzentrierte sich die Kritik der Fraktion DIE LINKE auf die Relationen Lutherstadt Wittenberg - Bad Schmiedeberg und Kloster Mansfeld - Wippra.

Um es vorweg zu sagen: Sachsen-Anhalt hat seit 1994 auch im Ländervergleich eine erhebliche Anpassungsleistung im Schienenpersonennahverkehr erbracht. Weit mehr als 40 stillgelegte Strecken und rund 700 stillgelegte Streckenkilometer allein bei den Bahnen des Bundes sprechen eine sehr deutliche Sprache.

(Zuruf von Herrn Dr. Köck, DIE LINKE)

Niemandem hier im Haus fallen gerade deswegen weitere Abbestellungen leicht. Mich persönlich schmerzt die Abbestellung der Heidebahn sehr, das können Sie mir glauben. Meiner Kollegin Rotzsch geht es bei der Strecke Merseburg - Schafstädt nicht anders.

Deswegen sage ich für meine Fraktion auch ganz klar: Der Schienenpersonennahverkehr darf, Frau Budde, am Ende nicht zum finanziellen Prellbock werden, wenn das Land Sachsen-Anhalt glaubt, soziale Leistungen immer weiter ausbauen zu müssen.

Aber Politik darf sich eben nicht nur am Wünschenswerten orientieren. Auch das tatsächlich Machbare, Herr Gallert, sehr geehrter Herr Fraktionsführer - -

(Frau Tiedge, DIE LINKE: Vorsitzender!)

- Vorsitzender. Sie haben es ja nicht so mit dem Führen.

(Frau Tiedge, DIE LINKE: Nein! - Herr Gal- lert, DIE LINKE: Das Thema hatten wir! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Auch das tatsächlich Machbare muss eine Rolle spielen. Denn nicht alles, was manch einer für politisch wünschenswert hält, ist auch dauerhaft finanzierbar. Vor diesem Hintergrund waren Ihre Anträge einmal mehr bezeichnend. Ihre Anträge lauten: Zwei bis drei Jahre weiter so! Finanzierungsvorschlag - Fehlanzeige. Sie haben nicht gesagt, wo sie sparen wollen, um mit 3,5 Millionen € - jeweils 1,75 Millionen € in den Jahren 2015 und 2016 - für zwei weitere Jahre die Wipperliese und mit 1,5 Millionen € für drei weitere Jahre die Heidebahn zu finanzieren.

(Herr Grünert, DIE LINKE: Freihändig ver- geben!)

- Ach, hört doch auf! Freihändig vergeben.

(Zuruf von den LINKEN: Ja!)

- Ja, weil es ein Pilotprojekt war, ist das so passiert. Da hätte auch der Landrat aus Wittenberg initiativ werden können und sich beteiligen können. Da ist nichts passiert in all den Jahren. Karl-Heinz Daehre hat das Pilotprojekt angeschoben, um eine Brücke zu bauen, damit diese Heidebahn weiterhin Bestand haben kann. Als dann das Feuer in der Hütte brannte, kam der Landkreis und hat gesagt: 50 000 € ist das Angebot des Landkreises.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU - Zuruf von den LINKEN)

- Das war so. Hören Sie doch auf! Dann machen Sie sich damit wirklich vertraut und dann können Sie hier erzählen und debattieren - mit mir an der Stelle nicht.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Sie haben auch nicht gesagt, ab wann aus Ihrer Sicht die Eisenbahn gegenüber dem Bus wirtschaftlicher betrieben werden kann. Das schulden Sie uns. Das schulden Sie uns auch in den heute gerade noch vorgelegten Anträgen.

Als Koalition sind wir an dieser Stelle ganz klar: Die Eisenbahn wird gegenüber dem Bus wirtschaftlicher, wenn die Nachfrage mindestens 300 bis 500 Reisendenkilometer je Kilometer Betriebslänge übersteigt. Sie verweisen gern auf die reine Zahl der Reisenden, aber entscheidend für eine Strecke ist ihre durchschnittliche Auslastung im Verhältnis zur Streckenlänge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Eisenbahn ist ein Massenverkehrsmittel. Dort, wo sie nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann, muss der Regelbetrieb durch intelligente Busersatzkonzepte organisiert werden. Ein Bahnbetrieb kann, wenn es denn vor Ort gewünscht ist, im Gelegenheitsverkehr aufrechterhalten werden.

Genau dieser Weg wird jetzt beschritten. Der Verkehrsausschuss empfiehlt dem Landtag, den Betrieb der Regionalbahn Wipperliese vorerst bis 2016 im touristischen Gelegenheitsverkehr mit fachlicher und finanzieller Unterstützung des Landes zu ermöglichen. Der Landkreis ist in der Pflicht, hierzu mithilfe der Nahverkehrsgesellschaft bis zum 30. April 2015 ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten. Dabei sind alle Beteiligten auf einem guten Weg.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Allein für das Busersatzkonzept der Wipperliese sind Mittel in Höhe von 368 000 € vom Land bereitgestellt worden. Hinzu kommt noch die Einrichtung der Haltestellen. Es kann doch niemand sagen, dass die Menschen vor Ort nicht mitgenommen werden, dass sie abgehängt werden und dass keiner ein Interesse daran hat, den ländlichen Raum weiter am Netz zu halten. Das ist doch hier die Aufgabe.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)