Man kann auch als Autofreund auf den Gedanken kommen, dass es total sinnvoll ist, schwächere Verkehrsteilnehmer zu schützen.
Das ist aus drei Gründen total sinnvoll: Erstens. Schuhe, Fahrräder, Rollstühle und Rollatoren haben eines gemeinsam: Sie haben keine
Knautschzone. Und ja, da machen auch Leute Fehler und sind manchmal rücksichtslos. Aber wenn Fußgänger und Radfahrer einen Fehler machen, gefährden sie vor allem sich selbst. Wenn Autofahrer einen Fehler machen, gefährden sie vor allem andere. Das ist auch reiner Selbstschutz.
Zweitens. Alle Autofahrerinnen und Autofahrer sind auch Fußgänger. Sie übrigens auch, bevor Sie ins Auto einsteigen und nachdem Sie aus dem Auto ausgestiegen sind.
Die schwächeren Verkehrsteilnehmer sind Familie von irgendjemandem, sind Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Tochter, Sohn, Onkel, Tante, Oma, Opa. Ich will, dass die, die morgens heil aus dem Haus gehen, auch abends heil wiederkommen. Deswegen müssen wir auf sie achtgeben und sie schützen.
Dass Ihnen als AfD das nicht wichtig ist, finde ich aus tiefstem Herzen verwerflich. Für uns ist das Leben von Kindern, Familien, Senioren auf der Straße wichtiger als der Schutz von Rasern, Dränglern und von notorischen Schnellfahrern.
Meine Damen und Herren von der AfD, das gilt besonders für Kinder und Jugendliche. Ja, die machen Fehler und das dürfen sie auch, weil sie jung sind.
Aber, meine Damen und Herren, die sollen doch nicht dafür sterben, dass sie auf der Straße Fehler machen. Dafür brauchen sie Schutz. Und das ist gut so.
Ist die Erhöhung der Strafen angemessen? Ja, das ist sie. Ich will zwei Beispiele nennen: Erstens. Parken auf Behindertenparkplätzen, Erhöhung von 30 auf 45 €; das spricht für sich. Kann man dagegen etwas haben? - Nein.
Zweitens. Zum Verstoß gegen den Abstand beim Überholen von Radfahrerinnen und Radfahrern will ich Ihnen eine Geschichte aus meinem eigenen täglichen Verkehrserleben erzählen: Im Moment bin ich persönlich bei gutem Wetter in Magdeburg überwiegend mit dem Rad unterwegs. Ich fahre zwar ausgesprochen gern Auto, lasse es aber immer öfter stehen, weil das gesünder, billiger und ökologischer ist. Ich fahre jeden Morgen, wenn ich in den Landtag fahre, in der Regel die Dodendorfer Straße herunter.
Da gibt es einen schönen Fahrradschutzstreifen. Da geht es auch bergab. Dann kommt man ganz entspannt irgendwann auf über 30 km/h. Irgendwann kommt dann ein Kreisverkehr bzw. kommen vor dem Technikmuseum zwei Übergänge über die Straße. Und da macht der Fahrradschutzstreifen Pause, weil es dort eng wird.
Sie glauben gar nicht, wie oft es einem passiert, wenn man mit 30 km/h fährt, dass dann trotzdem knapp davor noch ein Auto überholt. Da beträgt der Abstand zwischen Fahrradlenker und Auto nicht mehr 1,50 m oder auch nur 1 m, sondern er ist oft noch kleiner. Sie können selber einmal ausprobieren, was passiert, wenn Sie bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h über den Lenker gehen.
Da muss ich Ihnen sagen: 100 € und ein Punkt in Flensburg sind einfach noch viel zu wenig. Für denjenigen, der so das Leben von Menschen gefährdet, sind ein Punkt und 100 € echt noch zu wenig.
Was ich mir von der StVO-Novelle wünschen würde, ist übrigens Folgendes: 30 km/h vor jeder Schule, vor jeder Kita, vor jedem Altenheim, vor jedem Krankenhaus, und zwar ohne Ausnahme. Dafür sollte nicht etwa nur die Möglichkeit eröffnet werden, sondern dies sollte so festgelegt werden.
Der Kollege Sturm von der CDU hat das für sich zu Hause auch für eine Schule gefordert. Damit hat er total recht.
Was ich mir auch wünschen würde in der StVO, ist, dass die Kommunen die Möglichkeit hätten, verkehrsentschleunigte Bereiche festzulegen.
Kollege Meister kennt das aus Magdeburg. Im gesamten Stadtteil Ost ist 30er-Zone, außer in der Arndtstraße. Dafür gibt es keinen Grund, das macht keinen Sinn, ist völlig bescheuert, kann man aber trotzdem nicht beschließen und erst recht nicht der Stadtrat, weil es ein übertragener Wirkungskreis ist. Meine Damen und Herren, das gehört geändert.
Den Antrag werden wir überweisen. Ich könnte ihn heute auch ablehnen. So ist das in einer Koalition. - Vielen Dank.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Dr. Grube für seinen Redebeitrag. Für DIE LINKE spricht der Abg. Herr Henke. - Herr Henke, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Geehrte Damen und Herren! Ja, das Verkehrsaufkommen steigt, die Regelverstöße nehmen zu. Daher erarbeiteten die Fachleute im Bundesverkehrsministerium neue Regelungen, unter anderem zu Park- und Halteverstößen auf Geh- und Radwegen, sehr fahrradfreundlich, sehr fußgängerfreundlich. Ich stimme da meinem Vorredner zu.
Die Zunahme des Verkehrs konnte nicht durch neue Modelle, wie zum Beispiel Carsharing, vermindert werden. Die Stärkung der Verkehrssicherheit soll auch durch Vergrößerung von Abstandsflächen gegenüber Radfahrern erfolgen. Das ist ein zentrales Element. Herr Dr. Grube hat davon gesprochen.
Leider ist die Fläche im Straßenverkehr begrenzt und auch Pop-up-Radstreifen lösen dieses Problem nicht. Also sind die Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit auch über eine Bußgeldverschärfung notwendig und begründet.
Entgegen dem Text der Antragsbegründung der AfD geht es nicht um „Nachlässigkeiten“, sondern es geht um Rücksicht, Sicherheit, Abstand, Leben oder Tod.
Es ist schon eine Ironie, dass die Partei, die sonst nach Bestrafen, Wegsperren, Abschieben ruft, nun plötzlich die Position und die Sicht von Rechtsbrechern einnimmt und das auch noch als soziale Wohltat verkaufen will.
Sehr geehrte Damen und Herren, im Gegensatz zur AfD-Fraktion, die laut Antragsbegründung „in keiner Weise Erkenntnisse über tatsächliche Gefahrenlagen“ erkennen lassen will, formulieren die
„Zu schnell, zu laut, zu egoistisch und zu vorschriftswidrig. Im Straßenverkehr darf nicht das Recht der PS-stärkeren und Dreisteren gelten auf Kosten der Schwächeren. Wenn die Vernunft nicht ausreicht, müssen Gesetze unterstützen.“
Als weitere Bemerkung verweise ich auf die Überschrift im AfD-Antrag. Dort findet sich die Formulierung „Verkehrssicherheit stärken“. Mogel
packung, davon ist im Antragstext nicht die Rede, davon ist im Begründungstext nicht die Rede und im Debattenbeitrag war davon auch nicht die Rede.
Nur, wie Verkehrssicherheit gestärkt werden soll, werden wir vielleicht später noch hören; denn wenn es um etwas Substanzielles geht, werden die Fehlstellen bei der AfD offenkundig. Hier würden wirklich sozialpolitische Prinzipien deutlich werden.