Protokoll der Sitzung vom 09.07.2020

Krankenhauslandschaft. Bislang sind Sie nur in Erscheinung getreten, wenn es um Privatisierung ging. Das war im Burgenlandkreis so und das war auch im Fall von Ameos im Salzlandkreis so.

(Zuruf)

- Damals war er Wirtschaftsstaatssekretär, Herr Bommersbach. Das wissen Sie auch.

Gerade im Salzlandkreis können wir sehen, wohin Privatisierung führt: Kliniken wie Schönebeck werden personell entleert und damit an den Rand ihrer Existenzfähigkeit gebracht. Ein jahrelanger tarifloser Zustand soll die Beschäftigten zermürben und die Taschen der Anteilseigner füllen. Öffentliches Geld für Gesundheitsversorgung in private Taschen zulasten der Patienten und der Beschäftigten - das geht aus unserer Sicht gar nicht.

(Beifall)

Solchen Konzernen muss man das Geschäftsmodell verderben. Neueste Idee zur Umgehung des Tarifvertrags ist die Auslagerung der Beschäftigten in Beschäftigungsgesellschaften. Übrigens auch ein mögliches Modell zur Umgehung der Personaluntergrenzenverordnung. Denn die Istkosten, die das Ameos-Krankenhaus hat, sind ja dann die von der Beschäftigungsgesellschaft abgerechneten Entgelte, nicht das, was die Beschäftigten bekommen.

Schamlos zelebriert der Ameos-Konzern seine Gewinninteressen. Deshalb erwarten wir von der Landesregierung, dass sie alles unternimmt, um die Beschäftigten vor diesen Ausbeutern zu schützen.

(Beifall)

Wir wissen, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist ein stumpfes Schwert. Trotzdem: Schauen Sie dem Ameos-Konzern auf die Finger!

(Beifall)

Für DIE LINKE möchte ich noch einmal klarstellen: Unser Ziel bleibt es, die Kliniken des Ameos-Konzerns in öffentliches Eigentum zurückzuführen.

(Beifall)

Ein anderes Trauerspiel bietet sich in Havelberg. Der dortige Krankenhausbetreiber hat unter den Augen des Gesundheitsministeriums das Krankenhaus so entleert, dass jedem, der neoliberaler Sachzwanglogik folgt, die Schließung unabdingbar erscheint.

Vor den Augen der Landesregierung hat er dieses Krankenhaus heruntergewirtschaftet, Personal in andere Häuser, an andere, lukrative Standorte transferiert und jedes Jahr die Investitionsmittel des Landes genommen. Wo sind denn die Gelder

des Landes in den letzten Jahren hin, Frau Ministerin? Haben Sie da einen Überblick?

Für dieses Jahr haben Sie dem Träger ja auch schon die Investitionsmittel ausgezahlt. Investiert er die? Haben Sie gesehen, was er macht? - Vor den Augen der Landesregierung wurde das Krankenhaus kaputtgemacht, ja sogar mit Wissen der Landesregierung. Oder wie soll man die Auflage im Bescheid zum Neubau des Bettenhauses verstehen, dass dieses auch als Pflegeeinrichtung genutzt werden kann?

Mit der drohenden Schließung ist die weitere Versorgung der Bevölkerung in diesem Gebiet fraglich. Das wissen die Menschen vor Ort. Sie setzen sich für ihr Krankenhaus ein, sie gehen für die Zukunft ihrer Region auf die Straße. Und was ist die Antwort der Landesregierung? - Schweigen.

Havelberg steht in Ihrem Krankenhausplan, liebe Landesregierung. Sie haben mit der Planung das Versprechen abgegeben, am Standort Havelberg ein Krankenhaus zu erhalten. Stehen Sie zu diesem Versprechen und finden Sie jetzt eine Lösung mit dem Landkreis! Versetzen Sie ihn in die Lage, das Krankenhaus zu übernehmen. Unterstützen Sie ihn bei dessen Umstrukturierung, zum Beispiel mit der Salus gGmbH, und helfen Sie, die Anfangsverluste zu decken.

(Beifall)

Wir erwarten, dass Havelberg bestehen bleibt und dass es als öffentliches Krankenhaus eine Zukunft hat.

Ohne Zweifel, das System der Krankenhausfinanzierung mit seinen Fallpauschalen und Basiswerten ist eine der wesentlichen Ursachen für die Fehlentwicklung. Es setzt falsche Anreize bei der Arbeit mit kranken Menschen: Mengenausweitung bei ertragreichen Behandlungen auf der einen Seite und der Versuch, Behandlungen, die nicht gewinnbringend sind, abzuschieben, auf der anderen Seite sind Folgen des Systems. Es führt nachweislich nicht zu einer bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung, sondern zu einer Kommerzialisierung des Gesundheitswesens.

Das von SPD und GRÜNEN eingeführte DRGSystem hat Gesundheit zur Ware gemacht, was die Privatisierungswellen der vergangenen Jahre belegen. Kommunen, die von ihrer Landesregierung kurzgehalten werden, sind gezwungen, ihre Krankenhäuser an Konzerne zu verkaufen.

Gesundheit aber ist keine Ware. Krankenhäuser müssen nicht rentabel oder wirtschaftlich sein.

(Beifall)

Private Konzerne haben im Gesundheitswesen nichts, aber auch gar nichts zu suchen.

(Beifall)

Im Ergebnis führt das System zu einer Konzentration, einer Überversorgung in lukrativen Ballungszentren und zu einer Unterversorgung im ländlichen Raum. Und es führt zu einer Fehlversorgung zugunsten teurer Operationen und zulasten der Kinder- und Jugendmedizin sowie der Geburtshilfe.

Ärzte werden gut bezahlt in große Kliniken gelockt. Das ist unter anderem der Grund, weshalb kein Kinderarzt den Weg nach Gardelegen oder Bitterfeld findet.

Um die notwendige Struktur aufrechtzuerhalten, werden Kommunen zur Kasse gebeten. Der Burgenlandkreis - Herr Erben sagte es schon - muss zahlen für die Geburtshilfe. Das aber kann kein Weg sein.

Wir müssen an die Ursachen heran. Das sind die Fehlanreize der Fallpauschalen.

(Beifall)

Möglicherweise müssen wir für eine Übergangszeit den Preis für eine sichere Versorgung zahlen. Das wird umso teurer, je länger Sie an dem Fallpauschalensystem festhalten.

Zum einen muss die Krankenhausplanung sicherstellen, dass kein Krankenhausträger Rosinenpickerei betreiben kann, und zum anderen müssen Geburtshilfe, Kindermedizin und Pflege in der Fläche vom System der Krankenkassen und nicht von den Kommunen bezahlt werden.

(Beifall)

Für die Übergangszeit bis zu einem neuen Krankenhausplan braucht es deshalb Sicherheit für Patienten und Beschäftigte. Deshalb fordern wir Bestandsschutz und eine Landesregierung, die sich endlich ernsthaft den Problemen zuwendet.

(Beifall)

Vielen Dank. - Ich habe doch noch eine Minute Zeit, um mich mit dem Antrag der AfD auseinanderzusetzen, den Sie in das Schaufenster gestellt haben. Dass es Schaufenster war, belegt der Beitrag des Kollegen Siegmund.

(Zurufe)

Darin heißt es in Punkt 1 - ich zitiere, Herr Präsident -:

„Die Landesregierung wird aufgefordert,

1. Maßnahmen der Investitionspolitik zu

ergreifen, um gemeinsam mit dem Träger die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtszentrum …“

An der Stelle bin ich ausgestiegen.

(Zuruf: Ihr Fehler!)

- Nein, der Fehler ist Ihr Antrag, Herr Büttner.

(Zuruf)

- Mit Ihrem Zwischenruf zeigen Sie, dass Sie keine Ahnung haben.

In Bitterfeld steht - das haben mir die Kollegen versichert - einer der schönsten Kreißsäle, eine der schönsten Geburtenkliniken, die wir in Sachsen-Anhalt haben. Investitionen sind nicht das Problem. - Sie haben hier irgendetwas hingeschrieben, um einen Antrag zu stellen.

(Zurufe)

Aber an der Sache sind Sie völlig vorbei.

(Beifall)