Protokoll der Sitzung vom 03.11.2020

(Starker Beifall - Zuruf: Jawohl!)

Meine Damen und Herren! Es war meine Fraktion, die beantragte, dass wir hier heute zusammenkommen. Ob Sie, Herr Ministerpräsident, auch ohne unsere Forderung heute hier gesprochen hätten, ist zumindest für mich zweifelhaft.

Noch einmal, meine Damen und Herren. Dieses Gremium dort, Merkel und die Länderchefs, hätte diesen zweiten Lockdown niemals eigenständig beschließen dürfen. Wir fordern daher, dass solcherlei Selbstermächtigung ein Ende hat. Es geht nicht ohne die Parlamente. Machen Sie sich das endlich wieder klar und handeln Sie künftig entsprechend.

Ich sprach von mehreren Gründen, warum dieser zweite Lockdown ein Fehler ist bzw. so niemals

hätte kommen dürfen. Es geht um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das heißt, alle Maßnahmen müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein. Hierin liegt der Hase im Pfeffer; denn die getroffenen Maßnahmen sind eben nicht geeignet, nicht erforderlich und nicht angemessen. Ein paar Beispiele.

Es gibt keine Zahlen, die belegen, dass das Hotel- und Gaststättengewerbe ein Infektionstreiber ist. Trotzdem schließen Sie diese Wirtschaftszweige. Ebenso gibt es keinen Beleg dafür, dass Theater und Kultureinrichtungen Infektionen über die Maße fördern; eher das Gegenteil ist der Fall. Auch diese schließen Sie.

Es zeigt sich, dass sich die große Zahl der Menschen daheim infiziert, und deshalb sollen wir alle Ihrer Meinung nach zu Hause bleiben. Wunderbar.

(Beifall)

Wir sollen an noch mehr Orten Maske tragen, obwohl erwiesen ist, dass diese Dinger fast nichts bringen. Wir wissen, dass Minister Willingmann und Ministerpräsident Laschet es wahrscheinlich auch so sehen; denn ich habe zwei Bilder mitgebracht:

Herr Willingmann, ohne Maske, ganz eng beieinander beim Diskutieren beim DEHOGA - ich weiß nicht, ob Sie dort beschlossen haben, dass Sie diese ganze Wirtschaft an die Wand fahren, vor zwei Wochen -

(Heiterkeit und Beifall)

und dazu Ihr Ministerpräsidentenkollege Herr Laschet im Flugzeug ohne Maske. Dazu kann ich nur sagen: Wasser predigen, Wein trinken.

(Starker Beifall - Zuruf: Jawohl!)

Noch ein Beispiel: Es heißt, Alte, Kranke und Schwache seien besonders gefährdet. Trotzdem wird sich nicht auf Risikogruppen konzentriert. Sie beschließen einfach Zwangsmaßnahmen für alle - egal ob erforderlich oder angemessen. Auch das kann ich nicht nachvollziehen.

Genau wie bei Sport und Freizeit: Berufssportler und Kaderathleten dürfen weitermachen, der Profifußball darf weiterrollen, unsere Kinder- und Jugendmannschaften müssen aber zu Hause bleiben, obwohl Kinder und Jugendliche am wenigsten gefährdet sind.

(Zustimmung)

Wenigstens dürfen sie noch in die Schule. Mal sehen, wie lange noch.

(Zuruf)

- Nein, Ihre Maßnahmen sind eben nicht grundsätzlich geeignet, erforderlich und angemessen. Ich wiederhole: Damit verstoßen Sie gegen den

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Aber wenigstens haben Sie ein neues Krankheitsbild erfunden: die symptomfreie Erkrankung.

(Heiterkeit)

Wir nannten so etwas früher einfach „Gesunde“, Herr Ministerpräsident.

(Lebhafter Beifall - Zuruf)

Weiter zu den Gründen - ich sagte ja, dass es mehrere sind -, warum der aktuelle Lockdown nicht hätte beschlossen werden dürfen bzw. warum weitere Lockdowns verhindert werden müssen.

Stellt man Ihnen die Frage, was nach dem 30. November passiert, wenn die Infektionszahlen wieder steigen, haben Sie keine Antwort, weil eine Vollbremsung eben auch keine Lösung ist und weil Sie die Sommerferien verschlafen haben und auf Hoffnung gesetzt haben. Höchstwahrscheinlich wird die Zahl der Neuinfektionen in den nächsten Tagen zurückgehen, aber genauso wahrscheinlich wird sie wieder steigen, wenn die Zwangsmaßnahmen wieder gelockert werden.

Nach dem 30. November haben wir noch immer Herbst, dann bald Winter. Was wollen Sie machen, wenn durch Weihnachtseinkäufe und Familienbeisammensein die Infektionszahlen wieder steigen? Einen dritten, vierten, fünften oder sechsten Lockdown? Soll dieser Teufelskreis jetzt immer so weitergehen? - Dazu sage ich Ihnen ganz klar: Das machen wir nicht mit.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Noch eines, warum dieser Lockdown absolut unsinnig ist: Es sind Ihre Grundlagen, auf die Sie sich berufen, also die Zahlen und die Daten. Wann akzeptieren Sie endlich, dass die Zahl der Neuinfektionen nur bedingt etwas aussagt? Sie reiten auf diesen Zahlen und den Inzidenzwerten herum, als würden diese Werte belastbare Informationen darüber geben, wie es um die Pandemie und die tatsächliche Erkrankung steht. Aber das tun diese Zahlen eben nicht, meine Damen und Herren.

Was Sie immer wieder außen vor lassen, weil es Ihnen nicht passt, ist der R-Wert, der schon seit Tagen unter 1 liegt.

(Zuruf: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

(Zuruf: Natürlich!)

Natürlich ist es so.

(Unruhe)

Dabei wird die Debatte darüber, dass Ihre Zahlen nicht viel aussagen, schon seit Monaten geführt, und zwar hier im Landtag, in den Medien sowie

unter den Wissenschaftlern und Medizinern. Gelernt daraus haben Sie nichts. Wie soll ich mir sonst erklären, dass Frau Ministerin GrimmBenne fast immer sehr schmallippig reagiert, wenn man sie nach der Zahl der tatsächlich Erkrankten, der Hospitierten und der Toten fragt oder nach den Testverfahren und deren Fehlerquoten? Hinzu kommt die Frage: Wie schlimm ist der Coronakrankheitsverlauf tatsächlich, wenn die Betroffenen zumeist nach 14 Tagen Quarantäne und ohne medikamentöse Behandlung wieder die Alten sind?

Also auch hierzu sage ich: Was Sie tun, ist falsch. Ihre Annahmen sind falsch. Ihre Grundlagen sind falsch. Somit sind auch Ihre Reaktionen falsch.

(Zuruf)

Sehen Sie das endlich ein, Herr Ministerpräsident und Frau Gesundheitsministerin. Hören Sie damit auf, der Wirtschaft Sachsen-Anhalts und somit auch den Bürgern das Genick zu brechen!

(Beifall - Zurufe)

Meine Damen und Herren! Ich muss an dieser Stelle auch noch auf etwas anderes eingehen. Sehr geehrte LINKE, Sie haben sich ja hier einen Wunderbeutel umgehängt und die Parlaments- und Demokratieverteidiger gemimt. Ich muss Ihnen ganz klar sagen: Dass Sie zu schwach sind, um nach der Geschäftsordnung eine Sitzung des Landtages zu beantragen, das ist uns vollkommen klar. Deshalb forderten Sie diese ja auch nur. Aber wenn es Ihnen tatsächlich um die Sache gegangen wäre, warum haben Sie uns nicht gefragt? Dann hätten wir die Sitzung zusammen beantragt.

(Zustimmung - Unruhe)

Otto von Bismarck meinte 1867: „Ein großer Staat regiert sich nicht nach Parteiansichten.“ - Recht hatte er. Aber zwei Anträge haben wir heute wenigstens von Ihnen noch vorliegen, wobei zu einem Antrag ein Alternativantrag von uns den Weg in dieses Plenum gefunden hat.

(Zurufe)

Diesen werde ich hier kurz vorstellen. Wir wollen, dass der Landtag beschließt:

„Der Landtag fordert die Landesregierung auf […]

1. Gastronomiebetrieben, dem Hotel- und

Übernachtungsgewerbe im Tourismusbereich, Theater- und Kultureinrichtungen, Sportstätten und Sportstudios, Messen und Schwimmbädern - jeweils unter Vorlage und Einhaltung eines geeigneten Hygienekonzepts - eine sofortige Wiedereröffnung zu ermöglichen;

2. Verbote und Einschränkungen, die

ganztägig den Aufenthalt im privaten wie öffentlichen Raum und die Zahl der dort Aufhältigen auf maximal zehn Personen aus maximal zwei Haushalten beschränken, aufzuheben;

3. für private Veranstaltungen und priva