Protokoll der Sitzung vom 19.11.2020

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Politikversagen. Punkt.

(Beifall)

Sich hier hinzustellen und zu sagen, das müssen die in Berlin machen, und sich in Berlin hinzustellen und zu sagen, das müssen doch die Länder vor Ort machen, funktioniert nicht. Dann soll man bitte ehrlich sein und sagen: Wir wollen einfach alles so lassen, wie es ist,

(Zustimmung)

und schieben die Verantwortung dafür jeweils auf den anderen. Das wäre ehrlich. Aber das kommt in dieser Debatte nicht vor.

Ich sage Ihnen noch einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden Sie mit dieser Debatte nicht in Ruhe lassen. Es gibt einen Verfassungsauftrag und dieser ist zu erfüllen. Das hat nichts mit Kirchenfeindlichkeit zu tun, sondern

mit Rechtstreue, und zwar gegenüber unserer Verfassung. - Danke.

(Beifall - Zurufe)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Gallert für seinen Redebeitrag. - Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Herr Aldag, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Wir alle kennen den Ausspruch, dass Politik das beharrliche Bohren dicker Bretter ist. Man braucht also manchmal einen langen Geduldsfaden. Jede und jeder hier kann davon ein Lied singen. Doch ein seit 100 Jahren nicht umgesetzter Verfassungsauftrag ist beachtlich. Natürlich muss an dieser Stelle endlich gehandelt werden.

Ich kann hier nur unterstreichen, was aus der Sicht der GRÜNEN-Fraktion in der letzten Debatte zu diesem Thema gesagt wurde: Eine Ablösung auf vertraglichem Wege ist theoretisch denkbar, aber realistischerweise in SachsenAnhalt allein nicht umsetzbar. Das ist auch das Resultat persönlicher Gespräche unserer Fraktion mit Vertretern der christlichen Kirchen in SachsenAnhalt.

Aus der Sicht der GRÜNEN-Fraktion ist der einzig gangbare Weg der über ein Grundlagengesetz des Bundes, wie es das Grundgesetz vorsieht. Mit dem Gesetzentwurf der Bundestagsfraktionen der LINKEN, der FDP und der GRÜNEN liegt ein guter Entwurf eines solchen Gesetzes vor.

(Unruhe)

Ich finde es daher bedauerlich, dass die SPD in dieser Angelegenheit innerhalb der Bundesregierung nicht mehr gekämpft hat, um vielleicht doch eine Zustimmung der Regierungskoalition zu erreichen. Denn so wird ein nicht mehr zeitgemäßer Zustand in den Finanzbeziehungen zwischen Staat und christlichen Kirchen leider aufrechterhalten.

Aber ich habe keine Zweifel daran, dass es in dieser Frage auf der Bundesebene bald Bewegung geben wird. Dass hier Reformbedarf besteht, ist im Grunde ein breiter Konsens. Dafür spricht auch die ungewöhnliche Koalition, die den Entwurf eines Grundlagengesetzes vorgelegt hat. Ich habe die Debatte im Bundestag verfolgt, auch auf Ihre Intervention im Bildungsausschuss hin, dass man vielleicht einmal schauen soll, wer was gesagt hat. Ich habe sogar von dem Kollegen Philipp Amthor gehört, dass er den Vorschlag der

Oppositionsfraktionen im Bundestag doch sehr gut findet und dass man den Weg auch gehen kann.

Man kann dieser Entwicklung also positiv entgegensehen. Wichtig wird jedoch sein, dass wir dabei im konstruktiven Dialog mit den Kirchen bleiben. Denn auch der Weg über ein Grundlagengesetz gelingt im Vollzug nur dann für alle Beteiligten gut, wenn Zusammenarbeit und Dialogbereitschaft diesen Prozess begleiten. - Vielen Dank.

(Zustimmung)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Aldag für den Redebeitrag. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Schumann. Herr Schumann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen jetzt zum dritten Mal über dieses Problem, welches aus unserer Sicht nach wie vor in Berlin gelöst werden muss. Herr Aldag hat völlig recht, wir können hierbei als Land Sachsen-Anhalt nicht allein vorwärtsgehen. Das muss ein Bundesgesetz werden.

Wir bekennen uns zu Staatskirchenverträgen.

(Zustimmung)

Einem bundesweiten Ablösegesetz stünde meine Fraktion jedoch offen gegenüber. Meine Damen und Herren! Die Kirchen sind gesprächsbereit. Das habe ich mehrmals betont. Die Kirchen sind gesprächsbereit, und wir wollen, dass die christlichen Kirchen unabhängig und eigenständig in der Gesellschaft wirken dürfen. Dieses wollen wir ihnen versichern und garantieren.

Aber, wie es im Ausschuss und auch in den Debatten hier schon mehrmals zum Ausdruck kam, der Bund muss sich bewegen. Ich bleibe dabei: Wir bekennen uns nach wie vor zu unserer christlich-jüdischen Geschichte. Deutschland ist in seiner demokratischen und kulturellen Entwicklung so geprägt worden. Wir stehen den Entwicklungen in Berlin offen gegenüber. Wir werden sehen, was wir dort bekommen. Dann werden wir sehen, dass wir dem dann auch in Sachsen-Anhalt einen Weg bereiten können. - Vielen Dank.

(Beifall)

Auch hierzu sehe ich keine Fragen, dann kommen wir jetzt - -

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Hallo, Herr Vize- präsident! Ich stehe hier seit einer Weile herum!)

- Ach so. Entschuldigung, Herr Gallert. Eine Intervention höchstwahrscheinlich, oder?

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Ja, das ist so an- gedeutet!)

Herr Schumann, es gibt eine Intervention. - Bitte.

Herr Schumann, ich habe genau das erwartet, was Sie jetzt gesagt haben, nämlich: Der Bund muss sich bewegen, wir können hier nichts machen. Ich lese Ihnen jetzt ein Zitat von Herrn Amthor aus der Bundesdebatte vor: Das heißt, wir müssen auch bedenken, dass die Länder bisher in keiner Weise ihren klaren Willen artikuliert haben. Erst dann, wenn dieser klare Wille artikuliert worden ist, wäre aus dem Bundesstaatsprinzip heraus eine Verpflichtung aus dem Prinzip der Bundestreue zu sehen, dass wir diese Regelung erlassen.

(Zurufe)

Herr Amthor sagt also genau das Gegenteil von dem, was Sie sagen. Er sagt, wir haben keine Pflicht, auf der Bundesebene etwas zu machen, solange die Länder sich nicht rühren.

(Zuruf)

Das ist innerhalb Ihrer Partei bipolare Argumentation, je nachdem, ob Sie sich im Landtag oder im Bundestag befinden. Das finde ich unehrlich.

Herr Schumann, wenn Sie möchten, können Sie noch darauf antworten.

Ich hatte leider noch keine Gelegenheit, mich mit Herrn Amthor zu unterhalten, geschweige denn über dieses Thema.

(Zuruf: Schade!)

- Ja, schade eigentlich. Das ist richtig. - Aber ich sage Ihnen nach wie vor: Wenn Herr Amthor darauf wartet, dass er erst 16 Bundesländer befragt, ob sie denn der Meinung sind, dass das passieren muss, wissen Sie, wie viele Jahre dann noch ins Land gehen? - Ich weiß es nicht.

(Zustimmung - Zurufe)

Damit ist die Debatte beendet. Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren.

Wir stimmen ab über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Kultur in der Drs. 7/6828. Wer für die Beschlussempfehlung stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Regierungsfraktionen und die Fraktion der AfD. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Stimmenthaltungen? - Sehe ich nicht. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/4774 abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt 18 ist erledigt.

Schlussbemerkungen

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der 114. Sitzung des Landtags angelangt. Die morgige 115. Sitzung beginnt um 9 Uhr. Wir beginnen mit den Themen der Aktuellen Debatten unter den Tagesordnungspunkten 7, 8 und 9. Damit schließe ich die heutige Sitzung des Landtags.

Schluss der Sitzung: 19:45 Uhr.