Protokoll der Sitzung vom 24.05.2018

Berichterstatter ist der Abg. Herr Kolze. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsgerichtsgesetzes in der Drs. 7/1933 wurde in der 36. Sitzung am 26. Oktober 2017 in den Landtag eingebracht und hier im Hohen Haus zur Beratung sowie Beschlussfassung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen.

Ziel des heute zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurfes ist insbesondere die Einführung einer Individualverfassungsbeschwerde, die nicht nur, wie bisher, gegen Landesgesetze, sondern auch gegen jeden Akt der öffentlichen Gewalt, also auch gegen Gerichtsentscheidungen und exekutives Handeln, Grundrechtsschutz garantieren soll.

Weiterhin sollen eine europarechtliche Vorgabe umgesetzt und eine Verzögerungsbeschwerde gegen überlange Verfahren ermöglicht werden. Außerdem soll der Kreis potenzieller Mitglieder des Landesverfassungsgerichts im Bereich der Berufsrichter moderat vergrößert werden, um mehr Auswahlmöglichkeiten zu schaffen.

Der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung verständigte sich in der 14. Sitzung am 10. November 2017 darauf, eine öffentliche Anhörung durchzuführen. Bereits im Rahmen dieser ersten Ausschussbefassung wurde von den Koalitionsfraktionen ein Änderungsantrag zu einer möglichen Quotierungsregelung angekündigt.

An der öffentlichen Anhörung nahmen neben dem Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und dem Vorsitzenden sowie einem Mitglied des hiesigen Landesverfassungsgerichts auch Vertreter der obersten Gerichte des Landes, mit Ausnahme der terminlich verhinderten Präsidentin des Finanzgerichts, die kommunalen Spitzenverbände, die Rechtsanwaltskammer, der Landesverband im Deutschen Anwaltverein sowie ein ehemaliger Dozent der Fachhochschule der Polizei teil. Ferner waren der Deutsche Juristinnenbund, der Bund der Richter und Staatsanwälte, der Landesbeauftragte für den Datenschutz sowie der Generalstaatsanwalt eingeladen, welche teilweise schriftliche Stellungnahmen übersandten.

Dem Wunsch des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung entsprechend, möchte ich nun näher auf die Anhörung eingehen. Im Rahmen der Anhörung konnte sich der Ausschuss die umfangreichen Erfahrungen Bayerns zu Eigen machen.

Der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes berichtete unter anderem zum Verfahrensaufkommen, zu den Schwerpunkten, den geringen Erfolgsaussichten und den häufigsten Gründen des Scheiterns der Beschwerdeführer. Er sprach sich dennoch für das Instrument der Individualverfassungsbeschwerde aus und sah allein in der Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde einen positiven Effekt.

Darüber hinaus erläuterte er den Verfahrensablauf in Bayern und zeigte Unterschiede zum Gesetzentwurf von Sachsen-Anhalt auf. Einer dieser Unterschiede ist die zweimonatige Antrags- und Begründungsfrist in Bayern im Vergleich zur einmonatigen Frist im Gesetzentwurf der Landesregierung. Diesen Aspekt griffen insbesondere auch die Vertreter der Anwaltschaft auf und sprachen sich für eine längere Frist aus.

Ohne der weiteren Berichterstattung vorwegzugreifen, dürfte Ihnen beim aufmerksamen Lesen der Beschlussempfehlungen aufgefallen sein, dass der Ausschuss im Ergebnis der Beratung die längere, nämlich die zweimonatige Frist empfiehlt.

Zuletzt wies der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs auf die Ausgestaltung der Popularklage nach Artikel 98 Satz 4 der bayerischen Verfassung hin, welche ohne zeitliche

Begrenzung und ohne Geltendmachung einer subjektiven Betroffenheit gegen eine Rechtsnorm erhoben werden kann. Insofern seien die Möglichkeiten in Bayern, gerichtlichen Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Normen zu erlangen, wesentlich umfangreicher.

Die Vertreter des Landesverfassungsgerichtes schlossen sich im Allgemeinen diesen Ausführungen an, wiesen aber auch darauf hin, dass es das Ziel der Änderung sei, die Landesverfassung stärker im Bewusstsein der Bürger zu verankern. Hierfür gebe es verschiedene Möglichkeiten, die sich auch nicht gegenseitig ausschlössen, jedoch das Landesverfassungsgericht in seiner derzeitigen Ausgestaltung als Gericht mit ehrenamtlichen Richtern und wenigen personellen Mitteln überfordern würden.

Die Vertreter der Landgerichte sprachen sich zwar nicht direkt gegen die Urteilsverfassungsbeschwerde aus, stellten aber ihren Nutzen infrage und warnten teilweise vor einer missbräuchlichen Nutzung, welcher zum Beispiel durch eine Missbrauchsgebühr oder einen Kostenvorschuss begegnet werden könnte. In Bezug auf mögliche Gebühren oder Kostenbeteiligungen ergab sich jedoch ein differenziertes Bild in der Richterschaft. So warnten andere Gerichte vor diesen als Hemmnis für die Bürger.

Ferner äußerten sie Bedenken, ob die personelle Ausstattung des Landesverfassungsgerichts für dieses neue, arbeitsintensive Instrumentarium auskömmlich sei. Dabei wurde auch die Befürchtung deutlich, dass die höhere Auslastung des Landesverfassungsgerichts und damit der ehrenamtlichen Richter, welche ja in Teilen aus der Berufsrichterschaft kommen, die personelle Situation der betroffenen Gerichte verschlechtern könnte.

Die kommunalen Spitzenverbände regten in ihrer mündlichen Stellungnahme ein direktes Äußerungsrecht für die Kommunen in Verfahren an, die den eigenen Wirkungskreises betreffen.

Vonseiten der Rechtsanwaltskammer und des Landesverbandes im Deutschen Anwaltverein wurde - wie bereits erwähnt - eine Ausweitung der Einreichungs- und Begründungsfrist als wünschenswert erachtet. Insgesamt begrüßten die Vertreter diese Individualverfassungsbeschwerde und sprachen sich dafür aus, die Expertise der Anwaltschaft als Mitglieder im Landesverfassungsgericht zu nutzen.

Der Landesverband im Deutschen Anwaltsverein schlug ferner vor, ein Fristhemmnis der Einreichungs- und Begründungsfrist in Bezug auf gestellte und entscheidungsreife Prozesskostenhilfeanträge aufzunehmen. Außerdem sprach man sich gegen einen Anwaltszwang aus. An mehre

ren Stellen wurde Kritik an der verfahrensabhängigen Aufwandsentschädigung geäußert.

Insgesamt - so kann man wohl feststellen - wurden von den Teilnehmern das Für und Wider sowie auch Detailfragen der Ausgestaltung kontrovers diskutiert und es zeigte sich, dass auch innerhalb des Landesverfassungsgerichts auf fachlicher Ebene unterschiedliche Ideenansätze bestehen.

So viel zur Anhörung. Im Rahmen einer Berichterstattung kann diese nur in Auszügen dargestellt werden. Selbstverständlich steht es jeder und jedem frei, weiterführend die öffentliche Niederschrift der Anhörung zu lesen.

Zur abschließenden Behandlung des Gesetzentwurfs in der 19. Sitzung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung am 4. Mai 2018 stand diesem neben den diversen Stellungnahmen und der Niederschrift über die Anhörung auch eine mit dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung abgestimmte Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zur Verfügung. Neben einigen rechtsförmlichen und sprachlichen Anpassungen wurden auch klarstellende Anpassungen, Folge- bzw. Verweisänderungen sowie eine Folgeänderung aufgrund einer früheren Gesetzesänderung empfohlen.

Außerdem lag dem Ausschuss ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Dieser beinhaltete die zuvor bereits angekündigte Quotierungsregelung. Demnach soll in § 3 Abs. 1 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes normiert werden, dass mindestens drei der Mitglieder des Landesverfassungsgerichts und mindestens drei Vertreter Frauen sein sollen.

Außerdem wurde durch den Änderungsantrag die bereits erwähnte Anregung aus der Anhörung aufgegriffen und der Vorschlag unterbreitet, die im Entwurf in § 48 Abs. 1 vorgesehene Monatsfrist zur Erhebung und Begründung der Verfassungsbeschwerde auf zwei Monate anzuheben.

Diesen Vorschlägen folgend, wurde als dritter Punkt im Änderungsantrag die Anpassung der Norm für das Inkrafttreten vorgesehen.

Dem Änderungsantrag wurde einstimmig bei einer Stimmenenthaltung gefolgt. Des Weiteren machte sich der Ausschuss die Vorschläge des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zu Eigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unter Berücksichtigung der vorliegenden Stellungnahmen, der Redebeiträge der geladenen Gäste zur Anhörung, der Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sowie des gestellten Änderungsantrages erarbeitete der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung ohne

Stimmenthaltungen einstimmig die Ihnen in der Drs. 7/2874 vorliegende Beschlussempfehlung.

Im Namen des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung bitte ich um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Herrn Kolze für die Berichterstattung. - Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 7/2874. Wenn es keine Einwände gibt, schlage ich auch hier vor, darüber in Gänze abzustimmen. - Ich sehe keine Einwände.

Dann stimmen wir über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer für das Gesetz in seiner Gesamtheit stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich sehe das komplette Haus. Der Vollständigkeit halber frage ich: Gibt es Gegenstimmen? - Sehe ich nicht. Enthaltungen? - Sehe ich auch nicht. Damit ist das Gesetz beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 13 erledigt.

Wir kommen nunmehr zu

Tagesordnungspunkt 14

Zweite Beratung

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/2169

Beschlussempfehlung Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung - Drs. 7/2875

(Erste Beratung in der 40. Sitzung des Landtages am 19.12.2017)

Berichterstatter - hierbei gibt es eine kleine Änderung - ist der Abg. Herr Striegel. Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Sachsen-Anhalt in der Drs. 7/2169 wurde in der 40. Sitzung am 19. Dezember 2017 in den Landtag eingebracht und hier im Hohen Haus zur Beratung sowie zur Beschlussfassung federführend in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung sowie mitberatend in den Ausschuss für Finanzen überwiesen.

Mit diesem Gesetz soll die Ausnahme von der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der

Rechtsanwälte aufgehoben werden. Der Bundesgesetzgeber hat hierfür in § 231 Abs. 4d SGB VI eine Öffnungsklausel für die Bundesländer geschaffen, wonach bestehende Regelungen zu den Altersgrenzen bis Ende 2018 außer Kraft gesetzt werden können. Ziel dieser Änderung ist es, Nachteile bei der Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht abzubauen.

Des Weiteren soll durch dieses Gesetz klargestellt werden, dass es sich bei der Tätigkeit in der Vertreterversammlung und im Vorstand um ehrenamtliche Tätigkeiten handelt. Hierdurch soll der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Rechnung getragen und sichergestellt werden, dass diese Tätigkeiten von der Umsatzsteuer befreit sind, um so das ehrenamtliche Engagement zu stärken.

Bereits zur ersten Ausschussbefassung im Rahmen der 16. Sitzung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung am 12. Januar 2018 lag eine mit dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung abgestimmte Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor. Im Ergebnis dieser ersten Behandlung verständigte sich der Ausschuss darauf, in seiner nächsten Sitzung von der Landesregierung einen Bericht zu den Ergebnissen der schriftlichen Anhörung entgegenzunehmen. Anschließend sollte abgewogen werden, ob eine weitere Anhörung durch den Ausschuss zielführend sei.

In der Vorbereitung der zweiten Ausschussberatung zu diesem Gesetzentwurf übersandte die Landesregierung dem Ausschuss die ihr vorliegenden Stellungnahmen. Aufgrund dieser sah der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung keine Notwendigkeit einer eigenen Anhörung und erarbeitete eine vorläufige Beschlussempfehlung.

Auf der Grundlage der Empfehlungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen und das Inkrafttreten rechtzeitig zum 31. Dezember 2018 vorzusehen, schlugen die Koalitionsfraktionen den 1. Juli 2018 als Datumsangabe vor. Diese Änderung wie auch die vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss für Finanzen wurden einstimmig beschlossen.

Der Ausschuss für Finanzen befasste sich sodann in der Sitzung am 21. März 2018 mit diesem Gesetzentwurf und schloss sich ebenfalls einstimmig der vorläufigen Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses an.

Abschließend befasste sich der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung in der 19. Sitzung am 4. Mai 2018 mit dem Gesetzentwurf. Auch hier gab es nach entsprechender Aussprache eine einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung an den Landtag. Diese liegt

Ihnen vor. Im Ergebnis der Beratungen kann ich Ihnen sagen: Ich bitte um Zustimmung zur vorliegenden Beschlussempfehlung. - Herzlichen Dank.

Ich danke dem Abg. Herrn Striegel für die Ausführungen. - Eine Debatte ist nicht vorgesehen worden. Somit kommen wir gleich zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 7/2875. Auch hierzu schlage ich wieder vor, über das Gesetz in Gänze abzustimmen, wenn es keine Einwände gibt. - Das sehe ich nicht. Dann verfahren wir so.