Wir kommen nunmehr zum Abstimmungsverfahren. Bevor wir aber abstimmen, möchte ich noch mitteilen, dass Herr Keindorf den Antrag gestellt hat, über Punkt 1 separat abzustimmen und über den Rest im Block. - Somit stimmen wir über Punkt 1 separat ab.
Wer für Punkt 1 stimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE und der fraktionslose Abgeordnete. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Das sind drei Kollegen aus der Fraktion der CDU und die AfDFraktion.
Dann stimmen wir jetzt über den Rest dieser Beschlussempfehlung ab. Wer für den Rest der Beschlussempfehlung stimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind ebenfalls die Fraktion DIE LINKE und die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind ein Kollege der CDUFraktion und die AfD-Fraktion. Somit haben wir über diese Beschlussempfehlung abgestimmt.
Herr Keindorf hat darum gebeten, gemäß § 76 der Geschäftsordnung eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten abzugeben. Herr Keindorf, ich erteile Ihnen hiermit das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Punkt 1 enthält ja zwei Sachverhalte, das Ticket und die Mindestausbildungsvergütung. Dem Ticket stimme ich na
Ich sage ganz deutlich: Ich habe nichts gegen eine gute, angemessene Vergütung in der Ausbildung. Aber diese Vergütung muss die Leistungsfähigkeit des Gewerkes und die Wirtschaftskraft einer Region entsprechend widerspiegeln.
Es gibt eine Studie vom Bundesinstitut für berufliche Bildung zur Mindestausbildungsvergütung. Darin wird die dringende Empfehlung ausgesprochen, weitere empirische Analysen vorzuschalten, um über das Ob und die Höhe der Mindestausbildungsvergütung auf der Basis gesicherter Erkenntnisse zu entscheiden. Dort wird eindeutig auf regional unterschiedliche Auswirkungen hingewiesen.
Ich denke, das wäre für Sachsen-Anhalt ein guter externer Beratervertrag gewesen, um die Auswirkungen der Mindestausbildungsvergütung hier im Land Sachsen-Anhalt einmal zu evaluieren.
Wenn die von Herrn Steppuhn geforderten 635 € zum Tragen kämen - die Ministerin ist ja nur bei 504 € -, dann beträfe das 60 % dieser Ausbildungsbetriebe hier im Land. Meinen Sie wirklich, dass der kleine Handwerksbetrieb in der Altmark, im Mansfelder Raum oder im Burgenlandkreis, der vielleicht schon mehrere Jahre lang einen Auszubildenden sucht, plötzlich einen unendlichen Zulauf hat, wenn der Gesetzgeber diese 635 € in das Gesetz schreibt? - Ich glaube, das ist nicht der Fall.
Ich sage Ihnen, was passieren wird. Und das sage nicht nur ich, das habe ich auch als Feedback meiner Handwerksbetriebe. Die werden gar nicht mehr suchen. Die Zahl der ausbildungswilligen oder ausbildungsfähigen Betriebe in diesem Land wird leider weiter sinken. Das wird meines Erachtens zumeist die strukturschwächeren Regionen eher betreffen als unsere Städte Halle, Magdeburg und Dessau.
Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen. Dabei sehe ich auch Sie an, Herr Steppuhn. Wir haben uns vor etlichen Monaten einmal darüber unterhalten. Aber diese sehr ideologisch geführte Diskussion über die Mindestausbildungsvergütung erinnert mich stark an die Diskussion um die Novelle der Handwerksordnung im Jahr 2003.
Ich war damals in Berlin auf der Handwerksdemo. 15 000 Handwerker saßen im Tempodrom und haben Ihrem Superminister Wolfgang Clement lauschen dürfen. Ich fasse einmal seine 45-minütige Rede in drei Sätzen zusammen.
Er sagte zum Handwerk: Eure Argumente interessieren uns nicht. Ihr wollt euch nur abschotten. Wir ziehen das jetzt so durch, wie ich es beschlossen habe. Basta.
Ganze Gewerke haben irreparable Schäden genommen. Ich gucke Herrn Heuer an: das Fliesenlegerhandwerk - nur noch Kleinstbetriebe und keine Auszubildenden mehr.
Meine Befürchtung - diese teilt auch das Handwerk in der Bundesrepublik - ist die, dass wir uns kurz- oder mittelfristig vielleicht auch hier an dieser Stelle, über die negativen Auswirkungen einer eingeführten Mindestausbildungsvergütung unterhalten werden, zumindest in einigen Regionen dieses Landes. - Herzlichen Dank.
Herr Keindorf, Sie haben Herrn Steppuhn persönlich angesprochen. Er hat sich noch zu Wort gemeldet. - Herr Steppuhn, Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. - Herr Kollege Keindorf, Sie haben angesprochen, dass vor 15 Jahren die Meisterpflicht in einigen Handwerksbranchen abgeschafft wurde. Das hat Auswirkungen gehabt. Ich will Ihnen nur sagen, dass auch ich damals gegen die Abschaffung der Meisterpflicht gewesen bin, weil ich, genau wie Sie, vorausgesehen habe, was dann passiert. Deshalb ist es gut, dass die Politik schon dabei ist, dabei zu Veränderungen zu kommen; die politischen Forderungen gibt es ja.
Dann will ich Sie fragen und komme zu meiner Frage: Wir haben jetzt schon die Situation, dass Ausbildungsplätze bei uns im Land nicht besetzt werden. Deshalb frage ich Sie, ob Sie es für gerecht halten, dass es nach wie vor in unserem Land Ausbildungsvergütungen gibt, die weit unterhalb von 300 € liegen, und wie Sie dieses Problem lösen wollen.
Gerecht oder ungerecht - das will ich gar nicht beurteilen. Diesen Ausbildungsvergütungen liegen ja in der Regel Tarifverträge zugrunde.
Ich weiß, dass Sie gesagt haben, dass Sie damals dem nicht zugestimmt haben. Es hat bloß nichts genutzt, Herr Steppuhn. Trotz Ihrer Ablehnung wurde das eingeführt. Aber diese Novelle der Handwerksordnung hat auch dazu geführt, dass in vielen Gewerken der Meister abgeschafft wurde. Dazu sage ich Ihnen: Ohne Meister haben wir keine Innung. Ohne Innung haben wir keine Landesinnungsverbände.
Aber ich muss ihm doch die Frage beantworten? - Und ohne Innungen und Innungsverbände fehlen eben leider auch viele Tarifpartner. Das ist ja das, was Sie immer bemängeln.
Warten Sie bitte einen Moment, Herr Siegmund. Es ist zu viel Unruhe. Da kommt nicht viel bei den Abgeordneten an.
Der Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drs. 7/705, wurde in der 18. Sitzung des Landtages am 16. Dezember 2016 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration überwiesen.