Danke, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für alle, die das vielleicht noch nicht wissen: Die Altmark ist eine Region im Norden des Landes Sachsen-Anhalt
Die Altmark ist vor allem durch Landwirtschaft geprägt, hat sich aber auch als Ziel für Touristen etabliert. Traditionelle Region für den Tourismus ist natürlich die Gegend um den Arendsee. Zunehmend gewinnt der Reit- und Radtourismus beim Elberadweg oder Altmarkrundkurs an Bedeutung. Zahlreiche überregionale Routen wie die Straße der Romanik, die Deutsche Fachwerkstraße, der Jakobsweg oder das Grüne Band führen durch die Altmark.
Die Altmark ist aber in kleinen Teilen auch Industrieland und hat mit vielen umwelttechnisch problematischen Hinterlassenschaften aus der Vergangenheit zu kämpfen. Zu nennen sind die Giftschlammgrube Brüchau, schon regelmäßig im Landtag Thema gewesen, aber auch Hunderte von nicht sanierten Bohrschlammgruben.
Sich erwehren muss die Altmark aber auch regelmäßig Ideen, die schöne Lebenswelt dort zerstören zu wollen. So versuchte man in der Altmark bereits, großflächig CO2 zu verpressen. Dies scheiterte letztendlich nur an dem massiven Widerstand der Altmärker.
Auch als mögliches Atommüllendlager rückt die Altmark leider wieder in den Fokus. Der Widerstand dagegen hat sich ebenfalls schon seit Längerem etabliert. Aktuell kommt man wieder auf die Idee, rund um den Arendsee doch großflächig nach Erdöl suchen zu wollen, am besten leider so, dass es dort niemand mitbekommen soll. Bis vor Kurzem wussten Bürgerinnen und Bürger sowie die anliegenden bzw. betroffenen Kommunen nichts davon, obwohl die Erlaubnis zur Aufsuchung von bergfreien Bodenschätzen, Kohlenwasserstoffen nebst den bei der Gewinnung anfallenden Gasen für gewerbliche Zwecke, bereits Ende Juni 2019 an ein Unternehmen erteilt worden war.
Die Bürgerinitiative „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ lud am 3. Dezember 2019 zu einer Informationsveranstaltung in Arendsee zum Thema „Förderung von Erdöl und Erdgas rund um den Arendsee“ ein und stellte klar, dass nur durch Zufall bekannt geworden sei, dass das Landesbergamt ein Gebiet von 172 km² rund um Arendsee zum 1. Juli 2019 für die Aufsuchung von Erdöl und Erdgas für fünf Jahre freigegeben habe.
In der Altmark sind davon die Stadt Arendsee sowie die Stadt Kalbe (Milde) und deren Ortsteile betroffen. Weitere betroffene Ortsteile liegen im Landkreis Stendal, der Hansestadt Seehausen sowie der Hansestadt Osterburg.
diese Information an das Licht der Öffentlichkeit gebracht hat und so letztendlich für Aufklärung sorgt.
Wie ich schon erwähnte, erfuhr es die Öffentlichkeit und erfuhren es auch die betroffenen Gemeinden erst durch die BI bzw. danach durch die Presse. Keiner der zuständigen Landtagsabgeordneten und kein Kommunalvertreter inklusive Arendsees Bürgermeister Norman Klebe, CDU, hatten von dieser Aufsuchungsgenehmigung
Kenntnis erlangt. Dann darf man sich wirklich nicht wundern, meine Damen und Herren, wenn das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürgern komplett schwindet.
Einzig und allein der Altmarkkreis Salzwedel wurde angehört und konnte Stellungnahmen dazu abgeben. Dieser verwies dann auch deutlich darauf, dass sich das Erlaubnisfeld im Landschaftsschutzgebiet Arendsee befinde, dass zudem die FFH-Gebiete Arendsee und Magerweide betroffen seien und es sich um geschützte Biotope handle. Auch die Einhaltung des Artenschutzes spielt dort eine wichtige Rolle. Das gesamte Erlaubnisfeld liegt im Trinkwasserschutzgebiet und im geplanten Bergwerksfeld befindet sich das Gebiet zur Wassergewinnung Arendsee einschließlich des dortigen Wasserwerks.
Die Stellungnahmen hielten aber das LAGB nicht davon ab, die Erlaubnis zu erteilen. Allerdings lässt das geltende Bundesberggesetz Ausnahmen zu und diese werden bei den jeweiligen Genehmigungen natürlich zugrunde gelegt.
Noch schlimmer: Das wirklich nicht mehr zeitgemäße deutsche Bergrecht räumt der Rohstoffgewinnung noch immer weitgehend den Vorrang vor anderen Interessen und Rechten ein, insbesondere dem Schutz der Umwelt und den individuellen Rechten der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Bergrechtliche Genehmigungen erfolgen im Regelfall ohne Beteiligung der Öffentlichkeit. Vor allem gewährt das Bergrecht der Gewinnung von Rohstoffen den Vorrang vor anderen Interessen des Gemeinwohls. So ist es grundsätzlich möglich, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften, die der Aufsuchung und Gewinnung entgegenstehen, einfach ignoriert werden können.
Aufsuchung und Gewinnung stehen im Bergrecht also im Vordergrund. Klima- und Umweltschutz sowie der Schutz des Wassers und der Menschen vor Ort sind nachrangig. Dies, meine Damen und Herren, ist absolut nicht mehr zeitgemäß bzw. war es eigentlich noch nie.
Meine Damen und Herren! Die Altmark und gerade das Gebiet um den Arendsee bieten ein Zuhause für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, die andernorts schon lange selten geworden sind. Wir alle tragen dafür Verantwortung, dass Ersteres so bleibt. Deshalb müssen wir alle Handlungen ausschließen, die dies gefährden. Eigentlich ist es doch ziemlich klar: Die Öl- und Gasförderung in der Altmark und auch anderswo stellt eine Gefahr dar und widerspricht vielen aktuellen Umweltschutz- und Klimazielen.
Die Förderung von Öl und Gas ist mit vielen Risiken verbunden, auch wenn uns die Industrie immer wieder versichert, dass aufgrund des Standes der Technik nichts passieren könne und alles sicher sei. Die aktuelle und auch die vergangene Praxis der Erdöl- und Erdgasförderung belehren uns hier leider eines Schlechteren.
Wir müssen nur einmal nach Niedersachsen schauen, gleich hinter die ehemalige Grenze: Die Leckagen beispielsweise im Landkreis Gifhorn und die Großleckage in Emlichheim in der Grafschaft Bentheim, aber auch Erdbeben in den Förderregionen machen das ganze Übel überdeutlich.
Des Weiteren gibt es in diesen Gebieten massive Bodenabsenkungen oder Bodenhebungen durch das Verpressen von Lagerstättenwasser. Auch Erdbeben und das Freisetzen von giftigen Schadstoffen in Luft, Boden und Grundwasser sind dort an der Tagesordnung. Im Großraum Salzwedel sind solche Bodenabsenkungen ebenfalls großflächig zu verzeichnen. Auch ungeeignete Rohrmaterialien, PE oder Stahl, das Abblasen von Rohgas oder die nicht fachmännische Reinigung von Bohrlöchern lassen eine Belastung der Umwelt erwarten. Das Grundwasser wird belastet, die Gesundheit der in dem Gebiet wohnenden Menschen natürlich damit genauso.
Meine Damen und Herren! Interessant ist übrigens auch die Tatsache, dass der Mindestabstand von Förderanlagen bis zur nächsten Wohnbebauung sogar unter 100 m betragen kann. Zum Vergleich: Bei Windkraftanlagen sind aktuell mindestens 1 000 m vorgesehen; eine Debatte dazu hatten wir hier.
Die betroffenen Kommunen in Niedersachsen wehren sich schon sehr lange dagegen. Mittlerweile ist dies auch im Landtag von Niedersachsen angekommen. SPD und CDU haben sich dort dafür ausgesprochen - ich zitiere -, „den Vorrang des Gesundheits- und Trinkwasserschutzes vor wirtschaftlichen Interessen“ durchzusetzen. Die dort regierungstragenden Fraktionen der SPD und der CDU formulieren das Ziel, das Trinkwasser zu schützen und alles zu tun, dass Trinkwasserreserven nicht gefährdet werden und damit weiter nutzbar sind. Auch wollen sie, dass die in den be
troffenen Gebieten erhöhte Krebsrate endlich aufgeklärt wird. Es wird weiter erwartet, dass neben dem Schutz des Trinkwassers der Schutz der Bevölkerung und ihres Eigentums vor Erdbeben vermehrt in den Fokus genommen wird.
Der dortige Antrag formuliert ebenso wie unser Antrag Bundesratsinitiativen, um das veraltete und überholte Bundesberggesetz den Entwicklungen anzupassen. Es geht aber ebenso um die Öffentlichkeitsbeteiligung und eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung im Zusammenhang mit der Aufsuchung und der Förderung dieser Rohstoffe.
Meine Damen und Herren! Es ist zu befürchten, dass bereits die Aufsuchung und natürlich erst recht die Förderung von Erdöl und Erdgas im Umfeld zu einer weitreichenden Imageschädigung des Tourismus in der Altmark führen wird. Wir sind der Auffassung, dass die umfangreichen Anstrengungen zur Stärkung des Tourismusstandortes im Interesse der Regionalentwicklung der Altmark konsequent fortgesetzt werden müssen und eine Erdöl- bzw. auch Erdgasaufsuchung und deren Förderung dem kontraproduktiv entgegensteht.
Die wirtschaftliche Bedeutung einer eventuellen Erdöl- und Erdgasgewinnung in der Altmark und speziell rund um den Arendsee ist im Vergleich zum Wirtschaftsfaktor Tourismus als gering einzuschätzen. Die im Ergebnis einer Erdöl- bzw. Erdgasförderung und -aufbereitung entstehenden Arbeitsplätze würden auch in keiner Weise die Gefährdung von Arbeitsplätzen in anderen Bereichen aufwiegen.
Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Die Altmark und ihre Bürgerinnen und Bürger würden abermals auf sehr lange Sicht mit vielen Nachteilen und Altlasten sowie Abfällen leben müssen. Es gilt also auch hier grundsätzlich und richtigerweise der Ausspruch: Wehret den Anfängen!
Auch in der Altmark muss also das Vorsorgeprinzip gelten. Wir brauchen ein klares Veto gegen die Öl- und Gasförderung. Wenn wir die Interessen der Menschen mit vollem Einsatz vertreten wollen, dürfen wir keine weiteren Abhängigkeiten von klimaschädlichen fossilen Energieträgern festschreiben. - Ich danke Ihnen.
Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Höppner für die Einbringung des Antrages. - In der Debatte sind fünf Minuten Redezeit je Fraktion
vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Minister Herr Prof. Dr. Willingmann. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Höppner hat sehr viel Richtiges zur Altmark als historischer Kulturlandschaft ausgeführt. Er hätte noch hinzufügen können, dass für uns die Altmark im Wesentlichen eine grüne Wiese mit Zukunft ist. Wer wollte das bestreiten?
Zugleich sind wir wenige Tage vor Weihnachten. Gestatten Sie mir deshalb, dass ich versuche, die Dinge ein wenig auf das zu reduzieren, was tatsächlich Anlass für Ihren Antrag ist, und nicht den ganz großen Bogen zu spannen, bei dem jetzt doch sehr viel zusammengemengt wurde.
Was ist eigentlich passiert? - Das Landesamt für Geologie und Bergwesen, unser LAGB, hat der Geo Exploration Technologies GmbH nach intensiver Prüfung, nämlich rund zwei Jahre lang, Ende Juni 2019 eine Erlaubnis erteilt.
Das Unternehmen aus Mainz darf nun bis Mitte 2024 erkunden, ob es in der Altmark Kohlenwasserstoffe wie Erdöl und Erdgas gibt, deren Gewinnung sich wirtschaftlich lohnen könnte. Die erteilte Erlaubnis beinhaltet ausschließlich die Konzession zur Erkundung des 172 km² großen Feldes „Thielbeer“ in den Kreisen Salzwedel und Stendal. Etwas, das die Erlaubnis aber nicht umfasst, ist die Durchführung konkreter bergbaulicher Arbeiten.
Was also wird das Unternehmen jetzt tun? - Der erste Schritt ist eine geowissenschaftliche Recherche in den Archivunterlagen und im Bohrkernarchiv des LAGB in Halle. Unsere Fachleute, lieber Herr Höppner, gehen davon aus, dass sich die Erkundung damit vermutlich schon erschöpfen wird. So geben die Erkenntnisse aus geologischen Aufschlussbohrungen und die Erdgassuche in der ehemaligen DDR in den 70er- und 80erJahren keinerlei Hinweise darauf, dass es in der Region wirtschaftlich verwertbare Erdölvorkommen gibt. Nun, die Erfolgsaussichten scheinen also gering.
Noch ein paar Worte zur Transparenz. In dem Erlaubnisverfahren, das Sie gerade angesprochen haben, hat das LAGB alle nach dem Bundesberggesetz gesetzlich vorgeschriebenen Partner beteiligt. Ich stehe oft hier vorn und muss darauf hinweisen, dass für unsere Verwaltung die Normen nicht als Angebot gelten, bei denen man überlegen kann, ob man sie anwendet oder nicht,
(Zustimmung von Bernhard Daldrup, CDU, und von Guido Heuer, CDU - Zuruf von Do- reen Hildebrandt, DIE LINKE)
Wir müssen uns nun einmal an geltendes Recht halten. Deshalb wurden neben dem Landesverwaltungsamt, der Regionalen Planungsgemeinschaft Altmark, dem Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten Altmark und dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr auch die beiden Landkreise in der Altmark beteiligt.
Die Diskussion darüber, ob Kommunen bei der Vergabe reiner Aufsuchungskonzessionen für bergfreie Bodenschätze vorab zu informieren oder zu beteiligen sind, wurde hier in der Vergangenheit - damals gehörte ich diesem Hohen Hause noch nicht an - umfassend geführt, und zwar durch Kleine Anfragen, etwa in Sachen Kunrau - Kleine Anfrage in der Drs. 6/8649 -, und auch durch ein Schreiben meines Vorgängers Möllring an den Landrat Ziche im Jahr 2015.