Nun sollte man annehmen, dass diese letztlich schon im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe von der öffentlichen Hand in besonders zuverlässiger Weise wahrgenommen wird, wenn sich Objekte in ihrem Eigentum befinden - Vorbildwirkung, regelmäßige Pflege und Wartung, besondere Wertschätzung für die langfrisƟge PerspekƟve -, weil es die öffentliche Hand anders als Privatpersonen konƟnuierlich, über viele Jahrzehnte, ja Jahrhunderte geben wird. Leider entspricht diese Annahme nicht immer der Realität.
Anlass des Antrags ist der beabsichƟgte Abriss eines kleinen denkmalgeschützten Baus des Landes auf dem Gelände der PolizeiinspekƟon Magdeburg. Das auf die TradiƟon Magdeburgs als Garnisons- und Festungsstadt zurückgehende Haus 5 ist etwa 140 Jahre alt. Es ist sanierungsbedürŌig, weil über Jahrzehnte nichts in die Erhaltung invesƟert wurde. Die Bausubstanz des soliden preußischen Ziegelbaus ist aber recht gut. So war es in der ursprünglichen Planung der dringend erforderlichen Sanierung und Erneuerung der PolizeiinspekƟon als Sitz der Pressestelle vorgesehen.
Auf der üppigen Abrissliste für die Ostseite der alten Trainkaserne stehen nach den jüngsten Abrissen noch eine Mauer und dieses Haus. Es kam aber zu Preissteigerungen bei anderen Objekten, sodass man sich zur KompensaƟon sagte, der Abriss ist billiger als die Sanierung, also Abriss, ersatzlos - eine Betrachtung, die den Verlust von Nutzfläche und den Denkmalwert natürlich außer Betracht lässt.
Ich erspare Ihnen jetzt die schrecklichen Details der Auseinandersetzung der letzten Jahre über diese Frage. Ich will Ihnen statdessen klarmachen, dass der Abriss von Baudenkmalen ohnehin keine gute Idee ist, dies aber vor allem in der Magdeburger Innenstadt schon skandalöse
Mein Urgroßvater - die Kollegen des Finanzausschusses kennen dieses Stück meiner Familiengeschichte schon, das nicht direkt mit Haus 5 zu tun hat, aber natürlich mit der Magdeburger Innenstadt; sie können sich also kurz entspannen - lebte 1945 in Magdeburg. Er hinterließ ein Tagebuch, das sich heute im Stadtarchiv befindet, aus dem im Umfeld des 16. Januars, des Jahrestags der Zerstörung Magdeburgs im Zweiten Weltkrieg, immer wieder einmal als Augenzeugenbericht ziƟert wird, vor allem da er beschreibt, wie er sich am Morgen des 17. Januars zu seiner Arbeitsstelle in der Magdeburger Altstadt, in der Heydeckstraße, aufmachte. Er beschreibt die Leichen am Straßenrand, die apokalypƟschen Trümmerberge und Ruinen, die am Tag zuvor noch eine jahrhundertealte Altstadt waren. Zu seiner Überraschung stand seine Arbeitsstelle in der Heydeckstraße noch. Er benennt dann auch konkret mit Namen den als Brandwache eingeteilten Kollegen, der nach dem Einschlag einer Brandbombe das Feuer löschte.
Deshalb steht dieses Haus in der Heydeckstraße noch, und weil es kommende GeneraƟonen erhielten, keinen Platenbau hinsetzten und der Landesbaubetrieb in keiner SituaƟon zuständig war.
Solche Geschichten gehören in Magdeburg, aber auch in Zerbst, Halberstadt, Sandau und anderen Orten in unserem Land zu den alten Häusern, die erhalten blieben. Die Häuser erzählen vom Leben und den Vorstellungen längst vergangener GeneraƟonen, aber auch von Krieg, Angst und Leid und Auĩauwillen. Häufig kennen wir ihre Geschichte nicht so detailliert, sie sind aber mit jedem Altbau verbunden.
Magdeburg hat an diesem 16. Januar 1945 sehr viele Menschenleben und viel Bausubstanz verloren. Es hat aber auch etwas von seinem
Selbstverständnis als alte Stadt verloren. Noch heute ist diese Wunde nicht verheilt. Die aktuell lebhaŌen Diskussionen über den Wiederauĩau historischer Bauten, die Wiederanlage histo- rischer Straßenzüge etc. zeigen dies.
Diese Stadt, unsere Landeshauptstadt, sucht noch immer nach ihrem Weg. Eines ist aber ziemlich sicher, ein bewusster Abriss denkmalgeschützter Bausubstanz, die den Wahnsinn des Krieges überstanden hat, ist nicht vertretbar.
Das geht in Magdeburg nicht; das macht man nicht. Wer das vorschlägt, hat die Landeshauptstadt, ihre Geschichte und damit auch einen wichƟgen Teil der Geschichte unseres Landes nicht verstanden. Daher hat sich der Magdeburger Stadtrat für den Erhalt von Haus 5 ausgesprochen. Dazu läuŌ eine OnlinepeƟƟon. Ich beantrage die AuĬebung des gegenteiligen Beschlusses des Finanzausschusses.
Natürlich ist Denkmalschutz nicht allein selig machend; denn Denkmale brauchen Nutzung und sie müssen sich in neue Anforderungen einfügen.
Im Stadtrat sprach ein engagierter CDU-Kollege den Frust an, der sich in Magdeburg aus einer anderen Abrissentscheidung des Landes in der jüngeren Vergangenheit ergeben hat. Der Abriss des Görderitz-Baus auf dem Gelände des Uniklinikums - dieser spielt architekturgeschichtlich in einer höheren Liga als unser aktuelles Sorgendenkmal - traf und triŏ auf viel Un-
verständnis. Der Göderitz-Bau muss dem geplanten Herzzentrum weichen. Ich halte das für einen Planungsfehler, aber als wir im Jahr 2016 antraten, war ziemlich klar, dass ein Nein zu diesem Standort ein Nein zum Herzzentrum bedeuten könnte.
- Schweren Herzens, wirklich. - Deswegen haben wir damals diese Abwägungsentscheidung getroffen und den Göderitz-Bau aufgegeben. Gut war das nicht, aber in der Abwägung, meine ich, war es verantwortbar. Ihr müsstet jetzt das Herzzentrum aber auch mal bauen. Der Beschluss stammt aus dem Jahr 2016 und dort ist immer noch eine Wiese.
Das Absurde an der Entscheidung zu Haus 5 ist, dass es einer solchen Abwägung nicht bedarf. Haus 5 häte problemlos als Verwaltungsbau genutzt werden können. Durch den Abriss würde nichts Neues ermöglicht. Dort entsteht eine plane Fläche. Dort soll nichts gebaut werden. Der Abriss hilŌ der polizeilichen Nutzung nicht, sondern er schadet ihr.
Wir können und sollten der Verantwortung gerecht werden, die uns als Eigentümer eines Baudenkmals triŏ, nämlich ihm eine angemessene Nutzung geben, es erhalten und an die nächste GeneraƟon weitergeben.
spricht Minister Herr Richter. - Entschuldigung, es gab eine Frage. Herr Meister. Lassen Sie eine Frage von Herrn Ruland zu?
Vielen Dank, Frau Vorsitzende. - Lieber Herr Kollege Meister, vielen Dank für die Auffrischung zu dem Thema meisterische Familiengeschichte. Ich habe in der Zwischenzeit im DenkmalinformaƟonssystem des Landes Sachsen-Anhalt nachgesehen, ob es in der Region, in der Sie den Abriss vermeiden wollen, ein Einzeldenkmal gibt - ich lese aus Ihrem Antrag, dass Haus 5 ein geschütztes Denkmal ist -, habe dazu aber keinen Eintrag finden können.
Sie haben dem Hohen Haus verschwiegen - es ist im Finanzausschuss als Bagatellbetrag bewertet worden -, dass die damit einhergehenden Einsparungen 2,2 Millionen € betragen würden. Wie bewerten Sie diese Zusammenhänge auch im Hinblick darauf, dass man diese Mitel für viele andere ProjekƟdeen auch aus Ihrer FrakƟon gut gebrauchen könnte?
Zu den Kosten würde ich in meiner Schlussrede etwas sagen, weil ich annehme, dass der Finanzminister auf diesen Punkt eingehen wird. Das könnte ich mir zumindest vorstellen.
Zu dem anderen Punkt. Es ist nicht als Einzeldenkmal ausgewiesen; denn es betriŏ die gesamte Kaserne. Sie haben also verschiedene Objekte in der Kaserne, die dann zu dem Einzeldenkmal Kaserne gehören.
Wir wissen, dass es fakƟsch keine Sichtachse gibt. Das Gebäude ist meines Erachtens nicht mehr erschlossen. Von daher stellt sich mir die Frage, welchen Nutzen Ihr Antrag in dem Kontext, dass dann 2,2 Millionen € quasi in den Wind geschossen werden, bringt.
Merkwürdig ist immer die ArgumentaƟon, dass dies niemand sehe. Nach unserer Vorstellung würden darin Leute arbeiten. Auf diesem Gelände befinden sich Hunderte Polizisten. Daran fährt eine S-Bahn vorbei. Das Gebäude ist in seinem Bereich einfach präsent.
Diese Sichtbarkeit ist keine denkmalrechtliche Qualität. Wenn Sie danach gehen, dann müsste man die Staatskanzlei - - Die Staatskanzlei ist auch innen sehr schön saniert worden, gucken Sie sich bspw. die Stuckarbeiten an. Und das sieht nur eine Handvoll Leute. Man häte dort mit Trockenbau arbeiten können, das wäre viel
billiger gewesen. Das ist Ihre ArgumentaƟon und sie ist völliger Unsinn; denn die hat mit einem Denkmal nichts zu tun.