Natürlich ist es richtig, dass man die Angestellten mit in den Blick nimmt. Es ist doch keine Frage. Wir freuen uns aber auch darüber, wenn es in den Innenstädten noch Gaststätten gibt. Auch sie arbeiten am Samstag und am Sonntag. Deshalb ist es, glaube ich, ein Gesamtbild.
Wenn ich an das Thema Tourismus denke und mir überlege, wie es Mecklenburg-Vorpommern macht, dass die Geschäfte an 96 Orten, die touristisch belebt sind, von Mai bis Oktober an allen Sonntagen geöffnet sind, dass man dem Tourismus also eine Möglichkeit gibt, für einen Boost sorgt, dann verstehe ich nicht, wenn wir das Thema Tourismus in Sachsen- Anhalt nach vorn bringen wollen, warum wir uns dem verschließen. Deshalb kann ich den Grundansatz in keiner Weise nachvollziehen, Herr Gallert.
Dieses neue Ladenöffnungsgesetz ist ein Gesetz, das sicherlich schwierig ist und das sich bürokratiereich anfasst. Das hängt aber natürlich auch damit zusammen, dass es rechtliche Rahmenbedingungen gibt. Wir leben in einem Rechtsstaat. Jetzt versucht dieses Land, versucht der Wirtschaftsminister, es mit der Novelle so zu gestalten, dass es eben passt. Das ist gut und richtig so. Unsere Aufgabe wird es sein, in den Ausschüssen genau darüber zu reden, dass etwas Passgenaues dabei herauskommt. Dazu gucken wir uns NRW an. Dazu gucken wir uns die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des OVG Münster an. All das werden wir in diesem Zusammenhang tun.
Es wäre aber fatal, wenn wir hier ein Signal herausgeben, lasst die Innenstädte sterben, Hauptsache, wir haben am Sonntag geschlossen. Das kann jedenfalls nicht die Botschaft sein, meine Damen und Herren.
Deshalb werden wir gemeinsam mit den Koalitionären und natürlich mit allen anderen Fraktionen in den Ausschüssen genau darüber reden. Wir haben Corona gehabt. Wir haben gemerkt, es bricht etwas weg. Jeder, der in der Innenstadt am Sonntag ist, weiß, man braucht Lebendigkeit. Die Menschen, sie machen die Lebendigkeit aus. Sie sind dankbar dafür, wenn es verkaufsoffene Sonntage gibt, wenn dort Feste stattfinden, wenn sich die Leute treffen, wenn Märkte sind.
Deshalb finde ich es gut und richtig - Kollege Hövelmann hat es schon gesagt -, wenn wir in den Jahren 2023 und 2024, um für einen Boost für das Ganze zu sorgen und um das Leben in den Innenstädten wieder voranzubringen, die
Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage auf bis zu sechs erhöhen, meine Damen und Herren. Das ist der richtige Weg. Das ist das Zeichen des Aufbruchs in Sachsen-Anhalt und deshalb ist es auch unsere Politik. Ich bitte um Überweisung. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Silbersack. Es gibt keine Fragen oder Interventionen. - Deshalb folgt jetzt direkt Herr Meister.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kernfrage, die dieses Gesetz aufwirft, ist die danach, was uns das Kulturgut Sonntag wert ist. Auch jenseits der religiösen Bedeutung, die nur von einer Minderheit in unserer Gesellschaft gelebt wird, hat der Sonntag eine wichtige, die Gesellschaft verbindende Bedeutung. Er gibt der Woche einen Rhythmus, führt Familien zusammen, ist gemeinsamer Ruhetag und Freizeit. Er ist halt anders als die anderen Tage. Gerade in unserer vielfältiger gewordenen Gesellschaft sind solche verbindenden Elemente wichtig.
Die Koalition will nun einen weiteren Schritt zur Aufweichung des Sonntags gehen. Mit der Ausweitung der Möglichkeit verkaufsoffener Sonntage soll der Tag bewusst noch etwas stärker zu einem normalen Tag gemacht werden. Im Gesetz stehen nur die vier Tage. Die sechs Tage sind schon in der Diskussion. Bei sechs Tagen sind wir tatsächlich dabei, 10 % der Sonntage sind erst einmal verkaufsoffen.
Zu bedenken ist auch noch die kommunale Unterschiedlichkeit der Anwendung. Also, irgendwo im Umkreis ist immer verkaufsoffen.
Mit der Schaffung des unbestimmten und da- mit auch unsicheren neuen Begriffs des öffentlichen Interesses an der Belebung der Gemeinde oder eines Ortsteils oder an der überörtlichen Sichtbarkeit der Gemeinde leistet man dann allen Beteiligten tatsächlich einen Bärendienst. Das ist die zentrale Neuregelung, die wir eigentlich in diesem Gesetzentwurf finden.
§ 7 Abs. 3, mit dem versucht werden soll, das Ganze irgendwie verfassungskonform einzufangen, ergießt sich dann in einer Länge, die viele literarische Werke in den Schatten stellt. Bisher umfasste die funktionierende Regelung insgesamt neun Zeilen. Nun wären es insgesamt 53 Zeilen mit wirklich sehr speziellen Regelungen. Wir haben eine Versechsfachung des Gesetzestexts bei im Prinzip, theoretisch, ähnlicher Regelung, nämlich für sechs statt vier Tage. So viel zum Thema Entbürokratisierung.
Wenn mir die Kollegen von der Koalition im Wahlkampf noch einmal mit Entbürokratisierung kommen, dann werde ich immer dieses Beispiel zur Hand haben, was das in der Praxis tatsächlich bedeutet.
Sowohl von der Länge als auch von den Widersprüchen her könnte Hollywood geneigt sein, die Regelung zu verfilmen.
Dementsprechend verheerend sind die Stellungnahmen der künftigen Rechtsanwender. Nicht nur Kirchen und Gewerkschaften sind auf der Zinne, auch die Wirtschaft schickt Briefe und weist darauf hin, dass sie nicht mehr Sonntage will - das schreiben sie, sie wollen nicht mehr Sonntage -, sondern eine rechts- sichere Anwendung. Das war deren Idee.
Der Sinn des Vorhabens - meine Fraktion hatte in der vergangenen Legislatur einen ähnlichen Vorstoß verhindert; Sie erinnern sich; es steht in der Gesetzesbegründung; die Diskontinuität - bleibt rätselhaft. Wir beleben nicht die Innenstädte, wenn wir die Center auf der grünen Wiese nun auch noch sonntags öffnen. Wenn das tatsächlich die einzige Lösung ist, dass wir zwei Tage länger aufmachen, dann tut es mir leid.
Wir haben wirklich massive Probleme. Das ist so. Das sind städtebauliche Fragen. Das sind wirklich grundlegende Fragen. Das ist aber keine Frage von zwei Sonntagen mehr. Gerade die inhabergeführten Geschäfte haben davon keinen Vorteil und sagen das auch deutlich. Dass nun gerade der Onlineeinkaufende am siebenten Tag sagt, jetzt gehe ich doch in die Innenstadt, das ist unrealistisch.
So sinnvoll ist der Entwurf nicht. Einer Überweisung werden wir aber doch zustimmen. Wir haben überlegt. Die Fraktion DIE LINKE lehnt
Vielen Dank, Herr Meister. - Als letzter Redner kommt jetzt Herr Thomas für die CDU-Fraktion nach vorn.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Geschichte der Sonntagsöffnungszeiten vor Augen führt, dann wird man feststellen, viele Kommunen, viele Gemeinden hatten Sonntagsöffnungszeiten geplant, hatten Feste organisiert, hatten gesagt, kommt zu uns in die Stadt, ihr könnt hier ein Erlebnis haben, ihr könnt essen, ihr könnt einkaufen, ihr könnt eine schöne Zeit haben. Zum Schluss wurde am Freitagnachmittag durch Gewerkschaften oder andere Organisationen gerichtlich erwirkt, dass diese Sonntagsöffnungszeiten nicht genehmigt wurden. Das ist, glaube ich, ein Zustand, den wir nicht wollen. Wir wollen Planungssicherheit für alle, für diejenigen, die es veranstalten wollen, und auch für die Kunden. Deswegen ist es richtig, dass wir mit diesem neuen Gesetz Rechtssicherheit schaffen, sodass wir in Zukunft sagen können, jawohl, was ihr hier veranstaltet, das wird dann auch genehmigt.
Meine Damen und Herren! Wenn man sich das Einkaufen einmal vor Augen führt, dann ist ja viel Psychologie dabei. Natürlich ist
beim Einkaufen heutzutage, wenn man es sich ein-mal vom Onlinehandel zum Einzelhandel vor Ort anschaut, viel Psychologie dabei. Ich kann mich sonntagsnachmittags auch auf meine Couch setzen und meinen Laptop nehmen und bei Onlineversandhändlern einfach klick machen. Komischerweise habe ich das Produkt auch am Montagnachmittag. Also scheint auch der Onlineversand sonntags zu arbeiten. Das ist eine Wettbewerbssituation. Der muss man sich stellen. Die Gelder fließen dann nicht vor Ort ab, sondern sie fließen in das Internet ab und die Wertschöpfung vor Ort ist nicht da. Wir als CDU-Fraktion stehen stark dafür, dass wir Wertschöpfung vor Ort wollen. Wir wollen die Kommunen stärken.
Gucken wir es uns einmal an. In den letzten zwei Jahren ist durch Corona, glaube ich, kaum eine Branche so gebeutelt worden wie der Einzelhandel: auf, zu, mit Maske, ohne Maske. Gartencenter durften aufmachen, die Einzelhändler mussten zumachen. Keiner hat es verstanden. Wir haben uns hier über Quadratmeterzahlen unterhalten, ab wann was erlaubt ist. Das hat dazu geführt - das können wir doch nicht ignorieren, liebe Kollegen von der LINKEN -, dass sich das Einkaufsverhalten vieler Menschen geändert hat. Sie haben gesagt, wir gehen nicht mehr los, sondern machen klick von zu Hause aus.
Wir haben dann aber genau diese Diskussion in den Stadträten und Kommunalparlamenten. Wir haben Leerstand in den Innenstädten. Wir haben den Einzelhändler, der sagt, ich schaffe es nicht mehr.
Nun überlegen wir, wie können wir wieder zu einem Erlebnis, zu einer Belebung der Innenstädte kommen. Dafür machen wir ein Angebot. Wir machen nicht mehr als ein Angebot und sagen, neben den bisher, ja, gesellschaftlich akzeptierten vier Sonntagen geben wir euch in den Jahren 2023 und 2024 die Möglichkeit - ich will es deutlich sagen; es ist doch kein Zwang -, noch an zwei Sonntagen zusätzlich zu öffnen. Wenn ihr es nutzen wollt, dann probiert es, wenn nicht, dann ist es eure Entscheidung vor Ort.
Daraus zu folgern, wir würden die Unternehmen oder gar die Beschäftigten in eine Zwangslage bringen, das ist die linke Abenteuerlichkeit, von der ich manchmal nachts träume und dann schweißgebadet wach werde.
Zum Schluss entscheidet immer noch der Unternehmer selber, schließe ich meinen Laden auf oder schließe ich ihn nicht auf. Wenn er ihn sonntags aufschließt, dann wird er dies mit einem guten Gefühl tun.
Kollege Meister, neben Ihnen sitzt eine Kollegin aus Quedlinburg, einer Welterbestadt, die genau weiß, dass wir gerade am Wochenende eine hohe Frequentierung von Touristen haben. Deshalb gibt es ein hohes Interesse daran zu sagen, wir möchten die Möglichkeit haben, diesen Touristen auch Einkaufsmöglichkeiten zu geben; denn zum Schluss sitzt eine Familie, so wie ich sie kennengelernt habe, unter Umständen Sonntag früh am Frühstückstisch und fragt sich, wo fahren wir heute hin.