Danke, Herr Bernstein. Ich sehe keine Fragen dazu. - Deswegen können wir nun in die Debatte eintreten. Zuerst erhält der Vertreter der Landesregierung, nämlich der Finanzminister Herr Richter, das Wort.
Wir haben zurzeit das Problem, dass die Uhr zur Anzeige der Redezeit ausgefallen ist, aber alle Rednerinnen und Redner werden auch in der Zukunft deutliche Signale von wir bekommen, die die Anzeige am Rednerpult wirkungsvoll ersetzen werden. - Herr Richter, Sie haben das Wort. Bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mir Mühe geben, die Redezeit einzuhalten.
Mit dem vorliegenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abg. Herr Meister versucht, die Zustimmung des Finanzausschusses zum Abbruch des Hauses 5 aufzuheben. Er argumentierte, das Haus solle stattdessen saniert und einer Landesnutzung zugeführt werden. Wie wir gerade gehört haben, hat sich der Finanzausschuss in seiner letzten Sitzung erneut mit diesem Anliegen befasst. Das Ergebnis dieser Beratung ist das gleiche. Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses sieht vor, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN abzulehnen
Meine Damen und Herren! Meiner Meinung nach ist zu diesem Thema bereits alles gesagt worden. Ich möchte heute dennoch die Gelegenheit nutzen, zu den Äußerungen bzw. Vorwürfen des Abg. Herrn Meister in der Sitzung des Finanzausschusses am 2. Mai 2022 Stellung zu nehmen, die ich so nicht stehen lassen kann. Wer in der Sitzung nicht dabei war, der kann das gern im Protokoll nachlesen.
Zu Beginn möchte ich feststellen: Grundlage für die Erteilung der denkmalrechtlichen Genehmigung für die Abbrucharbeiten bzw. für den Abbruchantrag war die laut den Bauanträgen erforderliche Nutzfläche. Diese Grundlage hat sich in den Jahren 2017 und 2020, in denen eine Fristverlängerung beantragt werden musste, nicht geändert.
Zur besseren Verdeutlichung der maßgeblichen Gründe zum Abbruch werde ich auszugsweise aus der am 15. Juli 2014 erteilten denkmalrechtlichen Genehmigung zum Abbruch zitieren:
„Die Nutzung der ehemaligen Train- und Artilleriekaserne als Standort für Einrichtungen der Landespolizei trägt zum längerfristigen
Erhalt des Baudenkmals bei. Die Notwendigkeit für den Abbruch eines Bestandteils der Kasernenanlage ergibt sich aus dem Bebauungskonzept. Die Unterbringung von Teilen des Technischen Polizeiamtes auf dem Grundstück ist eine Folge des Hochwassers aus dem Jahr 2013, da ein neuer, sicherer Standort gefunden werden musste. Die Entscheidung, beide polizeilichen Einrichtungen auf einem Grundstück unterzubringen, hat zu dem hohen Grad der Bebauung des Grundstückes geführt und macht den Abbruch des Hauses 5 erforderlich. Nach Abwägung der hier bestehenden unterschiedlichen öffentlichen Interessen, Sicherheit Hochwasserschutz und Denkmalschutz, wird der Antrag, das Haus 5 abzubrechen, aus denkmalrechtlicher Sicht genehmigt. Nach der Einschätzung der unteren Denkmalschutzbehörde wurden alle drei vorgenannten öffentlichen Belange bei der Planung angemessen berücksichtigt. Der Erhalt des Hauses 5 würde die anderen hier genannten öffentlichen Belange, Sicherheit und Hochwasserschutz, in unangemessener Weise belasten.“
Bei der Aufstellung der Vorplanungen im Jahr 2017 für dieses prioritäre Großprojekt wurden gegenüber der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2014 Konkretisierungen in der Planung auch in Bezug auf die Bebauungsdichte auf der Liegenschaft vorgenommen. In enger Abstimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Magdeburg wurde eine Neuordnung der Liegenschaft Sternstraße 12 erarbeitet. Diese geht von der Wiederherstellung des historischen Trainhofes als sogenanntes Baudenkmal innerhalb des Flächendenkmals Magdeburger Altstadt einschließlich der historischen Festungsanlagen aus, die die Sanierung der Häuser 1 bis 4, Haus 7 sowie die westliche Fassadenmauer des Hauses 5 zum Inhalt hat.
Ich halte an dieser Stelle fest: Ein Großteil des Denkmals wird erhalten und saniert. Maßgeblich für die gemeinsam mit dem Innenministerium getroffene Entscheidung zum Haus 5 war letztlich die Neustrukturierung der Liegenschaft und die damit einhergehende Herrichtung und Vorhaltung notwendiger Flächen.
Ich darf noch einmal betonen, dass im Ergebnis des Abwägungsprozesses zum Erhalt oder Abbruch des denkmalgeschützten Hauses 5 das öffentliche Interesse anderer Art im Sinne von § 10 Abs. 2 Nr. 2 des Denkmalschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt überwog. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, das ist völlig überraschend. - Herr Richter, Sie haben dargelegt, dass Grundlage des Abrissbeschlusses und auch des aktuellen Abrisswunsches das öffentliche Interesse, wie Hochwasserschutz und dergleichen, ist. In den Akten, die ich dankenswerterweise einsehen durfte, gibt es ein Schreiben Ihres Hauses vom 12. Mai 2017. Darin heißt es - ich zitiere nur einen Satz -: Einer Sanierung wird seitens des MF aus wirtschaftlichen, aber auch aus kostenmäßigen Erwägungen nicht zugestimmt.
Geht es eigentlich um einen wirtschaftlichen Aspekt? Es ist völlig okay, das so zu machen. Dann muss man aber andere Regelungen beachten, nämlich § 10 Abs. 5 des Denkmalschutzgesetzes. Ich halte Ihnen das vor. Was sagen Sie dazu?
Die Frage der wirtschaftlichen Betrachtung spielt keine Rolle. Das ist zwar mit heran- gezogen worden, aber war nicht Grundlage für die Entscheidung der unteren Denkmalschutzbehörde und somit auch nicht für die Abrissgenehmigung.
Wir können in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Als Erster spricht der Abg. Herr Kohl für die AfD-Fraktion. - Herr Kohl, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Heute haben wir final darüber zu befinden, ob im Rahmen der Sanierungsarbeiten in der Liegenschaft der Polizeiinspektion Magdeburg das dort befindliche Haus 5 dem Abriss anheimfällt oder saniert und einer sinnvollen Nutzung zugeführt wird. Das ist vornehmlich eine politische Entscheidung. Da uns als AfD der Erhalt von Baudenkmälern wichtig ist, haben wir bereits in der Sitzung des Finanzausschusses im Januar gegen den Abriss von Haus 5 gestimmt und den entsprechenden Antrag der GRÜNEN im Magdeburger Stadtrat unterstützt.
Das Haus 5 ist ein ca. 140 Jahre alter schlichter Klinkerbau. Es mag vielleicht sein, dass dieses Haus kein architektonisches Kleinod ist, aber das Haus hat Geschichte, es hat Charakter und es ist ein Zeugnis unserer Baukultur. Das reicht schon aus, um sich positiv von den nach dem Krieg in Magdeburg errichteten sozialistischen Plattenbauten, den sogenannten Arbeiterschließfächern, abzuheben.
Nach der Wende entstanden in der Magdeburger Innenstadt - abgesehen vom Hundertwasserhaus - wuchtige, seelenlose Bauten aus Stahl, Beton und Glas ohne jeden architektonischen Anspruch. Daher sehen wir es als Verpflichtung an, die noch vorhandenen historischen identitätsstiftenden Baudenkmäler wie das Haus 5 für die kommenden Generationen zu erhalten. Aus diesem Grunde haben wir in unserem alternativen Haushalt auch einen Zuschuss in Höhe von 5 Millionen € für ein Pilotprojekt zur Wohnraumförderung denkmalgeschützter Gebäude eingeplant.
Ob der Abriss von Haus 5 rechtmäßig ist, war Gegenstand einer lebhaften Diskussion im Finanzausschuss. Die Redner, die nach mir sprechen, werden bestimmt noch einmal genauer darauf eingehen. Aber eines will ich klar kritisieren: Dass die Koalitionsfraktionen eine Prüfung der Rechtslage durch den GBD abgelehnt haben, um vorgeblich den Bauablauf nicht zu gefährden, ist ein Politikstil, der vermeidbar Misstrauen und Konfrontation erzeugt. Das war meiner Ansicht nach völlig unnötig.
Für uns als AfD kann es dahingestellt bleiben, ob der Abriss rechtmäßig erfolgt oder nicht, da wir aus den eingangs genannten Gründen den Abriss von Haus 5 ohnehin ablehnen. Als Denkmalschutzpartei
- ja, so ist das - und offenkundig als einzig verbliebende konservative Kraft in diesem Landtag werden wir dem vorliegenden Antrag zum Erhalt von Haus 5 mit Freude zustimmen.
Es gibt - zumindest sind sie für mich nicht erkennbar - keine Fragen. Dann können wir fortfahren. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Dr. Schmidt.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt Anblicke, die in einem immer wieder kleine Wunder auslösen, auch wenn man sie schon zehntausend Mal gesehen hat - Anblicke, die man vermisst, wenn man nicht regelmäßig an dem Ort vorbeikommt, die Wohlgefühl auslösen, für die man Umwege macht, die man immer wieder sucht.
Wer einen solchen Anblick, eine solche Präsenz auf seinen Wegen hat, der kann sich glücklich schätzen. Haus 5, sehr geehrte Damen und Herren, löst ganz sicherlich nur bei einer sehr kleinen Minderheit der Menschen in Magdeburg solche Gefühle aus.
Es ist ein schlichter Bau des preußischen Militärfiskus mit Wohnungen für harthörige Artillerieunteroffiziere - eine Gruppe, die in der preußischen Gesellschaft legendär war. Sie galt intellektuell als etwa so anspruchsvoll, wie das möglicherweise von vielen für weite Teile der AfD-Fraktion angenommen wird.
Ich kann nicht sagen - denn wir hatten dazu keine Akteneinsicht -, wie die untere Denkmalschutzbehörde zu ihrer Entscheidung genau gekommen ist. Das ist eine Geschichte, über die wir im Finanzausschuss auch nicht zu entscheiden hatten. Aber sie hat den Abriss genehmigt in einer Abwägung, die auch Bestandteil der Rettung eines größeren Teils der denkmalgeschützten Substanz an dieser Stelle ist.
Nun vermag ich nicht zu sagen, ob die Nutzung dieses Geländes für eine Behörde tatsächlich für Magdeburg städtebaulich der beste Weg ist. Möglicherweise wäre eine Wohnnutzung am Ende besser gewesen. Mein Kollege Heuer hat vielleicht darin recht, dass man irgendwann vor vielen Jahren hätte entscheiden können, die Polizeiinspektion auch auf die grüne Wiese zu bauen. Das mag alles sein.
Ich weiß aber, dass Magdeburg - das sage ich als Hallenser frohen Herzens und ganz ehrlich - viel zu schön ist, als dass es den Verlust dieses einen kleinen Hauses nicht verkraften könnte. Das scheint die Magdeburger Denkmalbehörde auch so gesehen zu haben. Ich weiß ganz bestimmt, dass wir diesen Bau zu Ende bringen müssen. Wir müssen diese Polizeiinspektion endlich bauen:
für uns und unseren Haushalt, für die Polizistinnen und Polizisten, die anständige Arbeitsplätze brauchen,
und am Ende auch für die Stadt Magdeburg, die diese nicht so schöne Stelle in ihrem Stadtbild endlich wieder geschlossen bekommen muss. - Vielen Dank.
Danke. Es gibt hierzu keine Fragen. - Deswegen spricht jetzt Andreas Henke für die Fraktion DIE LINKE. - Bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Na klar, Kollege Meister, völlig unstrittig - ich glaube, das unterschreiben wir hier alle - ist die im einleitenden Antragstext getroffene Aussage, dass die Bewahrung und Sicherung von Baudenkmalen eine wichtige öffentliche Aufgabe ist.
Baudenkmale - das gilt auch für das altehrwürdige Magdeburg - sind und bleiben wichtige Zeugen einer wechselvollen Geschichte. Dabei geht es nicht nur um Architektur als Baukunst oder deren funktionale Nutzerorientierung. Vielmehr war Architektur schon immer auch Ausdruck der politischen, wirtschaftlichen,
kulturellen oder sozialen Verfasstheit der Gesellschaft. Damit liefern natürlich nicht nur Baudenkmale auch einen wertvollen Ansatz, wie damalige Bauherren und Nutzer mit ihrer Lebens- und Arbeitsweise in einen geschichtlichen Kontext einzuordnen sind.
Dabei geht es heute bei Weitem nicht mehr nur um Burgen, Schlösser und Fachwerkensembles. Längst gehören auch Bauten der Moderne und Nachkriegsmoderne dazu. Aber - auch das muss man betonen - Denkmalschützer, Behörden und politische Vertretungen sehen sich zunehmend mit einer enormen quantitativen Zunahme von Baudenkmalen konfrontiert.