Protokoll der Sitzung vom 18.05.2022

Dabei geht es heute bei Weitem nicht mehr nur um Burgen, Schlösser und Fachwerkensembles. Längst gehören auch Bauten der Moderne und Nachkriegsmoderne dazu. Aber - auch das muss man betonen - Denkmalschützer, Behörden und politische Vertretungen sehen sich zunehmend mit einer enormen quantitativen Zunahme von Baudenkmalen konfrontiert.

Genau dies erfordert auch von uns als politische Vertretung eine neue und differenzierte Herangehensweise, teils auch eine Neubewertung insbesondere in der Frage: Wie rigide muss heute etwas geschützt werden? Sind aufzuwendende Kosten verhältnismäßig? Sind sie vertretbar? Rechtfertigt eine gesicherte zukünftige Nutzung auch den Aufwand - in diesem Fall einen enormen Aufwand?

Ich glaube, mit Blick auf Haus 5 sind diese Fragen umfassend geklärt und sowohl die denkmalschutzrechtlichen als auch die wirtschaftlichen Aspekte berücksichtigt worden. Deshalb empfehlen auch wir, der Beschlussempfehlung zu folgen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Guido Heuer, CDU)

Wir kommen nunmehr zu der FDP-Fraktion. Es spricht Herr Bernstein. - Sie haben das Wort, bitte sehr.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Täglich grüßt nicht das Murmeltier, sondern täglich grüßt Haus 5.

(Guido Heuer, CDU: Und es pfeift auch!)

- Es pfeift, ja?

(Lachen)

Bei einem Alter des Gebäudes von 140 Jahren sollte man meinen, man könnte sich für die Diskussion und die Entscheidungsfindung einen großzügigen Zeitrahmen setzen. Allerdings bin ich mir darin nach eingehender Betrachtung des Sachverhaltes nicht mehr so sicher.

Wir hätten es uns auch einfacher machen können. Ich selbst bin kein Magdeburger und mit dem vorgeschalteten Prozess quasi aus der außerparlamentarischen Opposition heraus nicht vertraut gewesen, zumindest nicht bis zum Januar 2022. Als Einwohner Dessaus wiederum weiß ich natürlich den Wert historischer Bausubstanz besonders zu schätzen. Gebäude in unserer Stadt, bspw. das Schwabehaus oder das sogenannte Kochhaus, wurden durch großes bürgerschaftliches Engagement in Vereins- bzw. Genossenschaftsform erhalten. Auch diverse große öffentliche Sanierungsvorhaben in meiner Heimatstadt ließen sich nennen.

Schaue ich mir aber die Magdeburger Entwicklung speziell bezogen auf das Haus 5 an, so sehe ich doch vielmehr einen politischen Streit, der sich entwickelt hat. Diesen müssen wir heute abschließen und zu einer Entscheidung gelangen.

Ich habe bereits vorhin im Rahmen der Berichterstattung aus dem Finanzausschuss dargestellt, wie wir im Finanzausschuss und auch am 25. Februar 2022 im Plenum darüber debattiert, das Pro und Kontra erörtert und Argumente ausgetauscht haben. Auch vom Finanzministerium wurde noch einmal darauf hingewiesen, dass neben den eigentlichen Sanierungskosten durch die Verzögerung eines Nichtabrisses dieses Hauses 5 die anderen Verzögerungen im geplanten Bauablauf sicherlich zu weiteren Kostensteigerungen führen würden, die aus unserer Sicht nicht zu vertreten sind.

Letztlich - das möchte ich auch feststellen; Kollege Schmidt hat das schon gesagt - sind wir es auch unseren Polizistinnen und Polizisten schuldig, den Bauablauf nicht durch weitere Debatten zu verzögern, sondern das Gesamtprojekt zügig zum Abschluss zu bringen.

Als FDP-Fraktion werden wir uns der vor- liegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Finanzen anschließen. Sein im Januar gefasster Beschluss bezüglich des Abrisses ist umzusetzen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Meister. - Bitte sehr.

So ist das. Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Angelegenheit hatte ich nach der letzten Debatte im Hohen

Haus Gelegenheit, in die Akten Einsicht zu nehmen. Das war ausgesprochen erhellend.

Beantragt hatte ich die Einsicht, weil ich verstehen wollte, wie man die wirtschaftliche Unzumutbarkeit des Denkmalerhalts errechnet hat. Nach § 10 Abs. 5 unseres Denkmalschutzgesetzes wäre das bei einem Abriss aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich. Das ist aber nur schwierig darzulegen, da man sich unterlassene Erhaltungsmaßnahmen nicht anrechnen lassen darf. Das ist schwierig.

Um es kurz zu machen: Man hat es nicht geprüft. Der Abriss erfolgt nämlich nicht aus wirtschaftlichen Gründen - der Minister hat es gerade noch einmal ausgeführt -, obwohl das hier das ständige Argument war. Erinnern Sie sich einmal zurück an die Debatte, die wir geführt haben: 6 Millionen € und was das pro Quadratmeter kostet und so. Vielmehr - man staune - sind es tatsächlich noch immer die Gründe des Hochwasserschutzes, die zu einem Abriss berechtigen sollen. Nach dem Hochwasser im Jahr 2013 war die Verlagerung von Polizeidienststellen in die Polizeiinspektion tatsächlich vorgesehen. Erste Planungen erfolgten. Haus 5 sollte aus Platzgründen weg; das hat der Minister dargestellt.

Die Denkmalschutzbehörde genehmigte im Jahr 2014 zähneknirschend - sie schreibt: sehr ärgerlich, weil guter Zustand des Gebäudes - den Abriss. Zwei Monate später warf die Landesregierung die Planungen völlig um. Haus 5 galt ab dem Zeitpunkt als zu erhalten und wurde zu einem Betrag in Höhe von 180 000 € beplant. So viel Geld hatte man in die Planung hineingesteckt. Bis hin zu der Aufstellung der Möbel war alles offenkundig. Zu dem Zeitpunkt war Hochwasserschutz also kein Thema mehr. Denn das Gebäude konnte trotzdem stehen bleiben; das muss man sich klarmachen.

Im Jahr 2016 erfolgte dann die erneute Kehrtwende. Falls man sich fragt, warum Planungen der öffentlichen Hand eigentlich so teuer sind: In der Akte konnte ich sehen, wie das passiert. In dem Schreiben vom 12. Mai 2017 - ich habe es vorhin zitiert - wird deutlich, dass die Planung mit der Begründung der Wirtschaftlichkeit erneut geändert wurde. Es ging wieder um den Abriss. Als offizieller Grund bleibt - zwinker, zwinker - der Hochwasserschutz.

Seit der Planungsänderung im Jahr 2014 wissen alle, dass die Berufung auf Hochwasserschutz schlicht falsch ist. Trotzdem wird sie rechtlich bis heute genutzt, erst jüngst in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage. Die Landesregierung handelt hierbei bedauerlicherweise - ich bleibe bei meiner Auffassung - rechtswidrig. Es wird ganz bewusst gegen die Regelungen des Denkmalschutzgesetzes verstoßen. Ich halte das für einen unhaltbaren Zustand.

Man kann diese Änderung selbstredend vor- nehmen. Man kann vom öffentlichen Interesse hin zu Wirtschaftlichkeit wechseln. Man muss dann aber natürlich die Regeln der Wirtschaftlichkeit einhalten.

(Zustimmung bei der AfD)

Das sind die Darlegungen. Das macht ihr gar nicht. Nun könnte man sagen: Meister, nerv nicht, das Gebäude wird wirtschaftlich schon unzumutbar sein. In der Akte befand sich jedoch auch eine vom Land veranlasste detaillierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vom 5. Oktober 2016. Sie untersuchte vier Varianten: vom sofortigen Abriss bis hin zur sofortigen Sanierung. Der Gutachter kam zu dem Schluss, am wirtschaftlichsten wäre der Erhalt. Am wirtschaftlichsten wäre der Erhalt. Das steht so in der Akte.

(Zustimmung bei der AfD - Guido Heuer, CDU: Am wirtschaftlichsten wäre die PD an einem anderen Standort gewesen!)

- Ja. - Er schlug zunächst Sicherungsmaßnahmen und die Vorhaltung als Raumreserve und später eine bedarfsgerechte Sanierung vor. Wie will man bei einer solchen Aktenlage und in Anbetracht dessen, was ein Gutachter schreibt, dann noch sagen, das ist wirtschaftlich unzumutbar? - Das geht natürlich nicht.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Dementsprechend bleibt die Landesregierung bei der Auffassung, es geht um Hochwasserschutz. Das ist wirklich Unsinn. Hochwasserschutz hat damit nichts zu tun.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Was hier gemacht wird, ist rechtlich nicht okay. Ich lege das dementsprechend dar. Das ist meine Aufgabe.

Wir werden die Beschussempfehlung ablehnen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. - Wir kommen zum letzten Debattenredner. Es spricht der Abg. Herr Heuer für die CDU-Fraktion.

(Guido Kosmehl, FDP: Guido, gib dir einen Ruck! Verzichte! - Oliver Kirchner, AfD: Das ist deine Geburtsstadt!)

Herr Heuer, Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Sogar Siggi leidet.

(Lachen bei der CDU)

Lieber Kollege Meister, mittlerweile pfeift Haus 5 wie ein Murmeltier. Ganz ehrlich: Wenn es um Wirtschaftlichkeit gegangen wäre, dann hätten Sie niemals zustimmen dürfen, dass die PD - oder jetzt PI - an dem Standort gebaut werden darf. Das ist ein tot gerittenes Pferd, verdammt noch mal. Das ist so. Was soll das?

Dieses Gelände, weil wir dort nun einmal eine PI bauen, gegen die - - Ich kann es nur wiederholen: Im gesamten Finanzausschuss kam von mir persönlich die einzige Gegenstimme - fünf Jahre lang

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

und gegen den Willen meiner Fraktion. Jetzt kommt ihr um die Ecke und besorgt zusätzliche Mehrkosten. Wenn es um Wirtschaftlichkeit gegangen wäre, dann hätte das zählen müssen. Dann würde das Ding nämlich anstelle des ehemaligen Altstädtischen Krankenhauses stehen. Das habt ihr alles nicht gemacht. Und jetzt kommst du wegen - - Ganz ehrlich: Bei dem Gesamtumfang von 200 Millionen € reden wir über Peanuts, wenn wir die ursprüngliche Bauzeit überschreiten. Wir werden das alles machen. Jetzt kommt ihr um die Ecke und sagt: Nein, das müssen wir jetzt erhalten. Macht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dann persönlich die Führung und zeigt ein preußisches Garnisonsgebäude? Jetzt einmal ganz ehrlich: Das ist doch der Witz des Jahrhunderts;

(Christian Hecht, AfD: Nein! Das ist deutsche Geschichte!)

das muss ich einmal sagen. Ihr könntet uns als Land Sachsen-Anhalt einen viel größeren Gefallen tun - Ihr seid ja in der Regierung; das Land Sachsen-Anhalt ist das Land mit den meisten Schlössern, Burgen und Denkmälern -,

(Zustimmung von Sandra Hietel, CDU - Zuruf von der AfD: Genau, abreißen! Ja?)

wenn ihr euch einmal darum kümmern würdet, dass dies honoriert und gesagt wird, das wird seitens Berlin nach Investitionsstau bezahlt, sodass wir das nicht aus Landesmitteln bezahlen müssen. Damit wäre uns viel mehr geholfen.

(Zustimmung von Sandra Hietel, CDU)

Aber sorry, sehr geehrter Kollege Meister, diese wirtschaftlichen Gründe muss ich Ihnen echt absprechen. Denn die ziehen hier nicht. Anderenfalls wäre die PI auf der grünen Wiese gebaut worden. Punkt. - Danke schön.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Sebas- tian Striegel, GRÜNE)