Protokoll der Sitzung vom 19.05.2022

Frau Tarricone, Sie haben recht. - Der heutige Sitzungstag dauert nicht mehr lange. Es gibt hier Gesprächsinseln, wenn ich in die Fraktionen, wenn ich in diese Richtung schaue. Ich verstehe ja, dass Diskussionsbedarf besteht; besonders nach den letzten Geschehnissen hier.

(Zuruf)

Aber gehen Sie dann doch bitte aus dem Plenarsaal.

(Zustimmung)

Es ist für Frau Tarricone ausgesprochen schwierig, den Antrag ordnungsgemäß einzubringen. - Frau Tarricone. Bitte.

Danke schön. - Ich fange mit dem Gedanken noch einmal an: Damit das Fahrzeug sich selbst jederzeit in einen sicheren Zustand bringen kann, egal ob auf der Autobahn oder in der Rushhour in der Innenstadt, bedarf es einer Reihe technischer Voraussetzungen sowohl im Fahrzeug als auch außerhalb.

Für das autonome Fahren brauchen wir ein ganzes Ökosystem an digitaler Infrastruktur, Infrastruktur, die eigene Sensordaten an die Fahrzeuge übermitteln und dem Fahrzeug damit eine Schutzhülle hinzufügen kann.

Nach jahrelangem Streit zwischen den Automobilherstellern zeichnet sich die Tendenz ab, dass die notwendige Kommunikation mit der Fahrzeugumgebung per Mobilfunk und nicht per WLAN vonstattengehen wird. Eine sichere Mobilfunkabdeckung ist also erforderlich, wenn wir zu einem großflächigen Einsatz des autonomen Fahrens kommen wollen.

Der Standard Cellular-Vehicle-to-Eeverything beruht derzeit auf LTE. Etwa ab dem Jahr 2024 rechnen die Hersteller mit dem breiten Übergang zur automobilen Konnektivität über einen 5G-Standard.

Wenn wir die Chance nutzen wollen, dann kommen auf viele Akteure im Land enorme Herausforderungen zu. An vielen Ecken gehen sie diese bereits an. Diese Akteure wollen wir miteinan-

der vernetzen, damit sie untereinander von ihren Erfahrungen lernen können,

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)

aber auch, damit wir als Landespolitik unsere Schlüsse daraus ziehen können, welche Rahmenbedingungen wir schaffen müssen, damit das autonome Fahren so schnell und so sicher wie möglich ein Erfolg für Sachsen-Anhalt wird.

Das Straßenverkehrsnetz ist ein höchst kompliziertes Konstrukt. Ein Fahrzeug, das auf der kleinen Dorfstraße nicht fahren kann, kann mich dort auch nicht abholen. Ich meine, ein autonom fahrendes Fahrzeug. Damit wäre es also auch nicht zielführender als der Bus, der wegen Fahrermangels nicht kommt.

Dafür und für viele andere Herausforderungen müssen wir Lösungen in nicht allzu ferner Zukunft finden. Dafür brauchen wir eine Strategie mit ganzheitlichem Ansatz. Wir als Koalition werben dafür, in einem ersten Schritt die Akteure in unserem Land zusammenzubringen. Auf einer Konferenz sollen die bestehenden Erfahrungen ausgetauscht werden. Dafür wollen wir einen Impuls setzen.

Damit beschäftigt sich der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen. Er schiebt an, dass wir Sachsen-Anhalt modern machen. Lassen Sie uns mit einem kraftvollen Votum Ihrerseits, diesen gemeinsam auf den Weg bringen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Frau Tarricone, einen Augenblick, bitte. Es gibt eine Nachfrage von Herrn Rausch. Wollen Sie diese zulassen?

Ja.

Ja. - Dann, bitte, Herr Rausch.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Kollegin. Ich finde, es ist nicht alles schlecht, was Sie gesagt haben. Ich bin selber Nutzer eines Autos, das teilautonomes Fahren beherrscht. So möchte ich es einmal nennen. Ich habe jetzt eine Frage an Sie zur realen Umsetzung.

Also, mir ist auch bekannt, dass Mercedes-Benz jetzt eine Genehmigung für Lkw bekommen hat, um das auf Autobahnen zu testen. Das ist Ihnen wahrscheinlich auch alles bekannt.

Ich frage mich jetzt, wenn ich durch meinen Landkreis fahre, den Salzlandkreis, und die Straßen zu 60 %, 70 % keine richtigen Kennzeichnungen haben, also an den Straßenrändern und Mittelstreifen - dann erkennt nämlich jedes Mal der Spurhalteassistent die Grenzen nicht mehr -, wie wir sicherstellen wollen, wenn wir den Weg gehen würden, dass wir so viel Geld zur Verfügung stellen, dass die Straßen erst einmal in den Zustand gebracht werden, dass autonomes Fahren überhaupt möglich ist.

Das Problem ist ja, es gibt die Systeme. Sie funktionieren auch. Sie stehen zurzeit aber nur temporär zur Verfügung. Das heißt, das Auto erinnert einen immer einmal daran, dass man das Lenkrad berühren muss oder dass man aktiv eingreifen sollte.

Ich sehe den großen Mangel darin, dass die Infrastruktur - auf jeden Fall im ländlichen Raum; für Städte weiß ich es nicht genau - nicht gegeben ist. Ich frage Sie jetzt, wie Sie dafür Sorge tragen wollen - Sie tragen ja auch das Ressort Landesentwicklung und Verkehr, Infrastruktur und Digitales -, dass wir im Salzlandkreis Hoffnung haben können, dass unsere Straßen besser werden. Wie wollen wir das schaffen?

(Marco Tullner, CDU: Das macht Frau Hüskens alles!)

Ich danke Ihnen ganz ausdrücklich dafür, dass Sie diese Brücke zum Ressort schon geschlagen haben; denn in der Konferenz, die wir vorschlagen möchten, sammeln wir all die Sachen: Was brauchen wir? Auf welchem Stand sind wir? Was müssen wir herstellen?

(Ministerin Dr. Lydia Hüskens: Genau!)

Dann macht sich das Ressort Gedanken. Das ist wirklich sinnvoll.

Ob von heute auf morgen auf jeder Straße so etwas möglich ist: Ich meine, wir sind uns doch darin einig, dass wir nicht so machen

(Kathrin Tarricone, FDP, schnippst mit den Fingern)

und einen großen Sack Geld ausschütten

(Oliver Kirchner, AfD: Richtig!)

und dann funktioniert alles, aber wir müssen das Thema angehen. Wir müssen es angehen!

(Zustimmung bei der FDP - Tobias Rausch, AfD, tritt an ein Saalmikrofon)

Herr Rausch, aber wirklich kurz. Wir sind in einer Dreiminutendebatte. Wir hatten dieses Thema eben schon.

Jawohl, ganz kurz. Ich hatte die eine Minute nicht ausgeschöpft.

(Zurufe von der CDU: Doch! - Es waren drei Minuten! - Zwei Minuten!)

Also, meine Frage ist: Welchen zeitlichen Horizont sehen Sie denn, wann wir uns dahin be- wegen?

(Eva von Angern, DIE LINKE: Nicht heute Abend! - Lachen bei der LINKEN)

Den zeitlichen Horizont kann ich Ihnen jetzt hier vom Pult aus nicht nennen, sondern das denken wir uns aus, wenn wir wissen, welche Herausforderungen vor uns stehen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Tarricone. - Für die Landes- regierung nimmt Ministerin Frau Dr. Hüskens Stellung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von dem Begriff autonomes Fahren haben die

meisten von uns sofort eine Vorstellung, sie haben ein Bild davon, bei vielen immer noch abgeleitet von dem einen oder anderen ScienceFiction-Film. Es kommen Fahrzeuge, wenn man sie haben möchte.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Knight Rider!)

Sie parken sich selber ein. Sie fahren wieder weg, wenn man ausgestiegen ist, und verschwinden dahin, wohin sie gehören. Das ist in der Praxis natürlich noch nicht so. Wir sind in einem deutlich früheren Stadium von autonomem Fahren.

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Die andere Frage ist jetzt: Warum machen wir das überhaupt? Was gibt es eigentlich für einen Grund, sich damit zu beschäftigen? Warum wollen wir von dem fahrergesteuerten Fahren weg, was dem einen oder anderen von uns ja auch durchaus Spaß macht?

Der eine Punkt ist definitiv die Möglichkeit, Infrastruktur besser auszulasten, z. B. im Bereich ÖPNV, aber auch im Bereich der Bahn. Wir haben darüber hinaus natürlich auch die Idee, die Fahrzeuge intensiver auszulasten. Wenn man sich einmal anschaut, wie lange individuell genutzte Fahrzeuge aktuell herumstehen, dann ist das definitiv eine Möglichkeit.

Wir werden auch - das hat Frau Tarricone schon dargestellt - in eine ganze Reihe von Bereichen gehen, gerade in den gewerblichen Bereich, in dem wir überhaupt nicht mehr genügend Personal finden werden, wenn wir nicht damit an- fangen gegenzusteuern.