Protokoll der Sitzung vom 19.05.2022

Um die vorübergehende Erhöhung ab dem 1. August 2022 zu gewährleisten, bedarf es einer schulgesetzlichen Regelung in § 86 des Schulgesetzes, die jetzt mit diesem Gesetzentwurf eingebracht wird. Auf dieser Grundlage könnte das Ministerium für Bildung die Schülerkostensätze zunächst auch nach § 18a des Schulgesetzes berechnen und rechtssicher an die Träger der freien Schulen weitergeben.

Gemäß § 10 Abs. 5 SchifTVO erfolgt die Ver- öffentlichung der vorläufigen Schülerkosten- sätze zum 30. Juni eines jeden Schuljahres. Wir werden die Schulträger umgehend über die erhöhten Schülerkostensätze informieren und zeitnah die Mehreinnahmen bei den Bescheiden einkalkulieren. Ich bitte Sie schon jetzt um Nachsicht für den Fall, dass wir dieses Datum vielleicht nicht einhalten sollten. Wir geben uns aber große Mühe, dass das zum 30. Juni geschieht.

Aus der Sicht meines Hauses strukturiert dieser Beschluss den weiteren Zeitplan zur Erarbeitung eines neuen Finanzierungsmodells für die Schulen in freier Trägerschaft. Der Auftrag, ein stringentes, transparentes und auch auskömmliches Finanzierungssystem für die Schulen in freier Trägerschaft spätestens zum Beginn des Jahres 2024 einzuführen, bleibt weiterhin unser großes Ziel. Ich würde mich freuen, wenn Sie mich dabei unterstützen würden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Feußner. - Damit können wir mit der Debatte beginnen. Der erste Debattenredner ist Herr Borchert von der CDU-Fraktion. - Herr Borchert, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ein bisschen überrascht. Ich dachte, ich sei der letzte Redner; jetzt bin ich der erste.

Eine Änderung des Schulgesetzes - kurz und bündig - ist, soweit ich informiert bin, in den letzten Jahren in diesem Hohen Haus kaum ein-

mal so schnell beschlossen worden. Man ist es eigentlich gewöhnt, Wochen, Monate oder auch Jahre über Gesetzesänderungen zu diskutieren. Wenn man sich dann einig ist, dann ist ein Gesetzentwurf oft schon wieder über- holungsbedürftig, weil die reale Welt die gut gemeinte neue Theorie schon wieder überholt hat.

Heute wollen wir als Koalition, deren Teil die CDU ist, zeigen, dass wir in der Lage sind, kurzfristig zu reagieren, wenn es darum geht, Dinge im Bildungsbereich dann zu ändern, wenn es notwendig ist, und nicht erst dann, wenn es zu spät ist.

In der vergangenen Legislaturperiode war das kaum möglich, doch in der jetzigen Legislaturperiode sind sich die regierenden Parteien und damit die verantwortlichen Fraktionen von SPD, FDP und CDU im Bildungsbereich einig - ich denke, nicht nur im Bildungsbereich - und sprechen im Interesse der Sache mit einer Stimme.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Von mir heißt es jetzt nicht „die CDU hat“, sondern „die Koalition hat“. Wir alle wissen, was passiert, wenn einer von drei Koalitionspartnern dabei nicht mitzieht, weil er nur seine eigenen Interessen verfolgt und nicht die Mehrheit der Menschen unseres Landes im Blick hat.

Thema Nr. 1 ist die Schulgeldfreiheit für Er- zieherberufe. Unsere beiden Minister haben sich gerade dazu geäußert. Bis zum heutigen Tage ist diese in unserem Bundesland Gesetz. Dieses Gesetz läuft allerdings zum 31. Juli 2022 aus. Die Koalition hat weise entschieden, diese darüber hinaus zu gewährleisten, und ist ihrer Verantwortung gerecht geworden, eine Regelungslücke des Bundes, der die Schulgeldfreiheit erst wieder zum 1. Januar 2023 garantieren wird - das hoffen wir jedenfalls; Frau Hohmann

hat danach gefragt -, zu schließen, um in unserem Bundesland keine Unruhe unter den Aus- zubildenden aufkommen zu lassen und den jetzigen, richtigen Weg bei der finanziellen Untermauerung der Ausbildung von Erzieherberufen zu garantieren.

Finanzielle Mittel sind gestern durch unseren Haushaltsplan bestätigt worden, sind abge- sichert und werden teils sogar aus nicht verausgabten Bundesmitteln des Gute-Kita-Gesetzes finanziert und danach voraussichtlich - Frau Hohmann hat recht - durch die Bundesmittel der nächsten Gesetzesperiode des Bundes. Das müssen wir halt abwarten.

Aber, Frau Hohmann - das sage ich an dieser Stelle für unsere Koalition und für die CDU -, gerade zu dieser Weitsicht sind wir verpflichtet, meine Damen und Herren; denn wir können ja nicht einfach Gelder des Landes für die nächsten Jahre ausplanen und in ein Gesetz hineingeben, und dann kommt vom Bund etwas anderes und wir haben ein Gesetz, in dem steht, dass das Land es bezahlt. Ich denke, das dürfen wir nicht; denn wir würden damit mit dem Geld der Bürger spielen und Gelder des Bundes nicht annehmen, wenn wir uns vorher festlegen. Von dieser Warte aus ist es, denke ich, genau richtig, wenn wir es auf ein Jahr befristen. Das ist auch die Begründung.

Punkt 2: Finanzhilfen für Schulen in freier Trägerschaft. Meine Ministerin hat dazu eben ihre Ausführungen kurz und intensiv gemacht. Auch dazu wurden am gestrigen Tag in unserem Haushaltsplan die finanziellen Mittel für eine Erhöhung von 6,35 % beschlossen. Auch dazu ist es notwendig, eine schulgesetzliche Regelung zu gewährleisten. Genau das haben wir getan, genau das tun wir gerade, und genau damit schaffen wir die Rechtssicherheit, die garantiert, dass unsere freien Schulen gleichberechtigt neben unseren öffentlichen Schulen be- stehen können. Ein Zeichen der Koalition, dass

wir - erstens - unsere Koalitionsvereinbarungen umsetzen und - zweitens - reagieren, wenn es notwendig ist, um zu verhindern, dass Schulen unseres Landes unverschuldet in Schieflage geraten könnten.

Wir werden in den nächsten Monaten ein noch intensiveres Finanzierungsmodell für die Schulen in freier Trägerschaft zum Beginn des Jahres 2024 erarbeiten. Die aktuelle Situation in der Welt, in der Realität, hat uns aber jetzt zum Handeln aufgefordert, und wir als Koalition haben gehandelt für das gleichberechtigte Nebeneinander der allgemeinbildenden

Schulen und der Schulen in freier Trägerschaft.

Was wir aber auch für die Zukunft erwarten, ist ein gleichberechtigtes Miteinander der allgemeinbildenden Schulen und der Schulen in freier Trägerschaft, wenn es um die Pflichten geht, die notwendig sind, um allen Schülern gleiche Bedingungen zu schaffen und diese Bedingungen gemeinsam zu erreichen. Unser Bildungsministerium hat dabei die Aufgabe, koordinierend wirksam zu werden - was im Lehrerberuf schon sehr gut funktioniert, denn die Einstellung von Lehrern, die dann an freien Schulen tätig werden, läuft vom Ablauf her genauso wie bei den öffentlichen Schulen. Das war nicht immer so. Das hat - im positiven Sinne - unser Ministerium zu verantworten, und es ist bei den freien Schulen auch sehr, sehr gut ange- kommen.

Aber es gibt natürlich auch Reserven bei den Schülern. Ein konkretes Beispiel zum Verständnis: Wenn die Kinder in den Kindergarten gehen und jetzt im August oder im nächsten Jahr zur Schule kommen, dann gibt es das vorbereitende Jahr. In diesem vorbereitenden Jahr sind die Lehrer der Schulen verantwortlich, zu testen, ob Förderbedarf besteht und ob die Kinder schultauglich sind. Das macht bis heute ausschließlich die allgemeinbildende Schule und die freie Schule nimmt sich dort komplett heraus. Das ist

ein Punkt, bei dem man sagen muss: Das muss sich ändern; denn auch dort muss Gleichberechtigung herrschen. Wir haben jetzt die Finanzierungsgleichberechtigung hergestellt, liebe Frau Ministerin. Sorgen Sie dafür, dass wir auch in diesem Bereich gleichberechtigt arbeiten, weil wir alle voneinander profitieren. - In diesem Sinne bitte ich um Überweisung und danke für das Zuhören.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Borchert. - Herr Köhler kommt jetzt ans Rednerpult und spricht für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Erzieher, Kinderpfleger, Sozialassistenten leisten für unsere Gesellschaft einen Dienst von besonderer Bedeutung: Sie betreuen und pflegen nicht nur, sondern leisten - neben den Eltern - auch Erziehungsarbeit. Sie dient dazu, unsere Kinder zu befähigen, einmal die Aufbauleistungen und den Wertekanon vorangegangener Generationen zu über-

nehmen und weiterzuführen.

Doch herrscht in diesen Berufsgruppen ein Mangel. Die viel betonte Notwendigkeit und Wichtigkeit ihrer Tätigkeit schlägt sich nämlich nicht allzu oft auch in der Wertschätzung nieder. Was das Gehalt betrifft, so hat die Kollegin Hohmann bereits dazu ausgeführt. Wir be- grüßen natürlich auch die Einigung der beteiligten Tarifparteien und freuen uns daher über diesen entscheidenden Abschluss.

Mit dem Gute-Kita-Gesetz wird von Bund und Land das Ziel gesetzt, die Qualität der frühkind-

lichen Bildung und Erziehung sowie Betreuung zu verbessern. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es gut ausgebildeter und motivierter Menschen aus dem gesamten Bereich der Erziehungsberufe. Ich kann nur meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass in diesem Hause doch mehrheitlich die Auffassung herrscht, dass wir die Schulgeldfreiheit gerade für diese genannten Berufsgruppen durch- drücken wollen. Nur einem gewissen Prozentsatz war das Glück gewogen, einen der begehrten Ausbildungsplätze an staatlichen Schulen zu erhalten. Darum stellen die freien Schulen für diesen wichtigen Ausbildungssektor auch einen erheblichen Faktor hier im Land dar. Jedenfalls sieht der Gesetzentwurf der Koalition vor, diese Maßnahme auf das Schuljahr 2022/2023 auszuweiten.

Wie der Gute-Kita-Bericht 2020 wiedergibt, erfolgte die Umsetzung der Maßnahme „Schulgeldfreiheit für die Ausbildung an Schulen in freier Trägerschaft“ zum 1. Januar 2020 bzw. dann rückwirkend zum 1. August 2019. Für die bestmögliche Erziehung, Betreuung und Bildung unserer Kinder darf und kann es auch keinen Grund geben, sich hinter dieser leidigen Finanzierungsfrage zu verstecken; denn dass in unserem Land jederzeit Geld verfügbar ist, kann man gerade auf Bundesebene sehr gut nachvoll- ziehen und sehen, wenn in den Bundesministerien kurzerhand mal 758 Beamtenstellen geschaffen werden oder Kanzler Scholz sich für eine halbe Milliarde ein neues Häuschen gönnt. Wir sehen also: Geld war und ist auch auf Bundesebene vorhanden.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Es ist also an der Zeit, die richtigen Prioritäten zu setzen. Daher möchte ich für die AfD-Fraktion zum Ausdruck bringen, dass wir für die völlige und dauerhafte Schulgeldfreiheit in unserem Bundesland sind. Wir sehen, dass hier eine bestehende Gerechtigkeitslücke geschlos-

sen wird. Daher schließen wir uns auch den Vorrednern an und stimmen für die Überweisung in den jeweiligen Fachausschuss. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Köhler. - Es folgt Herr Bernstein für die FDP-Fraktion. - Herr Bernstein, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die Notwendigkeit der Schulgesetzänderung wurde, denke ich, von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern hinreichend erläutert. Auch die FDP-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass die Schulgeldfreiheit für die Ausbildung in den sozialpädagogischen Berufen an Schulen in freier Trägerschaft mit diesem vorliegenden Gesetzentwurf bis zum Schuljahr 2022/2023 verlängert werden soll.

(Zustimmung bei der FDP)

Ich möchte allerdings die Gelegenheit nutzen, auf ein aus meiner Sicht grundsätzliches Problem hinzuweisen, das bereits in einzelnen Redebeiträgen anklang. Neben den heute hier zur Debatte stehenden sozialpädagogischen Berufen gibt es noch die Pflegeberufe. Für diese gilt seit dem Jahr 2020 ein neues Finanzierungsmodell; Frau Kollegin Dr. Pähle wies bereits darauf hin. Dieses Finanzierungsmodell - ich würde es gern noch ein wenig ausführen - basiert auf sogenannten Ausgleichsfonds, die in den Bundesländern einzurichten sind und in die von allen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen eingezahlt wird. Auch die Länder und die Pflegeversicherung beteiligen sich - allerdings in geringerem Umfang - daran. Aus diesen Fonds werden die Ausbildungskosten finanziert und entspre-

chende Mittel an die ausbildenden Krankenhäuser, Pflegeheime und ambulanten Pflegedienste ausgezahlt. Auch die Pflegeschulen, an denen die Ausbildung stattfindet, erhalten Geld aus diesen Fonds.

Es gibt aber noch weitere Berufe im Berufsfeld Gesundheit und Soziales, von denen hier noch gar nicht gesprochen wurde. Ich denke dabei z. B. an Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden, medizinische Bademeister. Diese werden zum einen an öffentlichen berufsbildenden Schulen ausgebildet, zum anderen in größerem Umfang an Schulen in freier Trägerschaft. Wenn diese Berufsausbildung an Schulen in freier Trägerschaft erfolgt, dann müssen diese Schülerinnen und Schüler Schulgeld zahlen. Ich denke, wir sollten uns perspektivisch dieser Gesamtproblematik annehmen. Einzelne Insel- lösungen - sei es nun für die Erzieherberufe, für die Pflegeberufe oder, wie gesagt, für die anderen Gesundheitsfachberufe - sind langfristig keinesfalls zielführend.

Abschließend noch mein kurzer Hinweis auf den Änderungsantrag zum Gesetzentwurf, der, wie schon ausgeführt, auf eine rechtssichere Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft abzielt. Ich bitte Sie, auch im Namen meiner Fraktion, um die Zustimmung zur Überweisung der Gesetzentwürfe und des Änderungsantrages

(Guido Kosmehl, FDP: Und schnelle Verab- schiedung!)

in den Bildungsausschuss. - Recht herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Herr Bernstein, es gibt eine Frage aus der eigenen Fraktion.

(Guido Kosmehl, FDP: Nein!)

- Nein? Das war eine Akklamation, oder was war das?

(Guido Kosmehl, FDP: Wir sind sehr einver- standen mit dem, was der Kollege sagt!)

- Sehr einverstanden. Gut. Ich habe mich schon gewundert. - Frau Sziborra-Seidlitz ist die nächste Rednerin für die GRÜNEN-Fraktion.

Nota bene: Ich freue mich immer, wenn ich ehemalige Landtagskollegen auf der Besucher- tribüne sehe, die den Gang der Beratungen verfolgen.