Da wir als öffentliche Hand letztlich mit Steuermitteln, also mit dem Geld der Menschen des Landes, unterwegs sind, kommt uns eine besondere Verantwortung zu. Zum einen müssen wir sparsam agieren; zum anderen sollten wir aber die Standards, die wir politisch predigen, auch selbst anwenden. Insofern sollte die öffentliche Hand beim Einkauf sowohl soziale als auch öko-
logische Anforderungen mitdenken. Ein Ver- gabegesetz kann dabei ein wichtiges Werkzeug für den Tariflohn und den Umweltschutz in Sachsen-Anhalt sein.
Die Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, natürlich insbesondere die Tariftreue und ein Mindestlohn bei der Vergabe, sind dabei im sozialen Bereich eine wichtige Möglichkeit. Ihre praktische Aus- wirkung wird sich angesichts der schon bestehenden Beschaffungsstruktur vermutlich nur auf bestimmte Bereiche erstrecken, also auf die, in denen die Löhne so sind, dass das wirken kann. Dort aber werden sie hilfreich sein und die Unternehmen vor billigerer Konkurrenz schützen, die bessere soziale Standards anbieten.
Es ist gut, dass die CDU und die FDP hierbei über ihren Schatten gesprungen sind. Es war tatsächlich ein längerer Prozess, den wir auch in der Vergangenheit durchaus hatten. Die Schwellenwertanhebung wurde diskutiert; klar, das ist ein deutlicher Unterschied zu dem, was wir bisher hatten, nämlich von 25 000 € auf 40 000 € und von 50 000 € auf 120 000 €. Aber das fand ich angesichts der Zeiträume, über die wir diskutieren, nicht so dramatisch. Diese Schwellenwerte hatten wir auch schon im Jahr 2016 in der Diskussion. Somit ist das jetzt erträglich. Man kann es sich zwar anders wünschen, aber es ist, finde ich, okay.
In unserer Fraktion wurde bei dem Gesetzentwurf gemutmaßt, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, über das Ladenöffnungsgesetz und das Vergabegesetz in einer verbundenen Debatte zu beraten. Wir hatten ein wenig den Eindruck, dass möglicherweise das eine oder andere hier politisch gekoppelt ist, aber auch das ist natürlich zulässig.
Auch die weiteren sozialen Kriterien in § 4 des Gesetzentwurfes finden unsere Unterstützung. Sie liegen in Zeiten des Fachkräftemangels übri-
In unserem Änderungsantrag findet sich bei den sozialen Kriterien für die Ausschreibung die Möglichkeit, die Herkunft der zu beschaffenden Produkte aus fairem Handel zu berücksichtigen; dies fehlt bisher. Das wäre aber eine Möglichkeit, unbürokratisch, insbesondere bei Produkten aus Entwicklungsländern, verantwortliche Standards vorzugeben. Auch die Menschen im globalen Süden, deren Leistungen wir an verschiedenen Punkten beziehen, sollen davon gut leben können. Wir müssen fair handeln und dürfen nicht auf deren Kosten leben.
Dem Gesetzentwurf mangelt es außerdem in dem Bereich der energieeffizienten Beschaffung, aber auch in Bezug auf ökologische Aspekte und Klimaschutz an Möglichkeiten für die Beschaffung und die Auftragsvergabe. Gerade die Energieeffizienz steht in diesen Tagen besonders im Fokus.
Mit unserem Änderungsantrag soll eine klimafreundliche und energieeffiziente Beschaffung im Vergabeverfahren Berücksichtigung finden. Ökologische Aspekte müssen bei der Bewertung des wirtschaftlichsten Angebotes herangezogen werden können. Der bisher im Gesetzentwurf vorgesehene Punkt zu Umwelteigenschaften arbeitet sich sehr an Gütezeichen ab, ohne aber zu den entscheidenden Punkten ökologischer und energieeffizienter Vergabe vorzustoßen.
Diese Schwachstelle wollen wir gern mit einem Vorschlag für eine klarere Regelung verbessern, damit das Gesetz auch beim Umwelt- und Klimaschutz für das Land Biss hat.
Nachhaltigkeit hat ihren Preis, liegt aber - Stichwort: Energieeffizienz - auch zu einem immer größeren Teil im Interesse der Auftraggeber. Billig kommt letztlich oft teurer. Eine gutachtliche Untersuchung im Auftrag der Senatsverwaltung Berlin kommt zu dem Ergebnis, dass durch eine umweltverträgliche Beschaffung die Treibhausgasemissionen signifikant gesenkt, zugleich aber auch Kosten gespart werden können.
Die Beschäftigung mit einem Tariftreue- und Vergabegesetz hat ihre Wurzeln bereits in der letzten Legislaturperiode, scheiterte dort aber noch am konservativen Nein, wobei das konservative Nein natürlich häufig in der Sorge vor mehr Bürokratie begründet war. Das ist natürlich ein Punkt, den die Kollegen von der konservativen Seite durchaus vertreten haben. Wir müssen aber bei den ganzen Regelungen aufpassen, dass es nicht dazu kommt, dass später einfach nur ein Zettel unterschrieben wird, der dann abgeheftet und nie wieder angeguckt wird, sondern es muss tatsächlich einen Effekt haben. Nur dann macht auch bürokratieaufwendigere Arbeit Sinn. An der Stelle müssen wir auf den Prozess schauen. Ich halte das für machbar.
Beim Vergleich der Gesetzentwürfe fällt auf - ich hatte schon darauf hingewiesen -, dass sich die Wertgrenzen verändert haben. Ich meine, das ist der politische Preis. Ich halte ihn aber vor dem Hintergrund der Preisentwicklung für okay.
Im Bereich des Kontrollparagrafen hat sich der Akzent verschoben. Aus „Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, die Einhaltung zu prüfen“ ist eine Kannregelung geworden. Wir müssen uns einmal anschauen, wie dadurch das Gesetz und seine Umsetzung beeinflusst werden.
Insgesamt freuen wir uns aber auf die notwendige Arbeit an dem Gesetzentwurf, um das Verfahren rundum besser zu machen, damit ein
Wir befürworten die Überweisung und schlagen aufgrund der weiteren Aspekte die Überweisung an den Umweltausschuss vor. - Danke.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine und Herren! Die überwiegende Mehrheit in diesem Hohen Haus hat gestern einen Haushalt mit einem Volumen von 13,5 Milliarden € beschlossen. Das ist gut für unser Land, weil dieser Haushalt es unserem Land ermöglicht, die Investitionen vorzunehmen, die uns die Zukunft sicherer machen und uns in der Zukunft voranbringen. Dazu zählen sowohl viele Baumaßnahmen als auch viele Dienstleistungen.
Nun geht es darum, dass wir dieses Geld auch auf die Straße bringen, und zwar möglichst schnell und unbürokratisch. Deswegen brauchen wir natürlich ein Verfahren, das uns Rechtssicherheit gibt und von dem alle Beteiligten profitieren.
Meine Damen und Herren! Wenn man sich dieses Spannungsfeld anschaut, dann sieht man: Auf der einen Seite haben wir die öffentliche Hand, die natürlich bestrebt ist - Kollege Meister hat es teilweise so formuliert, dass man mit Steuergeld sparsam umgehen müsse -, möglichst wenig für eine sehr gute Leistung zu bezahlen. Das ist das Prinzip einer Ausschreibung. Viele Bürgermeister und Stadträte erhof-
unternehmen -, die zunehmend überlegen, ob sie sich überhaupt noch an Ausschreibungen beteiligen sollen. A) macht es einen immensen Aufwand für einen kleinen Betrieb, sich daran zu beteiligen, b) sind die Hürden mit Qualifizierungsnachweisen und dergleichen sehr hoch und c) - das hat Kollege Meister gesagt; dem ich sogleich widersprechen muss - sind bestimmte Auflagen durch die Unternehmen überhaupt nicht erfüllbar.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie schreiben in einer Kommunen 20 oder 30 Laptops aus, die viel Geld kosten. Können Sie diesbezüglich nachweisen, dass an irgendeiner Kobalt- oder Lithiumbatterie keine Kinderhände dran waren? - Also, Sie wollen Wertschöpfungs- oder Lieferketten verfolgen, was de facto nicht möglich ist. Deswegen ist das unrealistisch, und deswegen sollten wir nicht der Versuchung unterliegen, mit diesem Vergabeverfahren Hürden aufzubauen, die de facto nicht erfüllbar sind.
Meine Damen und Herren! Nehmen Sie einmal eine Stadt wie Naumburg - Kollege Sturm sitzt mir gerade gegenüber -, dort wird eine Straße saniert. Nun geht es darum, die Straße möglichst schnell zu bauen, und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen spüren wir gerade die Entwicklung bei den Rohstoffpreisen und bei den Baupreisen. Zum anderen sehen wir auch eine Steigerung bei den Lohnkosten. Diesbezüglich brauchen wir natürlich Verfahren, die schnell wirken und die auch Lust machen, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen. Deswegen brauchen wir für die Wirtschaft bürokratiearme Regelungen. Das Vergabegesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Sie reden jetzt natürlich mit einer CDU-Fraktion, die immer gesagt hat: Eigentlich ist dieses Vergabegesetz entbehrlich, weil wir Bundes- regelungen haben, die das abbilden. Aber das ist der Preis einer Koalition, dass wir uns dabei kompromissbereit geben und sagen: Okay, wenn es denn so gewünscht wird, dann machen wir das.
Wir haben sehr intensiv - ich sehe gerade den ehemaligen Wirtschaftsminister Herrn Willingmann - und sehr gut verhandelt. Ich denke, alle Koalitionspartner können sich mit dem Ergebnis durchaus sehen lassen. Es ist ein gutes Zeichen. Es ist auch ein sehr gutes Zeichen, nachdem uns der grüne Ballast
Es ist ein gutes Zeichen, dass die jetzige Koalition diesbezüglich wesentlich besser arbeitet als die Koalition zuvor. Auch das darf einmal gesagt werden. Sie werden auch im Beratungsverfahren merken, dass wir zu Ergebnissen kommen, die uns sehr erfreuen werden.
Meine Damen und Herren! Deswegen ist es wichtig, dass wir mit diesem Vergabegesetz zügig vorankommen. Wir wollen vor allen Dingen auch die guten Erfahrungen aus Pandemie- zeiten mitnehmen, als wir das Vergaberecht teilweise außer Kraft gesetzt haben und Schwellenwerte ganz bewusst nach oben gesetzt haben, um hier noch schneller zum Zuge zu kommen. Dabei ist nicht der Untergang des Abendlandes zu beklagen gewesen. Im Gegen-
Ja, diese Schwellenwerte, die wir jetzt festgelegt haben, sind erst einmal gute Schwellenwerte. Ich darf aber darauf verweisen - das ist meiner Fraktion sehr wichtig -, dass wir die Höhe der Schwellenwerte alle zwei Jahre überprüfen wollen, dass wir sie auch mit Blick auf die Inflationsrate dynamisch gestalten wollen; denn es ist kein absoluter Betrag, sondern wir wollen bei den Wertgrenzen in Bewegung bleiben.
Gestatten Sie mir noch eine letzte Anmerkung zum Vergabemindestlohn. Ich und auch meine Fraktion sehen den Mindestlohn nach wie vor kritisch, und zwar nicht, weil ich niemandem sein Geld nicht gönne, sondern weil ich zunehmend feststellen muss, dass der Mindestlohn politisch motiviert festgelegt wird. Er wird also nicht festgelegt von Menschen, die auf der einen oder der anderen Seite der Wirtschaft sitzen, sondern er wird politisch festgelegt. Auch die Fraktion DIE LINKE konnte nicht widerstehen, schon einmal zu postulieren: Also, da müssen mindestens 14 € stehen. - Und wenn wir jetzt 14 € hineingeschrieben hätten, würden wir aus diesen Reihen vermutlich 15 € hören.
Dieser Bieterwettbewerb bei den Löhnen macht mich sehr nachdenklich, weil es bereits erste Anzeichen dafür gibt, dass gerade Mindestlöhne in bestimmten Dienstleistungsbereichen dafür sorgen werden, dass es - so wurde es uns schon angedeutet - zu einer Abwanderung oder zu einem Verlust von Arbeitsplätzen kommen wird.
Ich kündige schon einmal an, dass die CDU-Fraktion dieses Thema im zweiten Halbjahr noch einmal besetzen wird. Wir müssen uns wirklich damit auseinandersetzen und prüfen, ob wir diese Entwicklung politisch gesehen bei dem Mindestlohn durchhalten bzw. durchhalten wollen. Das ist ein interessantes Thema. Beim Vergabegesetz macht es mir wenig Sorgen, weil
wir wissen, dass viele Unternehmen, besonders im Baubereich, bereits über diesen Vergabemindestlohn liegen. Aber es gibt auch Branchen, denen es schwerfällt, um es einmal vorsichtig zu sagen, einen Mindestlohn in der Höhe am Produkt und auch am Markt durchzusetzen. Das wird uns beschäftigen. Deswegen werden wir dieses Thema noch einmal aufrufen.
Ich werbe heute für die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss und freue mich auf die folgenden Beratungen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Grundlegend enthält der Entwurf zum Tariftreue- und Vergabegesetz gute Ansatzpunkte. Positiv werten wir die höheren Summen für die Vergaberegelungen, die nun nach dem Gesetz vorgesehen sind. Das heißt, die Schwellenwerte - das wurde mehrfach erwähnt - wurden von 50 000 € auf 120 000 € hochgesetzt. Das ist ein sehr, sehr positiver Aspekt.
Auch der Punkt der Entgeltgleichheit in § 10 ist recht gut gelungen. An dieser Stelle kam es in der Vergangenheit zu niedrigsten Geboten für Bauvorhaben, da der regionale Lohn eben nicht gezahlt worden ist. Dagegen konnten seriöse Bieter, die sich an die Tarife gehalten haben, im Vergabeprozess die Lose nicht gewinnen. Eine gute Bezahlung von Angestellten führt in der Regel zu einer guten Arbeitsqualität.