Entscheidungsdruck auch die Möglichkeit zur Reflexion und Aufarbeitung des gesellschaftlichen Wandels und zum Dialog darüber gibt. Deshalb kommt das Transformationszentrum jetzt gerade recht, und was das Beste daran ist: Ostdeutschland kann mit dieser neuen Einrichtung zeigen, wie wertvoll die eigenen Umbrucherfahrungen für die gesamte Gesellschaft sind. Es sind keine Defiziterzählungen, sondern sie sollen für eigenen Zuspruch, eigenes Selbstvertrauen und Mut sorgen.
Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass sich die Landesregierung auf eine klar fundierte Empfehlung für eine Bewerberstadt aus Sachsen-Anhalt geeinigt und damit das Ziel der heute vorliegenden Beschlussempfehlung schon überholt hat; denn ohne eine vom ganzen Land getragene Unterstützung für eine Stadt gäbe es keine Chance, eine Bewerbung aus Sachsen-Anhalt zum Erfolg zu bringen. Sie werden es mir nachsehen, dass ich mich als Abgeordnete aus Halle sehr darüber freue, welche Stadt von der Landesregierung in ihrer Bewerbung unterstützt wird.
Halle an der Saale bringt vieles mit, was es zu einem erstklassigen Standort für ein Zentrum zum Thema Transformation macht: die starke Rolle der Martin-Luther-Universität in der Stadtgesellschaft, die Nähe zu und die Verflechtung mit dem Mitteldeutschen Revier, quasi Transformation 2.0, und die Einbringung in eine innovative Forschungs- und Industrielandschaft. All das qualifiziert Halle in ganz besonderer Weise, Standort für diesen Ort für Reflexion und Zukunftsdebatte zu werden.
Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass es starke Bewerbungen aus anderen Ländern gibt. Umso wichtiger ist es, dass wir unseren Vorschlag in Sachsen-Anhalt geschlossen tragen
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie bereits gehört haben, haben die Mitglieder meiner Fraktion diese Beschlussempfehlung abgelehnt, und zwar nicht deshalb, weil wir uns nichts von diesem Zukunftszentrum versprechen würden. Dass es auch dazu kritische Meinungen geben kann, habe ich hier schon beim letzten Mal dargestellt. Darum geht es aber nicht. Der Vorgang war so interessant.
Es gibt einen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN nach Unterstützung verschiedener, möglicherweise aller Bewerber. Der wird in den Ausschuss überwiesen, und dann machen wir im Europaausschuss Folgendes: Wir lassen die alle antanzen, sie stellen uns ihre Konzepte vor, und was macht der Ausschuss dann? Er beschließt, dass er selber nicht entscheiden will, sondern sagt, die Landesregierung soll das jetzt entscheiden, nachdem sich der Ausschuss alle Konzepte angehört hat. Das entspricht - das sage ich ganz klar - nicht unserer Auffassung von Parlamentarismus.
Ich sage einmal: Was ist das für ein Selbstverständnis eines Landtags, der sich um diese Entscheidung müht, der Leute einlädt,
ihre Konzepte vorzustellen, und dann sagt: Aber mit der Entscheidung wollen wir lieber nichts zu tun haben; das soll die Landesregierung selber machen. Da sage ich noch einmal: Manchmal höre ich auch von Fraktionsvorsitzenden, sie jammern über den Bedeutungsverlust des Landtags, wenn sie bei irgendwelchen Veranstaltungen nicht eingeladen, nicht erwähnt werden, wenn es immer nur um irgendwelche Abteilungsleiter der Landesregierung geht, und dann passiert so etwas, dass man sich selbst im Grunde genommen der Kompetenz der Entscheidung beraubt. Ich sage ein- mal als zweitdienstältester Abgeordneter
dieses Landtags, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn die Leute uns nicht mehr ernst nehmen. Deshalb haben wir diese Entscheidungsgrundlage abgelehnt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Lassen Sie mich noch etwas zur Entscheidung der Landesregierung sagen. Ich sage einmal als Oppositionsvertreter: Ich finde sie richtig,
und zwar als ein Vertreter des hohen Nordens dieses Landes, weil wir, glaube ich, mit Halle tatsächlich die besten Voraussetzungen haben, uns in diesen Wettbewerb hineinzubegeben. Aber ich sage auch: Besser wäre es gewesen, wenn wir eine entsprechende Beschlussempfehlung aus dem Ausschuss gehabt hätten. Der Vorwurf, die Landtagsabgeordneten können per se alle nur als Lokalpatrioten agieren, stimmt überhaupt nicht. Wenn das so der Fall wäre, hätten wir das genauso gemacht wie die SPD und hätten statt demjenigen, der für die SPD im Ausschuss bei der Anhörung dabei gewesen ist, einen Hallenser Lokalpatrioten die Rede halten lassen, wie es Frau Pähle eben gemacht hat. Das haben wir aber nicht gesagt.
Herr Lange hat gesagt, nein Wulf, Du warst bei dieser Entscheidung dabei, Du bist derjenige, der unsere Position vertritt.
Deshalb sage ich hier noch einmal ganz deutlich: Wie ist unser Selbstverständnis an der Stelle? Das ist mein Problem, nicht die Entscheidung für Halle. Die unterstütze ich ausdrücklich. Ich halte sie inhaltlich für gut begründet. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin insbesondere dem Staatsminister Robra, der Landesregierung und dem Ausschuss ausgesprochen dankbar, dass wir uns der Sache so intensiv gewidmet haben. Ich glaube, gerade die Ausschussbefassung war eine elementare Voraussetzung für die Schnelligkeit in der Entscheidung. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist.
Ich möchte gleichzeitig den Städten Magdeburg, Dessau und Wittenberg danke sagen, dass sie in einem fairen Prozess nach der Entscheidung für die Unterstützung für die Stadt Halle durch die Landesregierung gesagt haben, wir ziehen unsere Bewerbung zurück, weil nur dann die Möglichkeit besteht, dass wir uns tatsächlich - und das passiert nicht allzu häufig, zumindest in der Vergangenheit nicht -
alle hinter einer Stadt versammeln. Das wünsche ich mir auch im weiteren Prozess; denn wir sind nicht am Ende, sondern am Anfang des Prozesses.
Es wird jetzt darauf ankommen, dass wir durch den Schub, den wir für Halle haben, in dem Prozess mit den anderen Bewerberstädten punkten. Dabei reicht es nicht, auf Platz zu spielen, sondern wir wollen auf Sieg spielen. Ich glaube, es ist eine Riesenchance für das Land Sachsen-Anhalt, das Zukunftszentrum nach Halle, nach Sachsen-Anhalt zu bekommen. Davon wird, wie das bei Intel in einem anderen Fall umgekehrt der Norden ist, das ganze Land profitieren.
Für uns wird es wichtig sein, dass wir unsere bestimmten Punkte herausarbeiten, um die es geht. Ein wesentlicher Punkt wird dabei sein, dass wir die Geschichte betrachten. Das, was wir z. B. gegenüber Frankfurt an der Oder und Leipzig voraushaben, ist die Situation - das macht die Geschichte auch so schwierig -, dass Halle-Neustadt eine von zwei Städten ist, die nach dem Krieg 1963 auf deutschem Boden als eine Stadt mit über 100 000 Einwohnern konstruiert wurde, und die nach 1990 Halle wieder einverleibt wurde.
Halle (Saale) hat nach der Wende einen Aderlass von mehr als 100 000 Menschen erfahren und hat, was Transformationsprozesse betrifft, einiges zu bieten. Ich glaube, es ist wichtig, dass das auf der Europaebene erzählt wird. Das ist etwas, das tatsächlich auch gegenüber den anderen Bewerbern als klarer Punkt für Halle steht.
Darüber hinaus haben wir die Leopoldina. Es wurde gesagt: Wir haben die ICE-Anbindung und damit beste Voraussetzungen. Mit der ICEAnbindung haben wir auch etwas, das andere Bewerberstädte nicht aufweisen können.
Das heißt, wir sollten uns jetzt gemeinsam, geschlossen für diese Bewerbung der Stadt Halle zeigen, uns als Land hinter dieser Bewerbung versammeln. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir dann eine sehr gute bzw. eine gute Chance haben, gemeinsam mit dem Gremium im Bund die Stadt Halle bis an die Spitze zu führen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Antrag und der Beschlussempfehlung geht das Land Sachsen-Anhalt nun einen Weg zur Bewerbung um den Standort des europäischen Zukunftszentrums. Wir Bündnisgrünen werden im Ergebnis diese Beschlussempfehlung mittragen.
In der Diskussion waren im Wesentlichen zwei Punkte zu entscheiden: Will man auf eine Kommune als Favoriten setzen? Und wenn ja: Welche soll es sein? Eine deutliche Mehrheit im Ausschuss sprach sich für die Highlander- Lösung aus: Es kann nur einen geben. Ich war diesbezüglich skeptisch. Das ist eben kein Länderwettbewerb, sondern einer zwischen Kommunen. Welche Voraussetzungen im Einzelfall zum Erfolg führen, ist nicht sicher einzuschätzen. Ich hätte lieber, wie es auch andere Länder machen, mehrere Eisen im Feuer gehabt und gefördert, als alles auf eine Karte zu setzen. Das wurde vielerorts allerdings anders beurteilt. Insofern bin ich im Ergebnis ganz froh, dass es zumindest gelungen ist, die Förderung einer Kommune tatsächlich durchzusetzen, und zwar mit einer breiten Mehrheit.
Im Interesse des Landes ist es nun, dass das, wenn wir alles auf eine Karte setzen, auch ein Erfolg wird. Daher möchte ich Ihnen dringend noch etwas mit auf den Weg geben. Das ist kein Wettbewerb um die schönste Stadtwerbung. Wir hatten im Ausschuss schön gestaltete Bewerbungsvideos am Start, die stolz die Schokoladenseiten zeigen. Das ist bei Bewerbungen sonst auch eine gute Idee. Hierbei geht es jedoch um Transformation. Es geht um die Brüche in unserer Gesellschaft und um die Frage, wie man aus ihnen hervorgeht, wie man sie überwindet. Einigen Städten stehen die Brüche, die Narben und der Versuch des Umgangs damit unübersehbar ins Stadtbild geschrieben, anderen nicht.
Die Beschlussempfehlung lässt die zweite Frage, die ich ansprach - wer soll es werden? -, offen. Es werden alle aufgeführt. Kollege Gallert hat das kritisiert. Ich fand das nicht so schlimm; denn es war durchaus klar, dass da sehr wohl sehr regional diskutiert wird.
Die Landesregierung hat sich jetzt für Halle ausgesprochen. Mich als Magdeburger Kollegen lässt das mit etwas süßsaurem Gesichtsausdruck zurück. Trotzdem ist das nun so.
Ich wünsche Halle Erfolg, ich wünsche, dass es Halle gelingt, seine eigene Transformationsgeschichte zu erzählen. Herr Silbersack hat schon einige interessante Punkte genannt, die herauszuarbeiten wären, die man vielleicht auch mit der aktuellen Transformation im Braunkohle- und Chemierevier verbinden kann und insofern vielleicht eine schlüssige Geschichte hinkriegt. Ich wünsche viel Erfolg und Zustimmung zur Beschlussempfehlung. - Danke.
Genau. Es ist eine Kurzintervention dahin gehend: Auch für mich als Dessauer ist das ein bisschen süßsauer - keine Frage. Ich habe etwas anzumerken, das passt zu Ihren Ausführungen, Herr Meister, aber insbesondere auch zu denen von Herrn Minister Robra. Es ist richtig, dass Städte, die entsprechende Infrastrukturen haben, wo schon viel hin ist, wie auch immer, viel bessere Voraussetzungen haben. Aber wenn wir immer Halle und Magdeburg bevorzugen - ich bin noch nicht so lange hier, aber um das ein Stück weit fest- zustellen, dafür reicht es schon -, dann haben