Protokoll der Sitzung vom 07.09.2022

Zudem fordert die Fraktion DIE LINKE, dass den Hochschulen der Landesanteil der finanziellen Mittel gemäß § 6 des Zukunftsvertrages zusätzlich zur Verfügung gestellt wird. Darüber hinaus wird eine Neufassung der Hochschulstrukturplanung begehrt. Ferner soll der Landeszuschuss zur Finanzierung des laufenden Betriebs der Studentenwerke 10 % der Gesamteinnahmen des jeweiligen Studentenwerks entsprechen.

Der federführende Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt hat über den Antrag inhaltlich erstmals in der 3. Sitzung am 1. Dezember 2021 beraten. Im Ergebnis der Beratung kam der Ausschuss überein, den Antrag im Rahmen der Beratungen zum Haushaltsplan 2022 erneut in den Blick zu nehmen.

In der 6. Sitzung des Ausschusses am 9. März 2022 fand die Beratung über den Einzelplan 06 des Haushaltsplanentwurfs 2022 statt, in welcher der Antrag thematisch aufgegriffen wurde.

Eine erneute Beratung wurde für die 8. Sitzung des Ausschusses am 6. April 2022 vorgesehen. Zu Beginn jener Sitzung wurde die Beratung über den Antrag auf Begehren der Koalitionsfraktionen von der Tagesordnung genommen und für die Folgesitzung in Aussicht gestellt.

Für die Beratung in der 9. Sitzung am 4. Mai 2022 lag ein Vorschlag der Koalitionsfraktionen für eine vorläufige Beschlussempfehlung vor, welchem mehrheitlich zugestimmt wurde.

Der mitberatende Ausschuss für Finanzen befasste sich in der 21. Sitzung am 2. Juni 2022 mit dem Antrag und der vorläufigen Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses und empfahl die Annahme des Antrages in der Fassung der vorläufigen Beschlussempfehlung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die abschließende Beratung über den Antrag fand in der 11. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt am 6. Juli 2022 statt. Im Ergebnis der Beratung wurde der Antrag in der Ihnen vorliegenden Fassung mit 7 : 2 : 3 Stimmen beschlossen. Die Beschlussempfehlung liegt Ihnen in der Drs. 8/1555 vor. Im Namen des Ausschusses bitte ich Sie um Zustimmung. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Markus Kurze, CDU)

Vielen Dank, Herr Tullner. Ich sehe keine Fragen oder Interventionen. - Deswegen bitte ich jetzt Herrn Prof. Willingmann an das Pult, um die Stellungnahme für die Landesregierung abzugeben. - Herr Prof. Willingmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Vielen Dank für diese Beschlussempfehlung und die ausführliche Erörterung des Themas, das uns im Wissenschaftsausschuss, im UWE, wiederholt bewegt hat. Wir wollen zwei oder drei Dinge kurz festhalten.

Die Behauptung in dem Antrag der Fraktion DIE LINKE, das Land begehe bei der Umsetzung des Zukunftsvertrags „Studium und Lehre stärken“ und der Gegenfinanzierung der Bundesländer einen Vertragsbruch, ist unzutreffend. Das haben wir schon vor einem Jahr gesagt. Jetzt ist es noch einmal zu bekräftigen.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Daran ändert es auch gar nichts, dass man immer wieder durch Fehlinterpretationen der fraglichen Stellen versucht, den Zukunftsvertrag in diese Richtung auszulegen.

Seit Beginn dieser im Herbst 2021 von der Fraktion DIE LINKE veranlassten Debatte haben wir wiederholt dargelegt, dass Sachsen-Anhalt alle Forderungen erfüllt, die sich aus dem Bund- Länder-Vertrag Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“ ergeben. Konkret heißt das, Sachsen-Anhalt stellt über seine Hochschulbudgets - das ist wichtig - zusätzliche Mittel mindestens in Höhe der im jeweiligen Jahr erhaltenen Bundesmittel bereit und kommt damit seiner Verpflichtung aus der Bund-Länder- Vereinbarung zum Zukunftsvertrag nach.

Dass mehr wünschenswert wäre, wissen Sie, lieber Herr Lange, so gut wie ich. In dem Punkt bin ich auch ganz bei Ihnen. Das Entscheidende ist nur, dass wir jetzt einfach einmal zur Kenntnis nehmen müssen, dass das genau so, wie es hier gerade geschildert wird, in 16 Ländern praktiziert wird und übrigens auch der Prüfung durch den Bundesrechnungshof standgehalten hat.

Wie im Rahmen des Zukunftsvertrages die vertragsgerechte Gegenfinanzierung der Bundesmittel durch das Land aus den Hochschulbudgets erfolgt, das hat das Ministerium

gegenüber dem Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt zuletzt mit Schreiben vom 23. Mai 2022 im Einzelnen dargelegt. Auf dieses Schreiben darf ich an dieser Stelle verweisen. Wichtig ist, dass die nun vom Ausschuss erarbeitete Beschlussempfehlung mit der Feststellung - ich zitiere -, „dass das Land Sachsen-Anhalt seine Verpflichtung zur Kofinanzierung der Mittel aus dem Zukunftsvertrag [...] wie bereits beim vorangegangenen Hochschulpakt uneingeschränkt erfüllt“, aus der Sicht des Wissenschaftsministeriums korrekt und uneingeschränkt zu begrüßen ist. Die Debatte sollte damit, jedenfalls unter dem Label „Betrug am Bund“, ein Ende finden.

Auch die in der Beschlussempfehlung unter Punkt 4 ausgesprochene Anerkennung der Zielvereinbarungen mit den Hochschulen als das geeignete Instrument, um die verlässliche Finanzierung durch das Land, die Autonomie der Hochschulen und die daraus resultierende Budgetierung miteinander in Einklang zu bringen, ist richtig und wichtig und kann nicht oft genug unterstrichen werden. Ich würde der Beschlussempfehlung zustimmen. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Willingmann. Es gibt keine Fragen und keine Intervention. - Deswegen können wir die Debatte eröffnen. Das macht für die AfD-Fraktion der Abg. Herr Dr. Tillschneider. - Herr Dr. Tillschneider, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

(Zurufe: Das ist eine Frau! - Herr Präsident?)

- Ach, Entschuldigung. Frau Präsidentin!

(Lachen)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die deutsche Universität ist in den letzten drei Jahrzehnten systematisch kaputtgespart worden. Unsere Universitäten sind mittlerweile dermaßen unterfinanziert, dass sie, um den letzten Rest zu retten, jede Zielvereinbarung schlucken, die ihnen von den Landesregierungen diktiert wird, und alles tun, um an die begehrten Drittmittel zu kommen. Genau das ist der Zweck hinter der Sparpolitik. So werden Forschung und Lehre nämlich kontrollierbar, ohne direkten Zwang auszuüben. Man will sich nicht nachsagen lassen, die Wissenschaftsfreiheit zu missachten, deshalb macht man es eben so, dass nur berücksichtigt wird, wer politisch korrekt forscht und lehrt. Das ist das, was Sie unter Hochschulautonomie verstehen, also weniger fein formuliert das Prinzip „Friss oder stirb“. Mit Wissenschaft, mit Freiheit und mit Wissenschaftsfreiheit hat das nichts mehr zu tun.

(Zustimmung bei der AfD)

Eine Universität, an der Klimaforscher die Theorie infrage stellen würden, dass das menschengemachte CO2 den Klimawandel verursacht, eine Universität, an der Orientalisten nicht behaupten würden, dass der Islam zu Deutschland gehört, sondern uns zutiefst fremd ist, eine Universität, an deren medizinischer Fakultät die Wirksamkeit der Coronaimpfung infrage gestellt und eine Impfpflicht abgelehnt würde, eine Universität, an der ein Geschichtsprofessor die These vertreten würde, dass der Erste Weltkrieg nicht Deutschlands Schuld war,

(Zuruf)

eine solche Universität würde ausgetrocknet, man würde sie am langen Arm verhungern lassen. Und genau das ist das Problem.

(Zustimmung bei der AfD)

Wie die kleinen Fächer der Martin-Luther- Universität Halle zeigen, reicht es schon, wenn zwar nicht gegen die politischen Dogmen verstoßen wird, aber auch nichts politisch oder ideologisch Verwertbares abgeliefert wird. Auch dann werden die Fachbereiche kaputt geschlagen. Was am Ende übrig bleibt, ist eine Mischung aus Gender-Gaga und orwellschem Wahrheitsministerium. Mit Wissenschaft hat das nichts mehr zu tun.

(Zustimmung bei der AfD)

Genau das ist das Kernproblem unserer Universität. Wenn wir uns das vergegenwärtigen, dann erkennen wir, was für einen grauenhaften Kokolores die Fraktion DIE LINKE mit ihrem Antrag und die Koalitionsfraktionen mit ihrer Beschlussempfehlung abgeliefert haben. Das Hochschulfinanzierungspingpong zwischen Bund und Land, das DIE LINKE spielt, ist ein erstklassiges technokratisches Korinthenkackertum. Dass DIE LINKE die Rolle einer bloßen Scheinopposition spielt, zeigt sich unter anderem auch daran, dass sie angesichts der dramatischen Lage der Universität Halle die Zielvereinbarung mit der Uni Halle nicht grundsätzlich infrage stellt, sondern nur nachverhandeln will.

Wir brauchten dagegen Folgendes: Weg mit den Zielvereinbarungen! Weg mit der Budgetierung! Weg mit dem Drittmittelzirkus! Langfristige Bestandssicherung für einen reichhaltigen Fächerkanon und eine Politik, die sich aus der Wissenschaft heraushält! - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Tillschneider. - Es folgt Herr Pott von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Tillschneider, wenn ich mich recht erinnere, waren Sie es doch, der zu diesem Antrag in der ersten Lesung unter anderem gesagt hat, dass er ein großes Sparpotenzial im Bereich der Politikwissenschaften an der Martin-Luther-Universität sieht. Das kann man so sehen. Aber wie passt das dann damit zusammen, dass sich die Politik wiederum aus der Wissenschaft heraushalten soll? Das müssen Sie mir dann doch einmal erklären.

(Zustimmung bei der FDP und von Olaf Meis- ter, GRÜNE)

Über die Hochschulfinanzierung haben wir uns in den vergangenen Monaten schon häufiger ausgetauscht und dieses Thema wird uns ganz sicher auch in den kommenden Monaten noch häufiger begleiten. Ich hoffe doch sehr, dass wir dann in der künftigen thematischen Auseinandersetzung auf solche plakativen und populistisch anmutenden Formulierungen wie „Betrug am Bund beenden“ verzichten können.

Minister Herr Willingmann hat im Ausschuss bereits hinreichend zur Systematik der Kofinanzierung des Zukunftsvertrages ausgeführt und klargestellt, dass das Land Sachsen-Anhalt seiner Kofinanzierungspflicht nicht nur vereinbarungsgemäß nachkommt, sondern diese sogar übererfüllt. Es ist überhaupt keine Frage, dass unsere Hochschullandschaft vor großen

Herausforderungen steht. Um diesen begegnen zu können, brauchen wir eine gute Finanzausstattung und ein verlässliches Maß an Planungssicherheit für unsere Hochschulen und Universitäten. Wenngleich kurzfristige Entwicklungen nicht abgebildet werden können, so sind unsere getroffenen Zielvereinbarungen ein enorm wichtiges Instrument zur Schaffung der bereits angesprochenen Planungssicherheit.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, unsere Hochschullandschaft zu stärken und zukunftsfest zu machen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der FDP)

Herr Pott, es gibt eine Intervention, und zwar von Herrn Dr. Tillschneider. - Herr Dr. Tillschneider, bitte.

Sie haben mir jetzt vorgeworfen, ich würde mir widersprechen, wenn ich sage, dass wir weniger Politik in der Wissenschaft wollen, aber dafür eintrete, bei der Politikwissenschaft zu kürzen. Das ist überhaupt kein Widerspruch, sondern das ist absolut stimmig: weniger Politik in der Wissenschaft - weniger Politikwissenschaft. Die Politik ist nämlich keine Wissenschaft, Politik ist eine Kunst.

(Zurufe: Oh! - Lachen - Unruhe)

Wenn man die Politikwissenschaft genau betrachtet, dann kommt man zu folgendem Schluss: Die Politikwissenschaft ist - Entschul-

digung, jetzt wage ich einmal etwas - in der Wissenschaftshierarchie diejenige Wissenschaft, die am weitesten unten steht.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE - Un- ruhe)

Das ist ein Tummelplatz für Schwätzer, die mit möglichst wenig Mühe einen Studienabschluss erlangen wollen.

(Unruhe)

Das zeigt auch die Lebenserfahrung. Es gibt an der Universität Dutzende Karrieren, die so beginnen: Jemand fängt an, Jura zu studieren, schafft es nicht. Dann entscheidet er sich, ein Lehramt zu studieren, schafft auch das nicht. Und am Schluss macht er das Allerblödeste: Politikwissenschaft.