Protokoll der Sitzung vom 07.09.2022

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Uns Freien Demokraten ist durchaus bewusst, dass Bildungsarbeit nicht erst in der Schule, sondern bereits in den Kitas anfängt.

(Unruhe bei der CDU)

Herr Bommersbach, bitte. Das ist nicht so gut. Ich habe das eben schon gesagt. - Herr Pott, bitte weiter.

Daher ist gut ausgebildetes und vor allem ausreichendes Fachpersonal von großer Bedeutung. Wir finden es deshalb zunächst wichtig,

dass wir über diese Thematik sprechen und uns damit befassen, wie wir die Kindertagesbetreuung in Sachsen-Anhalt verbessern können. Aber nicht nur in Schulen, sondern gerade auch in Kitas wird gutes Fachpersonal händeringend gesucht. Sachsen-Anhalt hat aktuell die zweithöchste Betreuungsquote mit gleichzeitig dem zweitniedrigsten Betreuungsschlüssel.

Das Problem, meine Damen und Herren, ist uns allen bekannt. Wir müssen es an dieser Stelle auch einmal so sagen: Das Fachpersonal können wir uns nicht einfach so backen.

(Beifall bei der FDP)

Diese Tatsache stellt die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs in den Kitas, aber auch die Aufrechterhaltung ihrer Qualität vor große Herausforderungen. Eben das können wir uns auch nicht mit Beitragsfreiheit und auch nicht mit Beitragsreduzierungen erkaufen. Denn dann laufen wir Gefahr, dass dies zulasten der Qualität geht. Das ist mit Sicherheit auch nicht das Ansinnen der Eltern. Einfach einen besseren Betreuungsschlüssel zu fordern, finde ich zwar nachvollziehbar; das bringt aber auch noch keine Fachkraft nach Sachsen-Anhalt. So besteht dann sogar die Gefahr, dass KitaPlätze verloren gehen, weil ansonsten der Betreuungsschlüssel nicht mehr eingehalten werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb müssen wir uns vor allem auf Lösungen struktureller Natur konzentrieren. Wie gewinnen wir also Fachkräfte? Wie begeistern wir junge Leute für den Beruf? Vor allem: Was hält sie in Sachsen-Anhalt? Faire Entlohnung ist dabei genauso wichtig wie gute Arbeitsbedingungen. Sachsen-Anhalt ist diesbezüglich

momentan noch nicht attraktiv genug. Daran müssen wir arbeiten, um Fachkräfte zu motivieren, damit sie bleiben und auch aus anderen Bundesländern zu uns kommen.

Auch über Zuwanderung und die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen sollten wir uns in diesem Zuge unterhalten.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Sven Czekalla, CDU)

Um genau darüber zu sprechen, sehen wir es auch als sinnvoll an, diesen Antrag in den Sozialausschuss zu überweisen, um dann dort über die Ideen zu diskutieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Pott. - Als nächste Rednerin spricht Frau Sziborra-Seidlitz.

(Zuruf: Ich dachte, Herr Meister spricht!)

Er könnte zumindest aus eigener Anschauung auch etwas beitragen. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Viel laute und auch nachvollziehbare Kritik gab es in den letzten Wochen am Auslaufen des bundesweiten Programms „Sprach-Kitas“. Nachvollziehbar, weil Sprachförderung einer der wichtigsten Bausteine frühkindlicher Bildung und essenziell für spätere Teilhabe ist. Gut ist: Der Bund legt ein Kita-Qualitätsgesetz vor, mit dem wir die bereits bestehenden Qualitätsverbesserungen - Qualität meint in diesem Bereich eben vorrangig frühkindliche Bildung - bei der

Kinderbetreuung im Land verstetigen können. Gut ist, dass auch Sprachförderung nun vom Gesetz als förderfähiger Tatbestand aufgeführt wird und damit dauerhaft finanzierbar wird. Schlecht ist die finanzielle Lücke, wenn man das bisherige Programm der Sprachförderung und das finanzielle Volumen auf Basis des bisherigen Gute-Kita-Gesetzes nebeneinanderlegt.

Wenn Bundesprogramme, die ihrem Wesen nach immer ein Ablaufdatum haben, auslaufen, ist es oft schwierig. Aber dass Bundesprogramme auch einmal enden, hatten die Verhandlungspartner des hiesigen Koalitionsvertrages dankenswerterweise auch auf dem Schirm und haben für diesen Fall eine Fortführung mit Landesmitteln vereinbart. Gut, dass Frau Grimm-Benne das jetzt auch noch einmal zugesagt hat.

Ich schaue jetzt vor allem auch in Richtung des Finanzministers Herrn Richter und der CDU: Nehmen Sie bitte auch diesen Satz im Koalitionsvertrag ernst. Sie haben sich am Aufschreiben beteiligt. Es hilft eben nicht, das dann wegzuwischen und zu sagen: Machen wir nur, wenn man woanders etwas wegnimmt. Vielleicht haben Sie aber auch Glück und müssen nicht Ihren eigenen Koalitionsvertrag bemühen und im Bund kommt noch Bewegung in die Sache, sei es durch einen Überbrückungszeitraum für das Sprach-Kita-Programm bis zum Ende des Kita-Jahres im August 2023 oder Bewegungen beim Kita-Qualitätsgesetz. Die Haushaltsberatungen auf Bundesebene haben gerade erst angefangen. Ich kann Ihnen sagen, auch in der grünen Bundestagsfraktion ist niemand glücklich über die Ungewissheit für die Sprach Kitas.

Kurz zu den weiteren Punkten des Antrages der LINKEN. Sie haben recht: All das, was Sie

fordern, brauchen wir eigentlich in den Kitas im Land. Aber Politik ist eben nicht dann schwierig, wenn es darum geht, alles aufzuzählen, was fachlich sinnvoll ist, sondern Politik wird dann schwierig, wenn es um die Setzung von Prioritäten geht. Diese knifflige Aufgabe haben Sie sich in Ihrem Antrag ein bisschen erspart.

Unsere grüne Priorität liegt klar bei der Stärkung der Qualität, und zwar insbesondere in den Kitas, die vor besonderen Herausforderungen stehen. Aufwüchse braucht es also zuvörderst bei der Förderung von Einrichtungen mit besonderen Bedarfen gemäß § 23 des Kinderförderungsgesetzes. Ein Aufwuchs - diesbezüglich sind wir dann wieder beieinander - an dieser Stelle auf 200 Stellen würde das Land finanziell sicherlich nicht ruinieren, aber die vielen Kitas, in denen das Personal über die Maße gefordert wird, entlasten und stärken. Dort sollten wir unsere Kräfte bündeln. Ich bin sehr froh, dass wir darüber im Ausschuss weiter beraten werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Sziborra-Seidlitz. - Frau Gensecke ist die nächste Rednerin.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir alle wissen natürlich, dass gerade in den ersten Lebensjahren die Weichen für ein gelingendes Aufwachsen gestellt werden. Seit dem Jahr 2016 fördert das Bundesfamilienministerium das Programm „Sprach-Kitas“, weil Sprache

der Schlüssel zur Welt ist. Die alltagsintegrierte sprachliche Bildung ist fester Bestandteil in den Kitas.

Mit der Förderung in den Sprach-Kitas werden die frühkindliche Bildung und Sprachentwicklung für alle Kinder verbessert und somit werden Bildungs- und Teilhabechancen eröffnet bzw. erreicht. Ja, zu unser aller Überraschung hat das Bundesfamilienministerium im Sommer dieses Jahres, im Juli, bekannt gegeben, dass für das Jahr 2023 keine Bundesmittel mehr für die Weiterführung des doch so sehr erfolgreichen Programms „Sprach-Kitas“ zur Verfügung stehen.

Das ist irritierend und hat zu entsprechenden Bitten geführt. Da gibt es einen einstimmigen Jugendministerkonferenzbeschluss und ein

Schreiben an die Bundestagsabgeordneten, das unsere Ministerin Frau Petra Grimm-Benne vorgenommen hat, diese Entscheidung nochmals zu überdenken. Die Weiterführung der Sprachentwicklung muss ein ganz zentrales und ein bundesweites Anliegen sein.

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte daher die Ministerin, die Bundesratsinitiative von Mecklenburg-Vorpommern, die Sprach-Kitas als dauerhaftes Bundesprogramm im Kita-Qualitätsgesetz weiterzuführen, am 16. September im Bundesrat zu unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Wegfall des Bundesprogramms ab 1. Januar 2023 bedeutet weniger Sprachförderung für jene Kinder und Familien, die es jetzt am dringendsten brauchen. Die Auswirkungen der Coronapandemie sind immer noch zu spüren. Auch die geflüchteten Kinder aus der vom Krieg zerstörten Ukraine benötigen frühzeitige Sprachförderung.

Der Wegfall der Sprach-Kitas würde auch den Verlust des kompetenten Fachpersonals in den Einrichtungen bedeuten. Ich bin daher Ministerin Grimm-Benne und dem Sozialministerium dankbar, dass sie alles tun werden, um bei einem Wegfall die Mittel für das Gute-Kita- Gesetz umzuplanen und ggf. zu kompensieren, sodass das Fachpersonal gehalten werden kann. Daher auch von mir und meiner Fraktion die Bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen: Orientieren Sie sich noch nicht um. Bleiben Sie am Ball. Wir werden zeitnah nach der Lösung suchen.

Ich möchte eines betonen: Wir können in Sachsen-Anhalt unheimlich stolz auf unser KiFöG sein. Manche Bundesländer, z. B. in Richtung Niedersachsen, schauen sehr neidvoll auf unser Bundesland; denn wir haben einen ganztägigen - bis zu zehn Stunden - Bildungs- und Betreuungsanspruch ab Geburt bis zum 14. Lebensjahr. Das soll uns erst einmal jemand nachmachen. In den letzten Jahren sind Schritt für Schritt Verbesserungen erfolgt, wie z. B. die Stärkung der pädagogischen Fachkräfte durch deren tarifgerechte Bezahlung, die Befreiung vom Schulgeld für angehende Erzieherinnen und Erzieher - ein ganz wichtiger Schritt - und vor allem die finanzielle Entlastung der Eltern mit der Ausweitung der Geschwisterkindregel.

Der Bund hat mit dem Gute-Kita-Gesetz die Qualitätsverbesserungen in den Kitas seit dem 1. Januar 2019 mit 5,5 Milliarden € unterstützt, und die Länder konnten entscheiden, für welche Maßnahmen sie diese Mittel ausgeben. Sachsen-Anhalt hat sich für den Fachkräftepakt, für Ausbildung und Qualität und für mehr pädagogische Fachkräfte für Kitas mit besonderen Bedarfen und für die Elternentlastung entschieden. Vereinbart wurde auch die Evaluierung der Maßnahmen.

Ich freue mich darauf, und deshalb möchte ich um die Zustimmung zur Überweisung in den Sozialausschuss bitten, wo wir dieses Thema weiter beraten können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Die letzte Rednerin ist Frau Anger.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Ausführungen zu unserem Antrag. Frau Ministerin, zu werben reicht mir wirklich nicht. Das ist noch weniger als Appelle. Die Sprachfachkräfte müssen sich Ende September beim Jobcenter melden. Das wissen wir alle. Wir kennen das noch von der Schulsozialarbeit. Die engagierten Mitarbeitenden werden hängen gelassen, bis sie weg sind. Dann sind die Programme wegen vermeintlich fehlender Fachkräfte im Umkehrschluss nicht mehr umsetzbar. Hier wird über Fachkräftemangel geklagt, und gleichzeitig werden die Fachkräfte sehenden Auges hängen gelassen. Das finde ich hochdramatisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Die von Ihnen genannte Auffanglinie der Sprachfachkräfte mit dem KiQuTG heißt im Umkehrschluss aber auch, etwas anderes fällt dafür weg. Worauf müssen die Kitas wieder verzichten, weil das Geld nach Ihren Worten nicht mehr wird? Da geraten wir in eine Schieflage. Wir zerren an einem Tischtuch, und am Ende wird es in der Qualität nicht besser.

Zu dem Kollegen von der CDU, Herrn Teßmann. - Oh, es ist auf einmal Ruhe in der CDU! - Sie haben total gut erkannt, dass das ein Antrag der LINKEN ist.

(Zuruf von Ulrich Thomas, CDU)

Leider hat das mit dem verstehenden Lesen irgendwie gar nicht hingehauen.

(Zurufe von der CDU)

In Punkt 4 steht nämlich, dass wir die bisherige Beitragsbefreiung, die Ende des Jahres ausläuft, genau auf dem Niveau fortsetzen wollen, und zu prüfen ist, ob die weiter ausgeweitet werden kann.

(Ulrich Thomas, CDU: Verstehendes Lesen ist nicht Ihre Stärke! - Tim Teßmann, CDU: Das habe ich gesagt! - Ulrich Thomas, CDU: Ge- nau!)

Zu dem Kollegen von der FDP möchte ich gern sagen: Wir bilden in diesem Land genügend aus. Das sollten Sie wissen. Schauen Sie sich einmal die Schulstatistiken an. Aber die ausgebildeten Fachkräfte gehen, weil die Rahmenbedingungen so schlecht sind.

(Beifall bei der LINKEN - Ulrich Thomas, CDU: Wohin gehen sie denn?)