Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

und wir dann die Strukturen ganz anders machen müssen. Mich stört etwas an dem Satz „Wir brauchen Zeit“. Der hat seine Berechtigung. Tatsächlich braucht man für solche Prozesse Zeit. Wir reden aber schon seit den 90er-Jahren darüber.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das ist wirklich ein langer Prozess. Damals haben wir für so etwas immer Heiterkeit geerntet. Das wurde nicht ernst genommen. Heute nimmt man das ernst. Dazu gibt es durchaus aggressive Angriffe. Tatsächlich eilt es aber. Es ist keine spinnerte Idee von uns, dass wir möchten, dass die Industrie anders läuft, sondern es sind eben die globalen Prozesse, die uns dazu bringen, auf schnelle Änderungen zu drängen, und das auch gemeinsam in Berlin. Der Minister ist darauf eingegangen, was die gesetzlichen Bedingungen sind und was die Hoffnung der Koalition in Berlin ist.

Die Abkehr von einer fossilen Energiewirtschaft zu einer auf Basis erneuerbarer Energien bietet für Sachsen-Anhalt eine große Chance. Zum einen verringern wir mit selbst erzeugter Energie aus Wind und Sonne die Abhängigkeit von Importen. Zum anderen stärkt die Erzeugung

in unserem Land die Wertschöpfung vor Ort. Davon können dann auch die Kommunen durch Steuereinnahmen profitieren.

Dabei wird der Erzeugung von grünem Wasserstoff eine große Rolle zukommen. Ich glaube, Herr Silbersack ist auch darauf eingegangen. Es geht erst einmal um Wasserstoff an sich und dann natürlich auf Dauer um grünen Wasserstoff. Diese Rolle lässt sich im aktuellen Landeshaushalt leider nicht ablesen. Die beiden industriellen Wasserstoffvorhaben der Firma Linde in Leuna und Bobbau gehen beim Haushaltsplan des Wirtschaftsministeriums für 2023 leider leer aus und sollen 2024 mit Landesmitteln unterstützt werden. Auch die Haushaltsansätze im Bereich Wasserstoff erscheinen angesichts der Aufgabe und der Komplexität doch sehr schmal.

Die grüne Wasserstoffindustrie wird stofflich wie energetisch die Zukunft bestimmen. Wer aber grünen Wasserstoff ernten will, muss auf erneuerbare Energie setzen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich kann es Ihnen nicht ersparen. Wenn die Debatte darauf kommt, dann müssen wir darauf hinweisen. Die Verfügbarkeit erneuerbaren Stroms müssen wir zu einem Teil eben auch in Sachsen-Anhalt selbst sicherstellen. Dafür brauchen wir mehr Energie aus erneuerbaren Energien und dafür müssen wir Wind- und Solarenergie weiter ausbauen. Dazu sind auch unkonventionelle Wege zu beschreiten

(Ulrich Thomas, CDU: So ein Blödsinn!)

- kannst mir gern Fragen stellen, dann können wir das diskutieren - wie der Bau von Windkraft- und PV-Anlagen in Bergbaufolgelandschaften oder Agro-PV als Schattenspender auf

geeigneten Anbauorten und -flächen, vor allem aber auf allen irgendwo verfügbaren Dachflächen. Ebenso ist die Netzanbindung der Industriecluster für die Zuleitung von grünem Strom auszubauen. In Leuna geht es dazu insbesondere um eine zukünftige Höchstspannungsleitung von 380 kV.

Beim Ausbau Mitteldeutschlands zu einer Region für grünen Wasserstoff sind aber auch die anderen Regionen unseres Landes mitzunehmen. Dabei muss der Blick über die Region Halle-Leipzig hinausgehen, insbesondere dann, wenn es, wie im Salzlandkreis, mit dem Projekt der H2-Region Salzlandkreis schon eine Initiative gibt, die einen regionalen Kreislauf zur Herstellung und Nutzung von Wasserstoff installieren möchte.

Erfreulich ist auch die Meldung aus dem Burgenlandkreis, in dem ein Wasserstoffnetzwerk eine gemeinsame Wasserstoffpipeline im Landkreis realisieren will und das Land der Vorschlagsskizze des H2-Clusters Burgenlandkreis eine erfolgreiche Bewertung ausgestellt hat.

Herauszustellen ist, dass es die potenziellen Produzenten und auch Abnehmer bereits gibt. Den nun zu stellenden Förderantrag im Rahmen des Investitionsgesetzes Kohleregion für Sachsen-Anhalt gilt es zügig und hilfreich zu begleiten.

Über den breiten Ansatz von Produktion und Nutzung grünen Wasserstoffs können wir in industriellem Maßstab bei der Umstellung auf eine klimafreundliche Produktion in eine Vorreiterrolle kommen, wenn wir es denn entschlossen angehen. Es geht jetzt darum, eine marktfähige grüne Industrie zu entwickeln. Indem wir die Nutzung von Wasserstoff vorantreiben, können wir Koks, Kohle, Öl oder Erdgas nach und nach ersetzen. Dazu wird das Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und

Klimaschutz im kommenden Jahr sogenannte Klimaschutzverträge für die Industrie aufsetzen. Wer seine Produktion klimafreundlich macht, der soll sowohl Geld für Investitionen als auch jährliche Mittel für die bisher noch teurere grüne Produktion erhalten. Dazu sollen jeweils 15 Jahre laufende Verträge zwischen Staat und Betrieb geschlossen werden.

Für Sachsen-Anhalt von Bedeutung ist, dass - anders als etwa Autos und der Verkehr oder Wärmepumpen im Gebäudesektor - die Industrie ihre Prozesse eben nicht direkt auf grünen Strom umstellen kann, weil es technologisch entsprechende Vorgaben gibt. Daher gilt grüner Wasserstoff als Mittel der Wahl. Hier können wir mit Leuna als eine bereits existierende und arbeitsfähige Erzeuger- und Transformationsregion für grünen Wasserstoff punkten. Für die wichtige Energie- und Rohstoffquelle der Zukunft müssen wir aber über das jetzige Anfangsstadium hinaus zu großen Volumina kommen. Technologisch ist das machbar. Preislich flankierende Unterstützung ist auf dem Weg.

Die konkrete Umsetzung im Land muss bitte energischer erfolgen. Das bedeutet vor allem auch - ich wiederhole mich -, die erneuerbaren Energien auszubauen. Grüner Wasserstoff in all seinen Formen wird zukünftig einen entscheidenden Beitrag zur Wertschöpfung, zur Versorgungssicherheit und zum Klimaschutz leisten. Daran wollen und müssen wir mitwirken. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich habe erstaunlicherweise keine Fragen und Interventionen gesehen. - Dann, Herr Silbersack, haben Sie die Möglichkeit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion hat gezeigt: Chemie in Sachsen-Anhalt hat eine wesentliche Bedeutung, und es ist gut, dass wir uns im Landtag mit genau diesen Themen befassen. Wir stehen vor riesigen Herausforderungen. Die werden wir nur gemeinsam lösen können. Ich glaube, dass wir mit den Investitionen, mit dem CTC und anderen Dingen einen guten Weg gehen. Es zeigt eben auch, dass wir im Kanon der Bundesländer eine herausragende Rolle durch die Chemie und mit der Chemie hinbekommen.

Wichtig ist, dass wir die Transformation auch als die betrachten, die sie ist: Sie ist nämlich komplex und sie ist energiereich. Sie bedarf einer Grundlast. Das müssen wir gemeinsam verstehen. Je weniger wir die Dinge ideologisch getriggert nach vorn treiben, umso besser ist es. Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, unsere Chemieindustrie in die Zukunft zu führen. Das ist ein großer Wert für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Chemiestandort und für unser Land insgesamt. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der FDP)

Ich danke auch. - Sie kennen das bei den Debatten: Beschlüsse in der Sache werden gemäß § 46 GO.LT nicht gefasst. Damit haben wir Tagesordnungspunkt 11 erledigt. Wir sind zehn Minuten im Verzug.

Wir kommen nun zu dem

Tagesordnungspunkt 12

Aktuelle Debatte

Verkehrsblockaden durch radikale Öko-Gruppen: Klimakleber sind keine Aktivisten, sondern Extremisten!

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/1990

Die Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion. Folgende Reihenfolge wurde vereinbart: AfD, SPD, DIE LINKE, FDP, GRÜNE und CDU. Zunächst hat für die AfD-Fraktion Herr Matthias Büttner, Staßfurt, das Wort. - Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kein Auto sollen wir mehr fahren. Kein Fleisch sollen wir mehr essen. Auf tierische Produkte wie Eier und Käse sollen wir verzichten. Wir sollen nicht mehr in den Urlaub fliegen. Die Wirtschaft müssen wir zurückentwickeln und den Kapitalismus überwinden. Ich spreche hier nicht von Nordkorea, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern ich spreche von Forderungen, die in Deutschland von selbst ernannten Klimaaktivisten ausgesprochen wurden.

Diese Forderungen gehen noch weiter, als es sich Nordkorea ausmalen könnte. Die Harten unter ihnen sagen, wir sollen keine Kinder mehr bekommen, weil sie schädlich für das Klima sind, und der Mensch ist auf der Erde sowieso viel zu viel vertreten. Das heißt also, diese Leute wollen die Menschheit dezimieren. Spätestens nach solchen Aussagen sollte jedem

klar sein, dass es nicht darum geht, den Mensch vor Klimaveränderungen zu schützen, sondern die Erde vor dem Menschen zu schützen. Das macht deutlich, dass es sich hierbei um nichts anderes als eine menschenfeindliche Ideologie handelt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der AfD)

Dass es sich hierbei nicht nur um gehirn- gewaschene Kinder handelt, ist schon seit Anfang der Bewegung „Fridays for Future“ klar. Es wurde damals schon von der Presse berichtet, dass harte antikapitalistische, kommunistische und extremistische Kräfte diese Bewegung untergraben und unterwandert haben und dass es, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht mehr darum geht, nur das Klima zu retten, sondern ihre politische Agenda über diese Kinder durchzusetzen.

Man hätte am Anfang noch gegensteuern können. Man hat es nicht gemacht. Man braucht bloß einmal zu schauen, wie es denn alles passiert ist und wie es alles vonstattengegangen ist. Wie hat es begonnen? - Dazu fällt mir so- fort eine Nervensäge aus Schweden ein, die uns alle belästigt hat und die verkündet hat, dass sie jetzt nicht mehr in die Schule geht, bis ihre politischen Forderungen umgesetzt werden; sie schwänzte also freitags die Schule, ganz offiziell.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn ich mir das früher herausgenommen hätte, dann hätte ich wahrscheinlich ein paar hinter die Ohren bekommen und wäre schneller in der Schule gewesen, als ich hätte gucken können.

(Zustimmung bei der CDU - Sebastian Strie- gel, GRÜNE: Sie waren offensichtlich trotz- dem nicht da!)

- Dass das bei Ihnen nicht der Fall war, Herr Striegel, merken wir hier jedes Mal, bei jeder Debatte. Sie hätten vielleicht doch freitags in die Schule gehen sollen oder öfter anwesend sein sollen. Das hätte vielleicht geholfen.

(Zustimmung bei der AfD)

Das Problem ist, dass man dieses Mädchen nicht angewiesen hat, in die Schule zu gehen. Jetzt ist es so, dass Tausende andere Kinder es ihr nachgemacht haben in ganz Europa und natürlich auch in Deutschland. Damit hat das Unheil begonnen.

Die Politik hat nicht verstanden, dass hier klar und deutlich ein Stoppzeichen hätte gesetzt werden müssen. Frau Merkel hat kein Machtwort gesprochen. Stattdessen hat sie es noch begrüßt. Es hätte gereicht, wenn sie darauf hingewiesen hätte, dass freitags Schulpflicht besteht. Das hat sie nicht getan. Sie hätte dar- auf hinweisen können, dass sie es gut findet, dass die Kinder das tun - das ist ihnen über- lassen -, aber dass sie es am Wochenende hätten machen müssen und dass sie am Wochenende vielleicht auch ein paar Bäume hätten pflanzen können oder dass sie am Wochenende ihren Müll bei ihren Veranstaltungen, bei ihren Partys selber hätten wegräumen können. Dann, sage ich Ihnen, wäre diese Protestbewegung schon in sich zusammengebrochen und nicht so groß geworden.

Das Problem ist nur, es ist noch viel schlimmer gekommen, als wir es uns hätten ausmalen können, und zwar ist das deutlich geworden auf dem Klimagipfel in New York. Das war wirklich der Gipfel, den man sich vorstellen konnte.

Staatschefs aller Länder des Westens saßen dort vor Greta Thunberg, duckmäuserisch, klein, und hörten sich die wutentbrannte

Rede dieser vom Wohlstand verzogenen Rotzgöre an,

(Lachen und Zustimmung bei der AfD - Sebas- tian Striegel, GRÜNE: Oh!)

wie sie sagte, wie konntet ihr es wagen, meine Träume und meine Kindheit zu stehlen mit euren leeren Worten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Dame, dieses Kind, hat noch nie schlechte Zeiten in seinem Leben erlebt und nimmt es sich heraus, die Staatschefs dieser Welt so anzugehen. Der Einzige, der den Mund aufbekommen hat, war damals Trump. Was hat man mit Trump gemacht? - Man hat ihn verurteilt.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Ausgelacht hat man ihn! Richtigerweise!)

Man hat wieder einmal versucht, ihn in die rechte Ecke zu schieben.