Auf der einen Seite stehen die Jetzt-komm- ich-Parteien, die rufen nach der Polizei, und auf der anderen Seite die Gruppe „Letzte Generation“, die nach der Verantwortung des Staates für eine lebensfähige Zukunft ruft.
Wie sieht es denn mit dieser Verantwortung aus? - Wer vom schönen Sachsen-Anhalt mit dem Zug ins schöne Bayern fährt, der braucht keinen Aufsatz zum Ausbaustand der erneuerbaren Energien zu lesen. Wer mit den Kindern gern Windräder zählen will, der schaut aus dem Zugfenster, aber er sollte im Osten beginnen: denn spätestens in Bayern und Baden-Württemberg finden sich keine Windräder mehr zum Zählen.
Meine Damen und Herren! Seit 50 Jahren liegen die Analysen und Vorschläge auf dem Tisch, aber eine Energiewende hin zu den Erneuerbaren, und zwar sicher und bezahlbar für alle, steht bekanntlich aus, und das trotz der Erkenntnis, dass Wachstum Grenzen hat und fossile Ressourcen endlich sind. Warum ist das so? - Weil es sich rechnet. Weil es sich lohnt.
Die Gaslieferungen aus Russland waren doch kein Freundschaftsprogramm deutscher Diplomatie, schon gar kein ostdeutsches; denn wir spielen im diplomatischen Korps der Bundesrepublik bekanntlich keine so große Rolle. Die Abhängigkeit war zuvörderst eine bewusste Entscheidung der Großindustrie. Die Pipelines aus Russland gehen direkt zum Werk von BASF in Ludwigshafen am Rhein; denn es geht ganz klar vor allem um eines: um Kosten und um Nutzen.
Vor dem furchtbaren Krieg in der Ukraine war die heutige Abhängigkeit über Jahrzehnte hinweg ein Standortvorteil, der Milliarden eingebracht hat. Kohle und Öl bringen die Ökosysteme an den Abgrund, aber die Börse in Bewegung. Der Kurs des „Weiter so“ hat hier und weltweit mächtige Verbündete. Insofern ist es eher erstaunlich, dass wir heute überhaupt noch über Klimaproteste sprechen können.
Man muss ganz nüchtern feststellen: Erst die so viel gescholtene, aber im Zusammenhang mit der Jugendbewegung stehende Greta Thunberg hat den industriegemachten Klimawandel wirklich zum Thema gemacht. Erst die Schulstreiks haben unsere Aufmerksamkeit erzwungen.
Was ist seitdem passiert? - Das neue Umweltbewusstsein ist längst vom kapitalistischen Markt absorbiert worden. Renitente Teenager sind längst neue Rollenmodelle in der Werbeindustrie. Plastikfreie Trinkhalme, Fleischersatz und Hafermilch machen das Verkaufsregal zwar voller, aber eben nicht aufgeräumter. Nicht weniger Waren sind die Konsequenz, nicht Jute statt Plastik, sondern mehr Waren und neue Marktanteile, also Jute und Plastik. - Die Wirtschaft freut’s, viele in der Politik nicht minder; ist halt für jeden etwas dabei.
Den Job der Regulierung, den die Politik ausdrücklich verweigert, den haben die Verbraucherinnen und Verbraucher zu machen. Aber die haben eben nur die Wahl und nicht die Macht. Wer also macht derzeit noch Druck für den Klimaschutz? - Ehrlicherweise muss man sagen: Schulstreiks haben sich, auch wenn sie
immer wieder benannt werden, abgenutzt. In Sachsen-Anhalt herrscht Lehrermangel, sodass der Unterricht freitags eh ausfällt.
Wir müssen uns eher Sorgen darüber machen, dass sich die Jugendliche nicht an den Schreibtischen festkleben und damit Unterricht er- trotzen.
Um es noch einmal ganz deutlich festzustellen - deswegen meine Frage an die Innenministerin -: Die Klimabewegung tritt mit offenem Visier auf. Wer sich filmt, ist nicht in geheimer Mission unterwegs. Wer sich festklebt, kann nicht türmen - welche Überraschung. Wer das 9-€-Ticket fordert, der plant keinen Staatsstreich, sondern will, dass diese Bundesregierung sich selbst und die eigenen Entscheidungen ernst nimmt.
(Beifall bei der LINKEN - Tobias Rausch, AfD: Das sind extremistische Maßnahmen, die dort ergriffen werden!)
Mit Blick auf die innenpolitischen Diskussionen muss man sich schon wundern. Sitzblockaden sind sehr wohl vom Versammlungsrecht gedeckt und dazu gibt es entsprechende Entscheidungen.
Auch wer dafür Sekundenkleber mitbringt, der kann Akteur bei einer politischen Meinungsäußerung sein. Nach dem Freispruch einer Klimaaktivistin in Berlin erklärte der zuständige Richter, jede Aktion müsse generell differenziert beurteilt werden und eine binnen Minuten beendete Klebeblockade sei vom Demonstrationsrecht gedeckt.
Ich kann dem Vorsitzenden nur zustimmen. Die allermeisten Menschen in Sachsen-Anhalt wissen sehr wohl, dass die Aktionen der „Letzen Generation“ letztlich einfach nur Nadelstiche in einem ungleichen Kampf sind. Manche der Aktiven wirken so aufgewühlt, dass es einen betroffen macht.
Gerade die Wahrnehmung eines Generationskonfliktes wirkt verstörend; denn in aller Regel ist es so, dass die Eltern das Beste für ihre Kinder wollen. Grundsätzlich gilt, dass sich natürlich keine Gesellschaft selbst abschaffen will, aber beim Klimawandel steht dies augenscheinlich zur Debatte.
Um darüber zu diskutieren, muss man im Dialog bleiben. Dieser Dialog ist augenscheinlich gestört und er soll weiter gestört werden. Wer die Aktivisten kritisiert, der muss auch die Ursachen für Ignoranz und Zähigkeit in der Klimapolitik reflektieren.
Verantwortung zum Teil nicht falsch adressieren. Das breite Unverständnis etwa für die unkalkulierbare Bilderstürmerei oder gegenüber lebensgefährlichen Autobahnaktionen
Meine Damen und Herren! Aber all das will die AfD ausdrücklich nicht hinterfragen. Sie will keine Vermittlung, sondern sie will Gräben tiefer machen. Ich bedauere, dass Sie sich daran beteiligen. Ihnen, der AfD, ist nicht an Aufklärung und Mäßigung gelegen,
(Tobias Rausch, AfD: Da muss man nichts aufklären! Das muss unterlassen werden! Das ist extremistisches Handeln!)
Der Klimawandel verschärft die Probleme der Ärmeren und des globalen Südens. Das ist nicht neu. Das passt perfekt für Trump, für Bolsonaro, aber eben auch für die AfD in unserem Land; denn der Westen und die Gutsituierten haben bisher immer von den Ungerechtigkeiten in dieser Welt profitiert.
Autokraten leugnen den Klimawandel öffentlich, nicht weil sie ihn nicht zur Kenntnis nehmen und er ihnen nicht bewusst ist, sondern weil sie wissen, dass es zuerst die Länder derjenigen trifft, die derzeit im Mittelmeer ertrinken.
will über die Klimabewegung richten. Schicken Sie Ihre juristischen Einschätzungen doch an die Beschuldigten im Verfahren gegen die Reichsbürgerbewegung. An dieser Stelle scheint auch bei Mitgliedern Ihrer Partei grundsätzlich etwas durcheinanderzugehen. Während die Klimaaktivisten einen in Zukunftsfragen handlungsfähigen Staat fordern, also am Staat festhalten, zweifelt eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD daran, dass es diesen Staat überhaupt gibt.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Als die Diäten- zahlungen kamen, hat sie das nicht gefragt! - Zurufe von der AfD)
Die einen sitzen friedlich auf der Straße, die andern trainieren für den bewaffneten Straßenkampf. Ich muss Ihnen sagen: Sie können heute aufwiegeln, wen Sie wollen, aber von einem Prinz Reuß, noch dazu einem 13., möchte sich niemand in diesem Land regieren lassen.
(Beifall bei der LINKEN - Hannes Loth, AfD: Und von Frau von Angern auch nicht! - Un- ruhe - Zuruf: Ja, das ist so! - Lachen - Zuruf: Ja, wenn man so etwas reinhaut...!)
- Das ist einfach nur billig. Ich sage es Ihnen genauso, wie ich es meine: Ich bin enttäuscht, wie Sie hier den Rechtsstaat zu Grabe tragen.