Problem haben. Da an allen Ecken und Enden von einem Mangel gesprochen wird, scheint es nicht nur für mich so zu sein, dass grundsätzlich etwas im Argen liegt. Insbesondere betrifft das uns, die Schulen, und es betrifft den Lehrerberuf.
Wie angespannt der Lehrerarbeitsmarkt inzwischen ist, zeigt sich daran, dass selbst der stolze Staat Bayern, der bisher immer aus den Vollen schöpfen konnte, mittlerweile auch freie Lehrerstellen hat, die nicht mehr besetzt werden können.
Und ich muss Ihnen sagen, auch in Thüringen regiert mittlerweile sieben Jahre lang ein linker Ministerpräsident. Der hat das Lehrerproblem auch nicht gelöst. Der hat noch größere Probleme als das Land Sachsen-Anhalt.
Der hätte das in sieben Jahren auch schon lösen können. Und daran sieht man doch, dass alle Bundesländer gleichermaßen, das eine ein bisschen mehr und das andere ein bisschen weniger, betroffen sind.
Letztmalig und sehr intensiv haben wir uns hier am 13. Oktober mit dem Lehrkräftemangel und der Attraktivität des Lehrerberufs auseinandersetzt. Schon im Oktober hatte ich Ihnen hier eine nüchterne Analyse der Unterrichtsversorgung im laufenden Schuljahr präsentiert, die wir nun Anfang Dezember auch im Bildungsausschuss mit konkreten Zahlen untermauern konnten.
Die durchschnittliche Unterrichtsversorgung liegt leider nur bei 93,5 % und damit einen halben Prozentpunkt unter dem Vorjahreswert. Aber - und ich sage bewusst: aber - wir haben
knapp 7 000 Schülerinnen und Schüler mehr im System als im letzten Schuljahr, insbesondere allein 6 000 ukrainische Schülerinnen und Schüler.
Dieses stabile Level konnten wir nur halten, weil wir über Einstellungen ungefähr 230 Lehrer-VZÄ mehr besetzt haben als im letzten Schuljahr.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt kein Patentrezept gegen den derzeitigen Unterrichtsausfall. Es gibt nicht die eine Lösung am Horizont, die spontane Heilung verspricht. Im Gegenteil: Wir müssen jeden Stein umdrehen, jede Regelung aus der Vergangenheit auf Sinnhaftigkeit und auf Effizienz überprüfen.
Jedoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, anders als in der Antragsbegründung kolportiert, greifen viele Entscheidungen nicht sofort. Es folgen einige kleine Beispiele für das, was wir bisher sofort gemacht haben. Unsere Vereinfachung der Regelungen für Vertretungslehrkräfte, finanziert aus dem Personalbudget, bedeutet umgerechnet - das leisten unsere Lehrkräfte und an der Stelle noch mal einen ganz großen Dank -
noch einmal 280 VZÄ. Es wurden so viele Überstunden geleistet, dass das 280 VZÄ ausmacht. Das sind Lehrkräfte, die vor der Klasse stehen.
Die Erhöhung der Mehrarbeitszeitvergütung haben wir auch geregelt. Das entspricht umgerechnet 100 VZÄ.
Und mit dem nun zum Schulhalbjahr startenden Arbeitszeitkonto, also der Möglichkeit für Lehrkräfte, langfristig Überstunden anzusparen, tritt ein weiteres sinnvolles Instrument in Kraft. Schulen und Schulleitungen, natürlich in Abstimmung mit unseren Lehrkräften, wird somit also mehr Flexibilität zur Kompensation fehlender Kollegen und kurzfristiger Ausfälle gegeben.
Allen Lehrkräften, die sich zu zusätzlichen Stunden vor der Klasse verpflichten, nochmals mein ausdrücklicher Dank, insbesondere in der jetzigen Situation, in der wir einen so hohen Krankenstand bei den Schülerinnen und Schülern, aber auch bei den Lehrkräften haben.
Zudem, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir die Ansprüche von Ruheständlern und Studierenden intensiviert. Wir zahlen Zulagen für schwer besetzbare Stellen und auch als Anreiz bei Abordnungen an unterversorgte Schulen. Wir erhöhen die Budgets der Schulen für zusätzliche Förderangebote. Wir ermöglichen es Hilfskräften bzw. Referendaren, freiwillig nach den Prüfungen mehr zu unterrichten. Auch dies wird angemessen vergütet.
Wir suchen erfolgreich im Ausland Lehrkräfte für Mangelfächer. Allein das Modellprojekt mit unseren Personalrekrutierern hat uns 80 motivierte neue Kolleginnen und Kollegen ins Land geholt. Unsere Weltenretter-Kampagne wird angepasst und wird noch dezidierter um bestimmte Zielgruppen werben.
600 € im Monat für Lehramtsstudierende zum Sommersemester aus, um auch die Attraktivität dieses Berufes entsprechend zu erhöhen. Vor allen Dingen sind das Stellen für die Sekundarschule und für den ländlichen Raum. Dies ist nur ein kleiner Abriss der langen Liste an Maßnahmen, die wir bereits umgesetzt haben.
Aber - ich sage bewusst: aber - die Zahlen geben uns einen Auftrag. Wir dürfen an keiner Stelle nachlassen. Im Gegenteil: Die aktuelle Situation macht deutlich, dass wir weitere Maßnahmen ergreifen müssen; denn Stellen bleiben landesweit unbesetzt - das wissen wir alle -, insbesondere in den Schulformen Sekundar- und Gemeinschaftsschule.
Es sei mir noch eine kleine Bemerkung an der Stelle gewährt, weil Sie sagten, wir müssen alles in Gemeinschaftsschulen umwandeln. Wir haben jetzt eine Studie zu Schulabbrecherquoten in den einzelnen Schulformen durchgeführt. Die Gemeinschaftsschule hat die höchste Anzahl an Schulabbrechern und damit an Abgängern ohne Schulabschluss. Wir können uns gern mal drüber unterhalten, woran das bei dieser Schulform liegt. Also, das macht mir auch große Sorgen.
Auch in einigen ländlichen Regionen kommt das Landesschulamt an seine Grenzen, was kurzfristige Maßnahmen anbelangt, z. B. bei Abordnungen. Es macht deutlich, es fehlt nicht zwingend nur an Geld. Es fehlt uns an Bewerbern.
Folglich heißt das: Wir müssen im Schulsystem und an den Schulen flexible Lösungen finden. Wir müssen weiteres Lehrerarbeitsvermögen heben und für den Unterricht optimal einsetzten. Wir müssen die Lehrer besser unterstützt, damit diese ihren Fokus auf guten Unterricht
lenken können. Damit meine ich besonders das Unterstützungspersonal in Form von pädagogischen Mitarbeitern und Schulverwaltungsassistenten.
Wir müssen Schulen zum Ausprobieren und Experimentieren anregen. Da denke ich an die schiefe Diskussion über die 4-plus-1-Regelung. Seien es digitale Lösungen oder auch Kooperationen mit der Wirtschaft, alles soll möglich sein.
Was können wir nun konkret in einem kurz- und mittelfristigen Zeithorizont tun? Über eine Maßnahme habe ich auch schon mit meiner Kollegin gesprochen. Derzeit können z. B. 160 Schwangere nicht in der Schule vor der Klasse unterrichten; denn die geltenden Corona- und Arbeitsschutzregelungen lassen dies nicht zu. Aber wir sind da intensiv im Gespräch. Also, diese Kräfte fehlen uns zusätzlich auch noch.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen: Um zusätzliche Lehrkräfte zu gewinnen, haben wir für Seiteneinsteiger den Weg in die Lehrerzimmer geöffnet und das Verfahren massiv vereinfacht. Sie leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Unterrichtsversorgung, und das ist nicht immer einfach. Aber das möchte ich auch einmal in den Fokus rücken: Mit ihrem Fachwissen, ihren Erfahrungen und ihren Impulsen sind sie für die Schule eine Bereicherung.
Wir wollen die Einstellungsvoraussetzungen für Seiteneinsteiger weiter überarbeiten. Ich kann mir z. B. vorstellen, dass wir ähnlich wie in Bayern Fachpraxislehrkräfte einstellen. Wir kennen diese Personalkategorie. Sie haben keinen Hochschulabschluss, aber sie haben einen Meisterbrief oder einen Technikerabschluss an
berufsbildenden Schulen erworben. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir sie im Sekundarbereich einstellen können.
Zudem möchte ich mich an ein brisantes Thema heranwagen. Es geht um die Bewährungsfeststellungen für Seiteneinsteiger. Warum sollte ein Kollege, der sich mehrere Jahre lang vor der Klasse bewährt hat und nebenbei auch noch Fortbildungen absolviert oder bei Unterrichtsproben seine Fähigkeit erfolgreich präsentiert hat, denn nicht in seiner Entgeltgruppe einem Angestellten gleichgestellt werden?
Also, das sind einige Dinge, bei denen auch rechtliche Änderungen nötig sind. Aber über diese Änderungen können wir gern diskutieren.
Ein weiterer Wunsch meinerseits ist die Budgetierung des Personalbudgets. Das ist natürlich eine Maßnahme mit Chancen, aber auch immer mit Risiken. Über Budgets für den Ganztag oder das Coronaaufholprogramm lernen Schulen geraden den Umgang mit größerer Eigenverantwortung bei der Bewirtschaftung von finanziellen Mitteln. An diese Erfahrungen möchte ich gern mit einem Modellprojekt für eine kleine Anzahl von Sekundar- und Gemeinschaftsschulen anknüpfen, die dann selbst mit dem Geld nicht besetzter Lehrerstellen arbeiten können.
Dies ist für Schulen und für deren Leitungen aber sehr aufwendig. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen. Dennoch würde ich gern Schulen unterstützen, die diesen Weg zu mehr Autonomie geben wollen.
Außerdem haben wir die Effizienzvorteile der Digitalisierung noch nicht ansatzweise ausgereizt. Seit Längerem experimentieren wir mit hybriden Unterrichtsmodellen, z. B. an der
Schule des zweiten Bildungsweges. Wir starten darüber hinaus im zweiten Schulhalbjahr mit einem recht großen Modellprojekt zum hybriden Unterricht an berufsbildenden Schulen. Ich erinnere noch einmal auch an die zwölf 4-plus-1-Schulen. Wir müssen dennoch hier noch mutiger vorangehen und guten Beispielen vielleicht auch aus Nachbarländern folgen.
Ich möchte z. B. eine digitale Schule gründen, die Unterrichtsvorbereitungen komplett digital erstellt und als Ergänzungsangebot von unseren Schulen abgerufen werden kann. Letztlich soll hier der gesamte Instrumentenkoffer der digitalen Bildung, mit der wir in der Pandemie Erfahrungen sammeln konnten, genutzt werden. Gleichzeitig dürfen wir nicht die Lernziele unseres Lehrplanes aus den Augen verlieren.
Ich komme gleich zum Schluss. - Wir haben in Sachsen-Anhalt seit vielen Jahren Anstrengungen unternommen, um den prognostizierten Lehrerbedarf abzudecken. Wir haben höhere Kapazitäten im Lehramtsstudium geschaffen, um den Lehrernachwuchs an unseren Universitäten selbst ausbilden zu können.
Doch die Konkurrenz mit anderen Berufs- und auch Lebensperspektiven ist groß. Im letzten Jahr konnten nicht alle der nunmehr 1 000 Studienplätze für Erstsemester im Lehramt gefüllt werden. In diesem Jahr werden wohl wieder nicht alle von den nun 1 200 Erstsemesterplätzen belegt. Es muss uns dringend gelingen, die Kapazitäten auch hier auszuschöpfen, und zwar bedarfsgerecht.
Jeder freie Platz im Hörsaal führt später zu einem unbesetzten Platz im Lehrerzimmer. Deshalb werben wir mit unserer Lehrerkampagne dafür, hier in Sachsen-Anhalt zu studieren und auch Lehrer zu werden. Aber wir alle sind gefordert, mit einem positiven Berufsbild für das Lehramtsstudium zu werben. Sprechen wir wertschätzend über Lehrerinnen und Lehrer.