Protokoll der Sitzung vom 14.12.2022

(Zustimmung bei der SPD)

Zwar ist die Innenministerin gerade nicht da, aber ich kann mich daran erinnern, dass wir in der letzten Legislaturperiode Einbürgerungsfeste hatten, die vom Innenministerium aus- gerichtet worden sind, bei denen wir Einbürgerungsurkunden übergeben haben. Daran haben auch viele Abgeordnete teilgenommen. Wenn man das erlebt, wie sich die Menschen wiederfinden und wie sie sozusagen auch für unser Land einstehen wollen, dann wäre das

ein Punkt, den wir wiederaufleben lassen und wieder verstärken sollten.

(Zustimmung bei der SPD)

Ein letzter Schwerpunkt: faire Arbeits- und gute Lebensbedingungen. All die genannten Maßnahmen zur Gewinnung von Nachwuchskräften, zur Fachkräfteentwicklung und zur Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland habe nur dann Erfolg, wenn es gelingt, SachsenAnhalt zu einem Ort zu entwickeln, der faire Arbeitsbedingungen bietet und der Menschen unabhängig von ihrer Herkunft willkommen heißt.

Wir wollen mit starken Interessenvertretungen in Unternehmen dafür sorgen, dass Beschäftigte bei Veränderungen mitgenommen und beteiligt werden. Mitbestimmung und Mitgestaltung steigern nachweisbar die Zufriedenheit in Unternehmen und sind deshalb Beiträge zur Fachkräftesicherung. Ich finde, unsere Betriebsräte- und Personalrätekonferenz, die wir schon seit mehreren Jahren etabliert haben, ist ein Zeugnis dessen, was wir hier im Land zu leisten in der Lage sind.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich hoffe, dass wir es im Plenum wirklich schaffen, gemeinsam mit den Wirtschaftspolitikern eine Fachkräftesicherungsstrategie für unser Land zu entwickeln. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Auch hierzu haben wir eine Intervention von Herrn Scharfenort. - Herr Scharfenort, Sie haben das Wort.

Ich möchte einfach noch einen anderen Aspekt in die Diskussion einwerfen, der gern vergessen wird. Deutschland hat mittlerweile eine Staatsquote von fast 52 %. Helmut Kohl hat einmal gesagt, ab 50 % Staatsquote fängt der Sozialismus an. Was bedeutet das? - Wir binden viel zu viele Leute, wie hier,

(Jan Scharfenort, AfD, weist auf die Regie- rungsbank)

auf der Seite, auch. Das sind ja nicht die dümmsten Leute. Wir binden sie einfach beim Staat. Wir binden sie an relativ unproduktive Arbeitsplätze. Wir sollten damit anfangen, auch dagegen wieder etwas zu tun, um attraktiver zu werden als Standort.

Es gibt immer auch einen klaren Zusammenhang zwischen Staatsquote und Wohlstand. Die Beziehung ist eindeutig. Daran sollten wir wieder einmal arbeiten, dass wir langsam da- mit anfangen, unsere Staatsquote zu senken. Dann werden wir auch wieder attraktiver für Fachkräfte.

(Zustimmung bei der AfD)

Sie können antworten.

Das kann ich so nicht unterstreichen.

(Zuruf von der AfD: In Nordkorea ist es ein Erfolgsmodell!)

Ich habe gerade darauf aufmerksam gemacht, dass wir hinsichtlich der Anerkennung von Berufsabschlüssen hinterherhinken, dass die Verfahren zu lange dauern. Das hat auch etwas mit der Personalsituation des Landesverwaltungsamtes zu tun.

Ich will jetzt noch einmal Intel erwähnen. Die ganzen Genehmigungsverfahren, die auf uns zukommen, das erfordert auch eine totale Fachkenntnis im Bereich der Verwaltungen, damit Genehmigungen auch zügig erteilt werden können. Daher, denke ich immer, wir sollten darauf achten, auch Fachleute in den Verwaltungen zu haben, damit wir tatsächlich Ansprechpartner für diejenigen haben, die zuwandern.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke. Damit ist der Debattenbeitrag der Landesregierung beendet.

Ich will nur noch einmal kurz sagen, Herr Scharfenort, wir haben das Instrument der Intervention. Das ist eine Intervention zu einer Rede. Oder wir haben auch die Nachfrage zu einer Rede. Eine Intervention, die damit beginnt, ich möchte hier einmal einen anderen Aspekt in die Diskussion einfügen,

(Lachen bei der AfD)

ist in dem Kontext keine Intervention, sondern ein Redebeitrag. Bewerben Sie sich nächstes Mal darum. Dann können Sie auch für Ihre Fraktion reden. Jetzt tut das allerdings Herr Siegmund, der hier bei mir angemeldet ist. Danke.

(Jan Scharfenort, AfD: Danke für die Beleh- rung!)

- Bitte.

(Jan Scharfenort, AfD: Herr Lehrer!)

- Wenn es denn ankommt.

(Jan Scharfenort, AfD: Kommt an!)

Bitte. Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder in diesem Land wird es inzwischen bemerkt haben, wir haben definitiv einen massiven Fachkräftemangel, nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ. Das merkt jeder, der einmal in diesem Land an einem Flughafen war. Das merkt jeder, der in diesen Zeiten einmal essen gehen wollte. Das merkt jeder, der zu einem Arzt gehen wollte, wenn er überhaupt noch einen Termin bekommt. Man merkt es in den Schulen und Kindertageseinrichtungen. Man merkt es im Prinzip in allen Bereichen unserer Gesellschaft. Uns fehlen wirklich gute Leute.

Dass die SPD heute über dieses Thema sprechen möchte und als primäres Ziel, als primäre Lösung noch mehr Zuwanderung, also noch mehr Migration, noch mehr Belastung für unser Sozialsystem vorschlagen möchte, das ist an Hohn kaum zu überbieten. Dazu komme ich heute.

Liebe SPD, dass Sie darüber sprechen, ist absolut unverschämt, weil Sie sich nämlich hier hinstellen und so tun, als ob es vom Himmel gefallen wäre, Frau Dr. Pähle. Das haben Sie

hier gerade noch einmal bestätigt. Ich möchte aus der Begründung Ihrer Debatte zitieren. Zitat:

„Was sich vor einigen Jahren noch als Problem für die Zukunft darstellte, ist heute als gegenwärtige Herausforderung mit

Händen zu greifen: […]“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die aktuelle Situation, der Fachkräftemangel, war seit mindestens 20 Jahren, 25 Jahren mit mathematischer Gewissheit hundertprozentig darstellbar. Man wusste genau, wie viele Kinder werden geboren, wie viele Menschen verlassen unseren Arbeitsmarkt, welches Delta haben wir aufzufangen, was müssen wir politisch da- gegen tun.

Die SPD, die heute darüber sprechen möchte, regiert dieses Bundesland durchgängig seit dem Jahr 2006. Sie hatten 16 Jahre lang Zeit, um sich auf diese Situation vorzubereiten. Sie haben überhaupt nichts an den Grundursachen dieser Problematik geändert. Deswegen ist es absolut unverschämt und einfach nur peinlich.

(Beifall bei der AfD)

Sie haben es, übrigens gemeinsam mit der CDU, seit der Wende nicht geschafft, in diesem Land kostenlose Kita-Plätze für alle Eltern anzubieten. Sie haben es nicht hinbekommen. Sie haben für alles Geld, aber nicht für den elementaren Baustein einer wirklich familienfreundlichen Politik.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Was hat das damit zu tun?)

Sie haben es bis heute nicht geschafft, kosten- loses Kita- und Schulessen anzubieten. Die CDU hat es im letzten Jahr übrigens im

Landtagswahlkampf noch einmal gefordert. Wir haben es zweimal beantragt. Zweimal wurde es abgelehnt. Es ist einfach nur eine Heuchelei.

In diesem Land wurde es seit der Wende nicht geschafft, für Familien, die einen Kinderwunsch haben, eine familienfreundliche Politik zu machen, damit sie all die Fürsorge des Staats erhalten, die sie dafür brauchen.

(Beifall bei der AfD)

Das zeigt, Sie haben diese Probleme nicht nur nicht kommen sehen, sondern Sie sind Teil des Problems; Sie haben sie persönlich mitzuverantworten.

Man muss dazu aber noch eines sagen: Es sind nicht nur die Fachkräfte, die uns fehlen. Ein anderes Problem steht vor der Tür, das eigentlich niemand so richtig auf dem Schirm hat, nämlich die unfassbare Problematik in der Rentensituation. Wenn in fünf bis zehn Jahren die Babyboomer-Generation, d. h. die geburtenstarken Jahrgänge der 60er-Jahre, mit einem Schlag in die Rente eintritt und dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht - das sind die Menschen, die dieses Land heute hauptsächlich noch am Laufen halten -, dann haben wir ein riesengroßes Problem. Jeder, der volkswirtschaftlich nicht ganz borniert ist und seine ideologischen Scheuklappen ein bisschen ablegt, der weiß, dass es vorn und hinten nicht finanzierbar ist und dass unser Rentensystem absehbar vor dem Kollaps steht. Aber auch hierbei sind Sie seit 16 Jahren untätig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Dann geht Ihr Lügenzirkus im Debattentext weiter. Ich möchte weiter aus der Begründung zitieren:

„Corona hat die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt noch deutlicher gemacht.“

Wie lange wollen Sie an diesem Narrativ fest- halten? Corona hat überhaupt nichts gemacht auf dem Arbeitsmarkt. Es waren die völlig schwachsinnigen, willkürlichen und schädlichen Maßnahmen, die bis heute problematische Auswirkungen auf unseren Arbeitsmarkt haben. Das fängt in der Gastronomie an. Fragen Sie doch einmal einen Gastronomen, was er von Ihren Maßnahmen rückwirkend hält. Er zeigt Ihnen einen Vogel. Er hat so viele Leute verloren. So viele Leute haben diesem Berufsfeld den Rücken gekehrt und werden nicht mehr dahin zurückkommen, ein riesengroßes Problem, nachhaltig.