Protokoll der Sitzung vom 15.12.2022

Wir machen keine Sozialpolitik nach Haushaltslage, aber das Ausblenden finanzpolitischer Rahmenbedingungen ist weder ehrlich noch generationengerecht oder nachhaltig.

(Zustimmung bei der CDU)

Ja, meine Damen und Herren, die Union war jahrelang im Bund selbst in der Verantwortung. Es ist ihr nicht gelungen, die bestehenden Probleme zu lösen. Das hat sicherlich unterschied- liche Gründe. Es gilt aber das Jetzt und Hier. Als Vertreter einer ostdeutschen Landtagsfraktion muss ich die Situation als unbefriedigend bezeichnen.

Es geht also darum, denjenigen, die seit Jahren, ja, teilweise Jahrzehnten um eine Anerkennung ihrer Lebensleistung auch im Rentenrecht kämpfen, deutlich zu machen, dass sie die Unterstützung des Landes bekommen.

(Zustimmung von Eva von Angern, DIE LINKE)

Das haben wir auch unter Punkt 5 unseres Alternativantrags deutlich gemacht.

Der Härtefallfonds ist ein erster Schritt. Weitere Schritte müssen aus unserer Sicht folgen.

Bei der Angleichung der gesetzlichen Rentenversicherung sind wir schon weit vorangekommen; das Ostniveau entspricht 97,2 % des Westniveaus, auch aufgrund der Tatsache, dass die Renten im Osten viele Jahre lang stärker gestiegen sind als im Westen.

Auch wenn Konrad Adenauer mit sehr vielen Dingen recht hatte, mit einem leider nicht: mit seinem Ausspruch, Kinder bekommen die Leute immer. Deswegen werden wir uns mit dem Thema Rentenpolitik wahrscheinlich noch sehr oft hier im Hohen Hause beschäftigen müssen. Ich freue mich auf die entsprechenden Debatten.

Herr Krull, möchten Sie eine Frage von Frau Hohmann beantworten?

Gerne.

Recht schönen Dank, Herr Präsident. - Herr Krull, es war wirklich eine gute Rede von Ihnen.

(Unruhe bei der CDU)

Könnten Sie sich denn vorstellen, dass wir im Sozialausschuss bei den Haushaltsberatungen gemeinsam schon einmal vorsorglich einen Leertitel ausbringen,

(Eva von Angern, DIE LINKE: Macht Sinn!)

damit das ganze Prozedere dann schneller geht, um die benötigten Mittel in Höhe von ca. 30 Millionen € bereitstellen zu können?

(Eva von Angern, DIE LINKE: Wir stimmen auch zu!)

Frau Hohmann, Ihr Lob bewerte ich erst einmal als sehr freundlich. Ich vermute, es hängt mit der Adventszeit zusammen und mit der entsprechenden Milde.

(Lachen bei der CDU und bei der LINKEN)

Aber wir werden in der Koalition darüber sprechen müssen, ob wir einen entsprechenden Leertitel bereitstellen können. Da wir den Haushalt voraussichtlich erst im März hier im Hohen Hause beschließen, wäre noch genug Zeit, einen entsprechenden Leertitel auszubringen, falls es zu einer Einigung kommt. Aber wie gesagt, wir haben das in unserem Koalitionsantrag nicht

umsonst als Prüfauftrag formuliert und noch nicht als Beschluss. - Vielen Dank.

Danke. Es gibt keine weiteren Fragen. - Dann Herr Rausch, bitte.

Werter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Ostdeutsche Lebensleistung anerkennen - Gerechtigkeitsfonds für DDR-Renten. Eines ist doch klar, wir alle hier im Hohen Haus erkennen die Lebensleistung der ehemaligen DDR-Bürger an. Selbstverständlich verdienen sie unsere Wertschätzung, das ist doch gar keine Frage. Sicher gibt es dabei Ungerechtigkeiten. Aber die Fehler, die im Einigungsvertrag gemacht wurden, können wir hier im Landtag nicht heilen. Bisher liegt nur ein Eckpunktepapier zur Errichtung einer Bundesstiftung vor. Über eine genaue Ausgestaltung muss noch gesprochen werden. Hierfür sind noch länderübergreifende Abstimmungen nötig. Ihr Ministerpräsident Ramelow will das Thema im Rahmen einer Sonderkonferenz der Ostministerpräsidenten besprechen. Sicher dient Ihr Antrag dazu, schon einmal die Chancen auszuloten.

Auch wir sind dafür, die Fehler und Ungerechtigkeiten in dieser Frage zu beheben. Im Zuge der Überführung des DDR-Rentensystems in das bundesdeutsche Rentensystem ist es zu Überführungslücken gekommen und viele spezifische DDR-Alterssicherungen für bestimmte Berufsgruppen sind nur teilweise in das gesamtdeutsche System übernommen worden. Dies bedeutet für viele Rentner im Osten erhebliche Einbußen bei der Rente. Und, ja, Sie haben recht, dass besonders oft Frauen betroffen sind, bspw. Angestellte im Gesundheitswesen oder

die Frauen, die nach DDR-Recht geschieden worden sind. Sie denken auch an die Menschen, die aus Ihrer Republik geflüchtet sind; das ist schon bemerkenswert.

Sie fordern die Landesregierung auf, der Stiftung zum Härtefallfonds beizutreten, um dann den Berechtigten einmalig mindestens 5 000 € auszuzahlen.

Sie sprechen im Beschlusstext von einer Auszahlung unabhängig von der Bedürftigkeit und in der Begründung von einer Einmalzahlung für bedürftige Rentnerinnen und Rentner. Was wollen Sie nun: eine Auszahlung an Bedürftige oder eine Auszahlung unabhängig von der Bedürftigkeit? Dazu, wo Umschichtungen im Haushalt für die 30 Millionen € vorgenommen werden

sollen, habe ich auch nichts gehört. Aber Frau Hohmann will sich ja darum kümmern beim Haushalt.

(Monika Hohmann, DIE LINKE: Das machen wir auch!)

Sie will es zumindest ansprechen; das hat sie ja gesagt.

Eines ist klar: Die Ungerechtigkeiten müssen endlich beseitigt werden. 32 Jahre nach der Wende wird es höchste Zeit, dieses Problem anzugehen; denn viele Betroffene sind schon hochbetagt. Wichtig für uns als AfD ist, dass die gewährten Einmalzahlungen bei den Empfängern steuer- und versicherungsfrei zu stellen sind und, soweit die Empfänger Sozialleistungen beziehen, auch dort anrechnungsfrei gestellt werden. Es gibt also noch viele Fragen zu klären.

Einige Bundesländer verweisen darauf, dass es eine alleinige Zuständigkeit des Bundes gibt, denn Rentenrecht ist eine Bundesangelegenheit. Wir haben gehört, dass das Thema in der Landesregierung angekommen ist.

Es gibt einen Alternativantrag und dem werden wir zustimmen. - Danke.

(Zustimmung bei der AfD)

Danke, Herr Rausch. - Wir setzen zügig fort mit Herrn Pott von der FDP. - Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich für die Freien Demokraten klarstellen, dass auch für uns die Würdigung aller Lebensleistungen aller betroffenen Menschen wichtig ist und dass wir es deswegen begrüßen, dass wir heute über dieses Thema diskutieren. Es ist klar und es ist auch schon mehrfach angesprochen worden, dass es bei der Übertragung in das gesamtdeutsche Rentensystem Ungerechtigkeiten gab, die wir nun endlich beheben müssen.

(Zustimmung bei der FDP)

Bevor ich auf den Antrag und den Härtefallfonds zu sprechen komme, möchte ich aber noch ein, zwei Sätze insgesamt zur Rentenpolitik und zum Rentensystem sagen. Denn wir bewegen uns auf eine Situation zu - das ist gestern bereits angeklungen -, in der unser aktuell umlagefinanziertes Rentensystem an seine Grenzen kommen wird. Auch dafür brauchen wir Reformen, damit wir in Zukunft nicht in Situationen kommen, die vielleicht vergleichbar sind. Wir als Freie Demokraten haben dazu den Vorschlag vorgebracht, eine Aktienrente einzuführen. Dafür sind bereits Mittel in den Haushaltsplanentwurf eingestellt worden. Wir begrüßen das ausdrücklich. Ich glaube, es ist richtig, dass wir das

Thema Rente ernst nehmen und dass wir dabei auch schon den Blick in die Zukunft richten.

(Zustimmung bei der FDP)

Den Beschluss des Deutschen Bundestages zum Härtefallfonds, eine Einmalzahlung von 2 500 € von Bundesseite zu finanzieren und auch die Länder dabei mit in die Verantwortung zu nehmen, begrüßen wir als Freie Demokraten in Sachsen-Anhalt ausdrücklich. Ich möchte aber auch klar sagen, dass eine solche Einmalzahlung - das haben wir sowohl im Koalitionsvertrag als auch im Alternativantrag der Koalitionsfraktionen deutlich gemacht - keine Würdigung einer Lebensleistung sein kann. Das darf nur der erste Schritt sein. Aber es ist trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung, meine Damen und Herren.

Es ist ganz klar zu begrüßen - auch das haben wir im Koalitionsvertrag und im Alternativantrag festgeschrieben -, dass wir prüfen, ob wir uns daran beteiligen können, diese Einmalzahlungen auf 5 000 € zu verdoppeln. Ich glaube, auch das ist ganz wichtig und ein Schritt in die richtige Richtung.

Ich finde auch wichtig - das hat der Kollege Krull bereits angesprochen -, dass wir dabei als Land nicht isoliert handeln, sondern dass wir Absprachen mit den anderen ostdeutschen Bundesländern treffen. Die Höhe der Einmalzahlungen darf nicht davon abhängen, in welchem Bundesland man wohnt. Es ist wichtig, dass wir dafür insgesamt Lösungen finden. Deswegen ist es wichtig, dass wir das im Alternativantrag festgeschrieben haben.

(Zustimmung bei der FDP)

Ich glaube - auch das ist schon durchgekommen -, es ist gut, wenn wir darüber in den an- stehenden Haushaltsverhandlungen sprechen.

Die ersten Beratungen haben bereits in einigen Ausschüssen stattgefunden. Ich blicke dabei auf jeden Fall optimistisch in die Zukunft. Ich denke, dass dabei zwar noch vieles zu tun sein wird, aber dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir als Freie Demokraten werden diesen Prozess begleiten, und ich hoffe, dass wir dabei auch weiterhin zu guten Lösungen kommen werden, damit wir auch wirklich eine Anerkennung der Lebensleistung der Betroffenen erreichen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Pott. - Wir setzen fort mit Frau Sziborra-Seidlitz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rentenversicherung in Deutschland war bei ihrer Einführung im Jahr 1889 vorbildhaft in Europa. Erstmals gab es strukturelle Vorsorge für die arbeitende Bevölkerung, die zuvor bei Invalidität und im Alter von Verelendung bedroht war. Die Sozialgesetzgebung der Jahrhundertwende löste das Armutsproblem der Gründerjahre selbstverständlich nicht, dafür waren die Herausforderungen zu groß. Aber sie begründete das Prinzip Vorsorge für breitere Bevölkerungsschichten.

Die Rentenversicherung steht seitdem auch für ein grundsätzliches Gerechtigkeitsversprechen: Lebensleistung lohnt sich. Wer es etwas nüchterner mag: Meine Rente wird im Alter meinen Lebensstandard sichern. Der Rentenbescheid soll deshalb kein Armutszeugnis sein. Aber wir wissen, dass die Realität für viele Rentnerinnen eine andere ist

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)