Protokoll der Sitzung vom 15.12.2022

Mit dem Alternativantrag der Koalition bleibt dieser Wunsch wohl unerfüllt. Das finde ich sehr schade. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und von Daniel Roi, AfD)

Herr Aldag, könnten Sie Ihren Wunsch, Ihren Antrag in die Ausschüsse zu überweisen, etwas konkretisieren?

Wir würden das in den Umweltausschuss und in den Wirtschaftsausschuss überweisen wollen.

(Daniel Roi, AfD: In den Gipsausschuss!)

Okay, Umwelt und Wirtschaft. - Dann steigen wir nun in die Debatte ein. Für die Landesregierung spricht der Wirtschaftsminister Herr Schulze. - Bitte sehr.

(Daniel Roi, AfD: Das „gips“ doch gar nicht!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin sehr dankbar, dass wir im Hohen Haus das Thema Gips diskutieren. Ich möchte einige zusätzliche Aspekte hierzu anführen. Ich glaube, es sind die GRÜNEN, die sehr darauf drängen, dass wir eine energetische Gebäudesanierung in Deutschland bekommen. Man kann darüber diskutieren, ob das richtig oder falsch ist; ich glaube, viele richtige Punkte sind dabei.

Schauen wir uns einmal die Zahlen an: Im Moment ist es so, dass gerade einmal ein Anteil von 1 % der Gebäude energetisch saniert wird. Wir müssten jetzt schon damit beginnen, diesen Anteil zu verdoppeln, um den Gebäudebestand bis 2050 auf den geforderten Stand zu bekommen. Ein wesentlicher Baustoff ist dafür unersetzlich, das ist Gips. Gips ist der zentrale Baustoff für moderne Trocken- und Leichtbauweisen. Er ermöglicht nicht nur ein schnelles Bauen, sondern er ermöglicht auch bezahlbares Bauen. Das ist nicht nur in Sachsen-Anhalt ganz wichtig; das sage ich auch als Vertreter meiner Partei. Das heißt, wir brachen diesen Rohstoff dringend.

Herr Kollege Aldag, Sie haben Alternativen aufgezählt - Holz, Lehm und Stroh. Das sind vielleicht in Einzelfällen Alternativen, aber sie eignen sich nicht, um die Ziele zu erreichen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Es wird ja immer auch über den Kohleausstieg diskutiert; idealerweise soll dieser schneller als vereinbart erfolgen. An dieser Stelle sieht man an einem konkreten Beispiel, welche Folgen der Kohleausstieg noch hat. Das Thema REA-Gips ist sicherlich vielen bekannt; er entsteht durch Rauchgasentschwefelung in der Braunkohleindustrie. Mit diesem Verfahren produzieren wir Gips, den wir nicht aus Naturrohstoffen gewinnen. Dieses Verfahren wird wegfallen. Das heißt, wir brauchen die Rohstoffgewinnung für die Gipsherstellung.

Ich möchte eindringlich davor warnen, das Gipsangebot weiter zu verknappen, wie man es dem Antrag der GRÜNEN zumindest indirekt entnehmen kann.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Nein, das ist falsch! - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Die Ampel in Berlin hat das klare Ziel, 400 000 Wohnungen pro Jahr neu zu bauen. Den Zeitungen konnte man gestern entnehmen, dass das Ziel um 120 000 Wohnungen in diesem Jahr klar verfehlt wurde. Die Prognosen für die nächsten Jahre sind noch viel schwieriger. Das heißt, es ist ganz klar, dass wir die Baustoffe hierfür benötigen; dazu zählt auch Gips.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)

In dem Antrag haben Sie das Thema Recycling aufgenommen. Das ist ein wichtiger Punkt. Das unterstütze ich auch. Ich möchte aber auch sagen - Herr Aldag, das hätte man konkreter herausstellen können -, dass die Gipsindustrie in Sachsen-Anhalt, in Rottleberode, das auch schon macht. Eine neue Recyclinganlage wurde 2019 in Betrieb genommen.

(Zustimmung von Matthias Redlich, CDU)

In dieser Anlage werden die anfallenden Produktionsabfälle zu 100 % recycelt.

Das eigentliche Ziel Ihres Antrages kann man in Punkt 5 lesen; das ist klar ersichtlich. Es sollen keine neuen Rohstoffabbaugebiete ausgewiesen werden. Wir sind gerade dabei - die zuständige Ministerin macht das federführend -, den Landesentwicklungsplan aufzustellen und entsprechende Rahmenbedingungen zu setzen.

Unterschiedliche Zuständigkeiten innerhalb der Landesregierung sind hierbei zu beachten. Das Umweltministerium ist für die Bewertung im Bereich Umwelt zuständig. Das werden Armin Willingmann und seine Kolleginnen und Kollegen entsprechend unternehmen. Ich denke, wir sind uns als Landesregierung in Gänze darin einig, dass wir Gips in Sachsen-Anhalt brauchen. Dass wir das auch unter Berücksichtigung der Interessen der Menschen im Landkreis MansfeldSüdharz bewerten müssen, ist klar. Jedoch ist es auch wichtig, die Interessen aller Menschen Sachsen-Anhalts aufzunehmen. Dafür brauchen wir auch die Alternativen zum REA-Gips, andernfalls bekommen wir größere Probleme in Sachsen-Anhalt.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP - Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Deshalb bin ich sehr dankbar für den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen und unterstütze diesen. Ich glaube, darin ist der richtige Weg aufgezeigt. Ich fände es zudem richtig, wenn wir uns die nötige Zeit zur Diskussion in den zuständigen Ausschüssen nehmen; denn das ist ein sehr komplexes Thema. Es liegt an Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete, das entsprechend aufzunehmen und aufzugreifen. Ich bin seitens der Wirtschaft dazu bereit. Ich denke, Kollege Willingmann ist seitens der Umwelt ebenfalls bereit. Lassen Sie uns dazu in eine intensive Diskussion einsteigen. Lassen Sie uns

aber auch schauen, dass wir nicht vorzeitig Entscheidungen treffen, die letztlich das gesamte Land Sachsen-Anhalt sowie die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt, gerade diejenigen, die bauen, ausbauen oder energetisch sanieren wollen, negativ beeinflussen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von An- dreas Silbersack, FDP)

Herr Schulze, es gibt eine Frage von Frau Frederking - Bitte.

Das jetzige Abbaugebiet hat noch eine Reichweite von 70 Jahren.

Ich verstehe das total schlecht.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das ist die Schnabeltasse!)

Das jetzige Abbaugebiet; es wird ja jetzt schon Gips abgebaut.

(Zurufe von der AfD - Unruhe)

Ich verstehe Sie nicht.

Es wird jetzt schon Gips abgebaut. Und das jetzige Abbaugebiet hat eine Reichweite von 70 Jahren. Meine Frage ist: Sehen Sie die Reichweite gemindert im Zeitraum, weil die Sanierungsquote höher sein muss? Wenn ja, für welchen Zeitraum sehen Sie die Reichweite dann gegeben?

Die zweite Frage wäre: Wenn sich das verkürzen sollte nach Ihrer Überschlagsrechnung, ist es dann nicht dennoch sinnvoll, diesen Zeitraum zu nutzen, um die Alternativen auszuarbeiten und marktfähig zu machen?

(Zurufe von Tobias Rausch, AfD, und von An- dreas Silbersack, FDP)

Sie können antworten.

Liebe Frau Kollegin Frederking, ich bin Ihnen sehr dankbar für diese Frage, weil sie klar unterstreicht, dass wir uns sehr intensiv in den Ausschüssen über die verschiedenen Punkte unterhalten sollten. Sie stellen eine sehr komplexe Frage, die ich zum Teil auch schon diskutiere. Wir hatten dazu gemeinsam mit dem Umweltministerium ein Gespräch in der Staatskanzlei. Kollege Eichner als Staatssekretär war dort vertreten. Wir haben diese Themen bereits andiskutiert. Darüber müssen wir aber weiter diskutieren.

Fakt ist, dass uns die Industrie auch nachweislich zeigt, dass wir nicht einmal soeben aus dem Abbau aussteigen können und dass die Alterna-

tiven, die beschrieben wurden, unbestritten sind, dass es diese auch gibt, aber dass zumindest zu bezweifeln ist, dass diese Alternativen, bspw. Holz, das wir auch an anderer Stelle brauchen, und Stroh, letztlich ausreichen, um die ambitionierten Ziele, vor allem auch die der Ampelregierung in Berlin, zu erreichen. Diese Diskussionen müssen wir auch führen.

Wenn man sich auf der einen Seite Ziele steckt, muss man auf der anderen Seite auch sagen, wie man diese erreichen kann. Dazu zählt auch Gips, im Zweifelsfall auch aus Sachsen-Anhalt. Darüber müssen wir diskutieren.

Danke. - Damit sind wir am Ende des Redebeitrags der Landesregierung angekommen. Weitere Fragen dazu sehe ich nicht.

Bevor wir in die Fünfminutendebatte der Frak- tionen eintreten, gebe ich zwei Informationen. Wir begrüßen auf unserer Besuchertribüne die zweite Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Sekundarschule „An der Elbe“ aus Parey. - Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Darüber hinaus hat es uns der disziplinierte Verlauf unserer bisherigen Diskussion ermöglicht, den Tagesordnungspunkt 7, also den nachfolgenden, noch vor die Mittagspause zu ziehen. Dazu wurde eine Verständigung erreicht. Außerdem war es ohnehin unsere Absicht, den Prioritätenblock ohne Unterbrechung durchzuziehen. Das schaffen wir; richten Sie sich bitte darauf ein.

Jetzt hat der Kollege Hövelmann für die SPDFraktion das Wort. - Bitte sehr.

Vielen herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gerade sowohl von den Antragstellenden als auch vom Minister gehört, in welchem Zielkonflikt wir uns hier bewegen. Wir haben auf der einen Seite den Naturschutz. Wir haben eine Landschaft, die wir gern erhalten wollen, die wir auch touristisch weiterhin nutzen wollen. Auf der anderen Seite haben wir einen Rohstoff, den wir dringend brauchen.

Das alles unter einen Hut zu bringen, ist schon eine Kunst; das muss man ehrlich sagen. Aber wenn wir denn wollen, dass sich Sachsen-Anhalt auch künftig wirtschaftlich entwickelt und trotzdem seine kulturellen Schätze und seine Naturreichtümer bewahrt, müssen wir diesen Zielkonflikt lösen.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Aber das geht nicht!)

Dafür wird es kein Patentrezept geben und auch keine pauschale Ja- oder Neinantwort, sondern irgendetwas dazwischen.

Wir erleben, dass wir mit politischen Entscheidungen Folgen auslösen. Ich denke, darüber sind wir uns in diesem Hohen Haus vielleicht mit einer Ausnahme einig: Wenn der Kohleausstieg denn tatsächlich Realität wird, dann heißt das, dass mehr als die Hälfte des Gipses, den wir heute verbauen, nicht mehr da ist,

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Ja!)