Protokoll der Sitzung vom 26.01.2023

glaube ich, wichtig, dass wir dieses gesamte Thema eher positiv besetzen.

Klar ist auch: Wir werden diese Herkulesaufgabe tatsächlich in den nächsten zehn bis 15 Jahren bewerkstelligen müssen. Weil immer der Naumburger Dom angesprochen wird, möchte ich auf eines hinweisen: Mir ist schon klar - das ist auch richtig -, dass wir im Wesentlichen Industriearbeitsplätze schaffen wollen. Dazu komme ich gleich noch. Wir haben aber auch das Thema Tourismus. Der Staatsminister sagt, wir brauchen natürlich auch attraktive Weltkulturerbestätten. Dazu gehört der Naumburger Dom. Dieser Aspekt ist nicht einmal aus diesem Projekt finanziert worden.

Ich will an dieser Stelle auch einmal den Geiseltalsee als Nachfolgelandschaft nennen. Es ist unsere Aufgabe, dort attraktive Gebiete zu schaffen und neben den Industriearbeitsplätzen auch die touristische Attraktivität der Region zu stärken. Das ist eine große Herausforderung, die wir haben, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Insofern bin ich der Landesregierung auch dankbar dafür, dass sie sich des Kitesurfens am Geiseltalsee angenommen hat, damit das in Umsetzung gelangt. Das ist der Sache sicherlich sehr dienlich.

Insofern halte ich überhaupt nichts davon, den Strukturwandel negativ zu besetzen oder zu belasten. Das ist eine gemeinsame Aufgabe, bei der die Gebietskörperschaften zusammenstehen. Dass der Saalekreis an dieser Stelle sagt: „Nein, nein, bei dem Nachverhandeln müssen wir noch einmal genau schauen“, ist völlig in Ordnung. Das ist ein Teil von Verhandlungen. Das ist nichts, bei dem man Mordio schreien oder sagen muss, damit ist der

Prozess gescheitert. Das ist weit weg davon. Nein, das ist der Prozess eines gemeinsamen Gehens, bei dem man sich im Grund genommen an den Leitplanken orientiert und schauen muss, wohin man innerhalb dieser Leitplanken geht.

Etwas, das hier noch gar nicht genannt wurde, das bei diesem Strukturwandelprozess wichtig ist, sind die Industriearbeitsplätze. Ich hätte mich gefreut, wenn ich schon einmal gehört hätte, dass wir ein Center of the Transformation of Chemistry in Leuna bekommen, dass wir das Thema des Chemiestandortes tatsächlich hinbekommen, dass wir das Thema Chemie nach vorn tragen und dass wir dort tatsächlich Investitionen tätigen. Das halte ich für eine ganz wesentliche Grundlage.

Ein zweites Thema, das dazugehört, ist der grüne Wasserstoff. Ich denke dabei an den Speicher in Bad Lauchstädt. All das sind Themen, die für uns von wesentlicher Bedeutung sind, auch das Hydrogen Lab Leuna. Das ist etwas, das für uns im Transformationswechsel, im Strukturwandel von wesentlicher Bedeutung ist. Wir wollen Arbeitsplätze haben. Wer dem Geschäftsführer von Infraleuna einmal zuhört, der weiß, dass Leuna die Zukunft gehört.

Dieser Umbau, dieser Strukturwandel findet statt. Dabei sind genau diese Themen von elementarer Bedeutung. Dazu gehört auch, dass man die Themen Forschung und Entwicklung weiter vorantreibt und das Thema Forschung und Entwicklung auch in den Mittelpunkt stellt. Dann muss man auch bereit sein, neue Dinge zu denken. Für uns als Liberale ist das Thema der Technologieoffenheit in diesem Zusammenhang von wesentlicher Bedeutung. Wir haben energieintensive Unternehmen vor Ort. Deshalb müssen wir auch in diesem Bereich sehr stark und sehr präzise forschen und

fördern. Deshalb fände ich es gut, wenn die Projekte, die darauf angelegt sind, sich auch in diese Richtung ausrichten werden.

Wir haben eine riesige Aufgabe, diese wird in den nächsten Jahren nicht kleiner werden. Wenn wir gemeinsam Erfolg haben wollen, wird es darauf ankommen, dass wir tatsächlich miteinander streiten, um die besten Lösungen für das Land zu bekommen. Dann, davon bin ich fest überzeugt, wird der Strukturwandel insgesamt zu einem Erfolg für Sachsen-Anhalt und für die Menschen in unserem Land. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Silbersack. - Es folgt Frau Eisenreich für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es ist unbestritten, dass der Strukturwandel in den Braunkohleregionen, so auch im Mitteldeutschen Revier und damit auch in Sachsen-Anhalt, eine riesige Herausforderung ist. Das Ziel des Ausstieges aus der Kohleverstromung bis 2038 wurde und wird gesellschaftlich verhandelt. Damit geht richtigerweise auch einher, dass dieser Prozess entsprechend finanziert wird. Dafür sind Mittel in Höhe von 5,1 Milliarden € von Bund und EU schon eine ganz ordentliche Summe. Gerade deshalb ist es doch eigentlich wichtig, dass wir mit diesem Geld sorgfältig und sinnvoll umgehen. Das ist, glaube ich, entscheidend. Denn die vom Ausstieg betroffenen Menschen in den Regionen erwarten zu Recht,

dass wir dafür sorgen, dass nachhaltige Alternativen für gut bezahlte Beschäftigung, für das soziale Umfeld, für die Umwelt und für die Wirtschaft geschaffen werden.

Der vorläufige Antragsstopp - wie auch immer man es nennt; es kommt bei den Menschen aber so an - schafft vor allem eines bei den betroffenen Kommunen und den Menschen vor Ort: nicht nur Frust, wie Kollege Erben es nannte, sondern vor allem auch Unsicherheit. Denn vieles bleibt doch insbesondere für die Öffentlichkeit unklar. Das ist in diesem Prozess von Anfang an so gelaufen.

Der Anlauf war ruckelig. Das wissen wir alle. Es wurden eben auch Projekte finanziert, zwar mit anderem Geld, bei denen für niemanden nachvollziehbar war, was das eigentlich war. Das waren Projekte, die zu Recht kritisiert wurden. Herr Erben ist hier schon darauf eingegangen. Symbolisch dafür sind der Naumburger Dom und das Gartenreich.

Die Förderrichtlinie wurde erst sehr spät erlassen und das Strukturentwicklungsprogramm kam dementsprechend noch später. Ja, die Entscheidungsstrukturen, die es insgesamt gibt - ich weiß nicht, ob alle hier im Saal genau wissen, welche es insgesamt gibt - sind weiterhin wenig transparent.

Einmal mehr zeigt dann auch die Nachricht über diesen vorläufigen Antragsstopp am Ende des vergangenen Jahres, dass wir als Parlament eben nicht einbezogen werden. Wir haben es aus der Presse oder, wie Herr Erben, online erfahren. Wie kann es denn eigentlich sein, dass wir als Haushaltsgesetzgeber uns jede Information darüber erkämpfen müssen, wenn es um Fördermittel im Umfang von insgesamt 1,6 Milliarden € geht, die nun auf Eis liegen und noch nicht so richtig klar ist, wann es denn weitergeht?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesbezüglich müssen wir als Abgeordnete uns durchaus an die eigene Nase fassen. Im Juli 2020, also noch in der vorangegangenen Legislaturperiode, hat die damalige Linksfraktion hier den Antrag gestellt, einen zeitweiligen Ausschuss zur Begleitung, Kontrolle und länderübergreifenden Koordination des Strukturwandels einzusetzen. Das hat der Landtag abgelehnt, während in Sachsen und in Brandenburg derartige Ausschüsse eingerichtet wurden und dort die Abgeordneten die Strukturwandelprozesse aktiv begleiten.

Dazu frage ich Sie ganz ehrlich hier im Saal: Wie wichtig ist Ihnen, liebe Abgeordnete in der Koalition, dieser Transformationsprozess denn eigentlich, von dem immerhin - das wurde auch schon gesagt - vier Landkreise und eine kreisfreie Stadt, nämlich Halle, betroffen sind?

Wir wissen, dass die gesamte Wirtschaft in einen Transformationsprozess geht und gehen muss, der finanziell im Übrigen nicht sehr gut abgesichert ist. Wir sprachen auch in der letzten Legislaturperiode schon viel über die Prozesse, die in der Automobilindustrie angelaufen sind. Doch die Abgeordneten lehnen sich zurück und überlassen Tun oder Nichttun dann doch lieber allein der Landesregierung. Das finde ich nicht in Ordnung und das haben auch die Menschen in der Region nicht verdient.

Nun haben sich im letzten Jahr die betroffenen Regionen im Land auf eine Budgetierung der Mittel geeinigt. Auch davon wurde gesprochen. Ich finde - das haben auch wir hier im Landtag schon öfter gesagt -, dass diese Entscheidung richtig war und ist, weil wir mit dem Windhundrennen - auch Herr Erben sprach davon - schon zu tun hatten und die Gefahr besteht, dass das fortgesetzt wird. Das haben wir ebenso kritisiert.

Ja, jetzt fehlt noch die Unterschrift des Saalekreises. Sie wurde hier als ein Grund für den Antragsstopp angeführt. Wir müssen die Landesregierung auffordern: Bringen Sie das auf die Reihe, wie es sein muss. Denn das war nicht der eigentliche Grund für den Antragsstopp. Es gibt noch etwas anderes. Das Land ist doch in der Pflicht, die Förderrichtlinien zu überarbeiten. Das gilt insbesondere für die Mittel, die aus dem EU-Fonds, dem JTF, kommen. Das habe ich erfragt. Ich musste das erfragen, weil wir es sonst nicht erfahren hätten. Es ging um die Förderanträge für Vorhaben, die hier auch schon Thema waren, nämlich „MerInnoCampus“ in Merseburg und „Bioeconomy Hub“. Dort gab es die Fragen, wieso sich da etwas verändert hat, wieso sie in den JTF geschoben wurden und welche Konsequenzen das für die Antragstellung hat.

Auch wenn man von diesen beiden ganz konkreten Förderanträgen absieht, wird es aus unserer Sicht höchste Zeit für diese Förderrichtlinie. Denn die Förderperiode für den JTF endet im Jahr 2027. Wir sind im Jahr 2023.

Es gibt noch ein weiteres Dilemma. Die Förderungen sowohl der Regionen als auch der Themen und der konkreten Akteure im Rahmen des JTF sind andere als die, die im Investitionsgesetz Kohleregionen vorgesehen sind. Dazu gehört z. B. ganz Sachsen-Anhalt. Dazu gehören Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die hier gefördert werden können. Es gibt also Überschneidungen, die nicht so klug und glücklich sind; vor allen Dingen, weil der Bund entschieden hat, 85 % dieser Fördermittel einfach in den Fonds mit hineinzupacken und sich selbst 2 Milliarden € zu sparen.

Aber genau dieses Hin und Her und diese Unklarheiten verunsichern nicht nur, sondern sie führen auch - ganz klar - zu weiteren Verzögerungen. Mit diesen Verzögerungen geht dann

wahrscheinlich an der falschen Stelle wieder ein zeitlicher Druck einher. Ich denke, dabei könnten vor allem Abwägungsprozesse und Bürger*innenbeteiligungen auf der Strecke bleiben.

Über die gestiegenen Baupreise und das damit verbundene Problem für bereits gebundene Fördermittel ist bereits gesprochen worden. Das hat zur Folge, dass am Ende möglicherweise weniger Projekte gefördert werden können. Auch insofern halte ich die Festschreibung von Budgets für die einzelnen Landkreise und die kreisfreie Stadt Halle für einen richtigen und wichtigen Schritt.

Bei aller Kritik, die wir in den letzten Jahren bereits geübt haben - von Projekten über Transparenz usw. - gibt es auch gute Ansätze. Diese bestehen eben nicht immer nur aus Großansiedlungen. Herr Erben hat in seiner Rede schon den kürzlich gestarteten Ideenwettbewerb für Zukunft, Land und Leute, den sogenannten Revierpionier, angesprochen. Es geht eben auch um ein lebenswertes Umfeld für die Menschen, vor allem für junge Familien, damit diese in der Region bleiben.

Wir als Landtag müssen alles dafür tun, dass der Strukturwandel erfolgreich und nachhaltig gestaltet wird. Wir können es uns als Land Sachsen-Anhalt überhaupt nicht leisten, die Menschen in einer schon durch die Strukturbrüche der Vergangenheit gebeutelten Region im Regen stehen zu lassen und vor allem junge Menschen mangels persönlicher und beruflicher Perspektiven wieder gehen zu lassen. Mit den Folgen der Abwanderung, die wir hier im Land über fast 30 Jahre hinweg erlebt haben, haben wir als Land bis heute zu kämpfen.

Liebe Landesregierung, machen Sie bitte dringend Ihre Hausaufgaben. Bringen Sie endlich die Förderrichtlinie. Setzen Sie auch personal-

politisch Prioritäten und statten Sie die Stabstelle ausreichend aus, damit diese ihre Arbeit anständig machen kann.

Sowohl wir im Parlament als auch die Landesregierung tun gut daran, den weiteren Weg des Strukturwandelprozesses engagiert, ehrlich, transparent und kontinuierlich aufzuzeigen und zu begleiten. Eine weitere Verunsicherung der Menschen, der Kommunen und auch der Wirtschaft ist zu vermeiden. Ansonsten geht weiteres Vertrauen in die Politik verloren. Das können wir uns auf keinen Fall leisten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Eisenreich. - Bevor Frau Simon-Kuch für die CDU-Fraktion spricht, möchte ich mit Ihnen Damen und Herren der Wächter Ladenbau GmbH in Weißenfels begrüßen. Herzlichen willkommen im Plenarsaal des Landtages in Magdeburg!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines ist klar: Der Strukturwandel bewegt die Menschen in meiner Heimatregion, im Kernrevier im Burgenlandkreis, mehr als anders- wo. Der Kohlekompromiss ist der Fahrplan für diese tief greifenden Veränderungen. Alle haben sich auf ein ambitioniertes Ziel, die vollständige Dekarbonisierung der Energieversorgung ab 2038, verständigt. Für meine Fraktion ist dieser Termin unverrückbar,

(Beifall bei der CDU)

erst recht vor dem Hintergrund der aktuellen Situation. Nach dem Abschalten der Atomkraftwerke wird sich die Grundlastsituation weiter verschärfen. Es sind die Kohlereviere, die für die Sicherung der Grundlast in ganz Deutschland sorgen, so auch im Mitteldeutschen Revier. Vor Kurzem habe ich mich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MIBRAG, dem größten Arbeitgeber in unserer Region, getroffen; ich weiß, was sie bewegt und was sie fordern. Wir als CDU lehnen einen vorzeitigen Kohleausstieg ab und stehen für Energiesouveränität - bezahlbar und sicher.

(Beifall bei der CDU)

Der Strukturwandel wird sonst nicht gelingen. Ich bin deshalb unserem Ministerpräsidenten sehr dankbar dafür, dass er sich ganz klar für die Einhaltung des vereinbarten Zeitrahmens für den Kohleausstieg einsetzt. Die Bundesregierung hat im Sommer 2020 das Strukturstärkungsgesetz auf den Weg gebracht. Dieses Gesetz ermöglicht die notwendige Flankierung der geplanten Veränderungen.

Für uns im Süden Sachsen-Anhalts ist die Umsetzung eine große strukturpolitische Herausforderung. Aber es ist auch eine echte Jahrhundertchance, einen Strukturwandel zu gestalten mit neuen Branchen, mit Wissenschaftseinrichtungen und mit neuen zukunftsfähigen und interessanten Arbeitsplätzen. Bei der Umsetzung der Strukturprojekte liegt das Land Sachsen- Anhalt vorn - trotz aller Unkenrufe. Dafür danke ich allen Beteiligten.

Die Gestaltung des Strukturwandels braucht eine breite Beteiligung der Kommunen, der Landkreise, aber auch der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen. Das ist ganz wichtig für die Akzeptanz bei den Menschen; denn für sie sind wir doch angetreten, für sie sind wir doch hier im Landtag.

Die vom Bund und vom Land geförderten Projekte weisen eine hohe fachliche Qualität auf. Ein Blick in die Liste - das Stichwort „grüner Wasserstoff“ ist schon gefallen - zeigt, dass wir darauf stolz sein können. Die Bündelung der Kapazitäten für den Strukturwandel ist genau der richtige Weg. Nur so lassen sich die unterschiedlichen Akteure vernetzen und die vielfältigen Querschnittsaufgaben sinnvoll umsetzen. Dafür bin ich als direkt gewählte Abgeordnete für Weißenfels, Lützen und Teuchern sehr dankbar.

Wie wichtig der Landesregierung der Strukturwandel ist, das kann man auch daran erkennen, dass durch die Schaffung einer Stabstelle in der Staatskanzlei der Kohleausstieg quasi zur Chefsache erklärt wurde.

(Zustimmung bei der CDU)

Das ist Balsam für die Seele des Südens.

(Zuruf von der AfD: Sie sind stets bemüht!)

Mit der Einsetzung eines eigenen Staatssekretärs hat der Strukturwandel eine politische Aufwertung erhalten. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Herrn Dr. Ude und seinem Team bedanken. Sie sind immer da, wenn es in den Regionen darum geht, Konzepte zu entwickeln und die Regionen bei der Umsetzung zu beraten.