Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Landtag hat die Anträge in der 14. Sitzung am 25. Februar 2022 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und zur Mitberatung an den Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt überwiesen.
Mit dem Antrag soll die Landesregierung auf- gefordert werden, unter Beteiligung der Kassenärztlichen und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt neue Konzepte zur Verbesserung des Versorgungsangebotes zu erarbeiten. Weiterhin sollen die Gesamtzahl der medizinischen und zahnmedizinischen Studenten erhöht und Anreize für eine freiberufliche Tätigkeit in der eigenen Praxis geschaffen werden.
Mit dem Alternativantrag greift die antragstellende Fraktion das Thema der zahnärztlichen und kieferorthopädischen Unterversorgung ebenfalls auf, allerdings - so die Fraktion der AfD - tiefgründiger und vielschichtiger.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung befasste sich am 1. Juni 2022 erstmals mit den vorliegenden Anträgen.
Nach erfolgter Berichterstattung durch die Landesregierung kam der Ausschuss überein, die vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss in der Sitzung am 6. Juli 2022 zu erarbeiten.
Zu dieser Sitzung lag dem Ausschuss ein Vorschlag für eine vorläufige Beschlussempfehlung der Koalitionsfraktionen vor. Die Fraktion DIE LINKE ließ wissen, dass sie dieser Beschlussempfehlung nicht zustimmen werde, da darin unter anderem festgestellt werde, dass derzeit
keine Unterversorgung zu verzeichnen sei. Auch die Fraktion der AfD lehnte den Beschlussvorschlag ab.
Am Ende der Beratung, in der auch einem Vertreter der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Rederecht erteilt wurde, erarbeitete der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mit 6 : 4 : 1 Stimmen eine vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt und empfahl, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.
Der Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt nahm in seiner Sitzung am 21. September 2022 das Thema von der Tagesordnung. Dennoch gab es eine Verständigung, in der nächsten Sitzung Vertreter der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg anzuhören. Dabei sollte der Fokus ausschließlich auf den Aspekt der wissenschaftlichen Ausbildung gelegt werden.
Die nächste Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt fand am 30. November 2022 statt. Zur Beratung lag dem Ausschuss eine Stellungnahme der Kassenzahnärztlichen Vereinigung vor. Der Entwurf einer Beschlussempfehlung vonseiten der Koalitionsfraktionen wurde im Verlauf der Sitzung als Tischvorlage verteilt.
Im Anschluss an die Anhörung wurde eine Beschlussempfehlung an den federführenden Ausschuss erarbeitet. Demnach empfahl der Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt mit 7 : 5 : 1 Stimmen, den Antrag in der Fassung seiner Beschlussempfehlung anzunehmen.
fand in der Sitzung am 11. Januar 2023 statt. Hierzu lagen die vorläufige Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung sowie die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt vor. Im weiteren Sitzungsverlauf schlugen die Koalitionsfraktionen vor, die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt zur Beratungsgrundlage zu erheben und über sie abzustimmen.
Diese Beschlussempfehlung wurde schließlich mit 7 : 6 : 0 Stimmen als Beschlussempfehlung an den Landtag verabschiedet und liegt dem Plenum heute in der Drs. 8/2111 vor.
Im Namen des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung bitte ich das Hohe Haus um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.
Danke, Frau Gensecke. - Dann kommen wir als nächstes zur Einbringung des Antrages. Für die AfD-Fraktion spricht Herr Siegmund.
Ich habe eine Bitte. Der Geräuschpegel in den Reihen war gerade zeitweise deutlich höher als der Geräuschpegel der Rednerin. Vielleicht können Sie ein bisschen Disziplin an den Tag legen. Das war schon etwas respektlos. - Bitte, Herr Siegmund, Sie haben das Wort.
niemanden, der gern dorthin geht - wirklich niemanden -, aber wir brauchen sie alle, und zwar Zahnärzte und Kieferorthopäden. Wer schon einmal dort war und dort sein musste, der weiß: Es kann richtig wehtun, aber wenn er danach nach Hause gegangen ist, dann war er umso dankbarer, dass ihm geholfen wurde. Deswegen ist es ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft für unsere Gesundheit. Dass wir in unserer Gesellschaft grundsätzlich einen Ärztemangel haben, wissen die meisten inzwischen, aber dass wir einen eklatanten Mangel auch bei den Zahnärzten und Kieferorthopäden haben, ist gesellschaftlich leider noch nicht so durchgedrungen. Deswegen ist es besonders wichtig, dass wir uns diesem Thema mit guter Kraft widmen.
Die Versorgungssituation ist hier insofern besonders, als sie, ich möchte fast sagen, noch etwas katastrophaler ist, wenn man sich einmal einzelne Zahlen anschaut. Dann wird einem das bewusst. Diese Problematik steht auch nicht irgendwo am Horizont, sondern sie steht direkt vor unserer Tür.
Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel deutlich machen. Im Landkreis Jerichower Land praktizieren heute noch 42 Zahnärzte. Im Jahr 2030 werden es noch zwölf sein. Das ist nur noch ungefähr ein Viertel der Zahl der derzeitigen Zahnärzte innerhalb von sieben Jahren, und das, obwohl sich der Bedarf deutlich erhöhen wird. Wir wissen alle: Eine älter werdende Gesellschaft bedeutet häufigere Arzt-PatientenKontakte. Diese Katastrophe ist wie immer vorprogrammiert. Es war planbar. Es war mathematische Gewissheit. Deswegen ist es umso trauriger, dass wir heute schon wieder darüber sprechen müssen, weil die Problematiken die gleichen bleiben.
Was kommt dabei heraus? - Eine Beschlussempfehlung, die folgenden Kurs vorgibt: Weiter so, weitermachen, das Problem ist nicht so schlimm und wir haben alles im Griff. - Das ist überhaupt nicht so. Das sieht man ganz einfach an diesen Zahlen. Das sieht man an diesen Prognosen. Nichts ist hier im Griff. Hier wird auf Zeit gespielt. Das darf nicht passieren. Deswegen ist diese Beschlussempfehlung auch alles andere als zustimmungsfähig.
Wir wissen, das Grundproblem ist, dass wir einfach zu wenige Ärzte haben. Wir brauchen also mehr Medizinstudenten. Das war auch der Plan unseres damaligen Antrages und das bleibt nach wie vor eine der Hauptlösungen. Wir haben nämlich einen neuen Antrag eingebracht, und zwar ganz einfach deshalb, weil diese Beschlussempfehlung auf keinen Fall ausreicht. Wir müssen das Thema neu angreifen und mit aller Kraft angreifen. Deswegen liegen unsere Lösungsvorschläge in dem neuen Antrag vor.
Mehr Studenten bedeuten mehr Ärzte und damit langfristig auch mehr Unterstützung in dieser Situation. Die kosten Geld, das wissen wir alle. Das ist das Problem daran. Deswegen wird es nicht gemacht. Aber wir wissen alle, dass das ruhig Geld kosten darf, weil es im Prinzip ein Kernpfeiler unserer Gesellschaft ist. Wenn wir heute einen Arzt ausbilden, dann steht er uns in acht oder in zehn Jahren zur Verfügung. Das heißt, wir hätten schon längst damit anfangen müssen Aber auch das ist in diesem Land leider nicht passiert.
Dann müssen wir im zweiten Schritt - das ist der zweite Punkt unseres Antrages - dafür sorgen, dass die Menschen, die wir ausgebildet haben und die wir ausbilden - es sind Steuergelder, die wir dafür in die Hand nehmen; ein Studienplatz kostet eine Viertelmillion Euro -, bei uns bleiben und für uns die Versorgung
sicherstellen. Das ist der zweite Punkt. Wir sind als AfD-Fraktion kein Freund von Quoten, aber in diesem Punkt muss ich eine Ausnahme machen: die Landzahnarztquote analog zur Landarztquote. Die Landarztquote haben wir in diesem Haus im Jahr 2018 beantragt. Sie wurde damals von diesem Haus abgelehnt und drei Monate später von der Regierung selbst eingebracht. Es ist natürlich schade, dass es so läuft. Uns ist es egal. Wichtig ist, was bei den Menschen dort draußen ankommt. Analog dazu bräuchten wir das auch bei den Landzahnärzten. Das heißt, ein Anteil derjenigen, die das studieren, muss sich verpflichten, sich danach auf dem Land niederzulassen, und damit - mit unseren Steuermitteln ausgebildet - auch bei uns in Sachsen-Anhalt bleiben.
Das ist übrigens, sehr geehrte Damen und Herren von FDP, CDU und SPD, auch ein Teil Ihres Koalitionsvertrages. Das heißt, ich beantrage heute nicht mehr und nicht weniger als etwas, auf das Sie sich schon verständigt haben. Es ist mehr als ein Jahr Ihrer gemeinsamen Regierungszeit um. In dem Bereich ist noch nichts passiert. Es würde mich wirklich freuen, unabhängig davon, was Sie mit dem Antrag machen und ob Sie ihn ablehnen. Die Beschlussempfehlung sieht keine Landzahnarztquote vor, Herr Kollege Pott.
Deswegen haben wir noch einmal einen eigenen Antrag eingebracht, damit wir es auf den Weg bringen. Wichtig ist, was beim Bürger ankommt, liebe Kollegen.
Zu guter Letzt: Wir brauchen eine Unterstützung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung auch bei ihrem Sicherstellungsauftrag und deswegen ein flankierendes Landesprogramm, um Zahnärzte wieder nach Sachsen-Anhalt zurückzuholen. Wir haben sie ausgebildet und es
wäre gut, wenn sie auch hier praktizieren. Das heißt, wir wollen abgewanderte Zahnärzte zurückholen und eine weitere Abwanderung stoppen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Dringlichkeit ist gegeben. Jeder von uns braucht irgendwann einmal einen Zahnarzt. Deswegen lassen Sie uns bitte nicht nur reden, lassen Sie uns handeln. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich sehe hierzu keine Wortmeldungen. Des- wegen kommen wir zum Beitrag der Landesregierung und danach zur Dreiminutendebatte. Für die Landesregierung hat die Ministerin Frau Grimm-Benne das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Für die Erarbeitung der vorliegenden Beschlussempfehlung darf ich Ihnen danken und diese zugleich als zielführend bewerten.
Zum vorliegenden Antrag der AfD-Landtagsfraktion gestatten Sie mir folgenden Hinweis. Per Gesetz ist bereits verbindlich geregelt, dass die Kassenzahnärztliche Vereinigung alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen hat, um die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen und kieferorthopädischen Versorgung im Land zu gewährleisten, zu verbessern und auch zu fördern. Hierfür hat die KZV einen Katalog von Projekt- und Einzelmaßnahmen vorgestellt, insbesondere auch in den
beiden Ausschüssen. Die Wirksamkeit dieser Sicherstellungsmaßnahmen der KZV muss sich erst noch zeigen. Angesichts der zukünftigen Bedarfe scheinen die Ansätze aber vielversprechend zu sein.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Antrag der AfD-Fraktion fordert die Landesregierung auf, einen Maßnahmenplan quasi im Vorhinein zu entwickeln. Von Gesetzes wegen kann die Landesregierung eigene Maßnahmen aber erst in die Wege leiten, wenn sich die Sicherstellungsstrategie der KZV als nicht ausreichend erweist. Dies gilt auch für die im Antrag angeregten Rückkehrprämien. Sollte die KZV diese für geeignet halten, um ihrem Auftrag nachzukommen, könnte sie diese Prämie aus ihrem Strukturfonds leisten, den die Krankenkassen zu 50 % mitfinanzieren. Daher halte ich eine Evaluierung und Weiterentwicklung einer koordinierten Nachwuchsförderung für notwendig und zielführend.
Die Landesregierung ist selbstverständlich gern bereit zu prüfen, ob eine Vorabquote für die Berufsausbildung in der Zahnmedizin Anwendung finden kann. Das steht übrigens auch schon in unserer Koalitionsvereinbarung. Ob jedoch, wie in Nr. 1 des Antrages gefordert, die Erhöhung der Anzahl der Studienplätze geeignet ist, die Versorgung sicherzustellen, ist unter anderem mit Blick auf den Verbleib der in Sachsen-Anhalt ausgebildeten Mediziner*innen zu hinterfragen. Ich will nur daran erinnern, dass es in der „Volksstimme“ vom 11. Januar 2023 einen Bericht gab, in dem Dr. B., der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, gesagt hat, dass von den rund 400 ausgebildeten Medizinstudentinnen und -studenten lediglich 130 im Land bleiben. Wir müssen schauen, wie wir das verbessern können.
Warten Sie bitte einen Moment Frau Ministerin. - Ich habe vor ein paar Minuten eine Bitte geäußert. Inzwischen ist es so - ich will jetzt nicht auf die Geräuschschatten zurück- kommen, von denen der Präsident heute Morgen erzählt hat -, dass hier vorn kaum noch etwas zu verstehen ist von dem, was die Rednerin sagt. Ich kann gern die Gespräche wieder- holen, die ich aus Ihren Reihen mitbekomme. Aber leider versteht kaum noch jemand, was die Ministerin sagt. Ich bitte Sie wirklich, ein Stück weit den Geräuschpegel zu senken.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte nur noch einmal erwähnen, dass die KZV sehr viele positive Effekte der Nachwuchsförderung hat. Diesbezüglich möchte ich insbesondere den Kooperationsverbund der Zahnmedizin der MLU, der KZV und der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt erwähnen.
Ich bin froh über die vorliegende Beschlussempfehlung. Ich werde das meines Erachtens zielführende Arbeitsergebnis unterstützen und möchte Sie deshalb um Ihre Zustimmung zu der Beschlussempfehlung bitten. - Herzlichen Dank.
Ich sehe keine Fragen. Deswegen können wir in die Debatte der Fraktionen eintreten. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Redlich.
Werter Herr Vizepräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ministerin hat es erwähnt und Frau Gensecke hat es ausführlich dargestellt. Im Ausschuss haben wir über die Thematik sehr intensiv diskutiert.
Ja - um es deutlich zu sagen -, in einigen Regionen haben wir einen deutlich zu niedrigen Versorgungsstand. Einen echten Mangel an berufstätigen Zahnärzten gibt es aber nicht. Das unterstreicht auch die Stellungnahme der Martin-Luther-Universität. Herr Siegmund, die hätten Sie sich vor Ihrer Rede einmal durch- lesen sollen. Diese betont nämlich, dass eine einfache Erhöhung der Zahl der Studienplätze die Versorgungslage in ländlichen und strukturschwachen Regionen kaum verbessern wird.