Protokoll der Sitzung vom 23.02.2023

Abstimmung

Für die Überweisung an sich benötigen wir mindestens 25 Abgeordnete, die zustimmen. Ich frage: Wer ist für die Überweisung? Kartenzeichen! - Das sind weitaus mehr als 25.

In welchen Ausschuss? - „AID“ habe ich gehört und logischerweise auch in den Finanzausschuss. Das ist so Usus an dieser Stelle. Wenn Sie dafür sind, dann bitte ich Sie um das Kartenzeichen. - Das sind alle. Dann ist das so beschlossen worden und wir sind mit dem Tagesordnungspunkt 11 fertig. Ich danke für die zügige Arbeit.

Wir wechseln im Präsidium ebenfalls zügig.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 12

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht (Landesverfassungsgerichtsgesetz - LVerfGG)

Gesetzentwurf Fraktion AfD - Drs. 8/2246

Einbringen wird den Gesetzentwurf der Abg. Herr Hecht. - Oder nicht? Herr Hecht?

(Unruhe - Zurufe von der AfD: Auf der Toi- lette! - Da kommt er! - Zuruf von der SPD: Wir lagen so gut in der Zeit! - Christian Hecht, AfD, betritt den Plenarsaal)

- Er kommt und geht direkt zum Rednerpult - doch nicht, sondern holt seine Unterlagen.

(Unruhe)

Herr Hecht, bitte schön.

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Als Gesetzgeber ist es unsere Pflicht, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die für den Bürger nicht nur leicht verständlich, sondern auch leicht anwendbar sind. Nur so wird effektiver Rechtsschutz gewährleistet, der bekanntlich unmittelbarer Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips ist. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir Regelungen zur elektronischen Übermittlung von Dokumenten und zur elektronischen Aktenführung in das Landesverfassungsgerichtsgesetz aufnehmen, um effektiven Rechtsschutz auch in Zeiten fortschreitender Digitalisierung zu gewährleisten. Unser Gesetzentwurf ist also nichts anderes als beredter Ausdruck echter Bürgernähe. Das ist ein Anliegen, dem sich niemand hier im Hause verschließen dürfte.

Am 1. Februar dieses Jahres war der Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz beim Landesverfassungsgericht in Dessau zu

Gast. Bei dieser auswärtigen Sitzung hat der Präsident des Landesverfassungsgerichts Herr Dr. Wegehaupt angeregt, dieses Gesetz in Bezug auf die Frage der Formalien bei der Antragseinreichung und der Aktenführung an die fortschreitende Digitalisierung anzupassen. Er äußerte dabei explizit den Wunsch nach Aufnahme einer eigenständigen Norm insbesondere zur Zulässigkeit der Übermittlung elektronischer Dokumente in das Landesverfassungsgerichtsgesetz, und es war mein Eindruck, dass die Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend diesem Wunsch gern Rechnung tragen wollten. Ich gehe deshalb davon aus, dass diese Position auch heute hier im Hohen Haus geteilt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen konkreten Auftrag erhalten, und wie es sich für ein schnell und effektiv arbeitendes Parlament gehört, hat es nicht einmal vier Wochen gedauert, bis der Gesetzentwurf hier erstmalig zur Diskussion steht. Ich will Sie nun aber nicht mit den formaljuristischen Details über Gebühr langweilen und darum nur auf einen möglichen Einwand kurz eingehen: Man könnte nämlich theoretisch argumentieren, dass die angestrebte Gesetzesänderung gar nicht nötig sei, weil bereits gemäß § 33 Abs. 2 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes die Vorschriften der VwGO und der ZPO entsprechend heranzuziehen sind. § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung und § 130a der Zivilprozessordnung beinhalten tatsächlich Regelungen zur Übermittlung elektronischer Dokumente.

Aber so einfach ist es natürlich nicht, denn wenn sich die Verweisung auf die Verwaltungsgerichtsordnung und die Zivilprozessordnung in der verfassungsgerichtlichen Praxis als geeignet herausgestellt hätte, dann hätte Herr Dr. Wegehaupt die Mitglieder des Rechtsausschusses sicherlich nicht nachdrücklich dar-

um gebeten, eine eigenständige Norm zur Übermittlung elektronischer Dokumente in das Landesverfassungsgerichtsgesetz aufzunehmen.

Die Notwendigkeit der Klarstellung gründet sich unter anderem in der Tatsache, dass viele Antragsteller bei der Einreichung von Anträgen nicht anwaltlich vertreten sind. Der Anwaltszwang gilt nämlich nur für die mündliche Verhandlung. Diese Bürger sind häufig Laien und müssen aufgrund der Verweisung in § 33 Abs. 2 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes zunächst in die Lektüre und Systematik von VwGO und ZPO einsteigen, um die einschlägigen §§ 55a und 130a zu finden. Dieses Verfahren ist kompliziert und aufwendig. Es geht besser, es geht schneller und einfacher, nämlich dann, wenn wir direkt in das Landesverfassungsgerichtsgesetz eine konkrete Regelung zur Übermittlung elektronischer Dokumente aufnehmen, so wie wir es hier beantragen.

Wir greifen mit unserem Gesetzentwurf dabei auf eine Vorschrift zurück, die im Jahr 2018 in das Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg eingefügt wurde. Brandenburg hat damals das Bundesgesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten von 2013 für sein Verfassungsgericht zeitgemäß umgesetzt. Diese brandenburgische Vorschrift hat sich bewährt. Sie ist richtig und darum ist sie zu übernehmen.

Gerade für ein Verfassungsgerichtsverfahren, das für den Antrag und den schriftlichen Sachvortrag keine Anwaltspflicht vorsieht, sind transparente und einfache Regelungen unabdingbar, damit das Verfahren für den Bürger beherrschbar bleibt. Aber nicht, dass es falsch verstanden wird: Das grundsätzliche Schriftformerfordernis bleibt selbstverständlich unangetastet, weil ein analoges schriftliches Ver-

fahren in Papierform auch weiterhin möglich sein muss. Die elektronische Antragsübermittlung soll den traditionellen Postweg nicht er- setzen. Es wird also immer Fälle geben, in denen das Landesverfassungsgericht Schriftverkehr selbst in die elektronische Form übertragen muss. Dem trägt unsere Klarstellung in § 16b zur elektronischen Aktenführung Rechnung.

Ein in Papierform eingereichtes - also analoges - Dokument, das für die weitere Aktenführung von der Geschäftsstelle digitalisiert wird, wird darum einen Vermerk enthalten, durch wen es digitalisiert wurde, wann es digitalisiert wurde und wer seine Authentizität geprüft hat. Hierbei darf es keine Manipulationsmöglichkeiten geben, denn sonst würde der Digitalisierungsprozess im Justizwesen unterlaufen. Dies gilt es zu vermeiden. Für die Regeln der Dokumentation und die Umwandlung von digital in analog sehen wir darum den Verordnungsgeber in der Pflicht. Gleiches gilt für die Schaffung von Zugangsmöglichkeiten für Blinde und Sehbehinderte im elektronischen Schriftverkehr mit dem Landesverfassungsgericht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Wegehaupt war erkennbar von dem Wunsch getrieben, die Rechtsanwendung für den Bürger zu vereinfachen, die Arbeitsgrundlagen unserer Verfassungsrichter zu verbessern und so zur nachhaltigen Rechtssicherheit beizutragen. Das ist eine Interessenlage, der wir uns als Parlamentarier anschließen können, weshalb der Gesetzentwurf gut und richtig ist.

Als Parlamentarier sind wir die unmittelbarsten Diener unseres Volkes, dem wir hiermit einen guten Dienst erweisen. Ich empfehle Ihnen daher, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz zu überweisen, um ihn dort in konstruktiver Atmosphäre zu beraten. Falls eine Fraktion oder

auch die Landesregierung glaubt, tatsächlich eine bessere Lösung zu haben als das hier vorgelegte Brandenburger Modell, so bin ich auf Ihre Alternativanträge gespannt, um am Ende ein für alle Seiten gutes Gesetz auf den Weg zu bringen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Hecht, für die Einbringung dieses Gesetzentwurfes. - Wir haben eine Dreiminutendebatte verabredet. Für die Landesregierung wird Frau Ministerin Weidinger sprechen.

Vorher möchte ich jedoch dem Plenum noch bekannt geben, dass sich per E-Mail von 13:23 Uhr - also elektronisch - Herr Minister Schulze krankgemeldet hat und seine Abwesenheit im Landtag zu entschuldigen bittet.

Ich begrüße die Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD im Jerichower Land, die auf der Tribüne Platz genommen hat.

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Weidinger, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt ist Hüter der Verfassung unseres Landes. Ihm kommt eine herausragende Bedeutung im Rechtsstaatsgefüge zu. Das Einreichen von Anträgen beim Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt in

elektronischer Form sieht das geltende Recht derzeit noch nicht ausdrücklich vor.

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 des Landesverfassungsgerichtsgesetzes sind Anträge, die das Verfahren einleiten, schriftlich beim Landesverfassungsgericht einzureichen. Ob eine elektronische Einreichung eines Antrags bei der der- zeitigen Rechtslage unzulässig ist oder ob die Regelungen der Prozessordnung der ordentlichen und der Fachgerichtsbarkeiten, wonach die Schriftform unter bestimmten Voraussetzungen durch die elektronische Form schon heute ersetzt werden kann, hier anzuwenden sind, ist streitig.

Technisch ist das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt auf elektronischem Wege bereits heute erreichbar. Es verfügt über ein eigenes elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach, das sogenannte EGVP, und ist damit technisch zunächst empfangsbereit. Das Postfach des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt dient gegenwärtig lediglich den Verwaltungsangelegenheiten.

In der 14. Sitzung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz am 1. Februar dieses Jahres habe ich die dahin gehende Prüfbitte des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt vernommen, ob der rechtliche Rahmen für das wirksame Einreichen elektronischer Dokumente beim Landesverfassungsgericht geschaffen werden könne. Diese Bitte geht einher mit dem digitalen Fortschritt. Die Eröffnung des elektronischen Zugangs zum Landesverfassungsgericht könnte auch die Anwenderfreundlichkeit des Verfahrens erhöhen und somit den Verfahrensbeteiligten zugutekommen. Der Zugang zum Landesverfassungsgericht soll möglichst weit eröffnet werden.

Dieser Prüfbitte des Landesverfassungsgerichts folgend, habe ich mein Haus gebeten, die

rechtlichen Gestaltungsräume zu beurteilen. Der hier vorgelegte Gesetzentwurf ist nur eine der denkbaren Möglichkeiten. Nach dem Gesetzentwurf soll das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz ermächtigt werden, den elektronischen Zugang zum Landesverfassungsgericht mittels Verordnung zu eröffnen und dort die weiteren Einzelheiten zu regeln.

Eine Alternative könnte darin bestehen, einen Verweis auf § 55a VwGO in das Gesetz über das Landesverfassungsgericht aufzunehmen. Dort ist die Übermittlung elektronischer Dokumente innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits geregelt. Den Weg einer verweisenden Vorschrift sind z. B. die Länder NordrheinWestfalen und Schleswig-Holstein bereits gegangen.

Mein Haus wird die Möglichkeiten zur Übermittlung elektronischer Dokumente an das Landesverfassungsgericht sorgsam und gewissenhaft prüfen. Welche Variante der Übermittlung für unser Land die sinnvollste ist, sollte dieser Prüfung und der Abstimmung mit dem Landesverfassungsgericht vorbehalten bleiben. Ich werde dazu zeitnah einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das ist doch schön!)

Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Weidinger. Ich sehe keine Fragen oder Interventionen. - Deswegen können wir jetzt in die Debatte eintreten. Ich rufe als ersten Redner Herrn Erben auf.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Zuruf von der AfD: Guter Anfang! - Lachen bei der AfD)

- Also, das war ja nun wirklich - -

(Lachen bei der AfD)