Protokoll der Sitzung vom 23.02.2023

In der vergangenen Legislaturperiode scheiterte die Neubesetzung der Stelle dreimal, nicht an uns, Herr Kosmehl, sondern weil die damalige Landesregierung die notwendige Mehrheit nicht zustande brachte. Das Quorum hier im Landtag wurde von einer Zweidrittelmehrheit auf eine einfache Mehrheit gesenkt.

Doch auch in dieser Legislaturperiode scheiterte die Neubesetzung erneut und wiederholt an der fehlenden Mehrheit in den regierungstragenden Fraktionen.

(Guido Kosmehl, FDP: Sie haben das Verfah- ren nicht verstanden!)

Es ist ein fatales Signal, dass der Landtag der zwingenden gesetzlichen Verpflichtung zur Neubesetzung der Stelle seit Jahren nicht nachkommt. Es schwächt das Amt und es schwächt den Datenschutz.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Nun die Maßstäbe noch weiter zu senken, ist aber alles andere als die richtige Lehre aus dem Debakel der Vergangenheit. Es ist ein politischer Offenbarungseid. Die öffentliche Ausschreibung ist aus unserer Sicht unverzichtbar,

nicht weil es rechtlich nicht anders möglich wäre, sondern weil sie Transparenz schafft. Sie ist auch ein Weg, verdeckten Absprachen und unsachlichen Entscheidungsgründen vorzubeugen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Es gibt keinen guten Grund, auf diese Ausschreibung zu verzichten. Ebenso wenig überzeugt der Vorschlag, die Amtszeitbegrenzung gleich noch mit zu streichen. Zur demokratischen Ausübung eines Amtes gehört die Ausübung bestimmter Aufgaben nur auf begrenzte Zeit. Auch das soll Unabhängigkeit garantieren.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Dass die CDU kein Interesse an einer starken und unabhängigen Datenschutzbehörde in Sachsen-Anhalt hat, hat sie mehrfach bewiesen.

(Markus Kurze, CDU: Was?)

Dass sie es schafft, das zum Kurs der gesamten Regierung zu machen und dass Sie hier ernsthaft gemeinsam ein Modell vorschlagen, dessen einziger Zweck es ist, den Einfluss der CDU zu vergrößern, während schon öffentlich spekuliert wird, wem Sie den Posten gern geben würden, spricht Bände. Vor allem aber zeigt es, dass schlecht um den Datenschutz in diesem Land bestellt ist.

(Zuruf von Alexander Räuscher, CDU)

Meine Fraktion wird den Gesetzentwurf ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Jetzt spricht Herr Striegel.

(Zuruf von der AfD: Jetzt kommt ein großes Mimimi!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der CDU ist dafür verantwortlich, dass es dieses Haus in fünf Wahlgängen mit acht verschiedenen Kandidaten nicht vermocht hat, einen Landesbeauftragten für den Datenschutz zu wählen. Das ist bemerkenswert, auch weil unter den Bewerbern fachlich höchst geeignete Persönlichkeiten waren.

Bemerkenswert ist auch die Schlussfolgerung, die die selbst ernannte Sachsen-Anhalt-Partei aus diesem Umstand zieht. Zukünftig sollen Bewerber*innen für den Landesdatenschutzbeauftragten nicht mehr nach fachlicher Ausschreibung, sondern quasi durch Handauflegen in Ihrer Fraktion ins Amt kommen. Der Datenschutzbeauftragte wird in SachsenAnhalt nicht mehr fachlich unabhängig besetzt, sondern zur parteipolitischen Beute gemacht.

Ebenso bemerkenswert ist es, dass die rechtsextreme AfD-Fraktion zu diesem parteipolitischen Geschacher zwischen den Fraktionen CDU, SPD und FDP nichts zu sagen hat. - Wofür bekommen Sie eigentlich den Oppositionszuschlag? - Dass die Koalition angesichts des offensichtlichen Missbrauchs ihrer Mehrheitsrechte die Debatte scheut - geschenkt. Aber warum tauchen Teile der Opposition ab? Wir

als GRÜNE können zu diesem Vorgang jeden- falls nicht schweigen.

Datenschutz hat in Sachsen-Anhalt Verfassungsrang. Das ist eine Konsequenz aus der unsäglichen Geschichte von Überwachung als Herrschaftsinstrument von Diktaturen. Dass der Beauftragte für den Datenschutz hierzulande mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt wurde, war auch der Ausdruck einer notwendigen Überparteilichkeit und Unabhängigkeit des Amtes.

In der Parlamentsreform im Jahr 2020 hat dieses Haus entschieden, dieses Holquorum zugunsten einer offenen Ausschreibung der Stelle und einer anschließenden Wahl mit Ministerpräsidentenmehrheit abzuschaffen. Frau Kollegin Quade hat auf den Transparenzgedanken dahinter verwiesen. Das war sachgerecht, weil damit die fachliche Besetzung der Stelle hätte gewährleistet werden können. Die formale Prüfung der Kandidat*innen und die Bestenauslese schafft die Koalition nun zugunsten eines willkürlichen und intransparenten Vorschlagsrechts der Fraktionen ab.

Das birgt nicht nur Gefahren für die Unabhängigkeit des Amtes, sondern ist zudem mit formalen Gefahren behaftet. Wer garantiert, dass die vorgeschlagenen und auf dem Stimmzettel stehenden Kandidat*innen die Voraussetzung zur Ausfüllung des Amtes haben? Dieser Gesetzentwurf ist der Versuch, parteipolitischen Zugriff auf die Stelle des unabhängigen Datenschutzbeauftragten zu bekommen.

(Guido Kosmehl, FDP: Das ist totaler Schwachsinn!)

Das ist ein Angriff auf die Verfassung. Wir tragen diesen Angriff nicht mit. Wir werden deshalb

eine Überweisung des Gesetzentwurfes in den Innenausschuss ablehnen. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Es gibt keinen weiteren Redebedarf - jedenfalls ist mir nichts dergleichen signalisiert worden.

Abstimmung

Wir kommen zur Abstimmung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in den Ausschuss für Inneres und Sport zu überweisen. Wer dem folgen kann, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Damit bleibt kein Raum mehr für Stimmenenthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf entsprechend überwiesen worden.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 14

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung parlamentsrechtlicher Vorschriften 2023

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/2256

Diesen Gesetzentwurf wird der Abg. Herr Kurze einbringen. - Herr Kurze, bitte schön.

Danke schön, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, wollen wir ein Artikelgesetz einbringen, und zwar zur Änderung parlamentsrechtlicher Vorschriften 2023. Dieses Artikelgesetz ist in drei Artikel unterteilt. Im ersten Artikel geht es um das Abgeordnetengesetz, im zweiten um die Geschäftsordnung und im dritten um das Inkrafttreten oder Außerkrafttreten von verschiedenen Dingen, die im Gesetzentwurf enthalten sind.

Die Debatte zu solch einem Thema ist meistens etwas emotional aufgeladen. Wir wollen an dieser Stelle versuchen, den Gesetzentwurf kurz und sachlich einzubringen, so wie es sich für einen Gesetzentwurf gehört.

Ich möchte mit der Änderung der Geschäftsordnung beginnen; denn die wird in der öffentlichen Debatte natürlich immer gern weggelassen, obwohl wir uns gerade mit der Geschäftsordnung dahin gehend intensiv beschäftigt haben, was wir dort noch verändern und vielleicht verbessern können, um das Parlament lebendiger zu gestalten. Daher haben wir es uns näher angesehen.

Die Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt hat sich in den vergangenen Monaten an zwei Stellen als anpassungswürdig gezeigt. Der Landtag von Sachsen-Anhalt und seine Ausschüsse haben nicht zuletzt aufgrund der Herausforderungen der Covid-19-Pandemie technische Verfahrenserleichterungen erprobt, um die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sicherzustellen.

Mit der Verwendung von Videokonferenztechnik für die Zuschaltung von Sachverständigen

und von Anzuhörenden sowie mit der Bild- und die Tonübertragung von Ausschusssitzungen zum Zwecke der Herstellung der Öffentlichkeit der Sitzungen wurden neue Wege beschritten, die sich in der parlamentarischen Praxis bewährt haben.

Um die praktischen sowie um die finanziellen Vorteile dieser Instrumente über die Zeiten der Pandemie hinaus nutzen zu können, sollen diese dauerhaft in die Geschäftsordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt übernommen werden.

Darüber hinaus soll das Verfahren zur Befragung der Landesregierung mit dem Ziel einer zügigeren Durchführung der Fragestunde geändert werden. - Genau das meinte ich mit meinen einführenden Worten. Sie kennen alle die Fragestunde. Wenn wir uns auch heute die Fragestunde wieder anschauen, dann - -

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die war gut!)

- Ja, Herr Striegel, ich sage einmal, aus Ihrer Sicht würde ich jetzt nicht widersprechen wollen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das sind die Instrumente der Opposition!)

Trotzdem hat sich die Fragestunde dahin gehend entwickelt, dass es am Ende ellenlange Debatten sind und dass am Ende hier vorn ein Minister oder eine Ministerin steht, die mehrmals mit Fragen konfrontiert werden, aber das, was wir eigentlich als Ziel hatten, nämlich, dass alle Fraktionen einmal dran kommen, haben wir in der Regel mit der Fragestunde nicht erreicht. Deswegen wollen wir an dieser Stelle das Verfahren ändern.

Wir wollen dahin gehen, dass der Fragesteller zukünftig seine Frage vorträgt und dann nur