Protokoll der Sitzung vom 23.02.2023

„Der Landtag vertraut auf die Selbstreinigungskräfte in der Polizei. Das Ministerium für Inneres und Sport wird aufgefordert, im Falle von Verfahren und Ermittlungen gegen Landesbeamte die Einhaltung von rechtsstaatlichen Prinzipien zu beachten und zu gewährleisten.“

Zur Begründung. In der zurückliegenden Zeit haben sich bei Ermittlungen gegen Polizeibeamte nicht alle Maßnahmen als rechtmäßig erwiesen. Vor dem Hintergrund, dass die Innenministerin 18 Mitglieder einer Chatgruppe aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen will, muss daran erinnert werden, dass auch Beamte Träger von Grundrechten sind und einen Anspruch auf eine fehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn haben.

Ob sich ein Beamter in der Probezeit bewährt hat, hat die personalführende Stelle ergebnis- offen zu prüfen. Die öffentliche Aussage der Ministerin, dass die Beamten entlassen werden sollen, gleicht einem mündlichen Erlass, den personalführende Dienststellen umzusetzen haben, auch wenn sie am Ende ihrer Prüfung vielleicht zu einem ganz anderen Ergebnis kommen.

Wenn also Entlassungen von Berufsbeamten allein nach dem Willen der Ministerin möglich sein sollen, werden damit der Willkür Tür und Tor geöffnet. Das möchten wir nicht. Daher mahnen wir die Einhaltung von rechtsstaatlichen Prinzipien an.

In Punkt 3 des Antrages heißt es:

„Der Landtag erachtet die vorhandenen rechtlichen Instrumente für die Aufklärung und Sanktionierung von Fehlverhalten oder

von mangelnder Verfassungstreue von Beamten als ausreichend. Änderungen von Rechtsnormen, die zu einer Schwächung der Rechtsposition der Beamten gegenüber dem Dienstherrn führen, werden abgelehnt.“

Die Begründung muss aus Zeitgründen leider entfallen, aber ich würde mich freuen, wenn Sie, Herr Heuer, nachfragen würden.

Punkt 4 des Antrages, der letzte, lautet wie folgt:

„Die Landesregierung wird aufgefordert, in dieser Legislaturperiode über Personalmaßnahmen in der Landespolizei nicht mehr im vertraulichen Teil der Sitzung des Innenausschusses zu berichten, sondern diese Informationen nur noch in Schriftform in der Geheimschutzstelle zur Einsichtnahme zu hinterlegen.“

Anlass hierfür ist der jüngste Fall von Geheimnisverrat aus dem vertraulichen Sitzungsteil des Innenausschusses an die Presse. Angesichts des Umstandes, dass offensichtlich einer oder mehrere Whistleblower im Innenausschuss ihr Unwesen treiben und die Anwesenheit aller Mitglieder nutzen, um unentdeckt zu bleiben, halten wir diese Verfahrensweise zur Verhinderung von Wiederholungstaten für geboten. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt keine Fragen oder Interventionen. - Ich rufe als nächsten Redner Herrn Kosmehl für die FDP-Fraktion auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich inhaltlich dem anschließen, was der geschätzte Kollegen Erben vorgetragen hat, und zwar sowohl in Bezug auf den Inhalt als auch die Art und Weise.

Ich will meine Redezeit darauf verwenden, Ihnen, Herr Kollege Striegel, einige Punkte zu Ihrem Ansinnen, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, zu nennen. Wenn Sie es mit der Aufklärung von Sachverhalten ernst meinen, dann hätten Sie erstens diesen Antrag nicht gestellt, bevor Sie nicht die Information, die bereits zugesagt war, im Innenausschuss erhalten hätten. Zweitens würden Sie anerkennen, dass der Untersuchungsausschuss, wenn er denn eingesetzt werden würde, während der laufenden Ermittlungsverfahren mit Zeugenvernehmungen gegen vier Beschuldigte keine Akten bekommen würde, weil die Staatsanwaltschaft die Akten noch nicht heraus- geben kann, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt.

Der Untersuchungsauftrag des Ausschusses würde in dem Fall völlig ins Leere laufen. Was Sie machen, ist, einen Popanz aufzuführen,

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der AfD)

weil Sie selbst, Herr Kollege Striegel, nicht an einer Aufklärung interessiert sind.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der AfD - Olaf Meister, GRÜNE: Es geht um Strukturen!)

- Welche Strukturen wollen Sie denn unter- suchen?

(Olaf Meister, GRÜNE: Die hiesigen!)

Das wäre eher ein Thema für eine EnqueteKommission. Worin soll der Untersuchungsgegenstand liegen?

(Zuruf)

Das ist wieder typisch für die GRÜNEN: Hauptsache, Sie haben ein Schlagwort genannt und werden damit in der Presse wahrgenommen - inhaltlich: null.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der AfD)

Kollege Striegel, Sie haben den Kollegen Schulenburg vorhin als unwürdig bezeichnet. Die Frage, ob Ihnen das zusteht, lassen wir im Raum stehen. Sie sind Abgeordneter und können das äußern.

Dass es immer Sie sind, der versucht, Aus- sagen in die weite Welt zu tragen und verächtlich zu machen, haben wir mehrfach erlebt.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der AfD)

In Ihrem Tweet vom 14. Januar ist Folgendes zu lesen: „über den täglichen rechtsextremen #Polizei-Einzelfall“. An welcher Stelle Ihres Antrags steht, dass sich die überwiegende Zahl rechtskonform verhält? Sie selbst haben getwittert, dass dies der tägliche rechtsextreme Einzelfall sei. Sie machen diese Polizei grundsätzlich herunter.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der AfD - Zuruf von der AfD: Ja!)

Und dann sagen Sie, Sie wollten aufklären. Deshalb sage ich an dieser Stelle ausdrücklich: Ja, diese Chatgruppe gehört aufgelöst. Und wenn sich bewahrheitet, was darin steht, müssen die Mitglieder, sofern dies strafrechtlich, disziplinarrechtlich relevant ist, aus dem Dienst entfernt werden. Daran gibt es für mich keine Zweifel. Dafür haben wir die Verfahren, und zwar die unabhängigen Verfahren der Staatsanwaltschaften und das Disziplinverfahren durch den Dienstherrn. Dafür brauchen wir keine weiteren Institutionen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Also alles gut?)

Herr Meister, wir können gern eine Auflistung der Polizeibeauftragten erstellen. Vielleicht fragen Sie bei ihrem Kollegen Frömmrich von den GRÜNEN in Hessen nach, warum es seit zwei Jahren nicht gelingt, den Polizeibeauftragten zu benennen. Die GRÜNEN haben es geschafft, die Kanther-CDU in Hessen davon zu überzeugen, dass die Hessen so etwas brauchen, allerdings bekommen sie es seit zwei Jahren nicht hin, diese Stelle zu besetzen,

(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

Die Besoldungsstufen dieser Polizeibeauftragten sind sehr interessant.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: In Branden- burg hat es geklappt!)

In Brandenburg wird die Stelle nach B 3 besoldet; das ist noch gemäßigt. In Baden-Württemberg haben die GRÜNEN eine B-6-Stelle ausgehandelt.

(Zurufe von Frank Bommersbach, CDU, und von der AfD - Unruhe)

Schauen Sie sich einmal an, ob das Versorgungsposten sind und was sie tatsächlich machen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen noch stärker darauf achten, wer in unsere Polizei kommt. Wir müssen noch stärker darauf achten - das hat Kollege Erben sehr gut plastisch dargestellt -, dass diese jungen Anwärter betreut und begleitet werden und man schaut, wie sich ein Klassenverband in der Umgebung gibt und wie er sich inner- halb gibt, um ggf. frühzeitig eingreifen zu können.

Wir brauchen keine vorschnellen grünen Anträge mit einem Urteil, das vorher feststeht, ohne dass der Sachverhalt bekannt ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Es folgt Frau Quade für die Fraktion DIE LINKE.

(Oh! bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Herr Kosmehl, ich muss sagen, dies war für einen Vertreter einer Bürgerrechts- und Rechtsstaatspartei eine bemerkenswerte Rede - Mann, Mann, Mann.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das war die FDP einmal; das ist sie aber nicht mehr! - Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

Meine Damen und Herren! Diese Landtagssitzung beginnt in der Antragsberatung, wie die letzte Landtagssitzung geendet hat. Erneut müssen wir uns mit extrem rechten, neonazistischen und in diesem Fall auch frauenfeindlichen und gewaltverherrlichenden Nachrichten in Chats von Polizeikräften - genauer Anwärterinnen - in Sachsen-Anhalt auseinandersetzen.

Erneut wurden diese Chats nicht bekannt, weil Polizeikräfte ihre Vorgesetzten informiert haben. Sie haben mitgemacht oder geschwiegen. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass wir es mit einem strukturellen Problem zu tun haben und nicht mit Einzelfällen. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Korpsgeist stärker war als die Verpflichtung der Beteiligten auf die Verfassung. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass wir uns als Mitglieder des Landtags damit auseinandersetzen müssen, was in der Polizei dieses Landes los ist.

Ich möchte feststellen, dass die Reaktion der Ministerin nach allem, was wir jetzt wissen, richtig war und richtig bleibt.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Se- bastian Striegel, GRÜNE)

Wir können als Parlament jedoch nicht dabei stehen bleiben, immer wieder erneut entsetzt zu sein und der Ministerin dafür zu danken, dass sie das Unausweichliche getan hat. Das Parlament hat nicht die Aufgabe der freundlichen Kommentierung des Handelns der Landesregierung, sondern es hat eine eigene Zuständigkeit und Verantwortung.