Protokoll der Sitzung vom 22.03.2023

Als Nächster kommt nunmehr Herr Lippmann für die Fraktion DIE LINKE.

(Oh! bei der AfD)

Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist schon so, dass in dem Antrag eine Vielzahl von Vorschlägen enthalten ist, die schon an anderer Stelle aufgegriffen wurden und über die schon diskutiert wurde, bspw. in dem schon erwähnten Masterplan zur Sicherung der Schulbildung.

Gleichwohl stimmt es natürlich aus unserer Sicht nicht, dass ganz viel davon schon von der Koalition aufgegriffen worden wäre und umgesetzt würde. Es sind auch Vorschläge enthalten, die die bisherigen sozusagen durchaus ergänzen. Deswegen würden wir uns gut vorstellen können, darüber im Bildungsausschuss weiter zu diskutieren, weshalb ich die Überweisung dorthin beantrage.

Ich will meine kurze Redezeit nutzen, um nur auf den Punkt 3 mit der Schullaufbahnempfehlung einzugehen, weil ich vorhin darauf

verzichtet habe. Ich will es in Richtung der Koalition und insbesondere der CDU sagen.

Also, man fragt sich ja bei diesem Vorhaben, mit dieser verbindlichen Schullaufbahnempfehlung, warum eine Sache, die wir von 2007 bis 2013 schon einmal hatten, wieder aufgegriffen wird, weil nichts auf dem Tisch liegt, was daran gut und hilfreich war.

Wir haben gute Untersuchungen durch PISA und andere Schulleistungsuntersuchungen,

dass mit dieser Schullaufbahnempfehlung zu diesem frühen Zeitpunkt nichts gewonnen wird. Die Hälfte aller Schullaufbahnempfehlungen ist im Sinne der Zielstellung falsch, wenn man als Zielstellung unterstellt, dass man damit versucht zu erreichen, dass die richtigen Schüler zum Gymnasium gehen. Es gehen auch richtige Schüler zum Gymnasium - das ist ganz offensichtlich -, aber die anderen trifft man damit nicht. Es gibt auch keinen Weg - es gibt keinen Weg! -, um zu diesem frühen Zeitpunkt das Ergebnis zu verbessern.

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Sie können mehr Stress machen, Sie können die Lehrkräfte mehr belasten, Sie können die Eltern mehr am Rad drehen lassen, aber das Ergebnis zu diesem frühen Zeitpunkt - erst recht dann, wenn man es in die 3. Klasse verlagert - wird sich nicht ändern. Sie werden da- mit nichts anderes zustande bringen als das, was schon jetzt gezeigt wird.

Die Schullaufbahnempfehlung zu diesem Zeitpunkt ist der Grund für die soziale Selektivität. Die entsteht genau an dieser Stelle. Es ist übrigens auch der Punkt, an dem es tendenziell eine Benachteiligung der Jungen gibt; darüber würde ich auch einmal nachdenken.

Denn wir haben tendenziell immer einen viel größeren Anteil an Mädchen als an Jungen am Gymnasium, was mit dem Thema Spätentwickler usw. zu tun hat.

Wenn das Ziel darin bestehen sollte - was die zweite Motivation sein könnte -, mehr Schüler vom Gymnasium fernzuhalten und die Sekundarschulen dadurch zu stärken, dass man auch ein paar gute Schüler dorthin gibt - so wird ja argumentiert -, dann will ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie damit den Weg gehen, noch mehr Schülerinnen und Schüler in eine Schulform zu geben, wo sie jetzt schon die schlechteste Unterrichtsversorgung haben, wo sie keine Lehrkräfte haben. Es ist also völlig absurd, noch mehr Schüler in eine Schulform zu geben, für die Sie keinen Plan und keinen Weg haben, um diese Schülerinnen und Schüler tatsächlich mit Unterricht zu versorgen. Das heißt, es müssen sich noch mehr Schülerinnen und Schüler die viel zu wenigen Lehrkräfte teilen. Das Ergebnis wird eine Verschlechterung der Abschluss - -

Herr Lippmann, es wird Sie überraschen, aber Ihre kurze Redezeit ist jetzt tatsächlich vor- bei.

Gut.

Danke.

Sie haben gesagt, 30 Sekunden.

Ja, und die 30 Sekunden sind genau jetzt um.

Aber nur wegen Ihrer Intervention.

Danke, Herr Lippmann. Damit ist Ihre Redezeit beendet.

Ich habe genau geschaut.

Herr Lippmann, danke. - Wir können weiter voranschreiten.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zuruf von Thomas Lippmann, DIE LINKE)

- Herr Lippmann, ich verraten Ihnen einmal, dass ich das Gleiche nach 20 Sekunden bei Ihrem Vorredner auch gemacht habe und dass es dann auch 30 Sekunden gedauert hat.

Jetzt kommen wir zum Abschluss der Debatte. Frau Sziborra-Seidlitz, Sie wollen nicht noch einmal ans Mikrofon gehen? - Dann kommen wir zur Abstimmung.

Abstimmung

Zumindest an einer Stelle habe ich einen Überweisungsantrag gehört, und zwar von der Fraktion DIE LINKE, eine Überweisung in den Bildungsausschuss. Davon gehe ich ein- mal aus. Wer einer solchen Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalition und die AfD. Damit ist eine Überweisung abgelehnt worden.

Wir kommen nun zu der Beschlussfassung in der Sache. Zur Abstimmung steht der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 8/2362. Wer dafür ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Die Koalition und die AfD. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden und wir haben den Tagesordnungspunkt 19 beendet.

Wir kommen nunmehr zu dem

Tagesordnungspunkt 20

Beratung

Kinderärztliche Versorgung im Land sicherstellen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/2365

Alternativantrag der Koalitionsfraktionen - Drs. 8/2412

Einbringerin ist Frau Anger für die Fraktion DIE LINKE. Sie erhält jetzt das Wort. - Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Sehr regelmäßig führen wir in diesem Parlament und in den Ausschüssen mittlerweile Debatten über die Zukunft der Krankenhäuser, über das fehlende Personal in den Kliniken, aber auch in den Praxen vor Ort und stellen insgesamt immer wieder fest, wie defizitär das Gesundheitssystem ist. Die strukturelle Problematik ist uns allen also bestens bekannt, ebenso wie der Fachkräftemangel. Sicherlich besteht auch Konsens dahin gehend, dass es einer Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft bedarf, um eine nachhaltige und wohnortnahe Gesundheitsversorgung zu schaffen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Gerade im ländlichen Raum, aber auch in den Städten wird das notwendig sein. All das ist schön und gut, hilft aber aktuell weder den Pädiatrien, die kurz vor der Schließung stehen, siehe Zeitz, noch den Menschen, die schnelle medizinische Unterstützung brauchen. Perspektiven braucht es dringend, gerade im Bereich der Kindermedizin.

(Beifall bei der LINKEN)

Vor einigen Monaten wies ich bereits darauf hin, dass Gardelegen bald überall sein wird, und glauben Sie mir, in manchen Punkten habe ich nicht wirklich gern recht. In Gardelegen gibt es seit mehr als einem Jahr keine Kindermedizin mehr. Diese wurde vorübergehend vom Netz genommen, und bis heute hat sich daran nichts geändert. Vorübergehend ist also ein Dauerzustand. Eltern fahren in Gardelegen 45 Minuten - Minimum - bis zur nächsten Kindermedizin. Genau diese Situation, meine Damen und Herren, wird in Kürze wohl auch in

Zeitz eintreten. Bis Naumburg sind es mindestens 45 Minuten Fahrtzeit. Kinderklinik und Geburtsstation droht dort das Aus.

So kann man sich auch von der Kinderfreundlichkeit und dem Familienzuzug im ländlichen Raum verabschieden und selbige von der medizinischen Grundversorgung abhängen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber die Probleme, meine Damen und Herren, bestehen auch in der Stadt. Die Anfang Februar erfolgte Schließung der Kinder-ITS im Uniklinikum Magdeburg zeigt eindrücklich, wohin die Reise geht. Eine Wiederinbetriebnahme der Kinder-ITS ist derzeit nicht absehbar. Es fehlen Fachkräfte. Dass das kein neuer Fakt ist, sehen wir an den Abmeldungen von der Notfallmedizin. Die Kinder-ITS war in den letzten zwei Jahren zu 20 % von IVENA abgemeldet, größtenteils weil Personal fehlte. Auf der Kinder-ITS der Uniklinik Magdeburg brauchen Sie mindestens zwei Intensivmediziner*innen, besser sogar drei. Das ist seit Längerem nicht gegeben.

(Ulrich Siegmund, AfD: Nur Frauen? Ein männlicher Arzt geht aber auch!)

Und das, meine Damen und Herren, bei einer Kinder-ITS, die auch für Kinder aus Stendal, Hannover, Braunschweig und anderen Orten vorhanden war. Es ist ein Skandal, dass diese Betten jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen sollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist ein fast noch größerer Skandal, dass niemand in der Lage ist zu sagen, wie es weiter- gehen wird. Dabei sitzen drei Mitglieder der Landesregierung im Aufsichtsrat der Uniklinik. Sie wollen uns doch nicht weismachen, dass

Sie all das nicht mitbekommen haben, dass Sie all das nicht vor Februar dieses Jahres wussten? - Im Gegenteil.