Protokoll der Sitzung vom 22.03.2023

Herr Roi, Sie haben eine Intervention, wenn ich Sie richtig verstehe. Eine Minute, Herr Roi, ja.

Vielen Dank. - Ich muss mich hier einmal äußern; denn ich dachte, dass die Vorsitzende der Fraktion der SPD etwas richtigstellen will, da Herr Schmidt gesagt hat, die AfD habe null eingebracht. Er nannte auch zwei Beispiele, nämlich die Weidetierhaltung und den Bereich der Feuerwehren. - Herr Dr. Schmidt und Frau Dr. Pähle, hören Sie genau zu. Wir haben erst vor ein paar Wochen konkret beantragt, die Förderung der Führerscheine durch das Land wieder hochzufahren.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD)

Sie haben diese Dinge dankenswerterweise von der AfD abgeschrieben.

(Lachen bei der AfD)

Darüber freuen wir uns. Aber stellen Sie sich nicht hier hin und sagen, die AfD mache nichts. Wir haben im Plenum gestanden und es konkret beantragt.

Zum Thema Weidetierhaltung gab es bereits in der letzten Legislaturperiode einen Landtagsbeschluss, den Ihre Koalition nicht umgesetzt hat. Das ist die Wahrheit, also hören Sie auf zu lügen.

(Beifall bei der AfD - Zurufe bei der AfD: Ja- wohl!)

Damit sind wir hiermit durch. - Bevor wir zum nächsten Redebeitrag kommen, nehmen wie einen Wechsel im Präsidium vor.

Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Henke. - Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Ausgabe 10 der „Wirtschaftswoche“ titelte auf der ersten Seite mit einer Aussage des Vizekanzlers Habeck: Wenn Deutschland eine Aktie wäre, ich würde sie kaufen.

Ob er auch eine des Landes Sachsen-Anhalt kaufen würde? - Gut, die Frage bleibt offen. Zumindest könnte er eine sogenannte SachsenAnhalt-Landanleihe kaufen. Die sind von Rating-Agenturen zumindest als investmentwürdig und sicher eingestuft worden, was für eine gewisse wirtschaftliche und finanzielle Solidität des Landes spricht. Daran macht sich auch der Kurs des Finanzministers fest, bei

der Beachtung der Haushaltsgrundsätze das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit voranzustellen.

Natürlich ist die Bewertung des vorliegenden Entwurfes von der jeweiligen politischen Position der Fraktion im Plenum anhängig, was auch die Haushaltsverhandlungen und Debatten in den Ausschüssen belegt haben, sofern es denn Debatten gab.

Meine Erfahrung war: Über Anträge der Oppositionsfraktionen wurde in der Regel ohne Debatte abgestimmt und im Weiteren wurden sie abgelehnt, was nicht gerade für eine ausgeprägte demokratische Debattenkultur

spricht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn zur Bereinigungssitzung von den Koalitionsfraktionen 137 Änderungsanträge auf über 300 Seiten mit einem Volumen von mehreren Hundert Euro in einem zudem noch sehr knappen Zeitfenster vorgelegt werden, dann ist das noch viel weniger ein gutes Zeichen für parlamentarische Demokratie, dann ist das kein Zeichen für die Wertschätzung der Mitwirkung der Opposition und erst recht keine Wertschätzung für die Arbeit der Fachausschüsse.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Was, werte Kolleginnen und Kollegen, macht nun einen soliden Landeshaushalt aus? Ein guter Haushalt ist keinesfalls nur von kapitalmarktüblichen Bewertungsmaßstäben abhängig, also denjenigen, nach denen potenzielle Erwerber einer Aktie oder Anleihe ihre Strategien und Kaufoptionen ausrichten.

Er ist vielmehr in erster Linie von einem Kernanliegen getragen, das darauf abzielt, vorzusorgen, zu entlasten, nachhaltig zu investieren in die Zukunft der Menschen, in ihre Lebenswirklichkeit, in ein soziales Gleichgewicht, in einen gesellschaftlichen Zusammenhalt, in die Sicherung eines hohen Beschäftigungsgrades, in eine nachhaltige Infrastruktur, in angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum mit Resilienz und Stabilität der Unternehmen von kleinen Gewerbetreibenden bis hin zu großen Unternehmen mit landesbedeutsamer Prägung und vor allem in ein gut funktionierendes und gerechtes Bildungssystem, das allen Schülerinnen und Schülern die Chance eröffnet, mit erworbenem Wissen und mit erworbenen Fähigkeiten ihre Lebensvorstellungen zu realisieren, die möglicherweise darin bestehen, die Unternehmer von morgen zu werden oder als Mediziner, Pflegefachkräfte, Erzieher, Polizist, Handwerker, oder was auch immer ihren Wünschen entspricht, tätig zu sein.

Darauf müssen sich die Menschen, die Verbände, die Einrichtungen und die Unternehmen verlassen können. Ein guter und solider Landeshaushalt ist in erster Linie ein Ausdruck verlässlicher Politik,

(Beifall bei der LINKEN)

die sich an der Lebenswirklichkeit und an tatsächlichen Bedarfen ausrichtet und nicht zuerst und ausschließlich an der Kassenlage.

Mir ist schon klar, dass es kein einfacher Balanceakt ist, wenn drei Regierungspartner, also drei Fraktionen, ihre ureigenen politischen Vorstellungen einbringen, die auch nicht immer kongruent sind und zudem noch

auf einen Finanzminister stoßen, der ihren Erwartungen bezüglich des Volumens im Haushalt klare Grenzen setzt. Diese Grenzen wurden sehr deutlich gesetzt. Die Mittelanmeldungen der Ministerien waren schließlich noch um 1,6 Milliarden € höher als die, die im ersten Entwurf des Haushaltes, der dem Parlament vorgelegt wurde, zu finden waren.

„Alle mussten bluten.“ Wir erinnern uns an den Beitrag in der „Volksstimme“. Erst nach der November-Steuerschätzung konnte die Option der globalen Minderausgabe entschärft werden. Ansonsten hätten noch einmal 250 Millionen € im laufenden Haushaltsjahr eingespart werden müssen. Jetzt kommt der Haushalt auch ohne Nettokreditaufnahme aus.

Alles gut, könnte man meinen. - Nein, das ist es eben nicht. Bei normalen gesellschaftlichen Bedingungen wäre das richtig. Aber wir haben diese normalen Bedingungen nicht. Wirtschaft und Gesellschaft leiden nach wie vor unter den Auswirkungen der Pandemie, des Krieges in der Ukraine, der Energiekrise, der Abkühlung der Weltwirtschaft, der Rezession im eigenen Land, der Unsicherheit bei vielen Unternehmen, der Zurückhaltung potenzieller Investoren und vor allem unter der Inflation, die mittlerweile alle Marktsegmente erfasst hat und jeden Einzelnen von uns mehr oder weniger belastet.

Dabei liegt es offensichtlich auf der Hand, wer dadurch gerade am meisten belastet ist. Es sind Rentnerinnen und Rentner sowie Bezieher kleiner Einkommen. Wenn in Sachsen-Anhalt - das geht aus einer Frage der Fraktion DIE LINKE und der Antwort darauf im Bundestag hervor - nach 45 oder mehr Versicherungsjahren jede zweite gesetzliche Rente weniger als 1 251 € beträgt, demnach also fast 130 000 Rentnerinnen und Rentner und damit mehr als 49 % der Rentner armutsbetroffen und

zunehmend auf Grundsicherung angewiesen sind, dann verlangt das nicht nur eine deutliche Rentenanhebung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das verlangt nicht nur eine Rentenreform in der Bundesrepublik, sondern dann verlangt das auch, dass für das soziale Gleichgewicht im Land ein Korrektiv in der Daseinsvorsorge geschaffen wird. Bis heute haben weder der Vorstoß von Frau Ministerin Grimm-Benne noch die Anträge meiner Fraktion zur Beteiligung des Landes am Härtefallfonds des Bundes für bedürftige Rentnerinnen und Rentnern eine Zustimmung gefunden.

Das können Sie heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, ändern. Bis zum 31. März dieses Jahres sollte der beschlossene Alternativantrag der Koalition, vorliegend in der Drs. 8/2007 mit dem Titel „Respekt vor Lebensleistung - Beteiligung des Landes am Härtefallfonds prüfen“ tatsächlich geprüft sein. Bis heute warten wir vergeblich auf diese Prüfung. Auch im Haushaltsentwurf sucht man vergeblich nach den 36 Millionen € für eine Landesbeteiligung,

(Zustimmung bei der LINKEN)

und das, obwohl die Frist am Monatsende abläuft.

Deshalb folgt an dieser Stelle noch einmal unser Änderungsantrag zu Einzelplan 05 des Entwurfes. Ein Beschluss und damit verbundene Zahlungen des Landes wären eine längst überfällige Wertschätzung und Anerkennung der Lebensleistungen der Rentenbezieherinnen in unserem Land, denen in der DDR erworbene Rentenansprüche bei der Überleitung in das bundesdeutsche System gekürzt oder sogar gestrichen wurden.

Davon betroffen sind ehemalige Beschäftigte wissenschaftlicher, medizinischer, pädagogischer oder künstlerischer Berufe und ehemalige Berufstätige der Bahn, der Post oder der Braunkohleverarbeitung. An dieser Stelle sage ich auch, weil der 8. März noch nicht allzu lange zurückliegt: Es sind wieder ein- mal Frauen, die davon erheblicher betroffen sind als die männlichen Rentenbezieher. Darum lautet unsere Forderung, dass wir uns als Haushaltsgesetzgeber zu einer wertschätzenden Verantwortung bekennen und ebenso wie die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen uns zu einem Beitritt zu der Stiftung entschließen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir - auch das wurde schon von unserer Fraktionsvorsitzenden angekündigt - beantragen sowohl zu diesem Änderungsantrag als auch zum noch folgenden Entschließungsantrag eine namentliche Abstimmung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Öffentliche Investitionen, werte Kolleginnen und Kollegen, schaffen Vermögen für zukünftige Generationen. Sie schaffen Vermögen, das von unseren Enkelkindern und sogar noch von Kindern, die heute noch gar nicht geboren werden, genutzt wird. Trotz aller Mahnungen des Finanzministers und des Landesrechnungshofes, sich mit Blick auf die Pro-Kopf-Verschuldung zu mäßigen, meinen wir, dass uns das Unterlassen von Investitionen künftig weitaus teurer zu stehen kommen wird, als jetzt eine Neuverschuldung in Kauf zu nehmen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Jetzt nicht zu investieren bedeutet auch, die heutigen Herausforderungen der neuen Ar-

beitswelt in der Industrie 4.0 mit höchst komplexer Infrastruktur, mit neuen Formen der Kommunikation, der Digitalisierung sowie mit schnell wachsenden Anforderungen in der Bildung und die drängenden Fragen in Bezug auf die klimaneutrale Energiegewinnung oder den Klimaschutz selbst den nachfolgenden Generationen zu überlassen. Wie wollen wir denn für den Klimaschutz den Pkw-Verkehr und mit ihm die CO2-Belastung reduzieren, wenn wir nicht jetzt massiv in den öffentlichen ÖPNV investieren? Wie wollen wir denn Kinder und Schülerinnen und Schüler für die neue Herausforderung als die Fachkräfte von morgen fit machen, wenn wir nicht heute unser Bildungssystem von der Grundschule bis zur Universität mit allem, was dazugehört, mit gutem und hoch motiviertem Personal und Inhalten und Ausstattungen genau auf diese Ausgabe ausrichten?

Darauf zielt auch ein weiterer Änderungsantrag zu den Einzelplänen 06 und 07 ab. Er beinhaltet die Finanzierung von Anwärtersonderbezügen für jährlich 400 Stellen, die Finanzierung eines berufspraktischen Unterrichts für zunächst 1 000 und ab dem Jahr 2024 für 2 000 Schülerinnen und Schüler sowie jeweils 2 000 weitere Stellen in den Folgejahren bis zum Jahr 2027. Im Übrigen hat kürzlich der Kreistag des Landkreises Harz ein Modellprojekt für eine Sekundarschule auf den Weg gebracht.

Und wir wollen die Einstufung der Grundschullehrkräfte in die Besoldungsgruppe A 13 bzw. E 13 ab 1. Juli 2023, die Finanzierung von weiteren 400 pädagogischen Mitarbeiterinnen sowie eine echte Kofinanzierung des Landes für die Mittel zur Finanzierung des Zukunftsvertrages „Studium und Lehre stärken“.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Mittel für Letzteres sollen sowohl auf die Hochschulbudgets als auch auf die allgemeinen Bewilligungen für die Forschungsförderung und für den Erwerb von Großgeräten aufgeteilt werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Im Übrigen halten wir die Festschreibung von Stellenübersichten bei der Hochschulbudgetierung für kontraproduktiv und für nicht mehr zeitgemäß. Ebenso kritisieren wir, dass die Forschungsförderung zugunsten der Exzellenzstrategie gekürzt wurde. Die Forschungsförderung kommt allen Hochschulen zugute, während die Exzellenzförderung nur einigen wenigen zugutekommt. Deshalb sollte sie on top erfolgen.

(Zustimmung bei der LINKEN)