Das war die Einbringung. Es ist eine Fünfminutendebatte verabredet worden. Bevor diese startet, bitte ich Herrn Prof. Willingmann, diesmal in Vertretung für Frau Dr. Hüskens, an das Mikrofon.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen für den Zuspruch, den ich gerade aus dem Plenum erfahre,
(Lachen - Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Dr. Falko Grube, SPD: Das ist Verwendungsbreite!)
der sich auf meine Verwendungsbreite bezieht, in der Tat. Dann bleibt die Verwendungsbreite nicht ohne Verwendung.
Ich stehe in der Tat vor Ihnen, weil zur Stunde unsere Verkehrsministerin Frau Dr. Hüskens an der Verkehrsministertagung teilnimmt. Man hat dort übrigens auch, wie wir vor einer Stunde den Tickern entnehmen konnten, in Bezug auf das Deutschlandticket eine Einigung erzielt. Das ist also vollbracht, möchte man fast sagen. Wir sind aber noch auf dem Weg, ein paar Fein- heiten zu diskutieren.
Ich trage Ihnen vor, was Ihnen Frau Ministerin Dr. Hüskens zu Gehör bringen möchte: Der Bund und die Länder haben sich nach einem intensiven Austausch für dieses Jahr auf einen Tarif von 49 € für das Deutschlandticket verständigt. Die Konferenz der Verkehrsminister der Länder verständigte sich in diesen Tagen auf die letzten Rahmenbedingungen.
Darüber hinaus wird der Bundesrat voraussichtlich am Freitag in der kommenden Woche die letzten gesetzgeberischen Hürden zur Einführung des Deutschlandtickets nehmen. Im Rahmen der politischen Debatte wird kontinuierlich über mögliche Erweiterungen bzw. Rabattierungen diskutiert. Zentral aus der Sicht des Landes ist derzeit, das Ticket nun ohne Probleme an den Start zu bringen. Das allein stellt alle Beteiligten bereits vor erhebliche Herausforderungen. Den Start nun mit weiteren Änderungswünschen zu begleiten und letztlich zu belasten, ist nicht zielführend.
Das Ticket wird nach aktuellen Planungen vom Bund und den Ländern mit 3 Milliarden € hoch subventioniert. Allein Sachsen-Anhalt investiert darüber hinaus bereits 30 Millionen € in den Schülerverkehr und viele weitere Millionen in
die Unterstützung des Nahverkehrs. Zudem stehen der Bund und die Länder vor der Aufgabe, die Finanzierungsmodalitäten für die Jahre nach 2024 zu verhandeln. Im Rahmen der dafür vorgesehenen Evaluation kann dann auch mit fundiertem Wissen über die Auswirkungen des Tickets auf Auslastung und Finanzierung die Diskussion über eine weitere Ausgestaltung geführt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Grundsätzlich wurde zudem vereinbart, dass im Rahmen des Jobtickets der Preis für Arbeitnehmer um 5 % rabattiert wird, wenn der Arbeitgeber sich mit mindestens 25 % am Ticketpreis beteiligt. Bei diesem Punkt sind wir allerdings nicht im Bereich der verkehrspolitischen Dimension, sondern im Bereich der Arbeitsmarktpolitik.
Gestatten Sie mir noch wenige grundsätzliche Anmerkungen. Das Ticket wird ein wesentlicher Beitrag zur Vereinfachung der Tariflandschaft sein. Ich schiebe ein: Die Abg. Lüddemann hat es vorhin historisch eingeordnet. Das hat mich schon besonders beeindruckt, z. B. der Vergleich mit dem Urmeter.
- Ja. - Der Ausgangspreis ist bereits hoch subventioniert. Er liegt mit 49 € nur geringfügig über dem Betrag, der bei Empfängern von Grund- sicherung für Mobilität vorgesehen ist.
(Hendrik Lange, DIE LINKE: Also, wenn das geringfügig ist! Das kann auch wirklich nur ein gut bezahlter Minister sagen!)
Der Preis liegt 1 € unter dem des Azubi-Tickets. Dieser Preis für ein Ticket mit landesweiter Gültigkeit wurde zu keiner Zeit von irgendjemandem als zu hoch bemängelt.
Der Preis liegt auf dem Niveau einer günstigen Monatskarte für eine Großstadt wie Magdeburg. Das Deutschlandticket ermöglicht damit allen Bevölkerungsgruppen eine Nutzung des ÖPNV im gesamten Bundesgebiet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgrund der dargelegten Überlegungen wurde entschieden, das Modellprojekt 365-Tage- Ticket vorerst auf Eis zu legen. Das geschah im Einvernehmen mit den beteiligten Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern. Wir halten es für mehr als zweckmäßig, die Unternehmen und Verbraucher in der aktuellen Situation nicht zu überfordern. Wir machen mit dem Deutschlandticket einen enormen Innovationssprung bei der Nutzung des ÖPNV.
Allerdings soll die Arbeit im Vorfeld des Modellprojektes nicht umsonst gewesen sein. Nach der erfolgreichen Implementierung des Deutschlandtickets werden wir mit den Beteiligten erneut ins Gespräch kommen.
Gestatten Sie mir ganz zum Schluss in eigener Sache, nämlich als Wissenschaftsminister, einen kurzen Hinweis. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist in Bezug auf das Semesterticket zwischen den Verkehrsministern heute verabredet worden, dass man eine Brückenlösung anstrebt. Zunächst wird weiter darüber verhandelt, aber es soll über eine Differenzlösung hin zum Deutschlandticket auch für die Nutzerinnen und Nutzer des Semestertickets eine Mög-
lichkeit bestehen, bundesweit ein solches Ticket zu nutzen. Das scheint mir ein sehr, sehr probates Ergebnis der heutigen Beratungen.
Vielen Dank, Herr Prof. Willingmann. - Wir treten ein in die Debatte. Die Debatte eröffnet Frau Simon-Kuch für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erneut sprechen wir hier im Hohen Haus über das Deutschlandticket. Ich möchte an dieser Stelle auf drei wesentliche Forderungen der beiden Anträge eingehen. Das sind das 49-€-Ticket für 29 €, die Umsetzung des Modellprojektes 365-Tage-Ticket und das 9-€Ticket für Schüler.
Seit Beginn der Debatte um eine Nachfolge des 9-€-Tickets betont meine CDU-Fraktion, dass nur der weiterführende Ausbau des ÖPNV einen langfristig interessanten und attraktiven Nahverkehr schaffen wird. Dafür ist zuallererst notwendig, dass wir den Bestand sichern, instand halten und modernisieren, um dauerhaft wirklich verlässliche Angebote machen zu können. Danach ist der weitere Ausbau der Nahverkehrsinfrastruktur notwendig, damit der ÖPNV eben auch in einem Flächenland wie dem unseren an Attraktivität hinzugewinnt.
sollen. Unseren Warnungen zum Trotz wurde das Deutschlandticket nun auf den Weg gebracht. Prof. Willingmann hat es gerade so schön gesagt: Es ist vollbracht. - Wir sind sehr gespannt.
Der Preis von 49 € wurde festgelegt. Nun gilt es - darin gebe ich Ihnen absolut recht -, das mit aller Kraft umzusetzen und vor allen Dingen zu schauen, ob die Menschen das auch wirklich annehmen. Denn darauf kommt es am Ende doch an. Es bleibt abzuwarten, ob das gelingt. Wir sind gespannt. Denn die Meldungen der Verkehrsverbünde und der Unternehmen sprechen eine andere Sprache.
In ihrem Antrag fordert die Fraktion der GRÜNEN die Einführung eines vom Land finanzierten 29-€-Sozialtickets. Sachsen-Anhalt würde damit einen Sonderweg beschreiten, der in keiner Weise die reale Situation in unserem Land aufgreift.
Sie haben es vorhin selbst gesagt. Viele Menschen in unserem Land leben eben im länd- lichen Raum. Dort geht der Umfang der angebotenen Fahrkilometer seit Jahren zurück. Das hat die Konsequenz, dass ungefähr ein Viertel weniger Menschen den ÖPNV nutzen können. Gleichzeitig wird der finanzielle Bedarf vom Staat immer höher. Blicken wir doch bitte einmal den Realitäten ins Auge. Der derzeitige ÖPNV im ländlichen Raum ist absolut keine realistische Alternative zum motorisierten Indivi- dualverkehr.
Wir haben es gerade gehört. Wir haben so viele Menschen im ländlichen Raum, die auf ihr Auto angewiesen sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können gern im Ausschuss für Infrastruktur und Digi- tales darüber diskutieren, wie wir das Ticket sozialer machen können. Aber zur Ehrlichkeit gehört eben auch, dass das Ticket ausschließlich - vielleicht gibt es dazu neue Erkenntnisse von der Verkehrsministerkonferenz - digital zu erwerben sein soll. Dazu muss ich sagen: Was ist denn mit den Leuten, die keinen Internetzugang haben und die kein mobiles Endgerät haben? - Ganz ehrlich: Die Frage bekomme ich in meinem Wahlkreis in Weißenfels sehr oft gestellt. Darauf müssen wir Antworten finden. Denn wir dürfen die Menschen nicht benachteiligen oder ihnen gar den Erwerb des Tickets verwehren.
Der Ausbau des ÖPNV im ländlichen Raum und das Überwinden von Tarif- und Verbundgrenzen ist uns als CDU ein ganz wichtiges Anliegen. Aus diesem Grund haben wir mit unseren Koali- tionspartnern das 365-Tage-Ticket als gemeinsames Ziel vereinbart und Modellprojekte angestoßen. Wie wir gehört haben, kam der Bund kam diesen zuvor. Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass ein Nebeneinander von mehreren Ticketkonzepten überhaupt keinen Sinn ergibt. Das heißt also, dass jetzt alles darauf gesetzt werden muss, dass das Deutschlandticket funktioniert. Dann muss man
schauen, wie es funktioniert. Dann kann man auch darüber reden, was vielleicht im Nachgang an Modellprojekten möglich ist.