Protokoll der Sitzung vom 29.06.2023

Diese als Pubertätsblocker bekannten Präparate sind Medikamente, die auf das Gehirn einwirken und verhindern, dass die Keimdrüsen mit Beginn der Pubertät dem Geschlecht entsprechende Hormone ausschütten. Die Folge ist ein Ausbleiben der Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale und der geschlechtlichen Reifung, zumindest vorerst. Denn angeblich soll damit jungen Patienten mehr Zeit dafür verschafft werden, sich ihrer Geschlechtsidentität bewusst zu werden. Diese Effekte sollen reversibel sein, zumindest in der Theorie. Das jedenfalls streuen die Befürworter in die Debatte ein.

Der Einsatz dieser Medikamente ist unter Fachpersonal jedoch äußerst umstritten, und das aus vielschichtigen, aus guten Gründen. Die Pubertät selbst ist ein hochkomplexer und ebenso wichtiger wie ein natürlicher Vorgang. Ein Eingriff in diesen Vorgang kann langfristige Konsequenzen mit sich bringen. Was alles passieren kann, ist aufgrund einer unzureichenden Studienlage über diese tief greifenden Aus- wirkungen nicht vollends bekannt.

Diskutiert werden - dafür nenne ich Beispiele -: Knochendemineralisierung, Störung des Wachstums, Einflüsse auf die Fruchtbarkeit und sogar Schädigungen der Hirnentwicklung. Von reversibel, wie von den Befürwortern eingestreut, kann hierbei also nicht die Rede sein.

Beunruhigend ist auch, dass selbst überzeugte Fachleute und Befürworter dieser medikamentösen Behandlungen eine möglichst kurze Anwendungsdauer empfehlen. Wie kurz diese sein soll, können sie aber nicht benennen, weil die Studienlage dazu sehr dünn ist.

Alle diese Mittel, die im Rahmen der Pubertätsblockung eingesetzt werden, sind Off-Label-

Use-Mittel, d. h., sie haben keine Zulassung für die Behandlung von Geschlechtsdysphorie. Unfassbar, aber wahr ist, dass die Krankenkassen, die gern bei Therapiedreirädern knausern, diese experimentellen Hormontherapien übernehmen, und das, obwohl in Hinblick auf die erwünschte Wirkung - die Behandlung der Geschlechtsdysphorie - keine Daten vorliegen bzw. die Datenlage sehr unbefriedigend ist.

Das ist schockierend, vor allem weil man davon ausgehen kann, dass die meisten Jugendlichen ihrer Unsicherheit auch ganz ohne Medikamente entwachsen würden, wenn man - das ist der Knackpunkt - in dieser sensiblen Phase nicht in die körperliche Entwicklung eingreift.

Wird dieser medikamentöse Weg erst einmal eingeschlagen, gibt es häufig kein Zurück mehr. Hierzu gibt es eine Studie aus den Niederlanden, aus der deutlich hervorgeht, dass 98 % der mit Pubertätsblockern behandelten Personen auch die weiterführende Hormontherapie durch- führen werden.

Was bedeutet diese weiterführende Hormontherapie? - Das bedeutet, dass Mädchen mit Testosteron und Jungen mit Östrogen behandelt werden. Dieses Herumdoktern bewirkt bspw. bei Mädchen Stimmbruch, Bartwuchs, einen männlichen Körperbau, aber eben auch Haarausfall, Akne, Stimmungsschwankungen und Aggressivität. Den Jungen werden Brüste wachsen, die Stimmlage bleibt hoch; sie sehen weiblicher aus. Doch dafür bezahlen sie mit einem erhöhten Risiko für Blutgerinnsel, Gallensteine, aber auch Stoffwechselstörungen. Vor allem aber: Die Hormontherapie selbst kann zu Unfruchtbarkeit führen.

Niemand kann vor Beginn dieser Therapie prophezeien, welche und wie viele dieser Kinder ihre Entscheidung, nachdem sich ihr Leben durch die Behandlung mit diesen Medikamen-

ten für immer verändert hat, bereuen werden. Denn - auch das ist Fakt - die Anzahl der Detransitioners, also der Menschen, die nach dieser Behandlung wieder in ihr ursprüngliches Geschlecht wechseln wollen, steigt an.

Es gibt keine Studien, die belegen, dass die Effekte der Pubertätsblocker tatsächlich reversibel sind, wie es häufig behauptet wird. Kurzum: Die Natur kann man nicht mit einem Start/Stopp-Schalter versehen, wie es einem beliebt.

In anderen Ländern ist man in der Diskussion schon etwas weiter, bspw. in Schweden. Die Schweden haben diese Hormonbehandlung von Minderjährigen im letzten Jahr gestoppt. Ausnahmen sind wirklich ganz seltene Extremfälle. Die Begründung: Die Risiken einer solchen Behandlung überwiegen den Nutzen bei Minderjährigen eben nicht.

Gehen die Patienten diesen von Nebenwirkungen gepflasterten Weg dann weiter, steht als Höhepunkt die operative Geschlechtsumwandlung an. Das Folgende möchte ich Ihnen an dieser Stelle nicht ersparen: Frauen werden dann die gesunden Brüste amputiert. Vom Arm oder Oberschenkel wird Haut entnommen, die zusammengerollt und angenäht dann als Phallusersatz fungieren soll. Bei Männern, die als Frauen leben möchten, werden Phallus und Hoden entfernt und eine künstliche Öffnung wird geschaffen, die täglich penetriert werden muss, damit sie nicht wieder zuwächst.

Jetzt frage ich Sie: Diese Konsequenzen sollen Minderjährige abschätzen? Ich selbst bin immer noch schockiert, wenn ich das vorlese. Ich denke, nicht. Jeder, der selbst Kinder hat und der in jungen Jahren vielleicht für sich eine Entscheidung getroffen hat, zu der er im Nachgang und im heutigen Alter sagen würde, das war

keine richtig gute Idee, hat das für sich persönlich im Hinterkopf.

Deshalb: Kinder und Jugendliche befinden sich in einem Reifeprozess, in einem Entwicklungsprozess, die Charakterbildung ist nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund sehen wir es kritisch, dass bei Personen unter 18 Jahren mit solchen massiven Medikamenten in die Entwicklung eingegriffen werden soll.

(Beifall bei der AfD)

Noch einmal: Für die Anwendung von umstrittenen Medikamenten, für die es keine aussagekräftigen Studien gibt, die schwerwiegende Konsequenzen haben können und das Leben der Kinder für immer verändern werden, sollen sich Kinder entscheiden. Das klingt für uns schlicht und ergreifend nicht sinnvoll.

Nicht zu vergessen ist, dass Kinder mit Geschlechtsdysphorie häufig auch unter anderen psychischen Erkrankungen leiden und dies häufig auch in der Summe eines Gesamtkrankheitsbildes zu sehen ist. Kinder brauchen in dieser Situation vor allem als eines: Zuwendungen und Hilfe, und zwar in Form von Gesprächs- therapie und professioneller Unterstützung. Was sie nicht brauchen, sind Behandlungen, die ihren Hormonhaushalt weiter durcheinanderwürfeln und massive psychische und physische Probleme hervorrufen können.

Den Vertretern dieser Transideologie muss gesagt werden: Es kann in einer Lebensphase durchaus normal sein, dass Mädchen sich wie Jungen verhalten, gern einmal raufen und Fußballspielen. Umgekehrt gilt das auch: Wenn Jungs einmal mit Puppen spielen, kann das in einer bestimmten Lebensphase immer auch normal sein.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So viele Schicksale, so viele Beispiele. Das zeigt uns, dass dieser leichtfertige Umgang mit dieser Behandlung und mit diesen Medikamenten schwierig ist. Andere Länder zeigen, dass ein Rollback erfolgen kann und das Ganze wieder zurückabgewickelt werden kann. Ich denke, daran sollten wir uns orientieren.

Wir wollen es erst gar nicht dazu kommen lassen, dass die Behandlung von Minderjährigen mit Pubertätsblockern und gleichgeschlecht- lichen Hormonen zur Anwendung kommt. Geschlechtsumwandlungen und geschlechtsangleichende Operationen an Minderjährigen sind nach unserer Auffassung gesetzlich zu ver- bieten. Wenn man es mit 18 Jahren als Erwachsener für nötig hält, das zu tun, sich verstümmeln zu lassen, dann bitte. Aber Kinder in unserem Sachsen-Anhalt sollten wir genau davor bewahren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank für die Einbringung, Herr Köhler. - Zunächst spricht die Ministerin Frau GrimmBenne für die Landesregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der vorliegende Antrag der AfD zeugt von einer Verkennung der realen schwierigen Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugeschriebenen Geschlecht identifizieren. Diese erleben die Pubertät häufig als extrem belastend. Sie erfahren

regelmäßig Abwertung, Diskriminierung und Gewalt. Eine Studie der Charité bestätigt, dass selbstverletzendes Verhalten, Angststörungen, Depressionen und Essstörungen bei Trans- jugendlichen überdurchschnittlich häufig auftreten.

In ihrem Antrag beklagt die AfD die jüngste Zunahme der Inanspruchnahme von Beratungs- und Behandlungsangeboten für junge Menschen und verunglimpft sie als Transhype. Tatsächlich erleben wir derzeit eine Entwicklung hin zu mehr Sichtbarkeit, Offenheit und Anerkennung von Transpersonen. Die gestiegene gesellschaftliche Akzeptanz und das gewachsene Problembewusstsein in der Bevölkerung tragen dazu bei, dass junge Menschen heute schneller den Mut finden, sich anderen anzuvertrauen und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, anstatt still zu leiden.

Die steigende Inanspruchnahme von Beratungsangeboten ist daher ein gutes Zeichen; denn für die Betroffenen bedeuten stärkere Anerkennung und verbesserte Unterstützungsmöglichkeiten auch eine große Erleichterung.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Heute gibt es einen breiten wissenschaftlichen Konsens darüber, dass der Einsatz von Pubertätsblockern einen wichtigen Beitrag zu einer guten Entwicklung für diejenigen Jugendlichen leisten kann, die dauerhaft ihr angeborenes Geschlecht als falsch empfinden. Denn der mit dem Einsatz von Pubertätsblockern verbundene Zeitgewinn erlaubt es Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern, mittels professioneller Unterstützung in spezialisierten Beratungsstellen eine wohlüberlegte und selbstbestimmte Entscheidung zu treffen, bevor die körperliche Entwicklung zu weit vorangeschritten ist.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Selbstverständlich erfolgt die Gabe von Pubertätsblockern bei minderjährigen Transpersonen ausschließlich nach sorgfältiger medizinischer Indikation durch entsprechende Fachärztinnen und Fachärzte und auf der Grundlage wissenschaftlicher Leitlinien. Diese informieren auch über Risiken und Nebenwirkungen. Die körperliche und seelische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen steht dabei stets im Mittelpunkt der Behandlung.

Zum Schluss möchte ich kurz auf das sogenannte Regenbogenportal eingehen. Dabei handelt es sich um eine Webseite der Bundesregierung, die unter anderem Transpersonen und ihre Angehörige unterstützen will und hierzu Anlaufstellen auflistet sowie eine Sammlung an Informationsartikeln und Materialien zu Fragen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt, unter anderem auch zu Pubertätsblockern, bietet. Die Webseite informiert in altersgerechter, leichter Sprache, zu welchen Fragen sich betroffene Kinder, Jugendliche und Eltern beraten lassen sollen.

Nachdem im November 2022 Kritik an einem als zu leichtfertig wahrgenommenen Umgang mit der Einnahme von Pubertätsblockern geäußert wurde, hat die Bundesregierung bereits eine entsprechende Klarstellung vorgenommen. Es wird nicht die Einnahme von Pubertätsblockern, sondern eine tief gehende Information und Beratung zur Thematik empfohlen. Informationsportale wie das Regenbogenportal sind

dringend erforderlich, damit Betroffene einen niederschwelligen Zugang zu Informationen und Unterstützung erhalten und das Gefühl haben, in der Findung ihrer Identität ernst genommen zu werden.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Was betroffene Transpersonen vor allem benötigen, sind Zeit und professionelle spezialisierte Beratung.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Verbote sind dabei völlig fehl am Platz; sie können den Leidensdruck und im schlimmsten Fall auch Suizidtendenzen verstärken. Transidentitäten bei Kindern müssen entstigmatisiert werden, statt die betroffenen Kinder weiter zu pathologisieren. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir haben zu dem Thema eine Dreiminutendebatte verabredet. Als erste Debattenrednerin kommt Frau Schüßler für die CDU-Fraktion an das Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Werte Mitglieder des Hohen Hauses! Schwere Kost zu später Stunde, würde ich sagen. Es ist unbestritten, dass sich die Art des Lebens und des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren gewandelt hat. Auch Jugendliche in der Pubertät stellen sich mithin öfter die Frage nach dem Sein. Rein rechtlich ist man in Deutschland mit Vollendung des 18. Lebensjahres voll geschäftsfähig und kann sein Handeln selbst bestimmen.

Für Kinder und Jugendliche im Alter von sieben bis 18 Jahren gilt, dass sie teilgeschäftsfähig sind, da sie aus biologischer und psychologischer Sicht noch nicht in der Lage sind, die Auswirkungen ihres Handelns vollumfänglich abzuschätzen. Die Entscheidungsgewalt liegt daher bei den Sorgeberechtigten.

Aber was bedeutet Pubertät eigentlich? Laut Definition des Dudens: Zur Geschlechtsreife führende Entwicklungsphase des jugendlichen Menschen, eine Reifezeit, der heranwachsende Mensch findet in dieser Phase zu sich selbst.

Die Richtung, in die man zunächst begibt, muss nicht zwangsläufig die sein, die man sein Leben lang gehen wird. Die Jugendlichen brauchen daher in dieser Zeit von Höhen und Tiefen die Unterstützung von Eltern, Familien und Freunden. All ihre Sorgen sind ernst zu nehmen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Mithin gibt es auch Jugendliche, die sich in einer Identitätsfindungsphase befinden. Hierbei bedarf es einer gesonderten Betrachtungsweise, wenn z. B. der psychische Leidensdruck so groß wird, dass eine ernsthafte irreversible Gefahr für die körperliche Unversehrtheit besteht. Diese Jugendlichen brauchen dann umfang- reiche Unterstützung von Fachärzten und Fachpsychologen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Daher sollte sich der Landtag mit der Thematik ausführlicher beschäftigen, gern auch im Rahmen eines Fachgesprächs. Wir beantragen die Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Dort können wir ausführlich über das Thema und darüber, wie wir damit umgehen, diskutieren. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Schüßler. Ich habe keine Fragen gesehen. - Deswegen rufe ich jetzt Frau