Protokoll der Sitzung vom 29.06.2023

mehr im Kopf des Zuhörers ab.

(Unruhe)

Es folgt Frau Dr. Pähle.

(Zuruf: Oha! - Hendrik Lange, DIE LINKE: Das wird doch noch gesagt werden dürfen! - Un- ruhe)

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe)

Das Thema Pubertätsblocker für Minderjährige oder insgesamt der gesamte Bereich Transgender ist ein sehr spezieller. Vielleicht wäre es gut, wenn tatsächlich Menschen darüber auch hier debattieren würden, die wissen, worum es geht. Deswegen bin ich der Kollegin Sziborra-Seidlitz

sehr dankbar. Sich in diese medizinischen Be- reiche einzufinden, hat nichts damit zu tun, dass man sich im privaten Bereich vielleicht auch als Bundestrainer der Nationalmannschaft empfiehlt oder der Meinung ist, man könne sowieso immer alles besser und auch besser beurteilen.

(Zustimmung bei der SPD)

Es sind schon viele Sachen gesagt worden, die in Ihrem Antrag durcheinandergehen. Ich möchte noch einmal kurz zitieren, was Sie sagen, nämlich dass solche Projekte wie das Regenbogenportal die Entwicklung zu eigenverantwort- lichen und gemeinschaftsfähigen Persönlich- keiten beeinträchtigen. Sie gehen also davon aus, dass junge Menschen, die für sich selbst feststellen, dass sie im falschen Körper geboren worden sind, nicht eigenverantwortlich agieren und dass sie nicht gemeinschaftsfähige Menschen sein können. Ganz ehrlich: Das ist an Niedertracht überhaupt nicht mehr zu überbieten.

(Zustimmung bei der SPD - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das haben wir überhaupt nicht gesagt!)

Ich sage Ihnen ganz deutlich: In der Bundes- regierung werden gerade und seit einiger Zeit notwendige und richtige Schritte gegangen. Zum Beispiel ist der richtige Schritt gegangen worden, dass seit Mai 2021 das Gesetz in Kraft ist, das es verbietet, bei Neugeborenen, die nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen sind, eine geschlechtliche Anpassung nach Gutdünken der Ärzte oder der Eltern vorzunehmen. Das ist ein großer Gewinn.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Die vergangenen Jahrzehnte, in denen das praktiziert wurde, haben unglaubliches Leid über

Menschen gebracht. Auch für diese Menschen ist die Gabe von Pubertätsblockern notwendig. Und weil das so ist, ist es gut, dass das tatsächlich eine Entscheidung von Fachmenschen ist, von Ärztinnen und Ärzten,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

von Psychologinnen und Psychologen. Was wir brauchen, ist mehr Beratung, mehr Offenheit für dieses Thema, mehr ermöglichen, um sich beraten und einfinden zu lassen, für die Kinder genauso wie für die Eltern.

Ich sage Ihnen deutlich: Solange es nicht eine Selbstverständlichkeit für einen Vater ist, auf die Frage, wie es seiner Tochter geht, voller Stolz sagen zu können, dass sie die Liebe ihres Lebens gefunden hat und ihre Partnerin heiraten wird, oder ein Vater nicht voller Stolz davon berichtet, dass sein Sohn jetzt endlich mit seinem Lebenspartner den Bund der Ehe eingegangen ist, solange all das keine Selbstverständlichkeit ist, werden wir noch viel zu tun haben.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Wir reden über etwas ganz anderes!)

Wir werden da nicht nachlassen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Unruhe)

Der letzte Redner ist Herr Köhler.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Können wir das einfach mal nicht überweisen?)

Herr Köhler, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kollegen! Zunächst stelle ich fest, dass während der Debatte auf ein Argument in keiner Weise eingegangen worden ist, und zwar darauf, dass ein Medikament verwendet und bei Kindern und Jugendlichen angewendet wird, nämlich GnRH Analoga, welches klinisch nicht für diesen Einsatz getestet worden ist.

Dieses Medikament wird verwendet bei Personen, die Prostatakrebs haben, die männlich sind und im fortgeschrittenen Stadium sind. Dieses Medikament nimmt man für die Behandlung oder für den Einsatz von Pubertätsblockern. Das ist ein Problem und dazu hat niemand hier in diesem Hohen etwas sagen können.

Der nächste Punkt, der von der Ministerin eingebracht worden ist. Hier wird der Eindruck erweckt, dass es bei den Experten eine Einigkeit in Bezug auf dieses Thema gibt. Das ist nicht der Fall. Ich habe einen Artikel des „Ärzteblattes“ vor mir liegen - das ist ein renommiertes Presseorgan -, in dem klar der Widerspruch herausgearbeitet wird, der zwischen den verschiedenen Ärzten besteht. Er zeigt, dass es bei diesem Thema eben kein Schwarz-Weiß gibt, sondern dass man sich Gedanken darüber machen muss, wie man das Thema politisch einsortiert, um dann eine entsprechende Entscheidung zu treffen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Nicht politisch, medi- zinisch! - Dr. Katja Pähle, SPD: Medizinisch!)

Zu dem nächsten Punkt, zu Depressionen bei Transpersonen, hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Argumente, Pro und Kontra, klar sortiert. Aber es wurde bspw. auch zum Ausdruck gebracht, dass selbst nach einer

geschlechtsangleichenden Operation das suizidale Selbstmordrisiko 20-mal höher sein kann.

Noch einmal: Darin, dass man diesen Personen helfen muss, dass man ihnen Gesprächsangebote etc. unterbreiten muss, sind wir uns sogar einig. Wir sagen nur, dass der Einsatz von Pubertätsblockern in einer Phase, in der die Betroffenen zwölf bis 13 Jahre alt sind, zu früh ist.

Noch ein Beispiel. Hier wurde von der Rednerin der LINKEN der Eindruck erweckt, dass man den Start-Stopp-Knopf in der Pubertät einfach drücken könnte. Das ist so nicht. Ich möchte das erklären. Wenn Sie als Zwölf- oder 13-jähriger einen Pubertätsblocker bekommen, dann entwickeln sich die männlichen Geschlechtsorgane nicht mehr weiter. Wenn man dann im Alter von 19 Jahren feststellt, dass man doch ein Mann werden will, dann haben Sie ein verdammtes Problem.

(Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE: Das ist eben nicht so, die entwickeln sich weiter!)

Das ist der Punkt. Deswegen finde ich es gut, dass es den Antrag gibt, darüber im Ausschuss zu diskutieren. Dort können wir dann auch gern die Fachpersonen entsprechend einladen. Deswegen mache ich mir diesen Antrag auch zu eigen und wir unterstützen das. Deswegen: Lassen Sie uns im Ausschuss die Debatte zu diesem komplizierten und hoch emotionalen Thema gern weiterführen.

(Zustimmung bei der AfD)

Es gibt eine Kurzintervention von Frau SziborraSeidlitz. - Frau Sziborra-Seidlitz bitte.

Ich will nur - weil ich tatsächlich annehme, das Sie das schlichtweg nicht wissen - den Versuch machen, Sie zu verbessern. Es ist nicht so, dass dieses gestoppte Wachstum mit 19 Jahren einfach aufhört und man ein kleines Stöckchen hat. Das wächst nach; das passiert.

(Zurufe)

Wenn man diese Medikamente wieder absetzt, dann wird die Pubertät nachgeholt. Die Behandlung mit Pubertätsblockern ist - das ist unumstritten - reversibel.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Nadine Kop- pehel, AfD: Aber nicht vollständig! - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Das ist doch Quatsch, was Sie sagen!)

Herr Köhler, wollen Sie reagieren?

Ja. Genau darum geht es auch in diesem Artikel des „Ärzteblattes“, den ich gelesen habe.

(Zuruf: Ah!)

Diesbezüglich kommen Personen wie der Leiter einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Herr Prof. Dr. med. Zepf einfach zu einem ande-

ren Ergebnis. Deswegen bleibt hier mein Vorschlag bestehen: Lassen Sie uns im Ausschuss darüber reden.

(Beifall bei der AfD - Zuruf: Ah!)

Wir sind am Ende der Debatte angelangt. Wir kommen nun zur Abstimmung.

Abstimmung

Es ist beantragt worden, den Antrag in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um sein Karten- zeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD-Fraktion. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion DIE LINKE. Damit bleibt kein Raum für Stimmenthaltungen. - Ich sehe auch keine Stimmenthaltungen. Der Antrag ist in den genannten Ausschuss überwiesen worden. Der Tagesordnungspunkt 28 ist damit erledigt.

Schlussbemerkungen

Wir sind am Ende der heutigen Sitzung angelangt. Morgen beginnt die Sitzung um 9:30 Uhr. Wir werden mit dem Tagesordnungspunkt 15 anfangen. Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.